Berlin: 160. Prozesstag und 4. Jahrestag der Mehringhof-Erstürmung: 19. Dezember 2003
Keinen blauen Schimmer
Das Reizvolle an den Plädoyers der VerteidigerInnen im RZ-Prozess vor dem Kammerbericht Berlin liegt nicht darin, dass einmal mehr die sattsam und über 160 Verhandlungstage und vier Jahre sich hinziehenden Sachverhalte nochmal durchgekaut werden oder dass neue spektakuläre Beweisanträge, Unschuldsbeweise oder bislang unbekannte Entlastungszeugen aus dem Ärmel gezaubert würden. Nein: Spannend wird das Plädieren durch die Tatsache, dass hier noch einmal in dichter Zusammenfassung, quasi als hoch konzentriertes Destillat, all jene unglaublich dreisten Lügen des Kronzeugen Tarek Mousli vor dem grau und stumpf in seinen schwarzen Roben zusammengesunkenen Richterkollegium aufgefächert werden, welche man schon beim ersten Hören kaum glauben konnte. Als geballte Ladung sind sie schier unfassbar! Rechtsanwalt Euler, Verteidiger des Angeklagten Rudolf S., plädierte denn auch in Richtung der nach wie vor ungerührt und zu einer Verurteilung auf der Grundlage der Mousli-Gespinste entschlossen wirkenden Kammer mit dem fast verzweifelten Appell: "Das sollten Sie nicht durchgehen lassen!"
Mit besonderer Spannung war dessen Plädoyer erwartet worden, ist er es doch, der nach separaten Verhandlungen mit der Bundesanwaltschaft Ende 2001 seinen Mandanten Rudolf S. zur weitestgehenden Aussage (18. Januar 2002) in diesem Verfahren bewegen und damit neben den ProzessbeobachterInnen vor allem die anderen Angeklagten und deren VerteidigerInnen überraschen konnte. Worauf würde denn einer, der mit der Gegenseite schon das Strafmaß ausgedealt hatte, nun noch plädieren können, fragten sich viele.
Vernichtende Demontage
Und doch dauerte Eulers Plädoyer am vierten Jahrestag der Mehringhof-Stürmung ganze viereinhalb Stunden und war sichtlich vom Zorn des Juristen über das Plädoyer der Bundesanwaltschaft vor einer Woche getragen. Ergebnis seiner spannenden Ausführungen war eine weitere vernichtende Demontage der Aussagen des Kronzeugen, dessen Namen permanent im Munde führen zu müssen Euler "ärgerlich" nannte. Natürlich, so sagte Euler, stehe der Kronzeuge im Zentrum seiner Erörterung, da seit langem am Agieren der Kammer ablesbar sei, was für ein Urteil hier vorbereitet werde. Er, Euler, setze voraus, dass den anwesenden JuristInnen geläufig sei, "was die Rechtsprechung von Kronzeugen hält". Bei Erarbeitung des Plädoyers sei ihm in seiner heimischen Küche stets das berühmte, sinnfällige Diktum Francisco Picabias vor Augen gewesen: "Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann", welches großartig auf den Kronzeugen passe.
Zweifellos habe einiges so, wie es der Kronzeuge schildere, stattgefunden, das werde schließlich auch von seinem Mandanten bestätigt, so Euler. Der Rest indes sei erfunden und erlogen. In diesem Zusammenhang zitierte Euler den mit dem Verfahren befassten Bundesanwalt Monka (Süddeutschen Zeitung, 26. November 2003) mit der Einschätzung, der Kronzeuge sei kein Märchenerzähler, weil er sich sonst längst in Widersprüche verwickelt hätte.
Im folgenden versuchte Euler aus der Aktenlektüre genau diese Widersprüche und Nachweise heraus zu arbeiten, dass Mousli schon sehr früh im Laufe der 1999 gegen ihn gerichteten Ermittlungen und Überwachungen sich im Grunde als Kronzeuge angeboten habe. Der in diesen Sachen nach eigenen Angaben gewitzte Mousli muss gewusst haben, dass er nach der ersten Festnahme flächendeckend abgehört und observiert wurde. So habe er nach der polizeilichen Durchsuchung am 14. April 1999 mit seiner damaligen Lebensgefährtin Jeanette O. telefoniert, der er von der Durchsuchung bei sich berichtete. Er beschreibe darin das methodische Vorgehen der Polizei und lässt den Satz fallen: "Nur das ganze hat einen einzigen Haken: Ich kann ihnen helfen". Wissend, dass er abgehört werde, könne dieser Satz nur als ein erstes Angebot an die anhörende Behörde gewertet werden, als Kronzeuge tätig werden zu wollen. Mousli "teste" auf diese Weise die Polizei, wie sie mit seinem Angebot umgehen werde, so Euler. Er teste aus, wie er mit seinem Gegenüber umgehen könne, was diese Personen wissen und lässt diese das in seinen Aussagen erkennen. Einmal fragt er durchsuchende Beamte ganz direkt: "Was denken Sie denn bei mir zu finden?" Bereits am Tag nach der Haussuchung am 14.4.1999 erkennen die beiden ermittelnden Beamten Trede und Schulzke, dass Tarek Mousli (TM) bereit sein könnte, Aussagen als Kronzeuge zu machen. Insofern sei von diesem Zeitpunkt an seine Glaubwürdigkeit zu prüfen gewesen.
