Wie anstrengend die Phase davor gewesen war, welche im Flugi recht
anschaulich beschrieben wurde, symbolisiert der Titel der letzten Nummer dieser
Phase, die 139 vom November 89. Ein kleiner Vogel (nein, nein das ist keine
Ente, die haben nämlich keinen spitzen Schnabel) der durch das Titelblatt
fliegt und den Spruch sagt: "LEER NÄCH?!" Genau so
fühlten wir uns - voll leer gepumpt -, die Pause war mehr als angesagt
gewesen.
(Tja, der Titel entstand aber nicht als bewußtes Symbol dessen, sondern
entstand aus einer spontanen Idee heraus, weil wir keinen vorbereitet hatten.
Aber von heute aus betrachtet paßt er dennoch ganz gut für diese
Zeit).
Schon während der vergangenen Nummern verteilten sich die Arbeiten in und
um die radi allmählich gleichmäßiger innerhalb der
Struktur, und der permanente Ausnahmezustand verwandelte sich in einen
gelegentlichen (meistens sogar abschätz- und kalkulierbaren) Stress .
Wichtigste Grundvoraussetzung für die Einbindung von immer mehr
GenossInnen wurde die Umstellung auf eine Jahreskonzeption. Nach einem
Testprojekt mit der zweiten Jahreshälfte 89 und den Nummern 138/139, sowie
den Interviews mit dem ID und der Konkret, zogen wir eine
erfolgreiche Bilanz: 100% aller Vorhaben erfüllt sowie noch weitere
Diskussionen angegangen, die nicht ausschließlich zeitungsfixiert waren.
Damit war die Zeit gekommen, nicht mehr von Nummer zu Nummer zu konzipieren,
sondern die Möglichkeit geschaffen, daß alle langfristiger ihr Leben
auf die radi einstellen können. Was eben vor allem auch hieß,
mehr Platz und Plan für andere Projekte zu bekommen.
Damit ändern wir jetzt auch die Art und Weise, wie wir die weitere
radi-Geschichte Revue passieren lassen. Genauso wie die Struktur
weiträumiger agierte, so wollen wir das mit dem Text jetzt auch machen.
Haben wir bisher mehr oder weniger die einzelnen Nummern behandelt, wollen wir
jetzt dazu übergehen, einige inhaltliche Stränge kurz zu begutachten,
die wir in den radi-Ausgaben bis heute verfolgt haben.
Warum? Nun, nach unserer Einschätzung ist die folgende Phase diejenige, in
der die radi dem am nächsten gekommen ist, wo sie von Anfang an hin
sollte. Eine Angleichung der Aufmerksamkeit für Inhalt und Struktur
zugleich.
Getragen von einer steigenden Anzahl von Gruppen und Zusammenhängen, die
sich nach und nach für alle Belange der radikal
verantwortlich fühlten, fehlte der radi-Struktur am Ende
"nur" noch eine Umsetzung dieser Erfahrungen in ein weitere
neuere Konzeption, um die gleichzeitige Verantwortung für Struktur und
Inhalt zu stabilisieren. Ein kleines Schrittchen, das nicht gelingen sollte. Im
Gegenteil, mit dem Austritt einiger Gruppen wurde die radi wieder
zurückgeworfen. Unsere Hoffnung bleibt aber, daß es mit den
Erfahrungen aus den Debatten während dieser acht Nummern (140-147)
gelingen sollte, diese Hürde das nächste Mal zu überspringen.
Was mit "Erfahrungen" gemeint ist, versucht ein Extraabschnitt
mit dem Namen "Der Konflikt" zu verdeutlichen. Die verschiedenen
Stränge, die wir zuvor beschreiben, stehen als Beispiel für die
positive Entwicklung in dieser Zeit. Immer mehr Gruppen beteiligten sich
inhaltlich, forderten eine Beteiligung ein bzw. entwickelten unterschiedliche
Vorstellungen und Schwerpunkte innerhalb der Zeitungsarbeit.
Es wird wohl nachvollziehbar sein, daß um so mehr GenossInnen sich
verantwortlich an der radi beteiligen, desto mehr Sorgfalt in die
verschiedenen Bereiche gesteckt werden kann. Und so war die Entwicklung nur vor
der davor gemachten Erfahrung zu vollziehen. In dem Maße, wie alle
GenossInnen im Verteilungsnetz erfahrener wurden, desto mehr Kapazitäten
wurden in den Köpfen frei, um sich anders in die Diskussionen um die
radi einzubringen.
