Hamburg: "Latife bleibt!" - Für das gesicherte und unbefristete Aufenthaltsrecht von Latife Vaiti
Für das gesicherte und unbefristete Aufenthaltsrecht von Latife Vaiti
Schülerinnen und Schüler der Fachschule für Sozialpädagogik in Hamburg
kämpfen
gegen die Abschiebung ihrer Freundin und Mitschülerin Latife.
Latife Vaiti lebt seit mehr als sechs Jahren in Hamburg. Sie ist
Schülerin der Fachschule für Sozialpädagogik Wagnerstraße und will dort
ihren Schulabschluß (mittlere Reife) machen.
Sechzehn Jahre jung war Latife, als sie von den Eltern verheiratet
wurde. Jahrelang lebte sie mit ihrem Ehemann zusammen. Als sie die
Gewalttätigkeiten des Ehemanns nicht mehr aushielt, kam es im Jahr 2001
zur Scheidung. Dieser behauptete dann später, um sich an Latife zu
rächen, daß die Ehe eine Scheinehe gewesen wäre. Die Hamburger
Ausländerbehörde entzog Latife daraufhin ihre unbefristete
Aufenthaltsbefugnis und kündigte jetzt ihre Abschiebung nach Mazedonien
an.
Latife hatte begonnen, nach den erlittenen Grausamkeiten in ihrer
Jugend, sich in Deutschland ein neues Leben und eine Zukunftsperspektive
aufzubauen. Der unbedingte Willen der Ausländerbehörde zur Abschiebung,
wie, wann und wo immer sich eine Möglichkeit bietet, durchkreuzt das
Leben der jungen Frau. Die offensichtlichen Lügen ihres Exmannes nutzen
die Abschieber aus der Amsinckstraße, um ein neues Trauma für Latife
vorzubereiten.
Es hängt von jeder und jedem einzelnen ab, ob für und mit Latife und
ihren MitschülerInnen Gerechtigkeit und Menschenrecht durchgesetzt wird,
oder ob die menschenverachtende Praxis der Ausländerbehörde wieder ein
junges Leben zerstört. (Aktionsaufruf siehe Rückseite)
Während die Familienministerien des Bundes und der Länder überall
hervorheben und betonen, wie wichtig die junge Generation für unsere
Gesellschaft ist, daß die junge Generation besonderen Schutz genießen
muß und daß die junge Generation besondere Aufmerksamkeit und
Unterstützung erfahren muß, sieht die Realität ganz anders aus. Es
scheint als beziehen sich die Äußerungen aus den Ministerien nur auf
deutsche junge Menschen. Die junge Generation lernt, daß es eine
Trennung und eine Ungleichbehandlung gibt je nach Herkunft. Bereits zum
kleinen Einmaleins des Lebens, das nicht in der Schule gelehrt wird,
lernen Kinder in Deutschland: "Ohne Deutschen Paß bist Du hier am
Arsch!"
Offen und deutlich sprach ein Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft in
einer Debatte, bei der es um die Abschiebung von Kindern, die ohne
gültiges Visum zu ihren legal in Hamburg lebenden Eltern eingereist
waren, die Haltung des Staates und seiner Institutionen aus: "Gesetze
nehmen auf Menschlichkeit keine Rücksicht." Wieder einmal vom größten
Teil der Elterngeneration im Stich gelassen, nehmen Schülerinnen und
Schüler die Initiative in die Hand und unterrichten die Gesellschaft in
den Fächern Gerechtigkeit, Solidariät, Menschenwürde und Humanität. Die
Staatsvertreter antworten mit Ignoranz und wenn das die Jugend nicht in
die gesellschaftliche Norm schweigender, ohnmächtiger Aktzeptanz von
menschenzerstörendem Unrecht zurückdrängt, dann tritt die Staatsgewalt
auf den Plan.
Mit der einfachen und selbstverständlichen Forderung: "Latife bleibt!"
versammelten sich am 29.10.03 ca. 100 Schülerinnen und Schüler vor dem
Hamburger Rathaus. Sie wollten 2000 Unterschriften, die sie gegen die
Abschiebung ihrer Freundin und Mitschülerin gesammelt hatten, der
Hamburger Bürgerschaft bzw dem Senat übergeben. Aus dem Rathaus heraus
wurde mitgeteilt, daß es kein Interesse gibt. Außerdem würde die
Versammlung der SchülerInnen vor dem Rathaus das Bannmeilengesetz
verletzten, alle hätten sich sofort zu entfernen. Die Versammelten
betrachteten Schutz der Menschenrechte und das Recht auf freie
Meinungsäußerung als bedeutender und forderten unter den Rufen "Latife
bleibt" und "Abschiebung Stop", die gesammelten Unterschriften den
politisch Verantwortlichen übergeben zu können. Die dann folgende
praktische Unterrichtsstunde zum Thema Grundrechte und Demokratie fiel
dann anders aus als die Theorie, die in der Schule unterrichtet wird.