Als Gegenpart zu TM bezieht sich Euler im Folgenden immer wieder auf TMs Lebensgefährtin aus Mitte der 1990-er Jahre. Carmen T. habe ein hervorragendes Gedächtnis, schildere in glaubwürdiger Weise sehr detailgenau, was sich damals im Zusammenhang mit dem Einbruchsdiebstahl im gemeinsamen Keller in der Schönhauser Allee und der Entsorgung von Resten des dort gelagert habenden Sprengstoffes abgespielt habe. Euler bemerkte an dieser Stelle, dass er auch davon ausgehe, dass TM ein ausgezeichnetes Gedächtnis habe, wisse er doch bei den Kaskaden von Namen und Listen, mit denen die Ermittlungsbehörden ihn förmlich überschüttet hätten, immer etwas zu sagen. Seine Behauptung, er habe ein schlechtes Gedächtnis, sei mithin eine reine Schutzbehauptung.
Ausgehend von der Gegenüberstellung der aktenbelegten Aussagen TMs und Karmen T.s näherte sich Euler nun der Problematik "Seegraben". Mousli sei am 14. Mai 1999 der Haftbefehl wegen RZ-Mitgliedschaft und Sprengstoffdelikten eröffnet worden, wobei der Haftbefehl ihn außer über Beweismitteln, Zeugenaussagen und Ermittlungsmaßnahmen auch informiere, auf welche Sprengstoff-Anschläge er sich bezieht und dass sich die RZ dazu bekannt hätten.
Von Einwurfstellen und Einwurfgewässern
Die BAW habe betont, es sei TMs "freier Entschluß gewesen, den Seegraben als Entsorgungsort für den Sprengstoff zu nennen", die Zeugin T. bestätigte in ihrer Vernehmung, dass TM den Besitz des Sprengstoffs eingeräumt und hektisch versucht habe, Kontakt zu jemanden aufzunehmen, um den Sprengstoff los zu werden. In einer Beschuldigtenvernehmung in Anwesenheit des Bundesanwalts Monka habe TM dann nochmals das Geschehen vom Frühjahr 1995 mit den Worten "hektisch" geschildert und den denkwürdigen Satz ausgesprochen: "Ich habe die Vernehmung von Frau Karmen T. gelesen, ihre Aussage zum Ablauf ist richtig". Diese Version stelle, so Euler, die Freiwilligkeitsbehauptung der BAW natürlich vollkommen in Frage: TM wisse zu diesem Zeitpunkt also - aus T.s Aussage -, dass die BAW das "alles" weiß. Es kommt die Frage: "Wo haben sie den restlichen Sprengstoff denn entsorgt?" und TM erklärt: "Ich kann den Lagerort sehr präzise beschreiben" und fertigt eine Skizze davon an, die - bisher weitgehend unbeachtet - sich erstaunlicherweise bei den Aussagen der Karmen T. befand. TMs Skizze vom "Einwurfort" (16.6.1999) sei von "nicht zu überbietender Deutlichkeit", sie stimme bis ins Detail - in etlichen Vor-Ort-Besuchen Eulers überprüft - mit den realen Gegebenheiten völlig überein. Auf dem Blatt habe TM die Einwurfstelle unmissverständlich mit einem Pfeil gekennzeichnet und dazu erläutert: "Da liegt der Sprengstoff, dort habe ich ihn reingeworfen". Weiter erklärte TM dazu: Am gleichen Tag [der Keller-Durchsuchung im Frühjahr 1995] bin ich in der Dämmerung in die Nähe von Buch gefahren und habe dort den Sprengstoff weggeworfen. Dort, weil ich die Stelle kenne." Noch - im Juni 1999 - spielt Mousli mit den Vernehmenden und weist den RZ-Zusammenhang zurück: Ob der Sprengstoff etwas mit den RZ/Rote Zora zu tun habe? - Nein, nein, so TM, ein politischer, linkspolitischer Hintergrund sei ihm klar gewesen, ein Zusammenhang mit den RZ sei ihm jedoch bis zur Durchsuchung [1999] nicht bekannt gewesen. "Sie, Herr Schulzke, erinnern sich doch, wie erstaunt ich war, als der Name RZ fiel?" wird TM in den Akten zitiert. Ausgehend von einem Beispiel aus einem anderen Verfahren aus 2000 in Mainz mit einem Zeugen, der ein recht kompliziert gelegenes unterirdisches Geld- und Drogen-Depot beschreibt, was dann auch gefunden wurde, fragte Euler, warum solchermaßen nicht im Falle Mouslis verfahren worden sei, schließlich habe man eine exakte Angabe vom Entsorgungsort gehabt und sogar einen Ortstermin mit dem Beschuldigten absolviert, wo dieser einmal mehr die Einwurfstelle des Sprengstoffs gezeigt habe. Wo also sollte man denn sonst nach dem Sprengstoff suchen? Wie groß die Enttäuschung, als man dann nichts dort fand und auch im Gesamtbereich wie vom Zeugen beschrieben nicht. Am Tag darauf, den 17.6.99 wurde dann, so Euler, der gesamte Parkplatzbereich mit in die Suche einbezogen: "Schon das war ein Unding, hatte doch Mousli klare Angaben zum Lagerort gemacht und konnte eigentlich nicht von seinem Einwurfort abrücken!", sagte Euler. Ironisch zählte Euler auf, was die Grabendurchsuchung statt des Sprengstoffs noch so zutage gefördert hatte, nämlich in zwei Bundespersonalausweise, Sturmhauben und Handschuhe. Hier scheinen weitere Straftäter belastetes Material und eine gewisse Frau Schreiber kurzerhand ihre Handtasche entsorgt zu haben.... diesen Gegenständen und ihrer Herkunft sei von den Ermittlern weiter nicht nachgegangen worden. Einzig mögliche Erklärungen für die Pleite vor Ort hätten nun sein können: Mousli sagt die Wahrheit und jemand hat den Sprengstoff an der benannten Stelle weggeholt; oder Mousli hat gelogen und den Entsorgungsort erfunden.
