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Poesie | "Des Tippelkunden Frühlingslied"


Des Tippelkunden Frühlingslied

Kommt der erste Frühlingstag an,
Wird so schwach een'm,
Und denn macht man
Raus auft's Kaff.
Wenn sich aus de sand'gen Kuhlen
Blätter puhlen,
Würmer spulen,
Stehste baff!
Und denn liegt man sich zu aal'n, wo
Mang die kahlen
Letzten Häuser
Gottes Mühlen
Langsam mahlen.

Bürgers samt Familienklette
Stiebeln fette
Und adrette
Fein mit Ei!
Ob een'm unter dunst'ge Kiepen
Lause piepen,
Wanzen ziepen,
Einerlei!
Jeder looft zur rechten Schmiede
Hundemiede!
Gottes Mühlen
Mahlen langsam!
Und solide!

Stochert man im weichen Mülle,
Jibbts die Hülle
und die Fülle,
Hat man Schiß;
Manchmal find't man einer Schneppe
Blut'ge Schleppe,
Blonde Zöppe
Und Jebiß!
Für die Toten is's nich wichtig!
Jeld bringt's tüchtig!
Gottes Mühlen
Mahlen langsam!
Aber richtig!

Schließlich land't man treu und wacker
Ausjebaggert
Uff'm Acker,
Sacht nich: meff!
Leichenschauhaus zahlt die Rente
Und verwendt dir
Zu Zemente,
Altes Reff!
Nächstes Jahr deckt's Jroß-Stadtpflaster
Deine Laster!
Denn wo Gottes
Mühlen mahlen,
Wächst keen Jras mehr!

(aus dem kleinen Lumpenbrevier von Walter Mehring)

 

02.04.2004
Walter Mehring   [Aktuelles zum Thema: Soziale Kämpfe]  Zurück zur Übersicht

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