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München: Sicherheitskonferenz 2004: Proteste unerwünscht!


Presseerklärungen des Ermittlungsausschusses vom 7.2. und 8.2.04:


Sicherheitskonferenz 2004: Proteste unerwünscht!

Ausübung des Demonstrationsrechtes nur unter massiven Einschränkungen (Presseerklärung EA vom
8.2.04)

(08.02.2004) Die Proteste gegen die Münchner NATO-„Sicherheitskonferenz“ am Wochenende vom 6. bis
8. Februar 2004 waren wie in den letzten beiden Jahren geprägt von Polizeigewalt und Repression.
Ein Großaufgebot von mehreren tausend PolizistInnen schuf einen faktischen Ausnahmezustand über die
Münchner Innenstadt, der massive Einschränkungen von Versammlungs- und Meinungsfreiheit zur Folge
hatte. Fast 300 Menschen wurden verhaftet, etliche verletzt, ein Demonstrant sitzt in
Untersuchungshaft.


Der „Auftakt“: Polizei verhindert genehmigte Versammlungen am Freitag

Die Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2004 waren von Anfang an geprägt von massiven
Eingriffen der Polizei in Versammlungs- und Meinungsfreiheit der Demonstrantinnen und
Demonstranten. Den ca. 4000 aus verschiedenen Bundesländern angereisten Polizisten gelang es vor
allem am späten Freitagnachmittag, den Großteil der angemeldeten Versammlungen durch willkürliche
brutale Übergriffe gegen die Anwesenden schlichtweg zu unterbinden. Am Lenbachplatz fanden sich die
Demonstranten in einem aus Sperrgittern aufgebauten „Freigehege“ wieder. Am Platz der Opfer des
Nationalsozialismus wurde die Menge von Anfang an von Hunderten schwer gerüsteter und teilweise mit
Sturmhauben vermummter Polizisten eingekeilt. Schon vor Beginn der Kundgebungen wurde jede/ r als
DemonstrantIn erkennbarer Mensch systematisch mit Kameras gefilmt.

Schon kurz nach Beginn der Kundgebung am Platz der Opfer des Nationalsozialismus griffen die
anwesenden BeamtInnen mit Schlagstöcken und Pfefferspray eine kleine Gruppe DemonstrantInnen an,
die es gewagt hatte die Fahrbahn des Maximiliansplatzes zu betreten. Mehrere Menschen wurden
verletzt. Nachdem die Straße wieder geräumt war, begann die Polizei willkürlich, herumstehende
Menschen einzukesseln und festzunehmen, unter ihnen auch Schaulustige.

Von nun an war an eine geordnete Durchführung der Versammlung am Platz der Opfer des
Nationalsozialismus nicht mehr zu denken. Ausnahmslos jede/r DemonstrantIn musste jederzeit damit
rechnen, unter Gewaltanwendung festgenommen zu werden.

Die Menschenkette, die die verschiedenen Versammlungsorte miteinander verbinden sollte, konnte
wegen zahlreicher Übergriffe der Polizei nicht gebildet werden. Auch wer eventuell nur einem der
hin und her rennenden Polizeitrupps im Weg stand, wurde ohne Ansehen der Person verhaftet. Ein Mann
wurde bewusstlos geschlagen und musste mit dem Krankenwagen abtransportiert werden.


Die Eskalation der Versammlung am Platz der Opfer des Nationalsozialismus war nur auf den ersten
Blick grundlos. Denn während sich dort die Protestierenden gegen die „Sicherheitskonferenz“ und die
NATO-Kriegspolitik mit prügelnden, pfefferspraysprühenden und festnehmenden PolizistInnen herum
ärgern mussten, konnten die Teilnehmer der „Sicherheitskonferenz“ nur von wenigen Protesten
begleitet über den Max-Joseph-Platz zum Bayerischen Hof anfahren. Offensichtlich sollten also die
KriegsgegnerInnen durch Polizeiübergriffe am Platz der Opfer des Nationalsozialismus von dieser
Tatsache abgelenkt werden.


Insgesamt gab es am Freitag ca. 210 Festnahmen. Eine genaue Anzahl der durch PolizeibeamtInnen
Verletzten können wir nicht geben, jedoch mussten mindestens drei Demonstrationsteilnehmer im
Krankenhaus behandelt werden.