Die Fußballplatz-Parabel
Um seine Fassungslosigkeit an einem Beispiel zu verdeutlichen, ließ Euler einen Informanten ein Depot in einem Fußballstadion bezeichnen, wo es im Strafraum (zum Gericht gewandt: "Wenn Sie wissen, was das ist, also ein präzise zu bestimmender Teil des Spielfeldes mit 16-Meter-Raum, Elfmeterpunkt usw." ) zu finden sei. Nachdem es dort nicht gefunden werde, weite der Informant den Lagerort kurzerhand bis zum Anstoßpunkt aus: "Würden Sie dem das glauben?", fragte Euler das Gericht, wenn nach dem Umgraben des halben Spielfeldes das Depot dort wieder nicht gefunden werde. Es gehe ihm nicht um Metergenauigkeit, wie Bundesanwalt Wallenta ihm unterstellt habe, sondern um eine räumliche Nähe zum vom TM bezeichneten Einwurfort. Er bleibe deshalb bei seiner These, dass TM gelogen und den Entsorgungsort erfunden habe. Entlarvend hätte in diesem Zusammenhang auch die Aussage der Zeugin T. sein müssen, die zum Verbleib des Restsprengstoffes am 6.7.99 gezielt befragt wurde: Sie erklärte klipp und klar, dass TM die Einwurfstelle zu jenem Zeitpunkt in der ersten Jahreshälfte 1995, zu welchem er den Sprengstoff dort entsorgt haben will, noch gar nicht gekannt haben könne. Erst im Herbst/Winter sei sie mit ihrem neuen Partner Mousli und dem inzwischen an diesen gewöhnten Hund dort erstmals spazieren gegangen. Mousli indes bleibt bei seiner Aussage und fügt hinzu, er habe sich auch gewundert, dass er den Sprengstoff beim Ortstermin mit den BKA-Beamten nicht selber habe sehen können. Entweder es habe ihn jemand Dritter entfernt oder man müsse doch noch die Suche im Graben ausweiten bis zum Waldrand. Hier hätte nach Ansicht von RA Euler ein Aufschrei von den Vernehmenden kommen müssen: "Das ist ein Unding, das glaube ich nicht!". Doch man lässt sich stoisch auf TMs unrealistische Spielchen ein. Er habe, so TM, schon vor seiner Bekanntschaft mit Frau T. und dem Besitz des Hundes ("Hunde, neben Frauen TMs Lieblingsspielzeug") dort Spaziergänge gemacht, schließlich liege das - er habe damals in der Prenzlauer Allee gewohnt - nahe, behauptet TM, um T.s Aussage, er könne den Seegraben zu diesem Zeitpunkt / 1. Halbjahr 1995 noch nicht gekannt haben, zu entkräften. Wer sich die Gegebenheiten auf einer Karte anschaue, werde dem entgegengesetzt feststellen, dass es gar nicht "nahe liege", so Euler. TM geht so weit zu sagen: "Ich weiß nicht, ob ich mit Karmen T. dort spazieren gegangen bin." Frau T. indes weiß es genau und kann es messerscharf nachvollziehen, was sich im Laufe des Jahres 1995 am Seegraben abgespielt hat. Als TM mitgeteilt wird, dass auch das erweiterte Grabengebiet "intensiv aber erfolglos abgesucht" worden sei, meint er: "Mir ist das ein Rätsel, das ich nicht lösen kann". Und steigt vollends in Fantasie-Gebilde ein: "Es gibt da noch einen Graben", sagt er und keiner der ermittelnden Beamten interveniert hier bei dieser offensichtlichen unverschämten Lüge.
