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Mon Jun 11 11:35:08 2001
 

Inhaltsverzeichnis Inhalt Das Jahr, in dem wir nirgendwo Aufwärts

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Vorbemerkung der Verfasser


Großes Rätselraten löste Mitte der sechziger Jahre Ernesto Che Guevaras Verschwinden von der öffentlichen Bildfläche aus. Seine plötzliche Abwesenheit von allen Staatsakten und Veranstaltungen führte zu einer beispiellosen Kette von Gerüchten, Falschmeldungen, Übertreibungen, Spekulationen und Phantasien. Che Guevara, der Bannerträger der permanenten Revolution, verwandelte sich in ein Gespenst, das von Zeitungen und Illustrierten, von Radio- und Fernsehstationen auf Reisen quer über den ganzen Globus geschickt wurde.

Von Ende März 1965 bis Mitte 1967, als seine Präsenz an der Spitze der bolivianischen Guerilla bekannt wurde, spukte Ches Gespenst durch die ganze Welt. Nach seinem Tod am 8. Oktober 1967 konnte dank der Veröffentlichung seines Tagebuches und der Aussagen von Überlebenden seine Rolle bei der Organisation des bolivianischen Guerilla-Fokus recht genau rekonstruiert werden.

Dennoch klaffte auch damit weiterhin die große Lücke des einen Jahres, dem Jahr 1965; das Jahr, in dem er nirgendwo gewesen war und das von der internationalen Presse mit Verleumdungen und Hirngespinsten aufgefüllt wurde.

Wo ist Comandante Guevara 1965 also wirklich gewesen? Wenn man gewissen Autoren Glauben schenkt, war er wahlweise in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt auf Kuba, in Frankreich, wo er mit baskischen Separatisten zusammenarbeitete, in Las Vegas, nachdem er desertiert war und militärische Geheimnisse Kubas verraten hatte; oder er war im Laufe einer Diskussion mit Fidel umgebracht worden, kämpfte in Vietnam und in der Dominikanischen Republik ...

Von 1990 an sickerten in einigen kubanischen Zeitungsartikeln allmählich Anhaltspunkte dafür durch, daß Che 1965 im Kongo gewesen ist, die schließlich - durch Fidel Castro in einem Interview mit Gianni Miná - bestätigt wurden.

Einer der Autoren dieses Buches hat von 1987 an Ches »afrikanische Geschichte« recherchiert, immer den Spuren folgend, die ihm Commandante Guevaras Kampfgenossen in der Schlacht von Santa Clara durch eine Unachtsamkeit eröffnet hatten. Durch Zufall war er auf den Satz gestoßen: »Der Che war am Tanganyika-See.« Nachdem wir, die drei Herausgeber des vorliegenden Buches, uns Ende 1990 zusammengetan hatten, gelang es uns allmählich, den Kreis von Diskretion und Schweigen zu durchbrechen, den man seit nunmehr 25 Jahren um 1965 gezogen hatte, und das bestgehütetste Geheimnis der kubanischen Revolution zu lüften.

Als wir nach einer langen Reihe von Gesprächen auf Kuba mit Ches Gefährten in der afrikanischen Guerilla daran gehen wollten, die Dutzenden von Bändern zu transkribieren, ließ uns eine Persönlichkeit aus dem kubanischen Staatsapparat, die es vorzieht, anonym zu bleiben, ein Dokument zukommen, das eine Schlüsselrolle für die Zusammenstellung dieses Buches erlangen sollte. Es handelte sich um ein Typoskript über die Erfahrungen im Kongo, von Che Guevara selbst mit handschriftlichen Korrekturen versehen, das den Titel Passagen des revolutionären Krieges. Der Kongo trug.

Ein unveröffentlichtes Buch Che Guevaras!

Dieses Dokument brachte das über 25 Jahre sorgfältig gehütete Geheimnis endgültig ans Licht und bestätigte in vollem Umfang die Versionen der kubanischen Kämpfer, die wir interviewt hatten.

Nachdem wir gemeinsam mit Freunden des argentinisch-kubanischen Guerilleros, die seine Schrift kannten, und durch Stilvergleiche mit anderen Texten wie Passagen des revolutionären Krieges und Bolivianisches Tagebuch überprüft hatten, daß das Buch tatsächlich von Che Guevara stammte, beschlossen wir, überrascht von der Ergiebigkeit des Dokuments, es in den Chor der Erzählstimmen über den Guerillakampf im Kongo einzubauen.

Das Jahr, in dem wir nirgendwo waren besteht also aus einer Montage der Berichte von Zeitzeugen der damaligen historischen Ereignisse. Unsere Arbeit bestand darin, dem Text ein Gerüst zu geben, die mündlichen Aussagen zu überarbeiten und zu straffen, einige erläuternde Verbindungen zu schaffen und ansonsten die Geschichte sich selbst erzählen zu lassen.

Am Ende des Buches findet sich eine Liste unserer Gesprächspartner.

Wir weisen darauf hin, daß dieses Buch die Perspektive der Kämpfer in den kubanischen Brigaden im Kongo dokumentiert und daß wir auf zusätzliche oder gegnerische Quellen bewußt verzichtet haben.

Zuletzt möchten wir uns insbesondere bei Víctor Dreke, Pablo Rivalta und Erasmo Videaux bedanken. Ihnen und der Person, die uns Ches Archive geöffnet hat und die es aus Bescheidenheit vorzieht, ungenannt zu bleiben, möchten wir dieses Buch widmen. Wir hoffen, daß die Veröffentlichung dieses Buches diejenigen, die die Möglichkeit dazu haben, ermutigt, das bis heute geheime Manuskript Che Guevaras in seiner Gänze zu veröffentlichen.

Paco Ignacio Taibo II, Froilan Escobar, Felix GuerraJanuar 1994



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