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München: Genosse aus Österreich aus U-Haft entlassen

Genosse aus Österreich aus U-Haft entlassen

Schon am Dienstag, den 17. Februar wurde der seit Freitag, dem 6.2. inhaftierte
Anti-Kriegs-Aktivist aus Österreich freigelassen.
M. wurde am Freitag auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus wie viele
andere festgenommen. Jedoch schien sich die Polizei recht schnell auf ihn als
besonders schlimmen "Berufsprotestler" einzuschiessen, plötzlich wurde behauptet
M. hätte mit einer Fahnenstange eine Polizisten verletzt. In Polizeigewahrsam
wurde M. laut ZeugInnenaussagen von mehreren Polizisten misshandelt - er wurde
u.a. in die Genitalien getreten und eine Treppe heruntergeworfen.
Nicht zuletzt dürfte die türkische Staatsangehörigkeit ein Grund für das
Verhalten der Münchner Polizei gewesen sein - offenbar erwartet man da noch
weniger öffentliche Proteste.

Am Samstag morgen erliess ein Haftrichter einen Haftbefehl gegen M, er wurde
nach Stadelheim verlegt.
Am Dienstag, den 17. Februar wurde M. überraschend gegen die Zahlung einer
Kaution aus der U-Haft entlassen und von FreundInnen und GenossInnen in Empfang
genommen.

In diesem Zusammenhang sei nochmal an einen Aufruf der Roten Hilfe erinnert:

Gesucht werden ZeugInnen von Polizeiübergriffen am Wochenende der
Sicherheitskonferenz - dabei insbesondere die Festnahme vom M. am Platz der
Opfer des Nationalsozialismus. Ebenso benötigt die Rote Hilfe Spenden für
anstehende Prozesse, Öffentlichkeitsarbeit etc.

Rote Hilfe e.V. - Ortsgruppe München
Schwanthalerstr. 139, 80339 München
 muenchen@rote-hilfe.de
www.rote-hilfe.de

Rechtshilfe jeden Mittwoch von 18-19 Uhr
im Infoladen München, Breisacherstr. 12, 81667 München, Tel. 089-448 96 38

Spendenkonto:
Nr. 220 16-803
Postbank München
BLZ 700 100 80
Kennwort: SIKO 2004

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Dazu die Stellungsnahme des Aktivisten
auf: indymedia.at
[21 Feb 2004, Geändert: 22 Feb 2004, by M.]