Der letzte Gläubige einer Ein-Mann-Gemeinde
Im Gegenteil: TM wird aus der Haft entlassen - damit man ihn observieren kann. Bei der Ortsbegehung am Seegraben begleiten TM die beiden notorischen Beamten Trede und Barbian, wobei Barbian "den beiden wie ein Hund gefolgt" sein muss und nichts von dem Gesprochenen mitbekommen haben will. Man geht 10 bis 20 Minuten am Graben entlang auf der Suche nach einer neuen Einwurfstelle: "Gehen Sie da mal hin und gehen Sie 10 bis 20 Minuten an dem Seegraben entlang", rief der empörte Euler in den Gerichtssaal. Man komme so gehend bis zum Lietzengraben und im übrigen gebe es auch noch einen weiteren Seegraben im Berliner Stadtgebiet. Was sei der Sinn dieser Ortsbegehung gewesen, doch eigentlich nur, nachzusehen "wo das andere Fußballstadion sein könnte", meinte Euler sarkastisch. Ergebnis des Entsorgungsganges: "Wir haben nichts gesehen!". Das könne doch wohl gar nicht wahr sein, meinte Euler. Er habe aus Frankfurt kommend zwar einiges an recht eigenen "Berliner Verhältnissen" erwartet, doch dies übersteige selbst sein Phantasie. Was die Vernehmungsbeamten dann als Zeugen hier in der Hauptverhandlung zum Besten gegeben hätten, sei - zumal im Falle Tredes - eine Unverschämtheit, welche prozessual hätte bestraft werden müssen! "Er [Trede] hat sich wahrscheinlich eigentlich geschämt", mutmaßte Euler zu dessen unhaltbaren Aussageverhalten. "Da wird einem schwindlig!" so Euler, es gehe hier nun nicht mehr um die Einwurfstelle am Seegraben, sondern um den Seegraben selbst als Einwurfgewässer! Und den Einwand von Bundesanwalt Wallenta, der Sprengstoff sei dort dann schließlich doch gefunden worden, könne er kaum glauben. Dass erfahrene BAW-/BKA-Beamte dem keinen Einhalt geboten hätten, sei unfassbar, so Euler. In der Ein-Mann-Gemeinde des Beamten Trede sei dieser ohnehin der letzte Gläubige. Denn das Sprengstoff-Paket wird schließlich in über 160 Meter Entfernung von der von TM bezeichneten, sinniger Weise "Ersteinwurfsort" genannten Stelle unter einer Schlickschicht mittig im Seegraben gefunden. Wie konnte es dazu kommen, fragte Euler erneut, dass sich das Paket am 24.8.99 dann in 160 Meter Entfernung gegen die Fließrichtung des Seegrabens und jenseits von Sperren im Graben auffinden ließ?
Wenn also die Glaubwürdigkeit der Zeugin T. nicht in Frage steht, mit welcher die Vorsitzende Richterin Hennig das erste und einzige Mal im Umgang mit Zeugen und anders als etwa beim Zeugen Trede "sehr streng" gewesen sei, wie Euler hervorhob, dann sei nicht nachvollziehbar das ihre Aussagen weitgehend unbeachtet blieben. Im Zusammenhang mit dem Seegraben, den TM nach T. erst im Herbst 1995 kennen gelernt haben soll, lasse das nur den Schluss zu, dass TM das Sprengstoffpaket dort nicht im Jahr 1995 entsorgt hat, sondern, und darauf wiederum deutet der Poker um die Einwurfstelle hin, dass er das Paket erst in der Zeit zwischen Mitte Juni und Ende August 1999 irgendwo anders geholt haben und dann am späteren Fundort ins Wasser geworfen haben muss. Woher komme sonst die Idee mit dem anderen Graben?
Zwar DDR-Vergangenheit, aber nicht dumm
Seien Karmen T.s Aussagen jedoch beachtlich, dann seien auch weitere Aussagen von ihr relevant und machten deutlich, wie selektiv die Vernehmenden sich daraus bedienten, um ihren Kronzeugen zu bekommen und zu stützen. So berichtete T. Mitte 1999, dass TM selbst von einer Organisation, von Genossen gesprochen habe, dass er etwas gemacht habe und "führende Kraft" sei, dass einige bei Anschlägen Rücksicht auf die Zivilbevölkerung befürworteten, andere jedoch nicht, dass es Anschläge auf Personen gegeben habe, dass nicht "sie", sondern "ich" geschossen habe, dass das Motiv in der Familie liege wegen der schwierigen Aufenthaltsgeschichte und der Verweigerung eines Bleiberechts für seine Schwester, die darüber psychisch krank geworden sei, dass er geschossen und zwei, drei Mal getroffen habe usw. TM habe laut T. auch gesagt: "Wenn Du nicht weißt, wer dabei war, kannst Du auch niemand verraten." Zwar sei Frau T,. mit ihrer DDR-Vergangenheit eine eher unpolitische Frau doch sie habe keineswegs ein Gedächtnis wie ein Sieb oder sei dumm, führte Euler aus. Zweifel jedenfalls an den Aussagen der Zeugin T. habe es von keiner Seite gegeben, fasste er zusammen.
