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Schweiz: Deutsche Nico-"Schockgranaten" bei WEF & G8

Deutsche Nico-"Schockgranaten" bei WEF & G8

Auch im Kessel von Landquart beim WEF 2004 setzte die CH-Polizei einmal mehr
"Schockgranaten" ein. Zwar wurden -- abgesehen von den bei jedem Einsatz zu
erwartenden irreversiblen Gehörschäden -- diesmal bisher keine schweren
Verletzungen bekannt wie beim letztjährigen G8. Trotzdem stritt die bündner
Regierung den Einsatz schon mal vorsorglich ab. Eine Zusammenfassung der bisher
bekannten Daten über diesen entgegen der Beteuerung von Herstellern & Polizei
alles andere als ungefährlichen Waffentyp.

Deutsche Nico-"Schockgranaten"

1) Grundbegriffe
2) Entwicklungsgeschichte & verschiedene Granatentypen
3) In der Schweiz eingesetzte "Schockgranaten" der deutschen Firma Nico
4) Div. bekannte Verletzungen und Todesfälle
5) Bleibende Gehörschäden durch "Schockgranaten"
Fazit

1) Grundbegriffe

Seit längerem experimentieren verschiedene Polizeikorps weltweit mit sogenannten
"Schockgranaten". (Auch bekannt unter den Bezeichnungen "Offensivgranaten",
"Blend-", "Perkussions-" oder "Knallgranaten". Die englische Originalbezeichnung
lautet "concussion grenades", d.h. lediglich "Gehirnerschütterungen"
verursachende Granaten, bzw. "stun grenades", d.h. "Betäubungsgranaten".)

Laut Auskunft der bündner Regierung wurden in Landquart (WEF 2004) angeblich gar
keine "Schockgranaten" eingesetzt, sondern nur "Irritationswurfkörper", siehe
Interview  http://www.woz.ch/wozhomepage/davos/landquart6j04.html --> Nur: Unter
der Bezeichnung "Irritationskörper" bietet die Herstellerin Nico (siehe Link
unten) auf ihrer Homepage -- Überraschung -- was wohl an? Na? Richtig:
"Blend-Schock-Wurfkörper" -- na so ein Zufall ... ist also folglich nicht mal
gelogen ... oder zumindest nur ein bisschen ...

--> Nebst direkten Treffern besteht die grösste Gefahr darin, dass Leute
"Schockgranaten" mit "Tränengaswurfkörpern" verwechseln, sie zurückwerfen
wollen, und ihnen die Granate dabei in der Hand explodiert!!!

2) Entwicklungsgeschichte & verschiedene Granatentypen

Generell handelt dabei sich um Granaten ohne Splittermantel und/oder -Inhalt,
z.T. mit schwächerer Ladung, dafür ev. mit zusätzlicher Blitzwirkung
("flash-bang").
>>> US-Army: Types of Hand Grenades (illustriert, auf englisch):
 http://www.adtdl.army.mil/cgi-bin/atdl.dll/fm/3-23.30/ch1.htm
>>> Les Grenades (pdf-Doku illustriert, auf französisch)
 http://viot.christine.free.fr/grenades

Die "klassische" US-Army "MK3A2 concussion offensive hand grenade" enthält
hingegen eine stärkere Treibladung als eine herkömmliche Splitterhandgranate und
diente u.a. dazu, feindliche Soldaten im Nahkampf zu töten, ohne dass eigene
Truppenmitglieder in der Nähe durch die Splitterwirkung ebenfalls in
Mitleidenschaft gezogen werden. Sie unterscheidet sich in dieser Beziehung von
sog. "less lethal" (d.h. nicht bzw. "weniger tödlichen") Produkten. Link:
 http://www.fas.org/man/dod-101/sys/land/mk3a2.htm

Ursprünglich wurde dieser Waffentyp auschliesslich für das Militär produziert,
u.a. um beispielsweise nach der Erstürmung von feindlichen Bunkern zumindest
einige noch vernehmungsfähige Gefangene machen zu können, und wurde später für
Kommandoaktionen weiterentwickelt.

