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Halle: 13. Prozessbericht: Gesinnungsurteil gegen die drei Magdeburger im 129a-Verfahren


Gesinnungsurteil gegen die drei Magdeburger im 129a-Verfahren
13.Prozeßtag 16.12.03

Wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung in vier Fällen wurden Marco zu
einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten und Daniel zu zwei
Jahren Freiheitsstrafe (Jugendstrafrecht) verurteilt! Carsten wurde
aufgrund der schlechten Indizienlage frei gesprochen und erhält
Haftentschädigung!

Nach dem ohnehin schon mehr als absurden Prozeß, verkündete heute der
Strafsenat seine ganz persönliche Meinung (und anders sind die
Äußerungen Hennigs nicht zu werten) zur Verübung von zwei geglückten
und zwei versuchten Brandanschlägen durch die Angeklagten.

In seinen Vorabbemerkungen kam Ri Hennig nicht umhin zu sagen, daß der
Senat sich nicht habe „unter Druck setzen lassen, weder von den
Angeklagten noch dem Publikum“.
Denn „hätte es den Autonomen Zusammenschlusz (AZ) nicht gegeben, wären
wir heute nicht hier“.

Der Senat (in persona Richter Hennig) selbst führte aus, daß es sich
hier um Indizienbeweise gehandelt habe, die aber, lege man die
Mosaiksteinchen zusammen, das Gesamtbild ergäben, daß sich aus dem AZ
heraus, dem die drei Angeklagten angehören, eine terroristische
Vereinigung gegründet habe. Aus den Papieren des AZ wäre für den Senat
ersichtlich gewesen, daß es ich beim AZ um eine Gruppe handele, die
Hinweise auf Gewaltbereitschaft zulasse. Daraus sei nicht zwingend zu
schließen, daß diese die Keimzelle der Terrorgruppe sei, die Verbindung
sei in der personellen Übereinstimmung zu sehen. Zur Auflösungserklärung
sei festzustellen: „ wer sich aufgelöst hat, muß sich notwendigerweise
gegründet haben.“

In der Art und Weise wie die Bekennerschreiben verfaßt waren (sz statt ß
und Chrysler ohne h) und Schreiben, die bei Marco gefunden wurden, solle
ein Beweis dafür sein, daß Marco der Autor der Bekennerschreiben war. So
auch die Übereinstimmung der Schreibmaschinen.

Daniels Alibi wurde in „erhebliche“ Zweifel gezogen. Außerdem sage die
Tatsache, daß Daniel zur Tatzeit nicht vor Ort war, nicht aus, daß er
nicht an der Vorbereitung der Anschläge beteiligt gewesen sei, der
Fingerabdruck auf dem Karton unter dem BGS-Bus sei ein Beweis für die
Einbindung in die Vorbreitung der Anschläge. Außerdem schloß sich der
Senat vollends der BAW (Bundesanwaltschaft) an, als er meinte, daß die
Telefonüberwachung eindeutig ergeben habe, daß Daniel sich habe absetzen
wollen.

Carsten schlußendlich „profitierte nun von der im Verfahren geänderten
Beweislage und hatte vor seiner eigenen Verhaftung vorgesorgt“. Es gäbe
gegen ihn keinen konkreten Beweis, weshalb er heute noch mal „von der
Schippe gesprungen“ sei.

„Wehret den Anfängen“…
Während der ganzen Urteilsverkündung, und daß war der zusätzliche
Hammer, konnte der Richter die ganze Zeit nicht umhin, mal so richtig
loszuwerden, was er von der Linken hält, denn „wer Brände legt will
töten“ und zitierte damit aus einem linken Flugblatt, welches im
Zusammenhang mit Übergriffen von Nazis verfaßt wurde. Außerdem ist es
noch gar nicht so lange her, daß „Bücher verbrannt wurden und Synagogen
brannten“. Vor dreißig Jahren brannten auch erst nur Kaufhäuser und
„dann wurden Menschen getötet.“ So könne man von den Angeklagten zwar
nicht behaupten, daß sie „Topterroristen“ seien, aber man müsse den
Anfängen wehren.

Entsprechend wutgeladen war die Stimmung im Zuschauerraum, denn ein
derart arrogantes und herablassendes Verhalten sowohl gegenüber den
Angeklagten als auch dem Publikum war schier nicht auszuhalten. Pauschal
wurde dem Publikum unterstellt, daß, würden „hier heute drei
Kahlgeschorene mit Springerstiefeln sitzen, und die drei Angeklagten als
Nebenkläger auf der Anklagebank zugegen sein“, wir uns über einen
Freispruch genauso „aufregen“ würden.

Die Anwaltschaft geht nach der heutigen Urteilsverküngung davon aus, daß
die BAW in Revision gehen wird. Selbes wird auch die Verteidigung der
Verurteilten tun. Dies bedeutet, daß die Angeklagten bis zur
Rechtskräftigkeit des Urteils auf freiem Fuß bleiben, aber eventuell
auch mit neuen Repressionen gegen die Magdeburger Szene zu rechnen ist,
da es weitere Beschuldigte gibt und die BAW sicherlich an einer
Verurteilung nach § 129a festhalten wird.

Rote Hilfe und Soligruppe Magdeburg/ Quedlinburg

 

16.12.2003
Soligruppe MD/QLB   [Aktuelles zum Thema: Repression]  [Schwerpunkt: 129a-Verfahren in Sachsen-Anhalt]  Zurück zur Übersicht

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