Berlin: 144. Prozesstag | Bundesanwalt Griesbaum macht keine gute Figur
Der bislang wohl längste Prozesstag in diesem Jahr (die Hauptverhandlung dauerte bis gegen 13.00 Uhr) stand ganz im Zeichen der Befragung von Bundesanwalt Griesbaum. Mit einer erweiterten Aussagegenehmigung des Generalbundesanwalts ausgestattet – die ihn allerdings wie am letzten Verhandlungstag nicht daran hinderte, immer wieder die Beantwortung von Fragen mit Verweis auf diese Genehmigung zu verweigern – äußerte er sich zu den Ermittlungen zu den vom Kronzeugen Tarek Mousli in der Oranienstraße behaupteten Konspirativen Wohnungen (KW) und zu einem Sprengstofffund in Kempen (NRW) im Mai 1998, der nur durch Zufall den Prozessbeteiligten bekannt geworden war. Bei beiden Punkten zeigte sich Griesbaum wenig aussagefreudig. Immer wieder wurde die Befragung von Erörterungen um den Umfang der Aussagegenehmigung unterbrochen.
Ob Mousli mit den Ermittlungsergebnissen des BKA zu den KW in der Oranienstraße konfrontiert wurde, wusste der Bundesanwalt nicht zu sagen. Auskunft konnte er auch nicht darüber geben, warum ein entsprechender Vermerk zu diesen Ermittlungen vom 10. April 2001 nicht zu den Verfahrensakten gelangt ist. Die Erklärung von Bundesanwalt Bruns, diese "fehlerhafte Handhabung des BKA", stehe u.a. im Zusammenhang mit den immerhin fünf Monate später eingetretenen Anschlägen vom 11. September 2001 – , hielt er allerdings auch heute noch "für nachvollziehbar".
Zum Sprengstofffund äußerte sich der Referatsleiter der Bundesanwaltschaft (BAW) ebenfalls nur sehr zögerlich – vor allem verweigerte er alle Aussagen, die sich konkret auf Ermittlungsschritte bezogen. So schilderte er zwar detailliert die Herkunft und den Verbleib des Sprengstoffes – so die entsprechende Formulierung des Beweisthemas, legte es allerdings sehr eng aus: Herkunft – Sprengstoff der Sorte Gelamon 40, der aus einem Diebstahl in Salzhemmendorf 1987 stammen soll. Verbleib: Weil "handhabungsunsicher" kurz nach dem Fund vernichtet. Mehr war aus ihm nicht herauszuholen. Und warum dieser Sprengstofffund nirgendwo in den Verfahrensakten auftaucht, dazu konnte er natürlich auch nichts sagen.
Weil "die in Beweis gestellten Tatsache ohne Bedeutung" seinen, beantragte seine Kollegen die Beweisanträge der Verteidigung von Rudolf Sch. und Harald G. vom letzten Verhandlungstag abzulehnen. Am Ende der Hauptverhandlung gab die Vorsitzende Richterin Gisela Hennig bekannt, dass die Verteidigung des in kanadischer Auslieferungshaft sitzenden Lothar E. mitgeteilt habe, sie habe ihren Mandanten über die Anfrage des Senats informiert und werde in den nächsten Tagen mitteilen, ob Lothar E. bei einer Zeugenbefragung von seinem Aussageverweigerungsrecht gebrauch machen werde.
Die morgige Hauptverhandlung wurde aufgehoben. Der Prozess wird am Donnerstag, 2. Oktober, um 9.15 fortgesetzt.
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