Wir sagen bewußt Erfahrung und nicht Routine, weil das heißen
würde, es hätte sich ein reibungsloser Ablauf eingespielt. Dem war
nie so. Den kann es unter unseren Bedingungen nicht geben. Immer wieder tauchen
Unwägbarkeiten auf - die den kostbar zusammengestellten Zeitablauf
völlig auf den Kopf stellen.
Aber während in der ersten Zeit der Vernetzung auf Unvorhergesehenes noch
panisch reagiert wurde, spielte sich mit der Zeit eine Art Galgenhumor ein. Es
entwickelte sich ein spezieller Sarkasmus (copyright by radikal), mit
dem den groteskesten Situationen entschlossen entgegengetreten wurde. Die
Erfahrungen der letzten Jahre ließen uns gerade auch auf eine Geschichte
von Pannen zurückblicken, aus der allemal die Zuversicht gezogen werden
konnte, daß trotz einer Ansammlung von menschlichen Fehlern und
Unachtsamkeiten sowie höheren Naturgewalten letztlich doch immer die
radi herausgebracht wurde.
In der Zeit bis dahin kam es immer auf einzelne an, die für sich die
Entscheidung trafen, ihren normalen Alltag über einige Zeit ("sag
zum Abschied leise Servus") auszusetzen, um alles in die radi zu
investieren. Entscheidungen von einzelnen konnten damit ohne Frage positiv
sein, weil sie eine von allen erkannte Misere durch gesteigerten Energieaufwand
ausbügelten. In der gewachsenen Struktur konnten sie sich aber zum
Überfahren anderer auswachsen. Je größer die Struktur wurde,
desto eher wurden durch einzelne Entscheidungen andere Entscheidungsstrukturen
(die naturgemäß sehr langsam sind) übergangen.
Eine dieser Situationen war beispielsweise die "Warnung" per
Flugi im Juni 89 gewesen, dadrin warnten wir vor der weiteren Benutzung unserer
Postadresse, da wir davon ausgingen, daß die Bullen die Post
beschlagnahmt hätten. Nur eine Woche später folgte die
"Entwarnung", denn es gab eine ganz andere Erklärung
dafür. Einige hatten vorschnell aufgrund einiger Infos gehandelt, ohne
abzuwarten, was von denjenigen kommt, die es in diesem Falle am besten wissen
mußten.
Unter anderem diese Geschichte wurde im Schlußteil des Flugis als Fehler
angesprochen, aber was für die weitere Entwicklung entscheidender wurde:
Die persönlichen Verhältnisse (ebenfalls im Flugi angesprochen, als
die zu kurz gekommenen) blieben schlecht.
Mehr noch - schon bei der Frage über die Wiederaufnahme des
regelmäßigen radi-Betriebes gab es Uneinigkeit. Die einen
wollten noch mehr Zeit in eine genaue Vorbereitung der Struktur stecken, andere
wollten die Pause nicht endlos strecken und den Rest der offenen Fragen
während des Machens klären.
Als diese Phase schließlich begann, zeichneten sich die Schwierigkeiten
bereits ab. Während die strukturelle Seite sich wie beschrieben weiter
stabilisierte und einschliff, ging es mit der inhaltlichen Zusammenarbeit
kontinuierlich bergab. Was noch vier Nummern improvisiert zusammenhielt,
erlebte nach der Nr.143 seinen ersten Einbruch. Während ein Zusammenhang
aufgrund des destruktiven Ablaufes der Produktion eine inhaltliche
Rahmendebatte der gesamten Struktur einforderte, damit die verantwortlichen
Gruppen nicht alleine entscheiden, verweigerten andere die Debatte völlig.
