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Hamburg: FSK geht wegen Razzia vor Gericht

Pressemitteilung
Hamburg, 19.01.04
FSK geht wegen Razzia vor Gericht


Polizeilicher Angriff auf die Rundfunkfreiheit
Am 25.11. vergangenen Jahres durchsuchten Staatsanwaltschaft und
Staatsschutz die Räume des nichtkommerziellen Radiosenders FSK (Freies
Sender Kombinat) in Hamburg. Eine weitere Durchsuchung fand noch am
selben Tag in der Privatwohnung eines Redakteurs statt. Anlass der
Razzien war die Aufzeichnung und Ausstrahlung eines angeblich nicht
autorisierten Interviews mit dem Polizeipressesprecher, in dem es um die
Misshandlung von DemonstrantInnen durch Polizeibeamte ging.
Heute hat FSK beim Amtsgericht Hamburg eine Klage gegen diese Maßnahmen
eingereicht. Ziel ist es, richterlich feststellen zu lassen, dass:
1. Das Eindringen in die Räumlichkeiten des Presseunternehmens zum
Zwecke der Beweissicherung sowohl rechtswidrig als auch völlig
unverhältnismäßig war;
2. Das Eindringen in die Privatwohnung eines Redakteurs und die
Beschlagnahme von Material willkürlich und rechtswidrig war;
3. Sämtliche Kopien des beschlagnahmten Materials vernichtet werden müssen.

Der Rechtsrahmen der Durchsuchungsverfügung wurde weit überschritten.
Die Maßnahmen hatten mit dem Anlass der Durchsuchung nichts mehr zu tun.
Es wurden nicht nur zwei Ordner mit Adressen und Telefonnummern von
FSK-MitarbeiterInnen mitgenommen. Zudem wurde die gesamte Studiotechnik
abfotografiert. Außerdem fertigten die Ermittler einen Grundriss aller
Räumlichkeiten an. Mittlerweile ist auch bekannt, dass die Behörden zum
Zeitpunkt der Durchsuchung bereits über einen Mitschnitt der gesuchten
Sendung verfügten. Zur Beweissicherung kann die Durchsuchung also nicht
gedient haben. "Ihr eigentlicher Zweck war", so Vorstandsmitglied Regina
Mühlhäuser, "Räume und Strukturen eines kritischen Medienunternehmens
auszuforschen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzuschüchtern."

Pressefreiheit außer Kraft gesetzt
Während der Durchsuchung waren durchgängig Polizeibeamte hinter den
ModeratorInnen postiert. Sie untersagten den Sendenden über die laufende
Durchsuchung im Sender zu berichten. "Dieser Eingriff in den
Sendebetrieb stellt eine schwere Verletzung der Presse- und
Rundfunkfreiheit dar", betont der medienrechtlich Verantwortliche des
FSK, Erhard Wohlgemuth.

Durchsuchung von Privaträumen ohne richterlichen Beschluss
Die gleichzeitige Durchsuchung der Privatwohnung eines Redakteurs wird
seitens der Anwälte des Betroffenen als polizeilicher Willkürakt
gewertet. Die Polizei war in die Wohnung ohne Durchsuchungsbeschluß
eingedrungen, hatte Privatunterlagen und einen Computer beschlagnahmt
und dessen Festplatte komplett kopiert. Die Wohnung des Betroffenen
wurde akribisch fotografiert. Maßnahmen, die mit der vorgegebenen Suche
nach einem Tonträger in keiner Verbindung standen und deren Zweck
eindeutig war, psychischen Druck auf einen kritischen Journalisten
auszuüben. Vor Gericht soll nun die Vernichtung der Kopien von
Festplatte und Unterlagen sowie des Photomaterials erzwungen und die
Rechtswidrigkeit des Vorgehens festgestellt werden.
Richterlich verfügter rechtsfreier Raum
Zu dem angestrebten Prozeß gegen die behördlichen Maßnahmen sagte
Torsten Michaelsen vom Vorstand des Senders :
"Bestürzend ist, dass der zuständige Ermittlungsrichter den
grundrechtlichen Schutz des Senders als auch die Unsinnigkeit der
Durchsuchungsanordnung verkannt und die Hausdurchsuchung genehmigt hat.
Zumindest einen Nachmittag lang übten Staatsanwaltschaft und Polizei
direkte Zensur aus und verwandelten die Räume des Freien Sender
Kombinats per richterlicher Verfügung einen rechtsfreien Raum."
Erhard Wohlgemuth betonte die Notwendigkeit juristischer Schritte gegen
die Polizeimaßnahmen:
"Gerade angesichts des jüngsten Berichts von amnesty international über
Rechtsverletzungen der deutschen Polizei kann solch ein Vorgehen der
Hamburger Sicherheitsorgane gegen die freien Medien nicht
unwidersprochen bleiben. Gerichtlich gegen dieses Maßnahmen vorzugehen
ist unbedingt geboten, um einer derart dreisten Verletzung von
Grundrechten Einhalt zu gebieten."

Um den Prozess notfalls auch über mehrere Instanzen führen zu können,
braucht FSK dringend finanzielle Unterstützung!
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19.01.2004
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