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Mon Jun 11 11:35:38 2001
 

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Das Fieber


CHE: [Während der ersten Tage in der Basis, ungefähr einen Monat nach der Ankunft] mußte ich dem kongolesischen Klima in Form eines recht hohen Fiebers, obschon von nicht sehr langer Dauer, Tribut zollen. Unser Arzt, Kumi besuchte mich, aber ich schickte ihn zurück, weil er in der Ambulanz gebraucht wurde und ich mich schon besser fühlte.


KUMI: Der Che war krank. Dreke benachrichtigt mich, und ich steige zum provisorischen Lager hinauf. Mehrere Hütten ... Es waren Einheimische dort. Alles war dunkel. Ich habe in Luluaburg niemals die Sonne gesehen. Der Che lag ausgestreckt in einer Hängematte, die er sich immer an einem Pflock im Boden aufspannte. Als ich eintraf, befand er sich in sehr schlechtem Zustand, fast delirierte er schon. Ich vermutete, daß er Malaria mit sehr hohem Fieber hatte. Stell dir vor, ein teuflisch hohes Fieber. Was hatte der Mann nur? Der Blutdruck war sehr hoch. Ich war in großer Sorge.

Außerdem gab ich ihm Chloraphenicol, Chloroquin ... Das Fieber nahm nicht ab. Ich denke, daß er Malaria hatte, weil es schließlich das Chloroquin war, welches das Fieber senkte. Verdammt, es ging ihm sehr schlecht. Drei Tage lang Injektionen, viermal, fünfmal am Tag. Nach vier Tagen begann das Fieber zu sinken.

Er war mit einer kleinen Gruppe dort oben im Lager. Ein eiskalter, waldiger Ort; in großer Höhe gelegen, ungefähr vier Stunden Weges von unten aus, wo ich war.

Dem Che ging es besser, aber ich sah, daß er immer noch nicht vollständig gesund war. Ich wollte mir einen Scherz mit ihm erlauben wie den, den er auf dem Boot mit mir gemacht hatte. Ich wollte zu ihm sagen: »Wer hätte gedacht, daß du hier auf diese Weise sterben würdest?« Ich hatte hoch gepokert, weil Asthmatiker allergisch auf alle diese Antibiotika sind. Das Asthma allein beunruhigte mich am wenigsten, denn damit würde er schon fertigwerden. Aber er, ich solle doch gehen, ich hätte schließlich Aufgaben, meine Kranken warteten auf mich, meine Mission hier sei zuende.

Auf einer seiner Reisen war Omar nach Kibamba gekommen und hatte eine Tasche mit Medikamenten zurückgelassen; die brachte ich jetzt nach oben. Ich erzählte dem Che davon, und er zog mich dafür zur Rechenschaft, daß ich sie ihm verheimlicht hätte, und ich sagte, ja, hätte ich sie ihm nicht verheimlicht, »hättest du sie verpulvert, und jetzt schau, wie sehr du und ich sie brauchen können.« Ich war nicht so krank wie er, aber ... Ihm gefiel die Ehrlichkeit, und er sagte zu mir:


ILANGA: Ich erinnere mich, daß der Che, als er krank wurde, Kumi fortschickte. »Wer hat dir befohlen heraufzukommen? Ich bin selber Arzt.« Mir fiel auf, daß das Asthma bei ihm stärker war als die Malaria.

Wenige Tage darauf tritt Ches Krankheit aufs neue in Erscheinung.

CHE: Sie brachten einen Verwundeten von irgendeinem Scharmützel bei Front de Force; der Mann hatte sechs Tage keine medizinische Behandlung bekommen, ein Arm war durch den Einschuß gebrochen und völlig vereitert. Ich stand auf, um ihn zu behandeln, draußen in einem kalten Nieselregen, und vielleicht provozierte dies den Rückfall, diesmal mit sehr hohem Fieber und Delirium, was eine zweite Reise Kumis zur Basis notwendig machte (was für ihn wie die Besteigung des Mount Everest war), und nach allem, was die anwesenden Zeugen berichten, denn ich selbst war nicht mehr in der Lage, Details wahrzunehmen, schien sein Zustand nach der Besteigung des hohen und abschüssigen Berges gravierender als der seines Patienten. Auch dieser Rückfall dauerte nicht lange, höchstens fünf Tage, aber seine Folge war eine außerordentliche Niedergeschlagenheit, die mir sogar die Lust aufs Essen nahm. Während des ersten Monats erlebten nicht weniger als zwölf Compañeros so ihre Novizenprüfung.

KUMI: Er hatte einen Rückfall, ich mußte wieder nach oben. Er erbrach das Essen, fühlte sich niedergeschlagen. Drei Tage blieb ich dort. Ich verabreichte weiterhin die gleichen Medikamente. Die Krankheit ging zurück:

Und der Che ordnete an, ein Schaf zu schlachten, und schickte mich mit dem Fleisch nach unten. Er hatte entschieden, daß ich gehen sollte, und dagegen gab es nichts mehr auszurichten. Meine FAL und meine Patienten waren dort unten. Also stieg ich wieder hinab.


DREKE: In dieser Situation kommt es einem aus der Gruppe in den Sinn zu sagen: »Wenn es dem Comandante nicht besser geht, wird er gehen müssen.« Tatu, der es gehört hatte, brach in Zorn aus und schrie: »Ich werde nicht gehen, eher sterbe ich hier, und außerdem geht das vorüber, es ist bloß eine Krankheit.«



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