Nun aber zu den Strängen:
"Aus den Erfahrungen lernen"
Die "Gegen das Vergessen"-Combo startete in der Nummer 139
ihre Serie, damals noch einfach überschrieben mit "Gegen
Vergessen". Erste gedankliche Vorläufer gab es schon in Nummer
134. "Eine unserer Vorstellungen ist es, hier verstärkt
Geschichtsbewußtsein zu vermitteln. (...) Wir gehen davon aus, daß
fast alle Überlegungen von uns (räusper) und anderen schon gemacht
worden sind.(...) Sich international zu begreifen oder eben auf eine eigene
Geschichte (die nicht mit der autonomen Bewegung beginnt)zu beziehen,
heißt auch, zu schauen, was für Rückschlüsse wurden daraus
gezogen. Dieses zu vertiefende Geschichtsbewußtsein ist für uns ein
erheblicher Bestandteil der revolutionären Debatte" (Nr. 134,
Seite 78). Letztendlich entstand das "Gegen das Vergessen" aus
einer genialen Fehlplanung heraus. Die eigentliche Idee war, in einem kurzem
Rundumschlag durch die Geschichte zu den Kämpfen der ArbeiterInnenbewegung
in den siebziger Jahren, und von dort hoppla hopp zur Guerilla und insbesondere
zu den Wurzeln der autonomen Bewegung zu kommen. Abschließen sollte der
Artikel mit einer Verknüpfung von all dem mit dem 1.Mai-Aufstand in Berlin
1987. Der entsprechende Text wurde für die Nummer 138 fertiggestellt, um
dann - einmütig (was ein Wunder nach dieser Verquasung) - von allen wieder
als zu platt in die dafür zuständigen Ausschüsse
zurückverwiesen zu werden. Das Team begann von vorne, als Anfangspunkt
wurden die 1848er Revolten genommen, beendet wurde der erste Teil mit dem
Aufkommen des Faschismus in der Weimarer Republik in der Nummer 139. Dort
heißt es zum Selbstverständnis, es geht darum, "das Auge
und die Wahrnehmung dafür zu schärfen, daß die Erfahrungen,
Niederlagen, Verarschungen, aber auch Erfolge des letzten Jahrhunderts einen
Bodensatz bilden, aus dem wir schöpfen können.(...) Daß klar
wird, warum wir meinen, daß nur autonome Frauenorganisierung die Struktur
und die Bedingung dafür sein kann, daß Frauen sich befreien und
nicht permanent für andere Interessen des Klassenkampfes von ihren eigenen
Sachen abgelenkt werden. (...) Und natürlich sollte die Geschichte auch
antörnen, das verbuddelte Wissen hervorholen, daß vor dem Faschismus
hier den Herrschenden zeitweilig der Arsch auf Grundeis ging, angesichts der
Leute unter Waffen, die plündern..."
Hoffnungsfroh erklärten die AutorInnen nach dem ersten Teil, der zweite
solle sich mit der Geschichte des Faschismus beschäftigen, danach dann
aber werde man und frau sich Aktuellerem widmen. Doch zunächst folgten
drei weitere Teile, die sich mit verschiedensten Aspekten des Faschismus und
dem Stalinismus beschäftigten. Beispielsweise thematisierten sie im
November 1990, im Jahr der Wiedervereinigung, den 9. November: "Wir
werden sicherlich in den nächsten Jahren damit konfrontiert sein,
daß die Herrschenden und das stolze deutsche Volk diesen Tag als Jubeltag
anläßlich der Maueröffnung begehen. Dies ist ein Aufruf dazu,
neben der Wachhaltung und dem Erinnern an die Geschichte auch mit Aktionen
dafür zu sorgen, daß der 9.11. nicht zum Jubeltag der deutschen
Einheit wird. Der 9.11. hat bereits mehrmals Geschichte geschrieben. 1918 war
es der Beginn der Novemberrevolution, die durch Freikorps und SPD zerschlagen
wurde. 5 Jahre später, 1923 inszenierte Hitler einen Putschversuch genau
an diesem Tag, um die Erinnerung an den roten Aufstand mit all seinen und ihren
Hoffnungen für eine bessere Gesellschaft zu begraben. Und wiederum 15
Jahre später, am 9.11. 1938, inszenierten die Nazis Pogrome gegen die
jüdische Bevölkerung im Deutschen Reich" (Nummer 141,
Seite 43). In der 142 über das "Verschwinden der jüdischen
Bevölkerung: Alle haben es gewußt": "Die Faschisten
konnten also mit ihrer offensiven, antisemitischen Propaganda auf offene Ohren
hoffen, denn dem Antisemitismus wurde von keiner Partei entgegengetreten. Eher
war es für die SPD und die KPD kein Problem bzw. eine Irreleitung
grundsätzlich richtigen Klassenverhaltens." Ein GdV
beschäftigte sich ausschließlich mit Konzentrationslagern und dem
jüdischen Widerstand in den Ghettos Osteuropas.
Eben in der Nr.142 mußte die Gruppe einräumen, sich wohl ob des
Umfangs einer einigermaßen brauchbaren Geschichtsaufarbeitung
tüchtig verkalkuliert zu haben. Sie fragten die LeserInnen um Rat, ob es
mit dem Projekt weitergehen solle. Das Resultat war eine Zustimmung nach
SED-Manier, und das ohne Schmuh!
