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Frankfurt a.M.: Podiumsveranstaltung und Informationstagung zur Agenda 2010 - Entsorg Dich selbst!

Entsorg dich selbst - 25 Jahre neoliberaler Umbau sind genug!

06./07.02.2004
Studierendenhaus (KoZ), Universität Frankfurt/Main - Campus Bockenheim

Mit Beiträgen von: Axel Troost (Memorandum-Gruppe), Christoph Butterwegge
(Uni Köln), Harald Rein (Frankfurter Arbeitslosenzentrum), Mag Wompel
(LabourNet Germany), Morus Markard (BdWi), Stefanie Janczyk
(Jungdemokraten/Junge Linke), Thomas Winhold (DGB-Jugend Hessen) und kanak
attack.

Weitere Infos, Anfahrt und Anmeldung unter  tagung@agenda2010.net oder  http://www.agenda2010.net.

Vorab...

Die rot-grüne Bundesregierung nennt die Agenda 2010 eine "Reform zur
Rettung des Sozialstaates". Tatsächlich handelt es sich bei den
Vorhaben jedoch um eine beispiellose Aushöhlung und Destruktion
sozialer Sicherungsstandards. Diese Neuvermessung des Sozialen wird
Armut, soziale Ungleichheit, Unsicherheit und Druck entscheidend
verschärfen. Unter dem Stichwort Agenda 2010 läuft so ziemlich alles,
was die Bundesregierung im Augenblick plant und ohne nennenswerten
parlamentarischen Widerstand umsetzt: von Arbeitsmarktreformen,
nachhaltigen Änderungen in der Steuerpolitik bis hin zur Gesundheits-
und Rentenreform. Allein die Fülle an Handlungen und Reformplänen der
Bundesregierung und Oppositionsparteien lässt die Vermutung nicht
abwegig erscheinen, dass es sich dabei um den systematischen Versuch
handelt, durch die rasante Folge von Reform-Projekten eine breite
(außerparlamentarische) Diskussion und Opposition zu verhindern.
Nichts desto trotz hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten eine
wachsende außerparlamentarische Opposition gefunden, die sich laut und
deutlich gegen die gegenwärtige Sozial- und Wirtschaftspolitik
ausspricht. Dennoch: kaum jemand kann noch sagen, was die Agenda 2010
im Einzelnen bewirkt, über die Konsequenzen bereits beschlossener
Gesetze sind große Teile der Bevölkerung schlicht im unklaren
(gelassen). Deshalb laden Jungdemokraten/Junge Linke Frankfurt am Main
und Hessen, sowie JungdemokratInnen/Junge Linke Rheinland-Pfalz zu
einem Vortrag und einer Informationstagung über die Agenda 2010 ein,
die sich kritisch mit den Grundlagen und Folgen dieser politischen
Strategie(n) auseinander setzt. Aus der Gemengelage der "Reformen"
wollen wir einige entscheidende Veränderungen herausgreifen und
gemeinsam mit Referenten und Referentinnen diskutieren.


***

06. Februar 2004, 19:00 Uhr, Studierendenhaus, Uni Frankfurt/Main
Die Strategie der roten Zahlen
Zum vermeintlichen Sachzwang leerer Kassen
Vortrag: Dr. Axel Troost (Geschäftsführer Memorandumgruppe)

Im Rahmen der aktuellen Debatten um Reformen in der Wirtschafts- und
Sozialpolitik ist häufig die Rede von Sachzwängen. Diese erlauben
scheinbar keinerlei Nachdenken über Alternativen zu Maastricht,
unternehmensfreundlichen Steuersenkungen und daraus resultierender
Handlungsunfähigkeit. Es ist kein Geld da, also muss gespart werden,
wie Schröder sagt, ?bis es quietscht?. Mit diesem Vortrag wird sich
Axel Troost nicht an der Suche nach weiteren Einsparmöglichkeiten
beteiligen, sondern das Problem vom Kopf auf die Füße stellen: Wieso
sind die Kassen eigentlich leer? Ist das Problem sogar im Rahmen
politisch motivierter Einnahmeverzichte hausgemacht? Welche
Möglichkeiten gibt es, die leeren Kassen wieder zu füllen?