Polizeibeamte begannen die Versammelten vom Rathausmarkt zu verbannen.
Unter Protest aber ohne Widerstand ließen sie sich von den Staatsdienern
auf die gegenüberliegende Seite des Rathausmarktes drängen. "Gesetz ist
Gesetz" wurde von Uniformierten den SchülerInnen erklärt, sie hielten
dagegen, daß wenn Unrecht durch Gesetze festgeschrieben wird, dann ist
Widerstand legitim und verpflichtend, eine Lehre aus der deutschen
Geschichte. Ein Beamter, der bereits zuvor einen Schüler, der ein
Pappschild in den Händen hielt, attakiert hatte, antwortete direkt und
spontan auf die Frage, ob er auch im Nationalsozialismus die gleiche
Haltung eingenommen hätte, "ja, wahrscheinlich.". Als dann nach dem
Verbannen der Protestierenden auf die gegenüberliegende Seite des
Rathausmarktes ein Transparent entrollt wurde, stürzte sich der gleiche
Beamte in die Menge und versuchte das Banner an sich zu reißen.
Unterstützt von den restlichen Staatsdienern wurden vier Personen zur
Personalienfeststellung festgehalten. Diese werden jetzt wegen
Widerstand, Verstoß gegen das Versammlungs-gesetz und Rädelsführerschaft
angezeigt.
Drinnen im Rathaus stellte die CDU eine von ihnen entworfene Initiative
vor. Das Motto heißt "Wehr Dich" und soll der Stärkung des
Selbstbewußtseins Jugendlicher dienen. Währenddessen wird draußen vor
der Tür die Forderung "Latife bleibt" von 100 SchülerInnen mit mehr als
2000 Unterschriften im Polizeieinsatz erstickt.
Gefordert ist Zivilcourage und Selbstbewußtsein der älteren Generation
den notwendigen und wichtigen Protest nach Gerechtigkeit und
Menschlichkeit mit all ihren Möglichkeiten zu unterstützen.
Zu einem späteren Zeitpunkt gelang es einem Schülervertreter die
gesammelten Unterschriften dem Bürgerschaftsabgeordneten Rolf Polle zu
überreichen. Der Anwalt machte eine Eingabe beim Petitionsausschuß. Die
Erfahrung mit dem Petitionsausschuß der letzten Jahre läßt eine negative
Entscheidung erwarten. Nach dem Willen der Ausländerbehörde und des
Senats entscheidet Aktenlage über Menschlichkeit. Wer Menschenrechte
einfordert, "... spekuliert jetzt auf den Sieg der Menschlichkeit über
die Aktenlage", so der Abgeorndete Ehlers: "Da habe ich kein Mitleid."
Dies äußerte der Politiker, dessen Familie wohlhabend und rundum
gesichert in die Zukunft schauen kann, im Zusammenhang mit den
Kinderabschiebungen nach Ghana.
Deshalb rufen Die Schülerinnen und Schüler der Fachschule für
Sozialpädagogik rufen zur massiven Verstärkung der Kampagne für das
gesicherte Bleiberecht ihrer Mitschülerin auf. Es ist die Forderung nach
Gerechtigkeit und Menschlichkeit.
"LATIFE BLEIBT!"
Fordern Sie den gesicherten Aufenthalt von Latife Vaiti.
Unterstützen Sie Latife, ihre Mitschüler und Freundinnen.
