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Inhaltsverzeichnis Inhalt Das Jahr, in dem wir nirgendwo Aufwärts

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Verdammt, kommen sie nun oder nicht?


Am Angriff auf die Landstraße nahmen vierzig Kongolesen, zehn Ruander und dreißig Kubaner teil. Zehn weitere Kubaner waren hinzugestoßen, die ursprünglich Moçambiquaner ausbilden sollten und sich stattdessen der Brigade angeschlossen hatten.


CHE: Ich begleitete die Kämpfer; nachdem wir den Kimbi-Fluß überschritten hatten, der in der Regenzeit eine beachtliche Strömung bekommt, jetzt aber mit einer Wassertiefe in Hüfthöhe leicht zu überwinden war, bezogen wir am geplanten Ort Stellung. (...) Die Taktik war einfach ...

... es ging darum, die Brücken zu zerstören, nachdem die Lastwagen darübergefahren waren, um ihnen den Fluchtweg abzuschneiden und sie im Hinterhalt einzukesseln. Sie hatten Panzerminen, doch die Zünder waren nie eingetroffen.

CHE: Wir hatten einen Mechanismus mit Granatzündern entwickelt, der, an eine Schnur gebunden, in fünf bis zehn Sekunden explodierte, aber diese Methode war unsicher, da es von der Geschicklichkeit des Bedienenden und der Geschwindigkeit der Lastwagen abhing, ob die Explosion mit dem Vorüberfahren des Fahrzeugs zusammenfiel, weswegen wir sie nur im Notfall anwendeten.

MENA: Am ersten September um halb vier Uhr nachmittags wird unter dem Kommando von Moja auf der Landstraße von Lulimba nach Katenga der Hinterhalt eingerichtet. Der Che übernimmt das Hauptquartier.

CHE: Ich legte das kleine Hauptquartier in ungefähr fünfhundert Meter Entfernung zum Hinterhalt. (...) Am ersten und zweiten Tag gab es keine besonderen Vorfälle, die Männer verbrachten die Zeit mit jenem zugleich zähen und langweiligen Warten, bei dem die Stunden schier nicht enden wollen und sich gleichzeitig jedes Geräusch in Motorgrollen verwandelt und sofortigen Alarm auslöst. Selbst ich, der ich hunderte von Metern von den vordersten Linien entfernt war, litt von Zeit zu Zeit an auditiven Halluzinationen.

MENA: [2. September] Tatu besucht zweimal am Tag den Ort des Hinterhalts. Über uns fliegen die Flugzeuge.

DREKE: Wir erwarteten die Gardisten an einem Weg, der in Richtung Fizi führte. Dort kamen häufig Konvois von Soldaten vorbei. Wir waren schon mehrereTage dort, und sie kamen nicht. Der Che befand sich mit mehreren Compañeros ganz in der Nähe im Hauptquartier. Einmal stellte er sich mitten auf die Straße und fragte: »Verdammt, kommen sie nun oder nicht?«

MENA: Am 4. September stößt Azis Gruppe auf neun Gardisten, und es entsteht ein heftiger Schußwechsel. Dies ereignet sich an einem anderen Hinterhalt an der Straße von Nyangi nach Lulimba, eine Stunde vom Hauptquartier entfernt.

CHE: Bis zum Sonntag, dem fünften Tag des Wartens, hatten wir die Leute im Griff, von da ab begannen die Kongolesen, Symptome der Ungeduld an den Tag zu legen, und erfanden vermeintliche Informationen, nach denen die Lastwagen nur alle vierzehn Tage vorbeifuhren.

Nichtstun, fauliges Wasser, Durchfall, schlechtes Essen ...

CHE: Am fünften Tag ereignete sich ein komischer Vorfall, der jedoch einmal mehr die Unzulänglichkeiten zeigte, unter denen wir zu leiden hatten: als ich im Hauptquartier friedlich in der Hängematte lag, hörte ich ein Getrampel beinahe wie das von Elefanten im Galopp; es waren sechs oder sieben Kongolesen, die für das Essen zuständig waren und die ganz außer sich »askari Tshombé, askari Tshombé!« riefen. Sie wollten sie kaum zwanzig, dreißig Meter von unserer Position entfernt beobachtet haben. Ich hatte gerade noch Zeit, meine Kampfausrüstung anzulegen, überließ Rucksack und Hängematte ihrem Schicksal, da sah einer der Kubaner, die bei mir waren, schon die askari Tshombé; die Situation wurde zusehends brenzliger, weil ich nicht auf die Kongolesen zählen konnte und nur vier Kubaner bei mir hatte, von denen einer, Singida, krank war. Ich schickte diesen schnell zu Moja, um ihn anzuweisen, mir Verstärkung zu schicken, und ließ ihn auch die Kongolesen mitnehmen, die unter diesen Umständen eher ein Hindernis darstellten, lief einige Meter auf den Fluß zu, um aus der Sichtschneise des Feindes herauszukommen, und folgte denjenigen, die sich den Gardisten nähern und daraufhin über den selben Weg zurückkehren sollten; wenig später trifft die Nachricht ein, daß sie diese von nahem betrachtet hätten und daß es keine Soldaten, sondern Bauern aus der Gegend seien, die ebenso geflohen waren, nachdem sie uns entdeckt hatten, und einer unserer Männer hatte das aus der Ferne auch richtig beobachtet.

Wir kommentierten gerade diese Vorfälle, als sich in unserem Rücken ein Kundschafter näherte, den Moja geschickt hatte, damit er herausfand, was vor sich ging; dieser hörte unsere Gespräche und eilte in vollem Lauf zurück, um zu berichten, daß die Gardisten bereits das Hauptquartier erobert hätten. Moja, der den Oberbefehl über die Aktion führte, hob augenblicklich den Hinterhalt auf und zog sich in eine Gegend in der Nähe zurück, zugleich gab er Order, mich zu suchen, denn Gerüchten zufolge war ich in Richtung des Kimbi-Flusses geflohen.

Noch zwei Stunden später irrten wir alle im Kreis umher. Einige Kongolesen nutzten das aus, um sich davonzumachen und nie mehr zurückzukehren; wir hatten schon etliche Verluste dieser Art erlitten, Ergebnis der Unordnung. Zu den kindischen Reaktionen der Kongolesen, die wie ungezogene Schuljungen davonliefen, kamen noch Fehler unserer weniger kampferfahrenen Compañeros hinzu.



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