***

07. Februar 2004, 10:30 Uhr
Die ideologische Neuvermessung des Sozialen
"Krise", Umbau und Zukunft des Sozialstaates
Referent: Christoph Butterwegge (Politologe, Uni Köln)

Unter dem Vorzeichen einer neoliberalen Globalisierung fand ein Umbau
des Wohlfahrtsstaates zu einem Wettbewerbsstaat statt, der sich immer
mehr auf eine internationale Standortkonkurrenz ausrichtet. Christoph
Butterwegge untersucht die Folgen für den Sozialstaat und dessen
soziale Sicherungssysteme. Er vertritt die These, dass sich hinter dem
Konzept der Privatisierung, Deregulierung und Flexibilisierung keine
ökonomische Notwendigkeit, z.B. gegenüber dem Weltmarkt, sondern ein
politisches Kalkül mächtiger Interessengruppen verbirgt. Gleichwohl
ist die ökonomische Globalisierung mehr als pure Ideologie, weil sie
nach demokratischen und sozialen Alternativkonzepten verlangt, über
die hierzulande kaum debattiert wird.

***

AG 1: Die neue Zumutbarkeit - Mit der Politik des Fordern und Förderns
auf dem Weg zum Niedriglohnsektor
Referent: Harald Rein (Frankfurter Arbeitslosenzentrum, Frankfurt/M.)

In dieser Arbeitsgruppe versieht Harald Rein das Motto "Hauptsache
Arbeit" mit einem dicken Fragezeichen und bietet eine Diskussion über
die Sozialpolitik des Forderns und Förderns an. Was bedeuten die
Hartz-Gesetze in der Praxis für Arbeitslose und ArbeitnehmerInnen?
Wie zumutbar ist die Politik der Agenda 2010 für diejenigen, die von
ihr betroffen sind? Zentral ist schließlich die Frage, welche
arbeitsmarktpolitischen Strategien der Politik des Forderns und
Förderns zu Grunde liegen.

AG 2: Lohnnebenkosten - Ziele und Strategien um ein begriffliches
Verwirrspiel
Referentin: Mag Wompel (Redakteurin, LabourNet Germany)

Die AG wird den Begriff der Lohnnebenkosten genauer beleuchten.
Lohnnebenkosten werden von unternehmerfreundlicher Seite als zu hoch
und daher beschäftigungshemmend attackiert. Mag Wompel bezweifelt,
dass durch die Senkung der sogenannten Lohnnebenkosten auch nur ein
einziger Arbeitsplatz entstehen kann. Sie stellt das Konzept der
Lohnstückkosten vor, mit dem besser festgestellt werden kann, was
Arbeit kostet. In einem zweiten Teil wird nicht nur ein kritischer
Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte angebotsorientierter Politik
vorgenommen. Es sollen auch die Umverteilungseffekte der Strategie,
Lohnkosten zu senken, und deren soziale wie beschäftigungspolitische
Folgen diskutiert werden.

AG 3: Rot-Grün bildet Eliten: Der soziale Numerus Clausus.
Effizienz, Differenzierung und stärkere Selektion
Referent: Morus Markard (Bund demokratischer Wissenschaftler/innen)

Inmitten der Studierendenproteste gegen die Einführung von
Studiengebühren und sozialen Ausschluss im Bildungssystem wie in der
Gesellschaft insgesamt kommt die Bundesregierung zu dem Schluss:
Deutschland braucht Eliteuniversitäten. Damit schlägt sie sich nicht
gerade auf die Seite der Studierenden. Es stellt sich die Frage,
welcher Dynamik dieser Umbau der Universitäten zu kostenpflichtigen,
sozial immer selektiveren Dienstleistern folgt, und in welchem
Zusammenhang er mit der Strategie der Agenda 2010 steht.

14:00 bis 15:00 Uhr
Mittagspause

***

15:00 bis 17:00 Uhr

AG 4: Unvermittelbar?
Kritische Erklärungsansätze von Massenerwerbslosigkeit
Referentin: Stefanie Janczyk (Jungdemokraten/Junge Linke)

In unserer Gesellschaft führt Erwerbslosigkeit zum Ausschluss aus
vielerlei sozialen Zusammenhängen. Stefanie Janczyk wird in dieser AG
das Phänomen der Massenerwerbslosigkeit mit Erklärungsansätzen der
feministischen politischen Theorie betrachten. Die der Agenda 2010
zugrunde liegenden Ansätze (wahlweise Unvermittelbarkeit von
Erwerbslosen, hohe Lohnkosten oder auch mangelnde Arbeitsbereitschaft)
werden dabei einer kritischen Prüfung unterzogen. Auch gängige Thesen
u.a. vom Ende der Arbeitsgesellschaft stehen zur Diskussion. Klar
ist, dass sich mit dem Erklärungsansatz auch die Frage politischen
Handelns neu stellt.