"Less lethal stun grenades" haben in der Regel ein starkes Gehäuse z.B. aus
Aluminium, das mit speziellen Löchern für den freiwerdenden Explosionsdruck
ausgestattet ist und so ein Splittern verhindert, wie z.B. die Modelle der
deutschen Firma Nico (Link siehe unten), das von der schweizerischen RUAG
entwickelte Modell "non-lethal Flash-Bang Grenade SWISS P" [
 http://www.swissmun.com/e/security/index.htm + etwas über die Mitte der Seite
hinunterscrollen], oder die klassische US-Army "M84 stun hand grenade" (Link1:
 http://www.fas.org/man/dod-101/sys/land/xm84.htm , Link2:
 http://www.adtdl.army.mil/cgi-bin/atdl.dll/fm/3-23.30/ch1.htm#p10 , Link 3:
 http://mcdweb.pica.army.mil/4nlc/4_nlc_.htm + menue links >>> Counter Personnel
Systems; dann auf neuer Seite >>> Grenade, Stun Diversionary/Flash Bang, Hand
Thrown).

US-Militär und Polizeikorps verwenden aber auch ein Modell mit weichem
Plastikgehäuse, welches zusätzlich runde "Gummigeschosse" enthält (
 http://mcdweb.pica.army.mil/4nlc/4_nlc_.htm + menue links >>> Counter Personnel
Systems; dann auf neuer Seite >>> 12 Gauge Grenade Rubber Ball Launched/Hand
Thrown) ("sting ball grenade").

Je nach Fabrikat können solche Granattypen zusätzlich chemische Kampfstoffe
enthalten wie z.B. "Tränengas".

Obwohl "Schockgranaten" von sich aus prinzipell keine Splitterwirkung haben,
können durch die Wucht der ausgelösten Druckwelle selbst Staubkörner so schnell
werden, dass sie Verletzungen hervorrufen können. So besteht eine erhebliche
Gefahr von "Splitterwirkung" durch herumfliegende Splitter, oder eben Staub,
Holz etc. Bei den Nico-Modellen droht zusätzliches Verletzungspotenzial durch
die bei den Ausstosslöchern scharfkantig abbrechende dünne Plastikumhüllung des
Aluminiumkörpers.

3) In der Schweiz eingesetzte "Schockgranaten" der deutschen Firma Nico

Nico-Firmenübersicht:  http://www.nico-pyro.de
Nico-Protection-Sparte:  http://www.nico-pyro.de/protection/
Nico-"Schockgranaten"-Homepage:
 http://www.nico-pyro.de/protection/protection.php?lg=de&bereich=Protection&gruppe=Sondereinsatzprodukte&untergruppe=Irritationsk%f6rper

Nico-"Schockgranaten"-Homepage auf englisch:
 http://www.nico-pyro.de/protection/protection.php?lg=en&bereich=Protection&gruppe=Sondereinsatzprodukte&untergruppe=Irritationsk%f6rper


Die deutsche Herstellerfirma Nico bezeichnet auf ihrer "Schockgranaten"-Homepage
ihre in Deutschland mit Genehmigung von Nobel hergestellten und u.a. von der
genfer Polizei eingesetzten Granaten als "Irritationswurfkörper" innerhalb der
Produktsparte "Sondereinsatzprodukte".

Als "Klassische Einsatzbereiche" werden dort von Nico abschliessend aufgezählt:
"Geiselbefreiungen bei Banküberfällen oder Flugzeugentführungen, Beilegung von
Gefängnisrevolten und Bekämpfung von terroristischen Vereinigungen" sowie
Verwendung durch "Krisenreaktionskräfte und Grenzschutztruppen bei
friedenschaffenden und friedenerhaltenden Maßnahmen", um "die Zivilbevölkerung
nicht unnötig durch letale Wirkmittel zu gefährden".
Nico-"Schockgranaten" gehören im Rahmen der "Armee XXI" in der schweizer Armee
zur Bewaffnung von Grenadier-Einheiten. Der Einsatz dieser Waffe gegen
friedliche DemonstrantInnen im polizeilichen Ordnungsdienst ist ein deutlicher
Hinweis auf die menschenverachtende fortgeschrittene Militarisierung (nicht nur)
der genfer Polizei.

Nico bietet ihre "Irritationskörper" in "1-, 2- und 9-Bang"-Versionen an
(neudeutsch für "1-, 2-, und 9-Knall"-Granaten).

Die Verzögerungszeit zwischen den einzelnen "Bangs" beträgt bei der
"9-Knall"-Version 0.4 - 0.6 Sekunden, bei der "2-Knall" knapp 1 Sekunde.