Im Oktober 1999, als TM bereits die Kronzeugenregelung angeboten worden war, wird ihm die Aussage von Juni mit der markierten Einwurfstelle am Seegraben vorgehalten, dass die Suche negativ und auch die Suche an der später einbezogenen Alternativstelle erfolglos geblieben sei und statt des Sprengstoffs ein Wecker mit Klebeband geborgen worden sei. Ob es sich bei den anderen im Graben gefundenen Gegenständen im Seegraben um Dinge gehandelt haben könnte, die TM in der Hektik nach der Kellerdurchsuchung im Durcheinander zusammengepackt und auch in den Seegraben geworfen habe, dem wird nicht nachgegangen. Und auch nicht bemerkt, dass TM im Grunde zu seiner "Ersteinwurfstelle" mit der Bemerkung zurückkommt, indem er sagt: "Er habe bei späteren Spaziergängen immer das Schimmern des blauen Plastiksacks im Seegrabenwasser gesehen." Hier liegt wohl einer der zentralen Widersprüche im Chaos der Seegrabengeschichte.
Das Telefongespräch TMs mit seiner Mutter am 19.9.99 gilt der BAW als Wahrheitsbeweis, sei dazu aber nicht geeignet, enthalte es doch die Aussage, ihm, TM, sei nicht mitgeteilt worden, ob die Behörden am Seegraben etwas gefunden hätten, was offensichtlich nicht stimmt und den Charakter des Gesprächs im Ganzen in Frage stellt: "Man muss ja seiner Mutter nicht alles erzählen", fasste Euler zusammen. Noch bis Oktober 1999 hätte für die Ermittler die Möglichkeit bestanden, Schlüsse und Rückschlüsse aus TMs widersprechenden Aussagen zu ziehen. Das sei unterblieben. Stattdessen sei TM im November verhaftet und Frau T. ins Zeugenschutzprogramm genommen worden, was einmal mehr unterstreiche, dass die Zeugin für "uneingeschränkt glaubwürdig" gehalten wurde. Es werde nun so getan, als heile die Tatsache, das der Sprengstoff schließlich gefunden wurde, alle Wunden, d.h. alle unhaltbaren Widersprüche und Unwahrheiten. Das Gegenteil sei der Fall: Im Abgleich mit den Aussagen Karmen T.s habe sich TM als Lügner erwiesen. Und diese mögliche Erkenntnis sei nicht für das Verfahren produktiv gemacht, sondern weitere Fehler begangen worden, die nicht hätten passieren dürfen.
Geblendet vom Kronjuwel
Und TM hat all den Wust in der Hauptverhandlung noch mal bereitwillig wiederholt, die Ermittler seien angesichts der Möglichkeit, hier einen RZ-Prototypen gefangen zu haben, vom "Kronjuwel" derart geblendet gewesen. Wie weit diese Formen erfolgsgeiler Autosuggestion bei Ermittlungsbeamten gehen könnten, beschrieb Euler anhand seiner Erfahrungen aus anderen Terroristen-Prozessen: Er sei etwa im Prozess gegen Monika Haas nach Mallorca gereist, um die Angaben der Kronzeugin Andrawes über eine angebliche Waffenübergabe von Frau Haas an Andrawes nachzugehen; er habe sehr schnell vor Ort festgestellt, dass es so, wie es die Kronzeugin geschildert habe, nicht gewesen sein könne; oder im Opec-Verfahren in Frankfurt, wo der Kronzeuge Hans-Joachim Klein in einer Episode über einen versuchten Ausstieg aus der Gruppe im Aostatal von zwei Männer bedroht worden sei, die Max und Sharif geheißen hätten und von denen einer Rudolf Schindler, den Klein zweifelsfrei kannte, gewesen sei; schon nach reiner Aktenlektüre habe er, Euler, damals festgestellt, dass das so nicht stimmen könne; schließlich habe der Entlastungszeuge Gerd Schnepel bestätigt, dass Kleins Zuordnung der Namen zu Rudolf Schindler, nicht stimme, da er selber diesen Decknamen getragen habe; obwohl das offensichtlich unwahr war, ließen die BKA-/BAW-Beamten Klein gewähren - ähnlich wie im vorliegenden Fall; das Tollste indes sei gewesen, so Euler, dass sich nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens herausgestellt habe, dass es im Falle Schnepel einen Vorgang zu einem Strukturverfahren gegeben hat, in welchem diese Erkenntnis klar drin stand, mithin sei der Sachverhalt mutwillig verschwiegen und dem Gericht Beweise unterschlagen worden: "Seitdem weiß ich, was möglich ist", schloss Euler seinen Exkurs.