AG 5: Mach meine Omi nicht an! Die Debatte um die Rentenreform
Referent: Thomas Winhold (DGB-Jugend Hessen)

Lautstark weisen Parteien und ihre Jugendverbände darauf hin, dass uns
die Alten die Haare vom Kopf fressen. Sind also die Alten oder die
Jungen Schuld am Rentenproblem? Das ist nicht die Alternative, findet
Thomas Winhold und erklärt das Finanzierungsproblem nicht länger durch
sorgenvolles Aufmalen einer umgekehrten Alterspyramide. Anstatt das
Thema als Generationenkonflikt darzustellen, soll hier diskutiert
werden, inwiefern vielmehr fehlende BeitragszahlerInnen und ein
schleichender Ausstieg aus dem Umlagesystem verantwortlich
für die Krise der Rentenversicherung sind. Aber das Thema Rente ist
nicht nur wegen der implizierten Verteilungskonflikte auch ein
Jugendthema, wenn diskutiert wird, die Einzahlungszeiten zum Erwerb
voller Rentenansprüche zu verlängern oder die Lebensarbeitszeit
heraufzusetzen.


AG 6: Effizient und unsichtbar - Illegalisierte in Deutschland.
Vom Nutzen rechtloser Arbeitskräfte
Referentin: kanak attack

Hier geht es um die Auswirkungen der Agenda2010 auf Illegalisierte.
Menschen ohne einen legalen Aufenthaltsstatus haben, wenig sichtbar,
doch einen festen Platz auf dem Arbeitsmarkt. Grundlegender Rechte
beraubt, kriegen sie von den aktuellen Reformen des Arbeitsmarktes so
einiges ab. Wie die neuen Gesetze auf diejenigen wirken, die
illegalisiert in Deutschland leben und arbeiten, weiß kaum jemand.
Darüber wird diese AG informieren und der Frage nachgehen, welche
Funktion illegalisierten Menschen auf dem Arbeitsmarkt zugewiesen
wird. Gibt es vielleicht ein Interesse an der Erhaltung ihres Status?
Und ist dieses Interesse den Intentionen der Agenda2010 so fremd? Die
Frage ist jedoch auch, welche widerständigen Praktiken Illegalisierte
gegen diese Zumutungen entwickeln.

***

17.30 bis ca. 19.00 Uhr
Statt dem Ende, ein Anfang:
Aktionen gegen den Sozialabbau

für Interessierte: Planung von Aktivitäten gegen Sozialabbau
Das Dauerfeuer von Reformen drängt kritische Stimmen immer mehr in
eine ZuschauerInnenrolle. Nach den Diskussionen der Arbeitsgruppen
besteht die Gelegenheit, gemeinsam mögliche Aktionen gegen den
Sozialabbau der Regierungspolitik zu diskutieren. Auch über bereits
geplante Aktivitäten soll berichtet werden, erste Planungsschritte für
konkrete Ideen können überlegt werden. Also aus der Defensive kommen!


*Mitveranstalter
JungdemokratInnen/Junge Linke Landesverband Rheinland-Pfalz
Demokratische Linke Liste (Uni Frankfurt)
attac Frankfurt - AG Soziale Sicherungssysteme
DGB-Jugend Frankfurt
Ver.di-Jugend Hessen
labourNet Germany
Frankfurter Arbeitslosen Zentrum [FALZ]
AStA Uni Giessen
Jungdemokraten/Junge Linke Hessen
Rosa-Luxemburg-Forum Hessen
BAG-SHI e.V.


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"Entsorg Dich selbst!"
Informationstagung in Frankfurt a.M.
6.-7. Februar 2004

 http://www.agenda2010.net
 info@agenda2010.net

 

29.01.2004
JungdemokratInnen/Junge Linke   [Aktuelles zum Thema: Soziale Kämpfe]  Zurück zur Übersicht

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