Hamburg: BUNDESWEITE DEMO AM 20.12.03
BUNDESWEITE DEMO
20.12.03 - 15 Uhr Mönckebergstraße/Ida-Ehre-Platz
Bambule durchsetzen!
Räumungen verhindern!
Widerstand entwickeln!
Für selbstbestimmte und unkontrollierte soziale Bewegungen!
Seit mehr als zwei Jahren besitzt Hamburg eine rechtspopulistische, CDU-geführte Regierung, deren Politik nicht isoliert zu sehen ist, sondern bundesweit ihre Entsprechung findet. Während die sozialen Bedingungen durch die Deregulierung der Sozialsysteme massiv verschlechtert werden, wird gleichzeitig von herrschender Seite immer stärker auf Kontrolle und autoritäre Ordnungskonzepte gesetzt.
In der Umsetzung der Pläne der Hartzkommission, der Agenda 2010, durch die militarisierte Überwachung und Abschottung der Außengrenzen, durch die Verschärfung der Antiterrorgesetze, die potentiell für alle eine Zunahme von Überwachung und Kontrolle bedeuten, findet diese Politik ihren Ausdruck auf europäischer sowie auf Bundesebene.
Im lokalen Raum drückt sich diese Politik der autoritären Formierung in der Zerschlagung sozialer Projekte, mehr Polizei auf der Straße und einer zunehmenden Umstrukturierung der Innenstädte und des öffentlichen Raumes nach Verwertungskriterien und einer damit einher gehenden Vertreibung aus. In vielen Städten wird derzeit eine flächendeckende Kameraüberwachung geplant. Dies soll auch in Hamburg laut Schill-Nachfolger Nockemann umgesetzt werden. Der Einzehandelsverband stärkt solche Vorhaben und möchte die gesamte Innenstadt am liebsten gleich zur demonstrationsfreien und privatisierten Bannmeile erklären. Alle sollen aus dem Weg geräumt werden, die den Konsum und somit das Geschäft stören könnten.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Räumung des Wagenplatzes Bambule in Hamburg und die darauf folgenden Innenstadtverbote für linke Demonstrationen zu sehen. Alle Abläufe des öffentlichen Lebens werden nach den Anforderungen des Marktes segmentiert und geregelt. Um den Widerspruch, der sich aus den daraus folgenden gesellschaftlichen Widersprüchen artikuliert, klein zu halten, wird versucht, den Protest auf der Straße zu isolieren, zu kriminalisieren und mit Polizeigewalt einzuschüchtern.
Wir wollen mit einer starken bundesweiten Demonstration am 20.12.2003 zum Ausdruck bringen, dass wir uns gegen vorgefertigte, repressive Lebensentwürfe wehren und unseren Widerstand an einen Ort tragen, wo er seit über einem Jahr nicht mehr geduldet wird: in die City.
Wagenplätze verteidigen – Henriette Räumung verhindern!
Hamburg erlebt derzeit eine neue Zuspitzung der Situation. Während die Proteste für einen neuen Bambule-Platz anhalten, hat am 25.11.2003 ein weiterer Bauwagenplatz, die Henriette, eine Räumungsverfügung erhalten. Die Henriette ist der letzte verbliebene Wagenplatz im Bezirk Eimsbüttel, wurde 1995 besetzt und seither geduldet. Vorausgegangen sind der Räumungsverfügung eineinhalbjährige Verhandlungen für eine vertragliche Absicherung und Bestandsgarantie. Die Henriette wehrt sich nun gegen die Zerstörung und die damit einher gehende Illegalisierung, Kriminalisierung und Vertreibung dieses Projektes. Die angekündigte Räumung der Henriette ist eingebunden in das Senatskonzept, bis 2006 sämtliche Hamburger Wagenplätze zu räumen, und die Fortsetzung der Angriffe auf die Wagenplätze Schützenstraße, Gaußstraße und Bambule vom letzten Jahr. Der nächste bedrohte Platz nach der Henriette wird das Wendebecken im Herbst 2004 sein. Offensichtlich glaubt der Senat, die Proteste der Bambule-Räumung verdaut zu haben und sich nun durch eine kompromisslose, gewaltsame Weiterverfolgung seiner Linie des Widerstandes entledigen zu können. Dies wird nicht der Fall sein!