An dieser Stelle stellte er den bedingten Hilfsbeweisantrag, dass der Kronzeuge seiner früheren Lebensgefährtin Karmen T. gegenüber zu stellen sei, um zu beweisen, dass in der Frage des Seegrabens TM offenkundig die Unwahrheit sagt, da er den Seegraben nicht vor dem 2. Halbjahr 1995 gekannt haben konnte. Außerdem seien drei Personen zu laden, mit welchen TM schon davor am Seegraben spazieren gegangen sein will. Sie würden das als Zeugen verneinen. In diesem Zusammenhang seien TMs Aussagen zur 1995 im Keller befindlichen Tasche und den dort verstreuten Gegenständen zu verlesen und jene Stelle, wo er noch im Oktober 99 von der blau im Wasser schimmernden Plastiktüte gesprochen habe, um zu beweisen, dass kein anderer Einwurfort in Erwägung zu ziehen gewesen war.
Sein Mandant, so fuhr RA Euler nach einer Pause fort, habe in seiner Erklärung vom 18.1.2002 die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zugestanden, die Rädelsführerschaft darin jedoch bestritten. Für diese Behauptung TMs fehlen für die Zeit nach 1978 konkrete Angaben. Doch entgegen S. eigenen Einlassungen, die von den AGs Eckle und H. bestätigt würden, werde der Aussage TMs weiter gefolgt: hier werde, so Euler mit zweierlei Maß gemessen. Das gelte auch im Zusammenhang mit TMs Aussagen zur angeblichen Alimentierung von RZ-Mitgliedern durch einen Koordinierungsausschuss, den angeblichen Decknamenwechsel der Zellenmitglieder und dem Ablauf des Hollenberg-Anschlages. Zwar schildere sein Mandant das Geschehen völlig anders und doch werde TMs Aussage als "glaubhaft und widerspruchsfrei" eingeschätzt. Sein Mandant habe doch Einlassungen gemacht und vieles eingestanden, um zu beweisen, dass TMs Aussagen nicht der Wahrheit entsprächen: die BAW nutze S.s Aussage nur insoweit sie das eigene Verurteilungskonstrukt stütze, aber nicht dort, wo sie den Kronzeugen widerlege. Und obwohl es Aussagen der Zeuginnen W. und H. gebe, dass TM keine Probleme mit den als Bestrafungsmaßnahmen begriffenen Knieschuss-Attentaten gehabt habe, behauptet er selber, er sei gegen die Hollenberg-Aktion gewesen und nur gefahren. Das werde nicht hinterfragt, dabei stecke in diesen Details die Möglichkeit, die Glaubwürdigkeit des Zeugen kritisch zu bewerten und zu verwerfen. Selbst die Aussagen des unterdessen verstorbenen Anschlagsopfers wögen im hiesigen Verfahren nicht so viel wie die zweifelhaften Angaben TMs. Zum Abgleich der Hollenberg-Beschreibung der Tatschützin reichte RA Euler als Hilfsbeweisantrag eine vergrößerte Farbfotografie der Entlastungszeugin, die 1986 die Schüsse auf Hollenberg abgegeben haben will, ein.
Liebe, enttäuschte Liebe, Sympathie, Mutterberzug?
In der Frage der Entlastungszeugin sieht sich Anwalt Euler in seiner Ehre angegriffen, denn schließlich habe er selbst als Zeuge zu dem Zustandekommen dieser Entlastungsaussage der Zeugin Barbara W. ausgesagt. Und die Einschätzung der BAW, diese Zeugin lüge, stelle seine, Eulers Glaubwürdigkeit als Zeuge in Frage und würde unterstellen, dass er sich eine Lügenzeugin zur Entlastung seines Mandanten auf Vorrat präpariert habe. Schon dass er überhaupt habe aussagen müssen habe ihn erstaunt: "Eine Wahrunterstellung kam offenbar nicht in Frage". Wenn den Eindruck entstanden sei, die Zeugin habe Probleme gehabt, auszusagen, stimme das zwar, könne aber auch schlüssig begründet werden: es sei für eine Person, die seit langem in ein bürgerliches Leben gewechselt sei, nicht leicht, öffentlich einzugestehen, sie habe 1986 auf einen Menschen geschossen. Sie sei heute nicht mehr stolz auf diese Aktion und deshalb einfach aufgeregt gewesen. Im übrigen habe sie ein bestimmter "grundsätzlich anti-etatistischer" Kreis bedrängt, nicht mit der Staatsgewalt zu kollaborieren. Sie sei nach Meinung der BAW als Zeugin unglaubwürdig, da sie keine emotionale Beteiligung gezeigt und nichts gewusst habe von der Vorbereitung und dem Überbau des Anschlages. Euler führte schlüssig aus, was Frau W. genau über Tathergang, Vorbereitung (Stichwort: Schießübungen), über das Ende ihrer Aktivitäten und den Literaturkreis ausgesagt hat und weshalb es gerade dort, wo Unglaubwürdigkeit unterstellt würde, im konkreten Kontext eher das Gegenteil beweise. Eine präparierte Zeugin hätte doch nicht etwa zugegeben, dass sie die damalige Funktion des Attentatsopfers nicht mehr wisse oder den Ort nicht erinnere, wo die "berühmten" Schießübungen stattgefunden haben sollen. Dass Frau W. niemals geschossen haben soll in ihrem Leben, wie die BAW meint, sei außerdem noch leichter zu widerlegen; es gebe in den USA einen Zeugen, der Schießübungen der Zeugin bestätigen könne, so Euler weiter. Dass die sich selbst bezichtigende Zeugin W. die Waffe nicht habe beschreiben können, erklärte Euler damit, dass ein Laie Waffen nicht auseinanderhalten könne. Denn er wisse als ehemaliger Waffenausbilder bei der Bundeswehr, wie viele ähnlich oder gleich aussehende Waffen es gebe.
