München: Nachtrag zur Repression bei den Freiraumtagen
Nachtrag zur Repression bei den Münchner Freiraumtagen
Von 02.-05. 10. 2003 fanden in München Aktionstagen gegen Wohnungsnot
und Freiraummangel statt. Veranstaltet wurde das Programm u.a. von
der Münchner Gruppe Robin Haus, die im Dezember mit der symbolischen
Besetzung eines leer stehenden Ex-Bahnwohnheims Aufsehen erregte. Im
Rahmen mehrerer angemeldeter Aktionen und Veranstaltungen sollte das
Thema Wohnungs- und Raumnot vielseitig thematisiert werden.
Diese Tatsache veranlasste die Münchner Polizei zu zahlreichen
Repressionsmaßnahmen, die teilweise deutlich über deren
Aufgabenbereich hinaus gingen und der Kriminalisierung und
Denunzierung der VeranstalterInnen dienen sollten.
Schon vor dem offiziellen Beginn der Aktionstage am Mittwoch hatte
eine Aktivistin einen Anruf der Polizeidienstelle 33 (Laim) erhalten,
in dem der Dienst habende Beamte um Adressen von OrdnerInnen für die
anstehende Demonstration bat. Als dies mißlang, verlor er die
Beherrschung und sagte der jungen Frau, dass sie noch nicht mal im
Traum daran denken solle, eine illegale Handlung durchzuführen, da
sie unter Beobachtung stehe und einschlägig als Hausbesetzerin
bekannt sei. Die grüne Ordnungsmacht witterte anscheinend den
nächsten großen Schlag der "Szene" und versuchte die
VeranstalterInnen der legal angemeldeten Aktionstage einzuschüchtern.
Darüber hinaus wurden (vorgesehene) KooperationspartnerInnen der
Aktionstage kontaktiert und die Veranstalter kriminalisiert und
denunziert. So erreichte offenbar ein warnender Anruf die zunächst
verhandlungsbereite Baufirma HochTief (Eignerin des ehem.
"Kunstgaragen"-Geländes, das für eine Veranstaltung angemietet werden
sollte), welche sich daraufhin bei den AktivistInnen meldete und
schüchtern anfragen ließ ob denn eine Hetzkampagne gegen sie geplant
wäre.
Auch die Leitung der Akademie der Bildenden Künste erhielt an jenem
Tag einen Anruf der Polizei, in dem sie auf die "Geschichte" der
Gruppe sowie die vermeintlich anstehenden kriminellen Aktionen der
VeranstalterInnen hingewiesen wurde. Da die Leitung des Hauses, in
dem ein InfoPoint eingerichtet war und mehrere Workshops,
Diskussionen und Volksküchen stattfinden sollten, nichts illegales an
den Aktionstagen finden konnte, ließ sie sich von den Verleumdungen
nicht beeindrucken, woraufhin der Beamte noch die Beobachtung des
Hauses ankündigte. Tatsächlich wurden während der vier Tage immer
wieder ZivilbeamtInnen um und auch in der Akademie "enttarnt" und
höflich hinaus gebeten.
Am Samstag wurde die Kriminalisierung von VeranstalterInnen und
SympathisantInnen auf der Demonstration "Her mit den Freiräumen"
fortgesetzt. Obwohl wetterbedingt nur etwa 150 TeilnehmerInnen am
Kreisverwaltungsreferat zusammen kamen, um gegen Wohnungsnot und für
die Schaffung von (öffentlichen) Freiräumen zu demonstrieren, folgte
die Polizei mit zwei Hundertschaften des Unterstützungskommandos
(USK), Staatsschutz und zahlreichen ZivilbeamtInnen, darüber hinaus
wurde der Aufzug von einem voraus fahrendem Polizei-Wagen gefilmt.
Während der Abschlusskundgebung am Georg-Freundorfer-Platz musste das
USK - wohl aufgrund des friedlichen Verlaufes der Demonstration und
um den überdimensionierten Einsatz zu "rechtfertigen" - noch für eine
Eskalation sorgen. Vorwand für den Übergriff mehrerer Polizeikräfte
auf zwei DemonstrationsteilnehmerInnen lieferte die Tatsache, dass
einige Leute im Regen zur Musik tanzten und dabei auf die ohnehin von
Einsatzfahrzeugen zugestellte Strasse traten. Durch das besonnene
Auftreten der Demonstrierenden konnten eine weitere Eskalation und
Festnahmen verhindert werden.
Am Sonntag war offenbar auch der Polizei klar geworden, dass die
Aktionstage keine Schmiede für Gewaltexzesse darstellten, und so
versteckten sich die USK-Kräfte in den umliegenden Strassen des
Marienplatzes, wo etwa 60 Leute ein Camp-In abhielten. Bei der
Anmeldung des Camps musste Anfang der Woche noch erbittert, aber
erfolgreich die Verbindung Volksküche-politische Aktion durchgesetzt
werden, da die Ordnungsbehörden offenbar wenig davon halten, wenn
linke Politik auch noch soziale Angebote bereithält. Der
Staatsschutzvertreter vor Ort beließ es denn auch bei fortwährenden
Ermahnungen zur Einhaltung der peniblen Auflagen.
Zusammengefasst zeigte das Wochenende einmal mehr, mit welchem
Aufwand der Staatsschutz versucht, linke Politik und engagierte
Menschen zu kriminalisieren und zu diffamieren. Einmal mehr wurde
dabei weit über dem gesetzlichen Rahmen und Kompetenzbereich
hinausgegangen, einmal mehr wurde versucht, linke AktivistInnen
einzuschüchtern und der Öffentlichkeit eine Gefahr vorzugaukeln, die
nie existierte. Und einmal mehr ließen sich die AktivistInnen davon
nicht beeindrucken.
Wir fordern die Vernichtung der an diesem Wochenende angefertigten
Daten bei den Verfolgungsbehörden. Wir erklären uns solidarisch mit
AktivistInnen, die aufgrund ihres politischen Engagements für
selbstbestimmte Freiräume von staatlicher Repression betroffen sind,
ob in München, Karlsruhe, Frankfurt, Hamburg, Osnabrück oder anderswo!
Robin Haus
Kontakt:
robinhouse@indynews.net
Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe München
Schwanthalerstr. 139, 80339 München
muenchen@rote-hilfe.de
http://www.rote-hilfe.de
|