Wir halten an der Forderung nach einem neuen Platz für Bambule fest, und fordern alle auf sich an der Verteidigung der Henriette zu beteiligen. Die gewaltsame Räumungslinie des Hamburger Senats, der sämtliche Wagenplätze in dieser Stadt zerschlagen will, muss durchbrochen werden. Wir werden nicht nachlassen, linke, selbstbestimmte Projekte zu erkämpfen und gegen autoritäre Law-and-Order-Politik zu verteidigen. Die angekündigte Räumung der Henriette sehen wir als weitere Eskalation.
Diese erfolgt in einer Situation, in der zahlreiche Projekte angegriffen werden und wir uns Möglichkeiten für die Entwicklung eines vielfältigen, kontinuierlichen Widerstands gegen die herrschenden Verhältnisse immer wieder neu gegen die Repression erkämpfen müssen. Einige Projekte, die bundesweit bedroht werden, sind die Alte Meierei in Kiel, die Walli in Lübeck, die Ex-Steffi in Karlsruhe, der Wagenplatz in Oldenburg und Räume der Rigaer Str. in Berlin. Die bundesweite Demonstration in Hamburg fordert auch den Erhalt dieser Projekte.
Schnüffler, Bullen, LKA – Hände weg vom FSK!
Die Durchsuchung von Radio FSK und einer Privatwohnung am 25.11.2003 ist auch als Angriff auf die Solidaritätsbewegung der Bambule zu sehen. Vorwand der Durchsuchung war ein Interview mit Polizeisprecher Kunz, das gesendet wurde. In diesem Interview ging es um die brutale Festnahme zweier Personen nach einer Bambule-Demo am 16.10.03 am Sternschanzenbahnhof. FSK hat sich sofort nach der Bambule Räumung am 04.11.02 sehr solidarisch verhalten und hat Demonstrationen und Aktionen live begleitet und stellt somit einen wichtigen Teil dieser Mobilisierungen dar. Der Versuch von Seiten der Innenbehörde, dieses Medium einzuschüchtern und mundtot zu machen, ist gegen selbstbestimmte Projekte gerichtet und ein Versuch linke Formen der Gegenöffentlichkeit zu verhindern.
Die Durchsuchungen bei FSK sind die Fortsetzung der Räumungen, der Bullenangriffe auf Demos, der Innenstadtverbote und Schnüffeleien von Zivis in den letzten Monaten. Die Fortsetzung einer Repression, die bundesweit in den letzten Jahren unter dem Schlagwort "innere Sicherheit" konsequent verschärft worden ist.
Kein Mensch ist illegal - Rassismus angreifen
Die Inszenierung der "inneren Sicherheit" wandte sich dabei in besonderer Weise gegen Flüchtlinge und MigrantInnen. Der Zugang in die BRD wird abgeschottet, das Asylrecht ausgehebelt und die Lebensbedingungen der MigrantInnen die hier leben verschlechtert. Hamburg setzt mit seiner rassistischen Politik dabei bundesweite Maßstäbe. Die Bundesländer Hamburg und Hessen haben als erste angekündigt, ab sofort afghanische Flüchtlinge abzuschieben. Allein in Hamburg sind davon 8.500 Menschen bedroht. Ein so genanntes Ein-/Ausreisezentrum soll zukünftig Flüchtlinge von der Ankunft bis zu Abschiebung gänzlich in Haftbedingungen halten. Die geplante Abschiebung von zwei 13- und 14-jährigen Mädchen löste gar eine internationale Protestwelle aus.
Brechmitteleinsätze stoppen!