Schicken Sie Briefe an die Senatskanzlei, die Bürgerschaftspräsidentin
und den Petitionsauschuß:
Senatskanzlei
Postfach 105520, 20038 Hamburg
Tel: 42831-0
Fax: 42831-2555
E-Mail: poststelle@sk.hamburg.de
Präsidentin der Bürgerschaft Dr. Dorothee Stapelfeldt
praesidentin@buergerschaft-hh.de Tel.: 428 31 - 130
Petitionsausschuß:
Schriftführer: Rolf Polle SPD
Kontakt:
Büro: Grindelberg 59
20144 Hamburg
Telefon 42 32 87 40
Telefax 42 32 87 19
mail rolfpolle@aol.com
Vorsitzender: Wolfhard Ploog CDU
Kontakt:
Büro: Daimlerstraße 75 a
22761 Hamburg
Telefon 890 70 242/3
Telefax 890 700 244
mail Ploog@cduhamburg.de
immer eine Kopie an den Schulsprecher der FSP: a.schmidtke@gmx.net
(Fax: 040-43 18 90 38)
P.S.: gefunden auf der aktuellen Webseite der Hamburger
Regierungspartei:
Die wachsende Stadt braucht Zuwanderung
Bernd Reinert, stellvertretender Vorsitzender der
CDU-Bürgerschaftsfraktion: "Heute leben 1.730.000 Menschen in Hamburg.
Das ist der höchste Bevölkerungsstand seit 1974. Unsere Stadt soll noch
weiter wachsen, eine international attraktive und lebenswerte Metropole
werden.
Als eine der am dünnsten besiedelten Großstädte der Welt verfügt Hamburg
über ein ausreichendes Flächenangebot, das wir aktivieren werden.
Das Leitbild der wachsenden Metropole Hamburg ist ein zentrales Ziel des
Bürgersenats und der Koalitionsfraktionen. Dieses Projekt ist die
Initialzündung für den Sprung Hamburgs in die Top-Liga internationaler
Metropolen.
Unser langfristiges Ziel sind zwei Millionen Einwohner. Dieses Ziel
werden wir aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland
allein durch Binnenwanderung nicht erreichen können. Alle Prognosen
zeigen, dass die Bevölkerung Deutschlands ohne Zuwanderung aus anderen
Ländern in den nächsten Jahrzehnten abnehmen wird.
Wenn Hamburg auch zukünftig wirtschaftlich erfolgreich sein und seine
internationale Bedeutung steigern will, brauchen wir die Zuwande-rung
von qualifizierten Arbeitskräften aus anderen Ländern. Mehr ausländische
Studenten an Hamburger Hochschulen tragen erheblich zu größerer
internationaler Bekanntheit und damit zur Stärkung der zukünftigen
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unserer Stadt bei."
update zu Latife Vaiti:
Nachdem die Schülerinnen und Schüler am 30. Oktober eine Eingabe für
den Hamburger Petitionsausschuß gestellt hatten, wurde ihnen mitgeteilt,
daß über diesen in drei bis vier Wochen entschieden werde und damit die
bereits angesetzte Abschiebung bis dahin ausgesetzt werde; wenigstens
ein kurzes Durchatmen für Latife und etwas Zeit, um die Öffentlichkeit
zu informieren und den Kampf für Latifes Recht zu verstärken. Am Montag,
den 3. November, kam die Nachricht in die Schule, daß bereits heute über
die Eingabe verhandelt werde. Die Hamburger Ausländerbehörde hatte Druck
gemacht, daß die Eingabe sofort entschieden wird. Das Verhalten der
Behörde drückt aus, daß keine Zeit und Möglichkeit gegeben werden
sollen, die offensichtlichen Lügen gegen Latife und die unrechtmäßigen
Abschiebe-bestrebungen weiteraufzudecken. Die Solidarität ihrer
Mitschülerinnen und Mitschüler und die Kampagne für ihr Bleiberecht
sollen erfolglos bleiben. Die Schülerinnen und Schüler der Fachschule
für Sozialpädagogik riefen sofort nach dieser Nachricht zu einer
Kundgebung und Unterschriftensammelaktion in der Hamburger Innenstadt
auf. Wieder wurden hunderte Unterschriften gesammelt und noch am
Nachmittag beim Petitionsausschuß eingereicht. Der Ausschuß vertagte
eine Entscheidung, weil er den Sachverhalt eingehender prüfen will.
Jetzt soll die Entscheidung über Latifes Leben am 24. November fallen.
Es bleiben drei Wochen Zeit um Latife und ihre Freundinnen und
Mitschüler zu unterstützen. Werdet aktiv, laßt nicht das Schicksal von
Menschen in den Händen von Bürokraten, für die scheinbar nur zählt, eine
Nummer mehr aus den Akten zu streichen.
Kontakt über Karawane-Hamburg: free2move@nadir.org
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