Guadalajara: Schwere Repression - Verhaftete und Verschwundene
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und die Proteste gegen unsolidarische Globalisierung
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- Guadalajara: Schwere Repression
- Verhaftete und Verschwundene
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Guadalajara: Schwere Repression
Das Muster der Repression von Protestdemonstrationen gegen ohnehin von der
Öffentlichkeit hermetisch abgeschirmten Gipfeltreffen der unterschiedlichsten
Konstellationen ist weltweit von immer größerer Ähnlichkeit. Ein Bericht vom
29.05 aus Guadalajara, Mexiko, beschreibt dieses Muster sehr gut und erinnert
stark nicht zuletzt an Genua. Eine ähnliche Dynamik wird ganz aktuell auch in
Italien anlässlich des bevorstehenen Bush-Besuchs am kommenden Freitag befürchtet.
Guadalajara, Mexiko, 29. Mai 2004
16:00 örtliche Zeit
In den letzten Tagen fand in Guadalajara das Forum gegen den dritten Gipfel
Lateinamerika, Karibik und Europäische Union, der mit einer Demonstration zu
Ende ging, an der 2500 Menschen teilnahmen. Anwesend waren Delegationen aus
verschiedenen Staaten der Föderation, Gewerkschaften, Vertreter von
verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und von Organisationen für die
Menschenrechte.
Bereits am Nachmittag hatte es erste Vorboten für einen möglichen repressiven
Angriff auf die Menschen gegeben, die in Karawanen eintrafen, um zu
protestieren. Einige Leute aus Mexico City , etwa fünfzig, die in der Mehrzahl
Universitätsstudenten waren und versucht hatten, im Parque Revolución ein Lager
aufzuschlagen, wurden Gegenstand von Reprerssion durch die Staatspolizei. Dort
haben sich die ersten Auseinandersetzungen ereignet. Einige Menschen wurden in
Gewahrsam genommen, die anderen kehrten zum Juarez Platz zurück. Gegen 19:00 Uhr
machte sich eine Gruppe von etwa 150 Leuten vom Platz aus af den Weg, um ein
Straßenfest zu erreichen, das von den Organisationen veranstaltet wurde, die an
der Vorbereitung des Gegengipfels beteiligt waren. Die Gruppe wurde von ungefähr
500 Angehörigen der Ordnungskräfte mit provokatorischem Auftreten daran
gehindert, in das Stadtzentrum zu gelangen. Die Ordnungskräfte führten
punktuelle Angriffe durch, die Gruppe war gezwungen, zurück zum Juarez Platz zu
kehren, wo sich das Generalcamp befand. Dort wurden die 150 Personen von der
Polizei eingekesselt und etwa 6 Stunden lang ihrer Freiheit beraubt. Mit einer
extrem eng gehaltenen Kette verhinderten die Polizisten jede Bewegung von Innen
nach Außen und umgekehrt, Kontakte mit der Zivilgesellschaft und mit den
Beobachtern, die sich dort hin begeben hatten, um zu helfen wurden nicht
erlaubt. Unter den bis um zwei Uhr nachts fest gehaltenen Personen waren Alte
und Kinder. Das Argument, das zur Rechtfertigung der Freiheitsberaubung diente
war, dass dort bewaffnete Aufständische ihr Lager aufgeschlagen hätten. Die
Situation entzerrte sich erst beim eintreffen einer Delegation von
Menschenrechtsschützern, die vorschlugen, in das Camp zu gehen, um die
angeblichen Waffen zu suchen und diese der Polizei zu übergeben. Die einzigen
"Waffen", die gefunden wurden, waren die Stäbe der Fahnen für die Demonstration.
In diesem Geiste begann die Demonstration vom 28. Mai. Die Sicherheitsmaßnahmen
der Regierung von Jalisco waren massiv, es gab Bereitschaftskräfte zu Fuß, Pkw,
Kleinbusse, Motorräder und Pick-ups von der Staatspolizei, von der
Gemeindepolizei und von der föderalen Präventionspolizei sowie Aufstellungen von
Berittenen, während sich an den strategischen Punkten rund um den
Demonstrationsbereich einige Hilfskorps befanden, die in Schwarz uniformiert
waren und keinerlei Abzeichen trugen.
Während die Demonstrationsspitze auf dem Weg zum Juarez Platz im Stadtzentrum
war, wo die Abschlusskundgebung Statt finden sollte, auf der die während des
Forums verfasste Erklärung verlesen werden sollte, bewegte sich eine Gruppe von
Demonstranten zur Straße 16. September, wo die rote Zone war, die den Bürgern
versperrt war.