In Hamburg wird rassistische Law-and-order-Politik in Form von Brechmitteleinsätzen umgesetzt. Durch einen solchen wurde der 19jährige nigerianische Flüchtling Achidi John am 09. Dezember 2001 getötet. Sein Tod wurde und wird in hämischer Weise zur Kenntnis genommen und als notwendiges Missgeschick im Kampf gegen den Drogenhandel verkauft. Während andere Bundesländer Brechmitteleinsätze daraufhin teilweise aussetzten, wurden diese in Hamburg ohne Skrupel weitergeführt und weitere Tote im polizeilichen Einsatzkonzept bewusst einkalkuliert. Es gibt keine juristische Instanz zur Kontrolle derartiger Einsätze: die Staatsanwaltschaft, die selber für die Durchführung von Brechmitteleinsätzen verantwortlich ist, hat eine anschließende Untersuchung zum Tod von Achidi John abgelehnt.
Schon vor dem rechtspopulistischen Wahlsieg des Bürgerblocks hat der jetzige SPD-Generalsekretär Olaf Scholz in Hamburg auf diese Law-and-order-Karte gesetzt. Als damaliger Innensenator hat er die Vergabe von Brechmitteln durchgesetzt. Die Diskussion um die Vergabe von Brechmitteln wurde geführt als rassistische Stimmungsmache, in der schwarze Flüchtlinge als Dealer stigmatisiert wurden, und zu den Verantwortlichen des Drogenelends erklärt wurden. Die Illegalisierung bestimmter Drogen ist der Hauptgrund der schlechten Lebensbedingungen von vielen DrogenkonsumentInnen. Mit immer mehr Bullen auf den Straßen wird die offene Drogenszene von Straße zu Straße gejagt, wobei Gebietsverbote, Platzverweise und rassistische Kontrollen an der Tagesordnung sind.
Sozialabbau und Vertreibungspolitik bekämpfen - Fixstern bleibt!
Die Verdrängung der Drogenszenen geht einher mit einer Politik der Ausgrenzung und Vertreibung von so genannten Randgruppen aus dem öffentlichen Raum. Dieser Neuordnung des städtischen Raumes sind bundesweit MigrantInnen, DrogenkonsumentInnen, Obdachlose und ärmere Bevölkerungsschichten in unterschiedlicher Intensität unterworfen. Soziale Projekte, die sich mit diesen Ver-hältnissen auseinandersetzen, werden ebenfalls angegriffen. Die Kürzungswelle im sozialen Bereich richtet sich auch gegen die gesellschaftlichen Gruppen, die bereits alltäglich der polizeilichen Repression und Verschlechterung der Lebensverhältnisse ausgesetzt sind. Ein aktuelles Projekt, das Zerschlagen werden soll, ist der Fixstern im Schulterblatt.
Dieser sollte den Konsumraum und die Betreuung der DrogenkonsumentInnen bereits zum 28.11. einstellen und zum Jahresende geschlossen werden. Ab dann findet keinerlei gesundheitliche Versorgung und Betreuung der DrogenkonsumentInnen mehr statt. Allein die Tatsache, dass im letzten Jahr 79 Reanimationen in Notfällen durchgeführt wurden, die ohne Intervention tödlich hätten enden können, belegt den Zynismus dieser Politik.
Die vom Senat anvisierte Nachfolgeeinrichtung soll erklärtermaßen keinen Konsumraum betreiben, sondern in Zusammenarbeit mit der Polizei die Szene vertreiben und deshalb nach Erreichen dieses Ziels im Jahr 2005 wieder geschlossen werden. Am 24.11. wurde der Fixstern durch das Stadtteilbündnis "Fixstern bleibt!" besetzt um den Betrieb aufrechtzuerhalten und die Auflösung zu verhindern. Wir unterstützen diese Besetzung des Fixstern, und halten solche direkten Widerstandsaktionen für den richtigen Schritt, gesellschaftliche Gegenwehr zu entwickeln.
Kampf der Elitenbildung –keine Abwicklung der HWP!
Ein weiterer Ausdruck von Repression und Widerstand sind die Proteste um den Erhalt der Hamburger Universität für Wissenschaft und Politik (HWP). Als einzige Universität in der BRD bietet die HWP einen Zugang zu einem Hochschulstudium für Menschen ohne Abitur. 40% der Studienplätze können von QuereinsteigerInnen belegt werden. Nach den Plänen des Senates soll die HWP geschlossen und in die Hamburger Uni eingegliedert werden. Diese Auflösung ist eingebunden in die zunehmende Elitenbildung und Ökonomisierung des Bildungssytems. Dieses soll nach finanziellen Maßstäben umstrukturiert und nach wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet werden.