Weshalb TM die Tatbeteiligung der Zeugin verschwiegen habe? Das sei ein weites Feld der Spekulation, aus enttäuschter Liebe, aus Liebe, aus Sympathie, wer könne das sagen?
Mit ihrer Aussage konfrontiert meinte TM lapidar: "Wenn sie das so sagt, kann ich ihr nicht widersprechen." Er habe womöglich bei W.s Person Mutterbezüge gehabt, so Euler, schließlich habe er auch mehrfach ihr Alter betont. Weshalb, so könne man weiter fragen, habe er Frau H. und ihre Zusammentreffen mit der AG E. verschwiegen oder die libidinöse Beziehung zur Zeugin Elisabeth E.? TM habe Leute aus seiner Erzählung ausgespart nicht nur aus Sympathie sondern auch zum Selbstschutz. Dass er jedoch den erbarmungswürdigen Zustand der AG E. vergessen haben will, was damals der Grund war, sie mit der Zeugin H. wegen Gymnastik zusammen zu bringen, sei an Absurdität nicht zu überbieten, schloss Euler diesen Komplex.
Der Umgang der BAW mit der Aussage der Zeugin W. und des AG S.s erläuternder Erklärung vom 26.9.03 ist in den Augen von RA Euler "Teil einer Umschiffung wesentlicher Teile der Beweisaufnahme". Alles werde da gegen die AGs gewendet, wenn etwa behauptet werde, der AG S. habe die Zeugin W. nur benutzt, um seine Frau, die AG E. zu entlasten. Ja, was denn sonst hätte er tun sollen, müsse sich die BAW fragen lassen, um seine Frau zu entlasten, nachdem weiter nichts gegen sie vorliege im Zusammenhang mit dem genannten Attentat, keine Fingerabdrücke, keine Hinweise usw. Sein Mandant habe im Laufe des Verfahrens mehr als einmal bewiesen, dass er nicht zu seinem Vorteil leichtfertig Dinge behaupte. Hätte er nämlich darauf bestanden, durchgehend von den 70-er bis in die 90-er Jahre Mitglied der RZ gewesen zu sein, hätte der Strafklageverbrauch aus dem Opec-Verfahren gegriffen und der gegenwärtige Prozess nicht so stattgefunden, gab Euler zu bedenken. Es wäre ein Leichtes gewesen.
Vom Strafraum zum Stadion
Im folgenden demontierte Euler etliche von TMs Aussagen, die sich jedoch schon an sich selbst ad absurdum führten. Die Behauptung eines gemeinsamen Sprengsatzbaus in Sachen ZSA von einer von Aussage zu Aussage größer werdenden Gruppe von schließlich fünf Zellenmitgliedern, erledige sich nach den Feiling-Erfahrungen der RZ von selbst: das kann so und noch aus anderen Gründen nicht stattgefunden haben, wäre fahrlässig gewesen und einer intellektuelle Selbstenthauptung der Berliner RZ gleichgekommen, führte der Frankfurter Anwalt weiter aus. Es sei mithin nicht zu erkennen, weshalb man TMs Aussagen glauben solle. Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Bundesrichter Korbmacher 1987 schließlich falle auch noch TMs Schutzbehauptung, er habe vieles nicht gewusst, sei nur ein "braver Funker" gewesen und es sei ihm Herrschaftswissen vorenthalten worden, in sich zusammen. Es sei widersinnig in einer derart kleinen Gruppe, die den Höhepunkt der Flüchtlingskampagne der RZ vorbereitete, Informationsgefälle wie die von TM behaupteten zuzulassen. Es ging um absolute Planungssicherheit, alle mussten funktionieren, also könne schon aus logischen Gründen hier kein Herrschaftswissen in Anschlag gebracht, aus welchem das kleine Rädchen TM ausgegrenzt wurde. Er habe das Motorrad nicht nur getestet für den Anschlag, sondern auch gefahren, nur das könne logisch stimmen. Dass er nichts von Korbmachers Funktion gewusst haben will, sei schlankweg absurd: Der Zeugin Karmen T. gegenüber erklärte TM, es sei bei diesem Attentat um seine Schwester und ihr oben erwähntes Schicksal gegangen. Woher als aus TMs Munde sollte sie das denn sonst gewusst haben, fragte Euler das Gericht. Als grotesk bezeichnete Euler die Einschätzung der BAW, TM sei gerade hier "anschaulich und plausibel". Einziges Ergebnis der Analyse der Aussagen im jeweiligen Kontext könne sein: TM lügt!
