München: Solidaritätskundgebung
Pressemitteilung
10. August 2003
Antirassistisches Grenzcamp in Köln von Polizei überfallen Solidaritätskundgebung in München
Am gestrigen Samstag wurde das 6. antirassistische Grenzcamp in Köln
von Polizeihundertschaften umstellt und schließlich geräumt. Dabei
wurden über 300 Menschen festgenommen. Seit gestern Abend finden im
ganzen Bundesgebiet Solidaritäts- und Protestaktionen statt, so auch
am Sonntagabend in München.
Gegen acht Uhr fand auf dem Sendlinger Tor Platz eine
Solidaritätskundgebung statt. Bei einer kleinen Demonstration durch
die Münchner Innenstadt wurde auf Transparenten und Flugblättern gegen
den Polizeiüberfall auf das Kölner Grenzcamp protestiert.
Das 6. antirassistische Grenzcamp fand vom 31. Juli bis zum 10. August
2003 in Köln statt. Das Camp war dabei von einem Auftaktforum sowie
zahlreichen Aktionen begleitet. In erster Linie richteten sich diese
gegen staatlichen und alltäglichen Rassismus, so zum Beispiel gegen
Abschiebungen in Folter und Tod und gegen das "Migrationsmanagement"
nach ökonomischen Verwertungskriterien.
In den letzten Tagen war das Camp von zahlreichen Polizeirepressalien
begleitet. Immer wieder kam es zu Provokationen. Nach Auskunft der
Pressegruppe des Grenzcamps wurde das Camp am Samstag Mittag von
Polizeieinheiten eingekesselt - parallel marschierten ca. 40 Neonazis
durch den Stadtteil Köln-Poll gegen das Camp. Dabei wurde Tränengas
eingesetzt, in Folge wurde für das Wasser des Camps abgestellt sowie
alle Telefon- und Internetverbindungen gekappt. Gegen Abend kam es
schließlich zur Räumung des Camps, bei dem die über 300 verbliebenen
CamperInnen festgenommen wurden. Vorherige Verhandlungsversuche durch
RechtsanwältInnen sowie die stellvertretende NRW-Landtagsvorsitzende
von Bündnis 90/Grüne Edith Müller verliefen ergebnislos. Alle
Festgenommenen wurden erkennungsdienstlich behandelt, und erst im
Laufe des Sonntags wieder frei gelassen.
Stimmen zu den Polizeirepressalien:
Gerda Heck, eine der Anmelderinnen: "Der Polizeieinsatz war von
Anbeginn unverhältnismäßig. Ständig wurde gefilmt, Hubschrauber
kreisten immer in der Luft. Die Polizei hat systematisch nach jedem
kleinsten Anlass gesucht, um vor Ort zu provozieren und die Situation
zu eskalieren. Letztlich ging es ihnen bei ihrem gestrigen Überfall um
die Erfassung der persönlichen und biometrischen Daten
(Videoaufnahmen) der CamperInnen. Die antirassistische Bewegung soll
kontrolliert und kriminalisiert werden, man will uns in die
‚Chaoten-Ecke' drängen."
Annie Pues, Rechtsanwältin: "Die Rechtfertigung der Polizei für die
Einkesselung und Stürmung des gesamten Camps war, potentielle Störer
von der gestrigen Nazi-Demo fern zu halten. Die Polizei behauptet, die
CamperInnen hätten gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. Diese
Situation ist jedoch von der Polizei selbst geschaffen worden, als sie
die Versammlung, gemeint ist das Grenzcamp, für aufgelöst erklärte."
[beide Zitate aus einer Veröffentlichung der Pressegruppe des Grenzcamps]
Paula Schreiber, Pressesprecherin der Roten Hilfe München: "Offenbar
ging es der Polizei und den verantwortlichen Behörden bei der Stürmung
des Grenzcamps neben der Einschüchterung vor allem auch um die
Erfassung persönlicher Daten von AktivistInnen. Ähnlich wie auch bei
der Erstürmung des Convergence Centers zur Sicherheitskonferenz 2003
in München werden Vorwände ("Gefährdung der öffentlichen Sicherheit")
benutzt, um ein breites Bild über die an Protesten beteiligten
Personen zu erlangen. Oft genug schon fanden sich die Daten später in
einer der zahlreichen europaweiten Polizei- und Geheimdienstdateien
wieder, was wiederum zu Reiseverboten, "vorbeugenden" Gewahrsamnahmen
u.a. führen kann. Wir erklären hiermit unsere Solidarität mit den
betroffenen AntirassistInnen. Wir fordern die Behörden auf, die
angefertigten Daten zu löschen!"
Weiter Informationen finden sich unter
http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/camp03/index2.html
Ein Interview mit dem Ermittlungsausschuss Köln findet sich unter
http://freieradios.nadir.org/mp3/20030810-grenzcampi-04737.mp3
Paula Schreiber, Pressesprecherin der Roten Hilfe München
Link zur Pressemitteilung:
http://www.rote-hilfe.de/content/pe_100803_muenchen.htm
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