Über die Einführung von Studiengebühren und Regelstudienzeiten werden zunehmend mehr Menschen vom Bildungssystem ausgeschlossen. Diejenigen, die sich das Studium noch leisten können, sollen ohne Aufenthalt ins Berufsleben weitergereicht werden. An der Uni und der HWP finden derzeit Proteste gegen diese Abwicklung statt.
Der HWP-AStA hat sich im letzten Jahr intensiv an den Bambule-Protesten
beteiligt. Zunehmend gerät
dieser AStA nun unter Repressionsdruck. Als im November diesen Jahres drei Hamburger Asten eine Bambule Demo angemeldet haben, wurde eine Demonstrationsroute durch die Innenstadt verboten. Nach dem Motto "drei ASten bilden eine kriminelle Vereinigung" wurde von der Innenbehörde unterstellt dass diese kein hochschulpolitisches Mandat besäßen. Erfolgreich demonstrierten am 24.11. im Rahmen weiterer Uniproteste dennoch 500 Studierende spontan durch die Hamburger City und vor das Rathaus.
Die Antwort der Innenbehörde auf diese Aktion kam am 27.11., als eine Demo von 300 Studierenden am Rathausmarkt von den Bullen angegriffen, zahlreiche Personen verletzt und sechs festgenommen wurden. Die Festgenommenen wurden während der Festnahme geschlagen und misshandelt, unter ihnen befanden sich auch drei AStA-ReferentInnen. Diese Angriffe sind auch zurückzuführen auf das solidarische Verhältnis von Studierenden der HWP zu den vielen anderen aktuellen Kämpfen in Hamburg.
Jede Regierung stürzen!
Die herrschenden Gesellschaftskonzepte, die die Bedingungen für eine kapitalistische Verwertung aufrechterhalten, sind verantwortlich für die Politik der Ausgrenzung, Vertreibung und sozialen Verschlechterung – das Personal der Parteien trägt lediglich zur Ausführung dieser bei. Wir sehen daher weder in der Entlassung von Schill und Lange noch in einer eventuellen Regierungsübernahme durch Rot-Grün eine politische Verbesserung.
Verbesserungen erleben wir stattdessen als Ergebnis gemeinsamer Kämpfe, in denen wir stark genug sind, die gesellschaftspolitische Isolation zu durchbrechen und gemeinsame Forderungen aufzustellen und für deren Durchsetzung zu kämpfen. In den Protesten um den Erhalt der Bambule haben sich Möglichkeiten entwickelt, die uns motivieren weiter gegen die anhaltenden Verschlechterungen und Repressionen auf die Straße zu gehen. Mit der Demonstration am 20.12.2003 wollen wir nachdrücklich deutlich machen, dass wir unseren Widerstand an vielen Orten weiter entwickeln.
Die Demo verstehen wir auch als wichtiges politisches Signal gegen die Aushebelung der Versammlungsrechts. Wir halten deshalb auf alle Fälle an der Route durch die Mönckebergstraße fest (achtet auf im Vorfeld auf aktuelle Ankündigungen). Wir fordern alle auf, am 20.12. dorthin zu kommen.
Termine:
AUTONOMER BLOCK:
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler
Autonomer Block für Bambule und den Erhalt der Wagenplätze auf der Sozial- und Bildungsdemo durch die Hamburger City.
15.12.03, 16.30 Uhr Hachmannplatz
Informations-Veranstaltung & Schlafplatzbörse
Infos zur Demo am 20.12.2003 und VOKÜ.
B19.12.03, 20 Uhr LIZ (Libertäres Zentrum), Karolinenstr. 21 (Hinterhaus)
BUNDESWEITE DEMO: Bambule durchsetzen! Räumungen verhindern! Widerstand entwickeln!
Demo gegen Repression, für selbstbestimmte Projekte und unkontrollierte Bewegungen.
20.12.03, 15 Uhr Mönckebergstraße/Ida-Ehre-Platz
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