Berlin: 140. Prozesstag | Beschleunigung, komme was da wolle
Zwei Themenkomplexe waren heute Gegenstand der Hauptverhandlung: zum einen das Finanzgebaren des Kronzeugen Tarek Mousli, zum anderen seine Kontakte mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und daraus zu ziehende Folgen (im weitesten Sinne) für den Prozess.
Welche Restschuld, von wem und wann bei der Mitsubishi Kredit Bank (MKG) beglichen wurde, darüber gab eine Mitarbeiterin der MKG Auskunft. Hintergrund ist der Verkauf des Pkw von Mousli Anfang 2000, mit dessen Erlös (ca. 8.000 DM) nach Auskunft des Kronzeugen angeblich privaten Schulden teilweise beglichen worden sein sollen. Am vorletzten Verhandlungstag hat Mousli hierzu nur ausweichend Antwort gegeben. Auch hatte er sich geweigert, diejenige Person zu benennen, von der er die "Zuwendung" zur Begleichung der Restschuld bei der MKG von rund 18.500 DM bekommen hat. Heute stellte sich zumindest heraus, dass dieser Betrag mittels einer Überweisung vom Konto seiner Lebensgefährtin Janette O. Mitte April 2000 bei der MKG eingegangen ist, woraufhin der Fahrzeugbrief an einen von Mousli benannten Rechtsanwalt übergeben wurde.
Abgelehnt wurde vom Kammergericht der Beweisantrag der Verteidigung vom Matthias B. vom 21. August, die Verfassungsschützer als Zeugen zu laden, die im April 2000 Gespräche mit Mousli geführt hatten. Zuvor hatte die BAW ein entsprechende Stellungnahme zu diesem Beweisantrag abgegeben und dabei unterstellt, der Antrag habe lediglich den Zweck, "blindlings nach neuem Verteidigungsmaterial" zu suchen.
Was dann folgte, war ein weiteres Beispiel dafür, wie nach Ansicht des Kammergerichts ein faires Verfahren aussieht. Die BAW-Stellungnahme lag dem Senat seit Dienstag vor, der eigene Beschluss war bereits formuliert. Die Verteidigung hingegen erhielt erst heute eine Kopie der BAW-Stellungnahmen. Gleichwohl wollte der Senat Rechtsanwalt Kaleck zwingen, eine von ihm angekündigte schriftliche Gegenstellungnahme in einer mehrstündigen Prozessunterbrechung zu formulieren, da man ja nun "richtig" verhandeln wolle, wie es die Vorsitzende Richterin Hennig ausdrückte. Rechtsanwalt Kaleck zog es unter diesen Bedingungen vor, nicht zu einer Nachbesserung des nach dem Disput tatsächlich verkündeten Ablehnungsbeschlusses beizutragen, sondern behielt sich vor, anderweitig das Anliegen erneut in die Hauptverhandlung einzuführen.
Den Verbleib von rund 12.000 DM von einem Konto Mouslis beantragte die Verteidigung von Harald G. durch Ladung dreier Zeugen, Verlesung von Protokollen diverser Telefonüberwachungen und Auskunft der Konto führenden Bank aufzuklären. Auf das entsprechende Konto, das als Alleininhaber von Mousli geführt wurde, wurden 1999 Teilnahmebeiträge für einen dann abgesagten Kinderkaratelehrgang in Höhe von 14.000 DM eingezahlt, von denen lediglich später 2.000 DM erstattet worden waren.
Ebenfalls von der Verteidigung von Harald G. wurde heute der bereits angekündigte Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung gestellt. Nachdem das Verwaltungsgericht Berlin am 18. August die Sperrerklärung des Bundesinnenministeriums hinsichtlich der geschwärzten Stellen der Gesprächsprotokolle zwischen dem BfV und Mousli als rechtwidrig aufgehoben hat, forderte die Verteidigung den Senat auf, die ungeschwärzten Protokolle vom BfV anzufordern und den Prozess bis zur Herausgabe dieser Unterlagen auszusetzen.
Die während der Hauptverhandlung angekündigte morgige Fortsetzung wurde am Nachmittag zurückgezogen. Weiter geht es also am Donnerstag, 4. September, um 9.15 Uhr.
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