Inhalt | Das Jahr, in dem wir nirgendwo |
Bahazas Tod | Die Führung bröckelt |
Che war zutiefst beunruhigt, weil er befürchtete, daß der Verlust der Basis sie von jeglicher Kommunikation abschneiden könnte. Diese mußte unter allen Umständen aufrechterhalten werden. Unter den Kongolesen gab es zwei Tendenzen, die eine angeführt von Tremendo Punto, der vorschlug, auf die Basis von Luluaburg vorzurücken, die andere angeführt von Charles, der aus dieser Region stammte und vorschlug, in der Gegend zu bleiben und sich in der Nähe der Gardisten zu halten.
In Nagikumo wird ein Lager aufgeschlagen, am Ufer des Baches gleichen Namens, zehn Stunden vom See, eineinhalb Tage von Kabimba und zwei Stunden vom Stützpunkt von Lubonja entfernt.
CHE: Die örtlichen Chefs begannen Rache zu nehmen: jeder von ihnen, Calixte, Ile Jean, Lambert (...) verbreitete, die Kubaner seien Hampelmänner, die erst viel redeten, um sich in der Stunde des Kampfes zurückzuziehen und alles stehen und liegen zu lassen, und die Bauern bezahlten die Konsequenzen. [Herzlicher Empfang durch einen lokalen Chef, der ...] jedem, der es hören wollte, erklärte, daß es infam sei, uns mit den Belgiern zu vergleichen (...). Niemals habe er einen weißen Mann gesehen, der mit seinen Soldaten aus den gleichen Näpfen gegessen hätte, nicht mehr und nicht weniger als sie. Die Anerkennung der Bauern hatte etwas Bestärkendes.
Die Sympathien der Bauern zu gewinnen, bleibt eins der Grundprobleme, denn bisher waren diese eine nahezu passive Kraft im Krieg gewesen. Mit Hilfe der Bauern wird am Rande eines Hügels ein vor der Luftwaffe geschütztes Krankenhaus errichtet.
Das Krankenhaus wird mit einer brillanten Leistung des Arztes Morogoro eingeweiht, der zwei Kongolesen heilt, die sich bei einem Unfall verletzt hatten, als sie in der Nähe des Stützpunktes von Lubonja Fallen ausgelegt hatten. Außerdem rettet er eine Frau, die von einem Büffel angegriffen worden war.
Die Kritik der mittleren kongolesischen Führungsebene wächst. Ile Jean und ein gewisser Hussein kritisieren die Kubaner und machen sich über die Kongolesen in der vor kurzem aufgestellten Einheit lustig, die für die Kubaner arbeiten müßten. Zudem verbreiten sie das Gerücht, die Minen, welche die Verletzungen hervorgerufen hatten, seien von Kubanern gelegt worden.
CHE: So verwerflich ihr Handeln auch war, man mußte ihnen doch mildernde Umstände zuerkennen, denn wir hatten einen wirklich harten Ton gegen die Chefs angeschlagen. Und dann war da noch ihre Ignoranz, ihr Aberglaube, ihre Minderwertigkeitskomplexe, die Verletzungen ihrer Empfindlichkeit und womöglich die für ihre ärmliche Mentalität schmerzliche Tatsache, daß ein Weißer sie zurechtwies wie in den verhaßten früheren Zeiten.
M'bili, der von seiner Position aus in Verbindung zu ihnen stand, bat um Erlaubnis, sich etwas zurückzuziehen, um eine Berührung mit dem Feind zu vermeiden, ebenso Mafu, der sich in Front de Force befand und berichtete, daß die Kongolesen darüber diskutierten, wie sie aus dem Kongo herauskommen sollten. In seiner Gruppe sei sogar den Vorschlag gemacht worden, man sollte sich der Boote bemächtigen. Che will die Brigade erneut zusammenziehen. Er weist Mafu an, die Basis zu verstärken; Azi, der sich an der Front von Makungo aufhält, soll zu ihm stoßen. Che schreibt einen Brief an Siki und informiert diesen über die Entwicklung:
CHE: Die Niedergeschlagenheit der Leute ist schrecklich, und alle wollen nur noch zum See; möglicherweise finden sich viele von ihnen dort bei Dir ein, schick sie mir umgehend gut mit Munition ausgerüstet zurück. Nur die wirklich Kranken sollen bleiben. (...) Wenn ich den Weg zum See fortsetze, bedeutet das eine enorme politische Niederlage, denn die Bauern haben auf uns vertraut und werden sich im Stich gelassen fühlen.
Ende Oktober. Gerüchte, daß Kabila den See überquert hätte und daß mit ihm neue kubanische Kämpfer eingetroffen seien.
SIKI und TEMBO: [an Che] Wir können uns nicht erklären, wo Du die fromme Leichtgläubigkeit hernimmst, Kabila könnte mit vier Schiffen gekommen sein (in jedem Fall wären es höchstens vier Schiffe voller Weiber gewesen). Er sitzt ungerührt weiterhin in Kigoma. Was die Kubaner angeht, haben die Informanten ihre Wünsche wohl mit der Wirklichkeit verwechselt (...). Der einzige Kubaner, der hier angekommen ist, ist Changa, der zwei Überfahrten in drei oder vier Tagen gemacht hat, nachdem neunzehn Tage niemand kam. (...) Er sagte uns, er würde auch weiterhin hin- und herpendeln und daß ihr keine Sorge haben bräuchtet, ihr könntet, falls wir uns einschiffen sollten, die Kommunikation mit der anderen Seite des Sees verlieren.
Masengo sagte ihnen, es sei vorbei. Er hätte weder den Glauben noch die Fähigkeit, weiterhin die Führung zu übernehmen. Viele kongolesische Soldaten erhielten Briefe, in denen stand, daß sie die Waffen niederlegen sollten. Er wagte nicht mehr sie zurückzuhalten. Siki und Tembo glaubten, daß er sich auf die Überfahrt nach Tansania vorbereitete.
SIKI und TEMBO: [an Che] Wir können Dir versichern, daß Masengo bei diesem Gespräch wirklich eine traurige Einstellung an den Tag legte.
CHE: Die Berichte über Masengo schienen mir übertrieben. Sie stammten nicht aus erster Hand, sondern waren von Dritten aufgeschnappt und durch die Nervosität aufgebläht worden.
Siki und Tembo schicken ihm vier kubanische Kämpfer, drei davon werden krank. Sie schlagen vor, Tembo hinterher zu schicken, und berichten, daß Genge die gesamte Basis am See kontrolliere, doch daß es bereits zu spät sei.
CHE: Er kontrolliert das Nichts.
SIKI und TEMBO: [an Che] Es ist davon auszugehen, daß der Feind über alles, was hier oder bei Dir geschieht, bestens unterrichtet ist. Das ist auch die Meinung Masengos, denn viele Leute, selbst hochrangige Offiziere, sind übergelaufen, und von vielen weiß man nicht, wo sie sind.
Schließlich kritisierten sie die derzeitige Position Ches, da er dort leicht eingekreist werden könnte.
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