"Was Sie jetzt sagen, erinnert stark an den Seegraben", mit diesen damaligen Worten der Vorsitzenden zum Komplex "Depot im Mehringhof", fasste Euler auch dieses Thema zusammen. Ein genau bezeichnetes Depot sei in der Folge ergebnisloser Suche auf einmal in jedem Winkel des Gebäudekomplexes zu suchen gewesen, wie am Seegraben - Strafraum, halbes Spielfeld, Stadion, anderes Stadion usw. Auch im Zusammenhang mit dem ominösen Waldspaziergang der Berliner RZ-Gruppen, angeblich wegen der 1987 in Westdeutschland laufenden "Aktion Zobel" des BKA gegen die RZ und der daraus folgenden Sicherheitsgefährdung der Berliner Zellen, arbeitete Euler ein Muster der Aussage-Entwicklung beim Kronzeugen heraus, wie es von der RAin Lunnebach bereits angedeutet worden war. Nicht nur, dass ein solches Treffen sehr spät in TMs Aussagen auftaucht hätte es allen behaupteten Abschottungsregeln der RZ in Berlin widersprochen. Es wäre in der Tat ein völlig unvertretbarer Akt der Selbstgefährdung gewesen, wenn auch nur eine der betreffenden Personen observiert worden wäre, so Euler. Die Aussagen werden je nach Bedarf durch den unter Erfolgsdruck stehenden TM "nachgebessert", bleiben jedoch von Anfang an nichts als Lügen und Erfindungen. Dasselbe lässt sich von den Kuddelmuddel-Aussagen TMs im Zusammenhang mit den angeblichen Decknamenwechseln sagen: das kann in der Gesamtschau der sich widersprechenden, in der Chronologie unmöglichen, sich ausschließenden und schlicht falschen Aussagen einfach nicht stimmen. Euler belegt all diese Abrissmaßnahmen am Lügengebäude des Kronzeugen mit stringenten Nachweisen, die alle aufzuführen den Rahmen entschieden sprengen würde.
Als Hilfsbeweisantrag forderte Euler noch ein aussagepsychologisches Gutachten zum Aussageverhalten des Kronzeugen, um dessen Abwegigkeit zu beweisen. "Wenn Sie uns nicht unterstellen, etwas zu erfinden, kann das, was TM da aussagt, nicht stimmen: Das sollten Sie nicht durchgehen lassen", schloss Euler seine Ausführungen.
Er beantragte deshalb, die Anklage zurück zu weisen, sein Mandant Rudolf S. sei Rädelsführer gewesen. Die Attentate seien verjährt, die Mitgliedschaft in einer terroristische Vereinigung seit etwa 1987 beendet, mithin das Verfahren gegen S. einzustellen. Bezogen auf die § 129 a und 129, Absatz 6, meinte Euler, die Aussagen seines Mandanten und von dessen Frau, dass ihre Tätigkeit in den RZ nach der Flüchtlingskampagne erledigt gewesen und in einen - mehrfach bestätigten - Literaturkreis überführt worden sei, erlaube den Schluss, dass die Maßgaben der genannten Paragraphen erfüllt, mithin ein Strafaufhebungsgrund gegeben sei. Es habe, so betonte Euler, durchaus Gründe gegeben, gegen die damalige Abschiebepraxis der BRD aktiv zu werden, es habe Abschiebung in die Folter gegeben, doch danach sei "das Verfallsdatum der RZ-Politik" erreicht worden, so erklärten jedenfalls die AG E. und auch S. ihre Abkehr von den RZ.
Wenn den Anwälten nun eine Verzögerungstaktik seitens der BAW vorgeworfen werde, sei dies insoweit unfair, als Euler und König auch angeboten hätten, das Verfahren gegen E. und S. abzutrennen und so schneller zum Abschluss zu bringen.
Euler plädierte insbesondere:
1. Das Verfahren gegen seinen Mandanten wegen Rädelsführerschaft in den RZ einzustellen;
2. Ihn zu sechs Monaten Freiheitsentzug wegen eines minderschweren Falls von Sprengstoffdelikt zu verurteilen und
3. den Haftbefehl gegen S. aufzuheben.
RA König, der ebenfalls R.S. vertritt, schloss sich Eulers Hilfsbeweisanträgen, jedoch unbedingt, also auch für den Fall an, dass das Gericht nicht die gesamte Verurteilung auf den Aussagen TMs aufbaue.
Am 29. Dezember 2003 geht es um 14 Uhr mit dem Plädoyer des Rechtsanwalts von Schliefen für den Angeklagten Axel H. weiter. Am 8 Januar wird voraussichtlich die Verteidigung des Angeklagten G. plädieren.
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