Misshandlungen in Polizeihaft

Auch in der Gefangenensammelstelle wurden die Übergriffe fortgesetzt. Wir erhielten mehrere Anrufe
aus der Haftanstalt, nach denen ein Gefangener in Polizeigewahrsam von mehreren Polizisten
körperlich misshandelt wurde! Er wurde eine Treppe herunter gestoßen und getreten, u.a. in die
Genitalien. Der in Österreich lebende türkische Staatsangehörige wurde später vom
Ermittlungsrichter in Untersuchungshaft gesteckt.

Uns liegen weitere Berichte vor, nach denen in den Zellen des Polizeipräsidiums erkrankte und
verletzte Festgenommene die medizinische Versorgung verweigert wurde. Gefangene bekamen stundenlang
kein Essen oder ausreichende Decken in der Nacht.


„Da Capo“ am Samstag

Am Samstag den 7.2.2004 wurden die Proteste gegen die sog. Sicherheitskonferenz trotz der
polizeilichen Übergriffe vom Freitag fortgesetzt.

Mindestens zehntausend Demonstrantinnen und Demonstranten zogen vom Marienplatz über den
Altstadtring zum Lenbachplatz. Von Anfang an wurden die DemonstrationsteilnehmerInnen durch die im
sogenannten „Spalier“ gehenden Polizeikräfte massiv an der Ausübung Ihres Grundrechts auf
Versammlungs- und Meinungsfreiheit behindert – von der Polizei verniedlichend als „hautnahe
Begleitung“ bezeichnet. Über weite Strecken war es unmöglich, durch die Polizeiketten den
Demonstrationszug zu verlassen, wer auf dem Gehweg stand wurde in den „Wanderkessel“ geschubst. Im
Laufe der Demonstration kam es zu ständigen oft willkürlichen Übergriffen der Polizei und zu
Verhaftungen. Auch ein Pressefotograf und ein Ordner wurden festgenommen. Weitere
PressevertreterInnen, die Polizeiübergriffe dokumentierten, wurden gezwungen, ihre Aufzeichnungen
zu löschen.


Auch nach dem Ende der Kundgebung am Lenbachplatz hatten die Übergriffe der Polizei immer noch kein
Ende. Gruppen abziehender TeilnehmerInnen wurden quer durch die Innenstadt verfolgt, zum Teil
eingekesselt und verhaftet: Als Grund genügte das Mitführen eines A3-Plakates oder das Tanzen einer
Polonaise auf dem Marienplatz.


Trotz dieser ständigen Einschüchterungen, Behinderungen und Übegriffe ließen sich jedoch tausende
Menschen auch am Samstag nicht davon abbringen, ihren Protest gegen die „Sicherheitskonferenz“ und
die NATO-Kriegspolitik auf die Straße zu tragen.


Zahlreiche Proteste trotz Ausnahmezustand

Die Verhängung eines faktischen Ausnahmezustands über die gesamte Münchner Innenstadt erzeugte an
diesem Wochenende ein schier unerträgliches Klima der Überwachung und Repression, in dem eine freie
und unbeschwerte politische Meinungsäußerung unmöglich gemacht wurde. Allein der Umstand, als
möglicher „Demonstrant“ identifiziert zu werden, konnte genug sein, um schikaniert, mehrfach
durchsucht, abfotografiert, festgenommen oder Opfer von Polizeigewalt zu werden.


Mal wieder wurden die persönlichen Daten hunderter Menschen erfasst, deren einziges „Vergehen“ war,
an einer Versammlung teilnehmen zu wollen. Gefüllt werden damit die zahlreichen Polizei- und
Geheimdienstdateien (wie z.B. die „LIMO-Datei“), die in Zukunft als schwarze Listen dienen werden,
um Gewahrsamnahmen, Reise- oder gar Versammlungsverbote zu rechtfertigen.


Die Münchner Polizei mit ihrem Dienstherren Beckstein bezieht in einer politischen
Auseinandersetzung um die „Sicherheitskonferenz“ und die damit verbundene weltweite Kriegspolitik
durch die massive Behinderung legitimer Proteste eindeutig Stellung. Unerwünschte öffentliche
Kritik und Proteste sollen in München um jeden Preis unterbunden werden.


Der Ermittlungsausschuss/Rote Hilfe e.V. OG München fordert die Löschung aller angefertigten Daten
und die Freilassung des noch inhaftierten Demonstranten! Wir werden allen Menschen zur Seite
stehen, die politisch und juristisch gegen die Polizeirepression des Wochenendes vorgehen wollen.


Wir appellieren an die demokratischen Medien, die massiven Einschränkungen der Versammlungs- und
Meinungsfreiheit zu thematisieren statt einseitig heraufbeschworene Gewaltszenarien der
Polizeierklärungen wiederzugeben.

