Berlin: 150. Prozesstag | RZ eine 'Schläfer'- Vereinigung?
Mit einer Lehrstunde zur Geschichte der Revolutionären Zellen aus Sicht des Verfassungsschutzes entledigte sich heute das Kammergericht seiner Sachaufklärungspflicht. Schließlich ist in den §§ 129 u. 129a eine Strafaufhebung vorgesehen, wenn die inkriminierte Terroristische Vereinigung sich bereits aufgelöst hatte.
Von einem diesbezüglichen Beschluss des OLG Naumburg und entsprechenden Anträgen der Verteidigung offensichtlich aufgeschreckt, wurde aus Berichten des Bundes- bzw. des Landesamtes (Berlin) für Verfassungsschutz der Jahre 1992 bis 1998 zitiert. Die Berliner VerfassungsschützerInnen ordneten im Juni 1991 einen letzten Anschlag den RZ zu. Danach folgten ausschließlich Mutmaßungen über die weitere Existenz dieser Gruppierung. Der TäterInnenkreis wäre ohnehin schwierig einzugrenzen bei diesem ‘Feierabendterrorismus’, jammerten die ErmittlerInnen. Offenbar zur Erhaltung ihrer Arbeitsplätze wurde gebetsmühlenartig bis 1996 über ein weiterhin bestehendes theoretisches Gefährdungspotenzial fabuliert.
Das Bundesamt will ebenfalls eine grundlegende Konzeptdiskussion seit 1992 bei den RZ verfolgt und Kenntnis von einem Auflösungsbeschluß haben. Aber erst 1994, mit einem Anschlag auf einen Fahrkartenschalter in Frankfurt/M., wurden den RZ bzw. sogenannter ‘Nachahmer- oder Resonanzgruppen’ die letzte Aktivität zugeordnet.
Abschließend reagiert RA Kaleck auf eine Stellungnahme der Bundesanwälte (BAW) vom vorangehenden Verhandlungstag. Das bereits oben erwähnte Urteil mag der BAW in ihrem unbedingten Verurteilungswillen hinderlich sein, doch das dürfe kein Grund sein, diese erste richterliche Entscheidung zur Strafaufhebung und die Schlußfolgerungen für dieses Verfahren schlichtweg zu ignorieren.
Ein ausführlicher Bericht entfällt.
Nächste Verhandlung: Do., 13. November 2003 um 9:15 Uhr.
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