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Gipfelinfo: Genua -- Brüssel

Gipfelinfo - Meldungen über globalisierte Solidarität
und die Proteste gegen unsolidarische Globalisierung
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- Genua 2001: Diaz-93 endgültig freigesprochen
- gefährderanschreiben war rechtswidrig

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Genua 2001: Diaz-93 endgültig freigesprochen

Gestern hat die Richterin Anna Ivaldi den Thesen der Ermittlungsrichter Canepa
und Canciani zugestimmt und das Verfahren gegen die Menschen aus der Diaz-Schule
eingestellt.
Von den gegen 93 Menschen, die nächtlich im temporären Medienzentrum Diaz Schule
während sie schliefen 2001 Opfer eines weltbekannten Polizeiübergriffs im Stil
der schlimmsten Diktaturen wurden ursprünglich erhobenen Vorwürfe (Widerstand,
Gewalt gegen Beamte, Körperverletzung und mehr)wurde bisher lediglich einer
nicht fallen gelassen: die Bildung bzw. Zugehörigkeit zu einer kriminellen
Vereinigung, bzw. die "Vereinigung zur Vollbringung von Akten der Verwüstung und
Plünderung" und damit die so gennante "Mitgliedschaft" im berühmten black-block,
der mit Nachdruck vom Innenministerium als eine solche Vereinigung gehandelt
wird. Die Verfahrenseinstellung wurde von den untersuchenden Staatsanwälten
befürwortet, weil es nicht möglich war, den Einzelnen wie auch immer geartete
Verhaltensweisen zuzuschreiben und wegen Mangel an Beweisen. Die
Ermittlungsrichter stellten viel mehr eine geografisch, politisch und
altersmäßig heterogene Zusammensetzung der Gruppe fest.

Die Richterin hat in der Urteilbegründung ausdrücklich auf die gegenwärtigen
Verdachtsmomente wegen der Molotov-affäre hingewiesen, die definitiv nicht über
Protestteilnehmer den Weg in das Gebäude gefunden haben: unter Anklage stehen
deswegen viel mehr hochrangige Vertreter der Sicherheitskräfte, die mitunter in
leitender Funktion an dem Sturm auf die Schule beteiligt waren.

Weil im Dezember zwei Angehörige der Gefägnispolizei in letzter Minute - das
Ermittlungsverfahren war praktisch abgeschlossen - unter anderem neue
Beschuldigte wie den inzwischen zum General beförderten rechten Arm des Chefs
der Gefängnispolizei belastende Aussagen über schwere Misshandlungen durch
Angehörige der eingesetzten Polizeien in der Kaserne Bolzaneto gemacht haben, in
der während der Tage von Genua insgesamt 500 Menschen in Gewahrsam gehalten
wurden und wo es in der Nacht vom 21. Juli zu grausamen Gewaltakten gegen die
gefangenen Personen kam, ist der Ermittlungsstrang wegen verschiedenen
Straftaten durch Polizeiangehörige in der Diaz Schule und in Bolzaneto, die von
der Urkundenfälschung bis zur schweren Körperverletzung reichen, wieder
eröffnet, weshalb mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung bis zur Vorlage
einer abschließenden Bestandaufnahme bei dem Richter gerechnet werden muss, der
darüber zu entscheiden hat, ob die Klage zugelassen wird und es zum Prozess kommt.

Zum Prozess kommt es hingegen ab 2. März gegen 26 Personen, die anhand der
Auswertung von Bildmaterial der Verwüstung, Plünderung und teilweise auch des
Mitführens von "explosivem Material" beschuldigt sind. Dies war im Dezember vom
zuständigen Richter so entschieden worden. Der Prozess wird als "der" Prozess
gegen "Angehörige" des oben genannten "black-blocks" gehandelt und das Risiko
für die Beschuldigten ist real, dass sie mit schweren, möglicherweise
"exemplarischen" Strafen belegt werden. Allein das Mindestmaß der für die
vorgeworfenen Vergehen vorgesehenen Haftstrafe beträgt acht Jahre, das Höchstmaß
fünfzehn. Dies ergibt sich daraus, dass "Verwüstung" beispielsweise juristisch
deutlich schwerer als "Sachbeschädigung" wiegt. Die Öffentlichkeit, die Zeuge
der Tage von Genua war und die Verteidigung sehen vielmehr Reaktionen auf die
Überzogene Polizeigewalt und die Brutalität derselben als gegeben. Die Situation
der Menschen, die ab 2. März vor Gericht stehen werden, ist dennoch als ernst
einzuschätzen.