Generell kann festgehalten werden: Je weniger Knall desto deftigere
Detonationswirkung (Druckwelle und Lichteruption), wie folgende Auflistung der
effektiv erzielten Lautstärke (gewichteter Schalldruck) der verschiedenen
Versionen verdeutlicht (3 dB(A) mehr bedeuten eine EnergieVERDOPPELUNG):

9-Bang (mit 9 Knallen): ca. 153 dB(A)
2-Bang (mit 2 Knallen): ca. 159 dB(A)
1-Bang (mit 1 Knall): ca. 161 dB(A)

--> Bleibt festzuhalten, dass all diese Schalldruckwerte himmelweit weit über
dem von der SUVA festgelegten absoluten Maximalpegel von 125 dB(A) liegen. Laut
SUVA garantiert eine einzige, auch nur Millisekunden andauernde Überschreitung
dieses Maximalpegels einen dauerhaften, sich mit den Jahren exponentiell
verschlechternden Gehörschaden fürs Leben!
>>> siehe auch unten Gehörschäden durch "Schockgranaten"

Die bei sämtlichen Nico-Modellen das Aluminiumgehäuse und somit vor der Zündung
auch die Ausstosslöcher umgebende, bei der Detonation dort scharfkantig
abbrechende Plastikfolienumhüllung birgt zudem nebst Strassenstaub, Holzsplitter
etc. eine (theoretisch unerwünschte) zusätzliche Gefahr von Splitterwirkung.
>>> Verletzungen Lausanne 1.6.03 siehe
 http://www.ssi-media.com/pigbrother/Report2003Part2.htm#8f

Auf der englischen Version ihrer Homepage über ihre "Irritationswurfkörper"
verspricht Nico heuchlerisch: "This grenade does not cause permanent
physiological damage." (Etwa: "Diese Granate verursacht keinerlei bleibende
körperliche Schäden"). Wie beispielsweise die schwere Verletzung des englischen
indymedia-Fotografen Guy Smallman vom 1.6.03 in Genf und weitere z.T schwere
Verletzungen anlässlich der G8-Proteste beweisen, sieht allerdings auch in
diesem Punkt die Realität drastisch anders aus von der "less
leathal"-Lügenpropaganda der Waffenhersteller behauptet.

4) Div. bekannte Verletzungen und Todesfälle

Obwohl dieses "Einsatzmittel" generell als "less lethal"-Waffe gilt, d.h. als
nicht rsp. "weniger tödlich", kommt es dabei regelmässig zu schweren
Verletzungen oder gar Todesfällen (Ausnahmen bestätigen die Regel).

--> NOCH EINMAL: Nebst direkten Treffern besteht die grösste Gefahr darin, dass
Leute "Schockgranaten" mit "Tränengaswurfkörpern" verwechseln, sie zurückwerfen
wollen, und ihnen die Granate dabei in der Hand explodiert!!!

- 1977 wurden "Offensiv-Gasgranaten" in Maleville (Frankreich) bei einer
Demonstration gegen den Bau des Kernkraftwerkes eingesetzt und kosteten Vitale
Michelon das Leben, er starb an einem Lungenriss (vgl. Gössner/Herzog: Der
Apparat, 2. Aufl., Köln 1984, S. 307).
- In Deutschland unterliegt Beschaffung und Einsatz der Polizeigesetzgebung der
einzelnen Bundesländer. Am 15.1.81 wurden genau dieselben "Schockgranaten" der
deutschen Firma Nico, wie sie auch die Genfer Polizei benützt, in Frankfurt am
Main (Hessen) an der Startbahn West eingesetzt, wobei auch hier die Polizei den
Medien gegenüber treuherzig behauptete, "physische Beeinträchtigungen" könnten
"ausgeschlossen" werden. (Süddeutsche Zeitung 11.1.1982)
- 1986 wurde bei Auseinandersetzungen um die atomare Wiederaufbereitungsanlage
in Wackersdorf (Bayern) durch eine "Blend-Schockgranate" jemandem ein Teil einer
Hand abgerissen, danach kam diese Waffe zumindest in Bayern bisher nicht mehr an
Demos zum Einsatz.
- An der IWF-Tagung in Prag hatte die deutsche Polizei "Schockgranaten" an die
dortige Polizei weitergegeben. (Siehe
 http://de.indymedia.org/2003/06/53456.shtml +
 http://de.indymedia.org/2003/06/53458.shtml)
- In Oakland (USA) wurden am 7.4.03 gegen eine Anti-Kriegsdemonstration nebst
Holzgeschossen und "Bean-Bag-Bullets" auch "Schockgranaten" ("sting ball
grenades") eingesetzt. An diesem Tag kam es zu zahlreichen Verletzten. >>> siehe
u.a.  http://www.ssi-media.com/pigbrother/Report2003.htm#6a
- In der Nacht vom 18./19.7.03 setzen Polizisten in Carhaix/Frankreich gegen
einen Rave Knüppel, Tränengas und 60 "Schockgranaten" ein. Gleich die erste
Granate detoniert jemandem an der Brust, er erleidet mehrere Rippenbrüche und
offene Wunden. Als ein anderer eine Granate zurückwerfen will, zerfetzt sie ihm
die Hand, welche darauf im Spital amputiert werden muss. Mindestens 25 Raver
wurden verletzt, vier davon schwer. >>> Bericht mit Foto:
 http://www.ssi-media.com/zensur/DezibelCarhaix.htm