Die ersten Auseinandersetzungen haben gegen 18:00 angefangen, das Aufgebot an
Sicherheitskräften war von gigantischem Ausmaß, die Demonstranten wurden zum
Juarez Platz hin gedrängt, wo die Demonstrationsspitze wegen des anhaltenden
Regens bereits angefangen hatte, sich aufzulösen.
Lose verteilte Grüppchen, die sich mit dem anarchistischen Block
identifizierten, haben sich auf die Zerstörung von Geschäften und Schaufenstern
von multinationalen Gesellschaften konzentriert, während die Polizei von hinten
anfing, die friedliche Demonstration anzugreifen.
Es wurde Wasser geworfen, das mit seife und hautreizenden Substanzen versetzt
war und Tränengas geschossen, während die Ordnungskräfte auf massive Weise
aufmarschierten.
Die Auseinandersetzungen dauerten bis in die Nacht an, auch dann, als sich die
Demonstration aufgelöst hatte. Die Polizei hat den Bereich der
Abschlusskundgebung abgeriegelt und in jeder Straße, die einen Abzug ermöglicht
hätte Männer aufgestellt. Ohne zwischen denen, die möglicherweise vom
gewalttätigen Block waren und den friedlichen Demonstranten zu unterscheiden
griffen die Ordnungskräfte viele unter den Menschen, die im besagten Bereich in
der Falle saßen, mehrfach, brutal und gewaltsam an. Es wurden Menschen in
Gewahrsam genommen, die auf der Demonstration nicht einmal gewesen waren.
Die Polizei, die den Auftrag hatte, die Bürger anzuhalten und diese zu
durchsuchen, trug häufig zivile Kleidung, eine Identifizierung war nicht
möglich. In der Nacht ist die Polizei mit der Durchführung von Razzias in der
ganzen Stadt fort gefahren, es wurden weiter Verhaftungen durchgeführt. In
einigen Fällen wurden Personen aus Cafes und Restaurants geholt und inhaftiert
worden.
Die Festnahmen sind zahlreich, gegenwärtig zählt man etwa Hundert Gefangene,
deren Namen noch nicht öffentlich zugänglich gemacht wurden. Einige Leute aus
Guadaljara wurden in der Nacht frei gelassen, über die anderen weiß man nicht
viel. Unter ihnen sind einige Ausländer (mindestens ein Italiener), welchen die
endgültige Abschiebung aus Mexiko droht und deren Botschaften noch nicht
verständigt wurden.
Den Gefangenen wurde das Recht, nach Außen zu kommunizieren und von den Komitees
für die Menschenrecht kontaktiert zu werden abgesprochen, die bisher
eingetroffenen Informationen über die Behandlung, die ihnen zur Stunde zuteil
wird sind spärlich, durch Befragungen von Personen aus Guadalajara die frei
gelassen wurden wissen wir aber, dass sie gebeugt in die Haftanstalt geführt
wurden, mit dem Kopf nach unten und man weiß, dass bestimmte Formen der Folter
verübt werden, die Frauen wurden entkleidet und gezwungen, seltsame Posen
aufzunehmen, während die Türen permanent geöffnet und wieder geschlossen wurden.
Viele Menschen wurden schwer geschlagen und bedroht. Das Alles, während der
mexikanische Präsident Vicente Fox auf dem Gipfel gemeinsam mit anderen
Staatshäuptern öffentlich die im Abu Ghraib Gefängnis verübten Folterungen
verurteilten.
Die Zahl der Verletzten beläuft sich auf zwanzig, davon wurden neun, die in
kritischem Zustand waren vom Gefängnis ins Krankenhaus gebracht.
Gegenwärtig sind einige Leute noch auf dem Juarez Platz eingekesselt sie können
nicht raus. Sie haben einen Schweigemarsch zu ihrer Unterstützung einberufen,
der auf weitere Informationen wartet, um zu starten. Wahrscheinlich wird man den
Großteil der Leute wieder entlassen. Um die zwanzig werden wahrscheinlich in
Gefangenschaft bleiben, mit der Beschuldigung, die in der Stadt festgestellten
Schäden verursacht zu haben.
29. Mai 04 22:30 örtliche Zeit.
Offizielle Nachrichten besagen, dass 50 Personen entlassen wurden, während 35
weitere mit Anklagen zu ihren Lasten in Gewahrsam bleiben. Es ist nicht möglich,
genaue Zahlen zu ermitteln, es gibt Differenzen zwischen den offiziellen Angaben
und den Namenslisten, die man langsam aufgrund von Anrufen, Hinweisen,
Filmdokumenten etc. erstellt.
