Hamburg: PM: Noch gerade der Folter davon gelaufen
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Berlin 28. Mai 2004
PRESSEERKLÄRUNG:
NOCH GERADE DER FOLTER DAVONGELAUFEN
Der 21-jährige Togoer Souley Sambaou wusste rechtzeitig, daß er abgeschoben werden sollte und meldete sich nicht am 12.5.04 bei der Ausländerbehörde in Erfurt, als seine Duldung abgelaufen war. Er sollte am 13.5.04 mit einem Sammel-Charterflug nach Togo abgeschoben werden. Dieser Flug wurde verschoben und fand nun mit KLM in der Nacht vom 25./26.5.04 um 2.00 Uhr ab Hamburg-Fuhlsbüttel zunächst nach Amsterdam statt.
Hier wurde die europäische Zusammenarbeit der Festung Europa deutlich. Laut Auskunft des autonoomcentrums amsterdam wurden die Flüchtlinge aus Deutschland in einer Charter-Maschine der Transavia (50%ige Tochter der KLM) zusammen mit Flüchtlingen aus England, Frankreich, Belgien und den Niederlanden nach Afrika abgeschoben. Es wurden insgesamt 18 Togoer und 26 Kameruner deportiert.
WIE WIRD ABER IHR SCHICKSAL AUSSEHEN?
Dazu äußert sich Rechtsanwältin Barbara Ginsberg, Köln, die überwiegend mit Asylverfahren von Togoern befaßt ist:
"Ich habe eine Vielzahl von Togoern kennengelernt, die nach ihrer Abschiebung festgenommen und gefoltert wurden, die dann aber wieder nach Deutschland fliehen konnten. Sie waren überwiegend schwer traumatisiert, teilweise gab es auch sichtbare Folterspuren. Z.B. bei einer Frau, die im 3. Monat schwanger abgeschoben wurde, waren bei ihrer Rückkehr im 8. Monat Narben von Peitschenhieben auf dem Bauch. Ein Mann hatte regelmäßige Narben auf dem Bauch, die auch nach mehreren Jahren nicht verheilten, weil man ihm diese Schnitte mit einem Messer beigebracht hatte und Chili hineingab. Auch Elektroschocks und andere Foltermethoden werden "nach Bedarf" angewandt. Selbst gestern habe ich mit einem Mandanten gesprochen, der mit einem Sammel-Abschiebungsflug nach Afrika gebracht wurde, und der 15 Monate in Togo in Haft war, weil er in Deutschland den Namen des Landes und seines Präsidenten Eyadema beschmutzt habe. Das Auswärtige Amt bleibt trotzdem bei seiner Lüge, es seien ihm keine Fälle von staatlichen Repressionen zurückgeführter Togoer gekannt. Ich habe selbst dem Auswärtigen Amt Nachweise geliefert, daß Togoer nach ihrer Abschiebung oder freiwilligen Rückkehr in Togo festgenommen, gefoltert oder sogar getötet wurden oder spurlos verschwanden. selbst daß inzwischen einzelne, die wieder nach Deutschland fliehen konnten, hier inzwischen im Asylverfahren anerkannt wurden, ändert nicht die falschen Auskünfte des Auswärtigen Amtes."
Auch die Antirassistische Initiative Berlin hat unlängst in der Dokumentation "Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen" über das Schicksal von 50 togoischen Flüchtlingen geschrieben. Mindestens 20 Flüchtlinge wurden nach der Abschiebung von Polizei oder Militär mißhandelt oder gefoltert, mindestens fünf Menschen verschwanden spurlos und ein Flüchtling kam zu Tode.
Es ist nicht verwunderlich, daß nur das Schicksal von verhältnismäßig wenigen Abgeschobenen hier bekannt wird. Welcher Wächter eines Gefängnisses oder eines Geisterhauses wird wohl hingehen und den internationalen Menschenrechtsorganisationen berichten? Bisher hat nur ein Mitarbeiter der Gendarmerie in Deutschland über die Behandlung der Abgeschobenen berichtet, die dort inhaftiert waren. Nach seinen Aussagen wurden erst recht nachdem der togoische Präsident Eyadema bei der EXPO in Hannover von Flüchtlingen mit Eiern und Tomaten beworfen worden war, die Rückkehrer gefoltert, damit sie über die Exilszene in Deutschland berichten. Viele wurden danach in andere Gefängnisse gebracht, wo sie keine Chance auf einen Prozeß oder Freilassung haben. Allein die Tatsache, daß Menschen aus Togo einen Asylantrag gestellt haben, ist Anlaß für das Regime, sie festzunehmen, zu verhören und zu mißhandeln.
Herr Sambaou hat sich bereits in Togo gegen die dortigen Menschenrechtsverletzungen eingesetzt und war deswegen fünf Tage in Haft, wo er auch gefoltert wurde. In Deutschland ist er Vorstandsmitglied der URTT (Union des Ressortissants Togolais de Thüringen)gewesen, der Organisation der oppositionellen Togoer in Thüringen, und Mitglied der oppositionellen Partei PDR (Parti pour Démocratie et le Renouveau). Er hat sich an vielen Demonstrationen gegen das togoische Regime und gegen die Abschiebung von Togoern beteiligt. Vor allem beteiligte er sich auch an der Demonstration in Hannover, bei der Eyadema persönlich von togoischen Flüchtlingen angegriffen wurde. War es Herrn Sambaou unter den Voraussetzungen zumutbar, sich bei der Ausländerbehörde festnehmen zu lassen, damit er nach Togo abgeschoben wird, wo er schon vor der Flucht gefoltert wurde und wo jetzt möglicherweise sein Leben in Gefahr ist?
"Sicher ist es illegal, wenn ein Ausländer ohne Aufenthaltspapier in Deutschland ist. Aber in diesem Fall ist es zumindest legitim, weil die deutschen Behörden sich nur nach den Auskünften des Auswärtigen Amtes richten, die an politischen Zielsetzungen und nicht unbedingt an der Wahrheit orientiert sind. Dabei werden konkrete Gefahren für Leib und Leben nicht berücksichtigt", so Frau Ginsberg.
Wir fordern, daß Herr Souley Sambaou in Deutschland ein Bleiberecht bekommt, bis ihm in Togo keine Gefahren mehr drohen!
Wir erinnern die deutsche Regierung an die Gefahr, die den abgeschobenen Flüchtlingen droht, wenn sie am Flughafen in Lomé angekommen sind. Die deutsche Regierung ist verantwortlich, wenn die abgeschobenen Flüchtlinge verschwinden oder ermordet werden.
BLEIBERECHT STATT ABSCHIEBUNGEN !
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