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Kiel: Aufrufes zur Demo anlässlich der Inneministerkonferenz

Auf zur Demonstration gegen die Innenministerkonferenz in Kiel am 7. Juli

GLEICHE RECHTE FÜR ALLE! STOPPT ALLE ABSCHIEBUNGEN!
Wir rufen alle fortschrittlichen Kräfte dazu auf, am 7. Juli nach Kiel zu kommen und sich unserem Widerstand gegen eine Politik anzuschließen, die nichts anderes ist, als ein Angriff auf unsere Rechte!


Kundgebung und Demonstration: 7.Juli 04, ab 13.00 Uhr am Dreiecksplatz in Kiel


Vom 7. bis 8. Juli 2004 treffen sich die Innenminister der deutschen Bundesländer in Kiel. Es ist ein Treffen der Leute, die unsere Rechte zerschlagen und die versuchen, unser Streben nach Gerechtigkeit und Würde zu ersticken. Es ist ein Treffen der Verantwortlichen für polizeiliche Repression, Überwachung und Kontrolle der Individuen. Noch mehr als für andere Menschen werden die Dinge, über die bei der deutschen Innenministerkonferenz diskutiert wird, verhängnisvolle Auswirkungen für Flüchtlinge und MigrantInnen haben. Sie werden sich über die Beschleunigung von Abschiebungen den Kopf zerbrechen. Darüber, wie sie die Kollaboration mit den Botschaften der Heimatländer von Flüchtlingen verbessern können, mit dem Ziel "Heimreisepapiere" zu beschaffen. Darüber, wie sie "ausreiseunwillige" Flüchtlinge zwingen können, Deutschland zu verlassen. Darüber, wie sie es für FlüchtlingsAktivistInnen unmöglich machen können Abschiebungen an Flughäfen zu stoppen. Sie werden über sogenannte Anti-Terror-Gesetze sprechen, die Flüchtlinge und MigrantInnen kriminalisieren.
Sie werden über Abschiebe-Lager debattieren, über europaweite Verfolgung von Papierlosen, über DatenAustausch … Es ist klar: Die Maßnahmen, über die bei der deutschen Innenministerkonferenz diskutiert wird, sind nichts anderes als Angriffe auf das Leben und die Freiheit von Flüchtlingen, MigrantInnen und eines jeden Menschen, der/die
nicht zu den GewinnerInnen des kapitalistischen Systems in Deutschland gehört! Alle Gruppen von Flüchtlingen werden durch die Abschiebe-Politik der Innenminister terrorisiert. Hier einige Beispiele:

· Flüchtlinge aus Togo
Die TogoerInnen leben seit 36 Jahren unter dem diktatorischen Regime von Präsident Eyadema; Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen haben viele Menschen ins Exil gezwungen. Dennoch weisen deutsche Behörden und Gerichte, in
völliger Missachtung der soziopolitischen Lage in Togo, fast alle Asylanträge togoischer Flüchtlinge zurück. Viele wurden bereits abgeschoben, andere sehen sich mit massiven Abschiebe-Drohungen konfrontiert. Gleichzeitig halten Frankreich und Deutschland enge wirtschaftliche und politische
Beziehungen mit dem togoischen Regime. Vom 19. bis 22. Juni findet in Berlin ein Hungerstreik gegen Abschiebungen nach Togo und Kamerun statt.

· Roma aus Ex-Jugoslawien
Während der letzten Jahre verließen viele Roma die Länder Südost-Europas aufgrund von Diskriminierung und "Ethnischen Säuberungen". Als Folge des NATO-Krieges gegen Jugoslawien mussten die meisten Ro-ma, die im Kosovo gelebt hatten, fliehen- so wie alle nicht-albanischen Minderheiten. Nun, da die Kriege im früheren Jugoslawien offiziell beendet wurden, schicken sich die deutschen Behörden an, alle Flüchtlinge aus diesen Ländern möglichst schnell loszuwerden. Die Roma - darunter viele Kinder und Enkel von Opfern der Nazi-
Vernichtungspolitik - gehören zu den Gruppen, denen Massenabschiebung droht.

· Flüchtlinge aus Afghanistan
Ca. 30.000 Flüchtlinge aus Afghanistan leben ohne gesichertes Aufenthaltsrecht in Deutschland. Schon bei der letzten Innenministerkonferenz im November kündigten die Innenminister einiger Bundesländer an, ab dem Frühjahr 2004 Flüchtlinge aus Afghanistan abschieben zu wollen, obwohl selbst Innenminister
Schily das Land für ein Krisen- und Kriegsgebiet hält. Dennoch ist damit zu rechnen, daß bei der IMK Absprachen über systematische Abschiebungen nach Afghanistan getroffen werden.

· Flüchtlinge aus Kamerun
Unter dem Regime von Präsident Paul Biya wurden viele AktivistInnen der politischen Opposition zu politischen Gefangenen gemacht. Es gibt belegte Fälle von Folter und Tod im Knast. Vor allem in Süd-Kamerun ist die Lage äußerst instabil. Dennoch schiebt Deutschland, zweitwichtigster Kreditgeber Kameruns, weiter Flüchtlinge in dieses Land ab.