Die Ausländer sind nach offiziellen Angaben 8, nicht offizielle Kanäle zählen 11.
Noch hat man keine genauen Nachrichten von den Menschen, die sich gestern Nacht
in den Haftanstalten befanden, es gelingt nicht, diese festzustellen und schon
gar nicht gelingt es, in Kontakt mit den Leuten zu treten. 8 Ausländer sind
soeben in einen Bus nach Mexiko Stadt verfrachtet worden, sie werden von
Ordnungskräften begleitet und man weiß nicht, ob man sie direkt zum Flughafen
zum unmittelbaren Flugantritt bringen wird, oder ob man sie eher der "Estaciòn
migratoria de Iztapalapa" übergeben will. Die acht Ausländer, die in den Bus
gestiegen sind, sind ein Italiener, vier Spanier, 1 US-Bürger, 1 Kanadier und 1
Australierin.
Wo sich gegenwärtig die drei uns als vermisst gemeldeten Ausländer befinden
könnten, die nach den Demonstrationen nicht in ihre Häuser zurück kehrten bleibt
ungeklärt. Wir bekommen Anrufe, die Vorfälle melden und versuchen,. So viel
Informationen wie möglich zu bekommen, trotz der vollkommen Abwesenheit von
einer Kooperationsbereitschaft seitens der staatlichen Regierung und der
diplomatischen Vertreter.
Einer Genossin ist es gelungen, die spanische Botschaft in Mexiko City zu
kontaktieren, um Unterstützung für die in Gewahrsam genommen Spanier zu
erbitten, dort antwortete man ihr aber, dass man auf keine Weise eingreifen
könne, weil besagte Personen juristisch gesehen nicht als Inhaftierte erscheinen
würden, da nichts gegen sie vorläge. Wir fragen uns also wie die Begründung der
Gewahrsamnahme lautet, und wie es denn sein kann, dass die Botschaft die
rechtliche Klassifizierung von diesen Personen nicht kennt, die faktisch immer
noch fest gehalten werden.
Es ist uns gelungen, mit dem italienischen Konsulat in Guadalajara zu sprechen,
das aber noch keinerlei Initiative gestartet hat.
Derweil wird weiter an der Rekonstruktion der Ereignisse gestern Nachmittag
gearbeitet, die mit immer größerer Deutlichkeit auf beeindruckende Weise die
Dichte des Polizeieinsatzes beschreibt. Es wurde eine ungeheuer hohe Zahl von
Unterwanderern in den ersten Reihen der Demo festgestellt, die an strategischen
Stellen positioniert waren, um die Angriffe und die gewaltsamen Aktionen
anzuzetteln. Es soll nicht das erste Mal sein, dass die Polizei auf diese
Methode zurückgreift, um einen friedlichen Marsch zu einem Zustand von nicht
kontrollierbarer Gewalt zu lenken. Es ist außerdem die Anwesenheit von extrem
vieln Polizisten in Zivil gemeldet worden, die durch fotografisches Material
belegt wird, das noch nicht veröffentlicht wurde.
Ein Erkennungsmerkmal sind die Farben der Knöpfe, die an deren Kleidung angenäht
waren. Die mit den "grünen Knöpfen", die zahlreichsten, Männer und Frauen,
blockierten die Seitenstraßen und drängten die Menschen dort hin, wo die
Polizisten im Kampfanzug waren, welche die Demonstranten mit Schlägen empfingen.
Die Leute mit den "roten Knöpfen" waren in Gruppen von zwei und vier an den
Straßenecken positioniert und schienen die beschriebene Dynamik zu koordinieren.
Man informiert uns gerade, dass eine friedliche Demonstration, die gerade im
Stadtzentrum stattfindet, um die Gefangenen zu unterstützen gerade von der
Polizei angegriffen wird.
Quelle: Grave repressione alla manifestazione di Guadalajara
http://italy.indymedia.org/news/2004/05/557904.php
[indymedia.de, von * - 31.05.2004 13:26]
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Verhaftete und Verschwundene
Stand 30.5.
43 Personen in Gewahrsam - nach dreißig Stunden immer noch keine Namenliste
10 Entlassene
8 Ausländer in Haft, 4 aus Spanien, 1 Australierin, 1 Italianer, 1 US-Bürger, 1
Kanadier
3 Ausländer, die vermisst werden
44 in der Hauptsache wegen Sachbeschädigung beschuldigte Personen
Vermisste Personen: 75, inzwischen wurden viele davon ausfindig gemacht.
[indymedia.de, Stand 30.5. 31.05.2004 13:50]
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