Wieder Frei

bin nun endlich wieder frei! steh zwar noch immer neben mir, will aber trotzdem
versuchen, die letzten tage zusammenzufassen...
wie einige mitbekommen haben, wurde ich am freitag (6.2.) am platz der opfer des
nationalsozialismus (münchen) verhaftet, als ich dort gegen die
nato-sicherheitskonferenz protestieren wollte. während politiker und offiziere
im bayrischen hof ihre sicherheit -auf kosten der freiheit der weltbevölkerung-
besprachen, wurde ich zur ettstrasse (polizeigewahrsam) gebracht, wo ich zweimal
von staatsdienern massiv geschlagen und beleidigt wurde und mir rassistische
äusserungen anhören musste. ich forderte einen arzt, weil ich vorallem am linken
bein starke schmerzen hatte. so war klar, dass die geschichte für sie eventuelle
folgen haben könnte. um sich reinzuwaschen wurden die misshandlungen an mir
einfach umgedreht, indem sie mich als täter darstellten und sich selbst zu
opfern machten. so stand es dann im haftbefehl: "versuchte körperverletzung"
(begründung wieso ich festgenommen wurde) "widerstand gegen die staatsgewalt"
und "körperverletzung" (wurde mir dann in der ettstrasse vorgeworfen).
die "sachbearbeiter" führten ihr lang eingeprobtes theaterstück ("guter bulle
böser bulle") vor, um eine Aussage zu erzwingen, die mich und den protest
kriminalisieren sollte. ich verweigerte jede aussage. die untersuchungsrichterin
folgte den anweisungen der polizei bzw. staatsanwalts und ordnete meine
überstellung nach stadelheim an (gefängnis für u-haft ).
die ersten drei tage war ich im knast auf der krankenstation, die baulich in
einem schlechteren zustand ist als der rest vom gefängnis. durch die fenster,
die sich nicht ganz schliessen lassen, zieht ständig ein kalter luftzug durch
die zelle. die "krankenbetten" sind kurz vor dem zusammenbruch und mensch
bekommt nur eine filzdecke, die mir zu kurz war. eigentlich war es mehr eine
"station zum krank werden". dazu kommt, dass ich die krankenzelle mit einem
typen teilen musste, dem vorgeworfen wird "frauen misshandelt, bedroht und zur
prostitution gezwungen zu haben" und der ständig irgendwelche hardcore
sexistischen sachen von sich gab. angesichts dieser unangenehmen gesamtsituation
habe ich meine schmerzen für mich behalten, um aus der krankenstation verlegt zu
werden. ich kam dann glücklicherweise in eine zwei-mensch-zelle zu einem netten
jungen mann (erkan), der sehr hilfsbereit und solidarisch mit mir war. in den
zwölf tagen in haft wurde mir kein einziger brief von freundInnen zugestellt und
ich durfte nichts vom knastladen kaufen (z.B. einen radio, zeitung,
zeitschriften oder tabak). zusammen mit erkan sass ich in einer 15m² zelle und
wusste nicht was draussen geschah. wie verliefen die proteste? wieviele leute
wurden gefangen genommen? gibt es solidaritätsaktionen? immer wieder hör ich die
schliesser an der zellentür vorbeilaufen. sie lassen ihre schlüssel aneinander
schlagen, damit sie auch unüberhörbar bleiben. bei einem dieser rundgänge
öffnete der schliesser die tür und schrie "ihr anwalt ist da, schuhe anziehen!"
da brach bei mir ein feuerwerk an freude aus. endlich nachricht von draussen.
der rechtsanwalt erzählte mir, dass es vom ermittlungsauschuss (rechtshilfe)
eine fundierte presseaussendung gab. das weitere gespräch war dann weniger
erfreulich. er teilte mir mit, der staatsanwalt wolle mich bis zur verhandlung
hierbehalten (was in meinem fall erfahrungsgemäss 3 monate dauern kann), ausser
ich mache ein geständnis damit ein schnellverfahren eingeleitet werden kann.
abgesehen davon, dass solch ein geständnis eine totale lüge sein müsste, würde
es vor allem all die repressionen legitimieren, die nato-kritische menschen an
diesem wochenende ertragen mussten. natürlich kam sowas nicht in frage!
in den darauf folgenden tagen zeigten einige gefangene sympathien zu meinem
fall. manche meinten in gesprächen zu mir, dass sie sich in zukunft an protesten
gegen die herrschenden umständen beteiligen werden. die unterstützungen der
gefangenen gaben mir kraft zum durchzuhalten. doch trotzdem dachte ich ständig
an meine freundInnen und mitstreiterInnen die draussen waren. oft stimmte mich
eure ferne traurig...
nach 11 tagen änderte sich plötzlich die haltung der staatsanwaltschaft. sie
akzeptierten die forderung des rechstanwaltes und beschlossen, mich auf 3.000,-
€ kaution freizulassen. "irgendwie müssen sie einen druck spüren", dachte ich
mir. am 12. tag bekam ich die nachricht "sie können gehen". gedanken über die
neu gewonnenen freunde, die noch länger in haft bleiben werden, überschattete
meine freude über die entlassung. ein durcheinander von emotionen schwirtten
durch meinen ganzen körper. über stahltüren verabschiedete ich mich von den
gefangenen, die mir nahe waren und begab mich auf die letzten schritte durch die
unterdrückungsbauten namens stadelheim.
die letzte etappe; ich bekomme meine kleider und meinen pass zurück. die diener
geben mir geld, briefe und kleidungsstücke, die freundInnen geschickt hatten.
als ich all die briefe, die ihr mir geschrieben habt, ausgehändigt bekomme,
merke ich erst, wieviel ihr an mich gedacht habt. wir stehen vor der letzten tür
zur freiheit. ich sehe den schliesser an und sage zum abschied: "ich bin jetzt
gleich in freiheit, doch du hast lebenslang".
die letzte tür geht auf; ich sehe freundInnen und verwandte, ich lass alles
fallen, wir umarmen uns mit liebe, die kein wort beschreiben könnte. ich erfahre
immer mehr wie sehr ihr für mich und gegen diese repressionen gekämpft habt.
demonstrationen, hausbesetzung, spontanaktionen und medienarbeit.
es war mehr als euer freund, den ihr mit den aktionen befreit habt, es war ein
stück staatsrepression den ihr zum wanken gebracht habt...
DANKE!

betroffen sind einige, gemeint sind wir alle!
solidarität mit den betroffenen der münchner repressionen!

no wef! no nato!
...für ein freies, sozialistisches und selbstorganisiertes leben...

 

23.02.2004
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