5) Bleibende Gehörschäden durch "Schockgranaten"

>>> Mehrere Personen beklagten sich in Lausanne und Genf zudem über bleibende
Gehörschäden durch "Schockgranaten" - sinnigerweise unter dem Hinweis, dass in
der Schweiz Rockkonzerte und Raves, die lauter sind als eine akustische
Volksmusikkapelle, aus "Gesundheitsgründen" seit längerem verboten sind, während
die Polizei ungehindert Menschen taub machen und sonstwie schädigen darf.
>>> siehe Kommentar auf indy.ch:  http://ch.indymedia.org/de/2003/06/10469.shtml
>>> Page zum CH-Lautstärkeverbot siehe  http://www.ssi-media.com/zensur/Dezibel.htm

Bekanntlich verordnete in der Schweiz am 1. April 1996 der Bundesrat für
sämtliche elektrisch verstärkten Musikanlässe nebst deinem Stundenmittelwert von
93dB(A) einen absoluten Maximalpegel von 125 dB(A), der keinesfalls auch nur für
Millisekunden überschritten werden darf, da laut der staatlichen Schweizerischen
Unfall Versicherungs Anstalt SUVA bereits bei einmaliger Überschreitung
unweigerlich ein dauerhafter Gehörschaden inbegriffen ist!

--> Dieser absolute Maximalwert von 125 dB(A) wird von allen
Nico-"Schockgranaten"-Modellen klar himmelweit überschritten:

9-Bang (mit 9 Knallen): ca. 153 dB(A)
2-Bang (mit 2 Knallen): ca. 159 dB(A)
1-Bang (mit 1 Knall): ca. 161 dB(A)

--> Bereits eine einzige "Schockgranaten"-Explosion erzeugt somit einen
Schalldruck, der laut SUVA bei ungeschütztem Ohr im Umkreis von mehreren Metern
einen dauerhaften, sich mit den Jahren exponentiell verschlechternden
Gehörschaden fürs Leben garantiert!!!

--> Fazit: Es ist somit durch eine Vielzahl von ZeugInnenberichten sowie Videos
klar belegt, dass einzelne PolizeibeamtInnen zumindest anlässlich des G8 sowohl
in Genf wie auch in Lausanne sich einen Spass daraus machten, "Schockgranaten"
vorschriftswidrig direkt & gezielt auf Personen zu werfen - mit den bekannten
Folgen. Dass es dabei (noch) nicht zu den von CH-Armeechef Keckeis seinerzeit
heraufbeschworenen "mehreren Toten" , sondern "nur" dutzendweise zu
irreversiblen Gehörschäden und zusätzlich zu mehreren, z.T. schweren
Verletzungen kam, grenzt an ein Wunder und ist bestimmt kein Verdienst der
Polizei! PigBrother fordert nach wie vor die sofortige Entlassung sämtlicher
BeamtInnen, die"Schockgranaten" gezielt & direkt auf Personen geworfen haben!!!

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--> Weitere Infos & Bilder über die Verletzung von indy-Fotograf Guy Smallman
und weitere 5 z.T. schwer Verletzte anlässlich der G8-Proteste 2003 in Genf,
Lausanne und Annemasse findet ihr im PigBrother-Dossier "Schockgranaten" unter
 http://www.ssi-media.com/pigbrother/Report2003Part2.htm#8

--> Du hast Kenntnis von weiteren Verletzten oder sonstige Infos? Bitte Mail an
 pigbrother@ssi-media.com

[indymedia.de, von PigBrother.info - 07.02.2004 05:07]

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10.02.2004
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