Paula Schreiber

Pressesprecherin Ermittlungsausschuss/Rote Hilfe e.V. OG München

 http://www.indynews.net/434+M5b41951e673.html

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Erklärung des EA zum Freitagabend:

München mal wieder im Ausnahmezustand
Polizei behindert massiv Proteste gegen die Sicherheitskonferenz/Zahlreiche Festnahmen und
Verletzte/Misshandlungen in Polizeihaft

(07.02.04) Am gestrigen Freitag, den 6. Februar 2004 kam es bei den Kundgebungen gegen die
Nato-Sicherheitskonferenz in der Münchener Innenstadt zu etlichen Polizeiübergriffen und
Festnahmen. Von den insgesamt ca. 200 Personen, die in Gewahrsam genommen wurden, wurden die
meisten erst weit nach Mitternacht wieder freigelassen. Etliche Menschen wurden durch
Polizeiknüppel, Schläge und Pfefferspray verletzt, glücklicherweise niemand schwerer.


Am Freitag hätten rund um den Bayerischen Hof, das Tagungshotel der sogenannten
„Sicherheitskonferenz“, sechs Kundgebungen – verbunden durch eine Menschenkette -stattfinden
sollen. Die Münchner Polizei bzw. die bundesweit angereisten Unterstützungseinheiten erzeugten
jedoch schon von Anfang an ein schier unerträgliches Klima, in dem eine freie politische
Meinungsäußerung im besten Falle nur unangenehm war.


Schon den ganzen Tag über hatten Menschen, die von Polizeieinheiten als „Demonstranten“ angesehen
wurden, mit mehrfachen Personenkontrollen, Durchsuchungen und kleineren Schikanen zu rechnen – die
in einigen Fällen mit „präventiven“ Festnahmen endeten.

Die Kundgebung am Lenbachplatz fand in einem aus Sperrgittern aufgebauten „Zwinger“ statt, umstellt
von hunderten Polizisten und deren Fahrzeugen. Am Platz der Opfer des Nationalsozialismus ein
ähnliches Bild – der Kundgebungsort umstellt von Hunderten von Polizisten in Kampfanzügen, jeder
potentielle Kundgebungsteilnehmer wurde gefilmt.


Im Verlaufe der Kundgebung kam es dann fortwährend zu Übergriffen auf die Versammlung am Platz der
Opfer des Nationalsozialismus – und das nur auf den ersten Blick grundlos. Denn während sich dort
die Protestierenden gegen die „Sicherheitskonferenz“ und die NATO-Kriegspolitik mit prügelnden,
pfefferspraysprühenden und festnehmenden PolizistInnen herum ärgern mussten, konnten die Teilnehmer
der „Sicherheitskonferenz“ nur von wenigen Protesten begleitet über den Max-Joseph-Platz zum
Bayerischen Hof anfahren. Offensichtlich sollten also die KriegsgegnerInnen durch Polizeiübergriffe
am Platz der Opfer des Nationalsozialismus von dieser Tatsache abgelenkt werden.


Durch dieses Vorgehen der Polizei wurde auch die geplante und von der Stadt München genehmigte
Menschenkette zwischen den Kundgebungen verhindert!


Auch in den Gefangenensammelstellen wurden die Übergriffe fortgesetzt. Mindestens ein Demonstrant
wurde in Polizeigewahrsam von mehreren Polizisten körperlich misshandelt! Uns liegen Berichte vor,
nach denen in den Zellen des Polizeipräsidiums erkrankte und verletzte Festgenommene die
medizinische Versorgung verweigert wurde.


Die Münchner Polizei mit ihrem Dienstherren Beckstein zeigte damit erneut, wie ernst sie die sich
wohl selbst auferlegte Rolle nimmt, Proteste gegen die weltweite Kriegspolitik und deren Planungen
auf der „Sicherheitskonferenz“ zu behindern und zu drangsalieren.

Zum anderen erfüllen die zahlreichen Festnahmen des Freitags auch wieder die Aufgabe, die schier
unersättliche Sammelwut bayerischer Sicherheitsbehörden zu befriedigen. Später sollen diese Daten
dann als Rechtfertigung für weitere Einschränkungen von Grundrechten dienen.

Leider lässt der erste Tag der Proteste gegen die 40. Sicherheitskonferenz nichts Gutes von Seiten
der Polizei für den Samstag erwarten. Wir appellieren daher an alle demokratischen Kräfte in dieser
Gesellschaft, ein genaues Auge auf die Arbeit der Staatsorgane zu werfen.


 http://www.indynews.net/434+M54686ad7a7d.html

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08.02.2004
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