· Flüchtlinge aus dem Iran
Wohlbekannt sind die massiven Menschenrechtsverletzungen des Mullah-Regimes im Iran. Oftmals haben sich iranische Studierende, Frauen und ArbeiterInnen gegen das Regime erhoben, ebenso oft hat das Regime darauf mit Massenverhaftungen, Folter und Hinrichtungen reagiert. Seit Jahren gehört Deutschland zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern des Iran. Iranische Flüchtlinge sind Opfer dieser Partnerschaft: Viele wurden abgeschoben, der "Reformprozeß" im Iran wird als zynische
Rechtfertigung für diese Abschiebepolitik benutzt.

· Flüchtlinge aus dem Kongo
Seit Jahrzehnten wird der Kongo von brutaler Diktatur erschüttert und von einem Krieg, der bereits über
eine Million Menschen das Leben gekostet hat. Lokale Warlords sowie europäische und amerikanische Konzerne machen gute Geschäfte mit diesem Krieg, indem sie die reichen Rohstoffvorkommen, wie Coltan, Diamanten und Erdöl ausbeuten. Obwohl die Lage im Kongo nach wie vor weit weg ist von einer friedlichen Lösung, gibt es seitens der deutschen Behörden bislang keinen Abschiebestopp für kongolesische Flüchtlinge. Sie versucht sogar, mit Charterflügen über Holland, Sammelabschiebungen von KongolesInnen, gemeinsam mit anderen afrikanischen Flüchtlingen, durchzuführen.

Repression, rassistische Verfolgung und die antisoziale Veränderung der deutschen Gesellschaft Abschiebe-Politik, polizeiliche Repression und die Schaffung immer härterer Gesetze gehen einher mit einem Prozess der Zerschlagung von menschlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rechten auf allen Ebenen der Gesellschaft. Mit zunehmender Geschwindigkeit durchläuft die deutsche Gesellschaft einen grundlegenden sozialen und wirtschaftlichen Wandel, der die Rechte zerstört, die wir durch viele Kämpfe erreicht haben: Gewerkschaftsrechte, die Rechte von ArbeiterInnen und Erwerbslosen, das Recht auf kostenlose Bildung, das Recht auf angemessene medizinische Versorgung,
und - nicht zuletzt - die Rechte von Asylsuchenden und anderen Flüchtlingen. Das bedeutet einen drastischen Anstieg von Armut, was eine destruktive Überlebensangst bei großen Teilen der
Bevölkerung schafft. Gleichzeitig profitieren fundamentalistische und rechte Strömungen in der Gesellschaft
von der Angst der Leute und von dem Verlust sozialer Sicherheit, indem sie Intoleranz, härtere Gesetze und Repression predigen. Diejenigen in der Gesellschaft, die am wenigsten Rechte und am wenigsten Schutz vor den Regierungen
haben, insbesondere Flüchtlinge, werden als angebliche "Gefahr für die öffentliche Sicherheit" zur Zielscheibe; gerade sie sind Opfer der Propaganda und der Angriffe seitens der Regierungen und der Rechten. Die "Sicherheit", über die die Innenminister sprechen, ist die Sicherheit der Banken, der großen Konzerne, der Reichen und Mächtigen. Die Leidtragenden sind Studierende, Frauen, alte Menschen, Gewerkschaften, Arbeiter-Innen, Erwerbslose und ganz besonders Flüchtlinge und MigrantInnen. Als Flüchtlinge und MigrantInnen, die bereits
jahrzehntelange Erfahrungen mit genau dieser Politik haben, sind wir sehr besorgt über den Weg, den Europa und insbesondere Deutschland einschlägt.
Schließlich war und ist es eben diese Politik der Zerschlagung unserer Rechte bei gleichzeitiger Erhöhung von Polizei- und Militärausgaben, von Armut und Ungerechtigkeit, die Millionen von uns auf der ganzen Welt zur Flucht aus unseren Ländern
gezwungen hat, auf der Suche nach Gerechtigkeit und einer Möglichkeit, unsere Familien zu ernähren. Wir Flüchtlinge, MigrantInnen und unsere deutschen UnterstützerInnen klagen die ungerechte und unmenschliche Politik an, die von den Innenministern gegen die Menschen in Deutsch-land und insbesondere gegen Flüchtlinge und MigrantInnen verübt wird. Trotz aller Unterschiedlichkeit unserer Erfahrungen aus vielen Ländern und persönlichen, kulturellen und religiösen Hintergründen sind wir vereint im Willen, gegen diese Ungerechtigkeit zu kämpfen! Wir und unsere Familien sind seit Jahrzehnten Opfer dieser Politik; wir wurden gezwungen alles aufzugeben, um zu überleben und eine Zukunft zu haben. Nun werden wir erneut konfrontiert mit einer Politik der systematischen Zerstörung unserer sozialen und politischen Rechte, mit einer Politik des gesellschaftlichen Ausschlusses und der Beschränkung unserer Bewegungsfreiheit - zum Beispiel durch die Residenzpflicht (dt.Gesetz, das die Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden auf einen Landkreis beschränkt.) - und mit einer Politik, die uns - zum Beispiel mit Hilfe von Ausreiselagern und Abschiebegefängnissen - kriminalisiert und uns dorthin abschiebt, von wo wir geflohen sind.

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Quelle:  http://thecaravan.org/node/view/40
als PDF:  http://media.de.indymedia.org/media/2004/06/86178.pdf
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27.06.2004
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