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Hamburg/Karlsruhe: FSK erhebt Verfassungsbeschwerde

Massiver Eingriff in die Rundfunkfreiheit
Der Hamburger Sender FSK erhebt Verfassungsbeschwerde

Vor kanpp einem Jahr, am 25.11.2003, riegelten zwei Hundertschaften Polizei,
Staatsanwaltschaft und Staatsschutz die Räume des Freien Sender Kombinats
(FSK) einen Nachmittag lang von der Außenwelt ab. Ziel der Hausdurchsuchung
war die Beschaffung eines Interviews, das vier Wochen zuvor mit dem
Polizeipressesprecher geführt und im Programm von FSK gesendet worden war.
Gegen diese unverhältnismäßige Maßnahme reichte das Hamburger Freie Radio
zwei Klagen ein, um richterlich feststellen zu lassen:

1. dass die Anordnung der Durchsuchung rechtswidrig war und eine
empfindliche Verletzung des Presserechts darstellt;

2. dass die Durchführung der martialisch inszenierten Razzia rechtswidrig
war, denn die Ermittler fertigten in großem Umfang Grundrissskizzen und
Fotografien an, beschlagnahmten Redaktionsunterlagen und Adresslisten und
unterbanden eine Live-Berichterstattung über die laufende Durchsuchung mit
der Drohung, den Sender abzuschalten.

Beide Klagen wurden inzwischen vom Landgericht Hamburg abgewiesen, teilweise
ohne Begründung.
Daher erhebt das FSK jetzt Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe:


1. Das Bundesverfassungsgericht soll feststellen, dass die Anordnung der
Durchsuchung verfassungswidrig war

Anlass der Hausdurchsuchung war ein angeblich nicht-autorisiertes
Telefoninterview, in dem der Pressesprecher der Hamburger Polizei zu zwei
Festnahmen bei Bambule-Demonstrationen befragt worden war. Gesucht wurden
die Verantwortlichen und die Originalaufnahme des Interviews. Wie sich aus
den Ermittlungsakten ergibt, war der verantwortliche Redakteur den Behörden
aber bereits bekannt, hatte er sich doch zu Beginn des Interviews mit seinem
Namen vorgestellt. Darüber hinaus lag der Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt
der Durchsuchung ein vollständiger Sendemitschnitt vor.

Statt sich zu einer Klärung mit dem Verantwortlichen im Sinne des
Presserechts in Verbindung zu setzen, zogen es Staatsanwaltschaft,
Staatsschutz und Polizei vor, überfallartig in die Redaktionsräume
einzudringen, zu drohen "alles mitzunehmen" und Adress- und Redaktionsordner
zu beschlagnahmen.

"Es war eine martialisch inszenierte Razzia, die zur Diskreditierung,
Einschüchterung und Durchleuchtung eines kritischen, politisch missliebigen
Medienunternehmens dienen sollte. Das Ganze stellt einen massiven Eingriff
in die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit und damit in die Pressefreiheit
dar", bilanziert der presserechtlich Verantwortliche des FSK Erhard
Wohlgemuth.


2. Das Bundesverfassungsgericht soll feststellen, dass die Durchführung der
Durchsuchung verfassungswidrig war

Während der mehrstündigen Durchsuchung machten die Beamtinnen und Beamten
etwa 50 Fotografien von den beiden Studios, den Büro- und Kellerräumen und
fertigten mehrere Grundrissskizzen an, wie sie sonst zur Tatortsicherung bei
Kapitalverbrechen üblich sind. Keine dieser Maßnahmen stand in Bezug zu dem
gesuchten Tonträger oder dem verantwortlichen Redakteur:

"Das Ausspähen von Redaktionen fängt nicht erst mit dem Entwurf des neuen
Polizeigesetzes und dem in Zukunft drohenden Lauschangriff gegen
Journalistinnen und Journalisten an, wir stecken bereits mitten drin", so
Vorstandsmitglied Regina Mühlhäuser.

Während vor der Tür zwei Hundertschaften Polizei den Zugang zu den
Redaktionsräumen versperrten, wurden hinter den Moderatoren der laufenden
Radiosendungen Beamtinnen und Beamte des Landeskriminalamts postiert. Sie
überwachten den Inhalt der Sendungen und drohten, die Sendeanlage
abzuschalten wenn auch nur ein Wort über den unerwünschten Besuch über den
Äther ginge.

"Was an diesem Nachmittag in den Räumen des FSK geprobt wurde, war direkte
Zensur durch die Hamburger Polizei", empört sich Torsten Michaelsen von der
Geschäftsführung des Senders.

Die anschließende Behandlung des Vorfalls durch die Hamburger Fachgerichte
ist nicht minder skandalös und diente offenkundig dem Ziel, das
rechtswidrige Vorgehen nachträglich zu legitimieren bzw. zu kaschieren.
Um derartigen Maßnahmen weiter juristisch entgegenzutreten und für die
Zukunft vorzubeugen, zieht FSK jetzt vor das Bundesverfassungsgericht.


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14.09.2004
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