[indymedia.de, von Roter Faden - 05.02.2004 09:38]


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gefährderanschreiben war rechtswidrig

Vor dem EU-Gipfel 2001 in Brüssel hat der Göttinger Staatsschutz an 13 Personen
sogenannte Gefährderanschreiben verschickt. Ziel: die Leute sollten mit
Drohungen von der Teilnahme an den Demos abgehalten werden. Heute hat einer der
damals Betroffenen einen juristischen Erfolg erzielt: das Verwaltungsgericht
Göttingen erklärte das an ihn gerichtete Schreiben für rechtswidrig.
Vor gut zwei Jahren sorgte eine ungewöhnliche polizeiliche Maßnahme in Göttingen
bundesweit für Schlagzeilen. Die Staatsschutzabteilung der Polizeiinspektion
hatte an 13 Personen sogenannte "Gefährderanschreiben" verschickt. Ihnen wurde
abgeraten, an einer Demonstration in Brüssel teilzunehmen, sonst drohten ihnen
"polizeiliche Maßnahmen" oder die Zurückweisung an der belgischen Grenze.
Begründet wurde diese Maßnahme damit, dass die Betroffenen auf Demonstrationen
polizeilich in Erscheinung getreten seien.
Jan Steyer, einer der Angeschriebenen hat jetzt gegen die Staatsschutzmaßnahme
geklagt. Er sah sich in seinen Grundrechten eingeschränkt und wollte das
Gefährderanschreiben vom Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklären lassen -
überraschenderweise hatte er damit Erfolg.

Die Bezirksregierung Braunschweig -Aufsichtsbehörde der Göttinger Bullen - war
als Beklagte gar nicht erst zu dem heutigen Termin erschienen. Bereits im
Vorfeld hatte die Behörde keinen Sinn in einer Hauptverhandlung gesehen und der
zuständige Vertreter ließ der Vorsitzenden Richterin heute auf Anfrage erklären,
er habe andere Termine. Jan Steyer, zum Zeitpunkt der Gefährderanschreiben
Student in Göttingen, nutzte als Kläger die Hauptverhandlung dennoch dazu, seine
Sicht der Dinge vorzutragen.

Das Anschreiben habe ihn von der Teilnahme an der Demonstration abgehalten. Er
sei nicht nach Brüssel gefahren, weil er sich keinen polizeilichen Maßnahmen
aussetzen wollte, die als ?subtile Drohung" in dem Schreiben enthalten seien.
Damit sei sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sowie sein von der Verfassung
garantiertes Recht auf Freizügigkeit verletzt.

Johannes Hentschel, Anwalt des Klägers, hielt das Anschreiben deshalb für
rechtswidrig. Eine Einschränkung der Grundrechte sei rechtlich nur zulässig,
wenn von seinem Mandanten tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung
ausgehe. Steyer sei jedoch niemals verurteilt worden. Die Verfahren, wegen denen
er in einer sogenannten Gewalttäterdatei geführt werde, seien alle mittlerweile
eingestellt.

Das Gericht schloss sich in seinem Urteil der Argumentation von Steyer und
Hentschel weitgehend an. Tatsächlich erklärte es das Gefährderanschreiben für
rechtswidrig. Es habe einen Eingriff in Steyers Grundrechte dargestellt, der
nicht gerechtfertigt war, weil es für ein Gefährderpotential keine ausreichenden
Hinweise gebe.

Interessant sind die möglichen Auswirkungen des heutigen Urteils auf die Datei
"politisch motivierte Straftäter links". Immerhin hat heute ein deutsches
Gericht festgestellt, dass dort auch nicht-Gewalt- oder Straftäter geführt
werden. Die Implikationen dieser Entscheidung wären aber Gegenstand eines
anderen Prozesses.

[indymedia.de, von prozessbeobachter - 27.01.2004 17:16]


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05.02.2004
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