Zwei Nummern später erschien der erste Teil zur deutschen
Nachkriegsgeschichte, andere aus der radi-Struktur hatten die GdV-Arbeit
zu diesem Thema übernommen. Etwas unbeeinflußt von der
"antideutschen Kritik" beschäftigt sich der Block mit den
Lebensbedingungen in Deutschland nach Kriegsende, der Entwicklung der linken
Kräfte und dem Einfluß insbesondere der USA auf die deutsche
Entwicklung. Dennoch ist bereits auf der ersten Seite, im Oktober 1991, zu
lesen: "...immer wieder im Kopf zu behalten, daß es eben
(leider) große Teile des'deutschen Volkes' waren, die
den Nazis hinterhergerannt sind, die sich einen Dreck darum gekümmert
haben, was die Faschisten während ihrer Eroberungskriege in den ersten
Kriegsjahren in anderen Ländern angerichtet haben. (...) Der Hunger hielt
in Deutschland Einzug mit den alliierten Truppen. Sie brachten ihn
notwendigerweise mit, denn sie trieben die faschistischen Heere aus dem
besetzten Europa heraus, das bis dahin von diesen ausgeplündert worden
war." Der nächste Teil beschäftigte sich mit den
fünfziger Jahren, der Kriminalisierung der KPD und mit dem Mief der
deutschen Aufbaugeneration, im dritten wurde die Enstehungsgeschichte der DDR
thematisiert.
Wir haben immer wieder mitgekriegt, daß mit der GdV-Serie gearbeitet
wurde. Die Serien zur Nachkriegsgeschichte wurden später, im Zuge der
Debatten um den 8. Mai 1995, von vielen genutzt. Gefreut haben wir uns auch
über jenen Lehrer, der uns geschrieben hat, er würde die GdV-Serie
als Unterrichtsmaterial benutzen.
Und dann kam mal wieder ein break. Das ursprüngliche Ziel, die Geschichte
bis heute aufzuarbeiten, schien immer wie ein gigantischer Koloß, kaum
vorstellbar, wie die Komplexität (die natürlich zu früheren
Zeiten auch nicht anders, für uns aber anders wahrnehmbar war) der
Entwicklung der Linken rund um die 68er-Bewegung, die Zeit der Siebziger bis
hin zur autonomen Bewegung der 80er faßbar gemacht werden könnte.
Parallel zu diesen unaufgelösten Überlegungen und zu den heftigsten
Streitereien innerhalb des Projekts setzten sich zwei GdV-Männer zum Ziel,
im Rahmen der Serie die Geschichte patriarchaler Strukturen im Zusammenhang mit
der Entwicklung des Kapitalismus unter die Lupe zu nehmen. Im Vorwort zum
ersten der folgenden drei Teile heißt es zur Begründung: "In den letzten Jahren gab es in der gemischten autonomen Linken ab
und zu - zwar bescheiden und nach anfänglich männlich moralischer
Betroffenheit mit abnehmender Tendenz - Diskussionen und Artikel zum
Verhältnis Kapitalismus und Patriarchat. Klaus Viehmann u.a. versuchen im
'Drei zu Eins, Klassenwiderspruch, Sexismus und Rassismus' ein
netzartiges Geflecht von Unterdrückungsstrukturen darzustellen, die
Wildcat-Redaktion reagiert darauf mit dem krampfhaften Versuch, gegen eine
zunehmende Ausdifferenzierung der Linken den gemeinsamen Feind Kapital als das
die Klasse Verbindende hochzuhalten. Manche radikale Feministinnen begreifen
die Geschlechte als Klassen, zwischen denen ein antagonistischer Widerspruch
besteht, während einzelne Antifa-Strömungen immer noch in ihrer
Propaganda auf das patriarchale Bild des antifaschistischen Kämpfers der
30er Jahre zurückgreifen. Wir (Männleins) von der 'Gegen das
Vergessen'-Gruppe bilden uns natürlich nicht ein, mal eben Klärung
in dieses Tohuwabohu unterschiedlichster Positionen zu bringen. Im Rahmen
unserer Arbeit im GdV wollen wir Grundlagen vermitteln, die für diese
Auseinandersetzungen wichtig sind. Unsere eigenen Standpunkte wollen und
können wir deshalb natürlich nicht außen vor lassen. Das
'Gegen das Vergessen' sollte nie, wenn es diesem Anspruch auch manchmal
nicht gerecht wurde, ausschließlich 'andere' Geschichtsvermittlung
sein. Es sollte immer in Bezug zur jetzigen Situation gesetzt werden,
Erfahrungen aus der vergangenen Gegenwart für die heutige genutzt werden.
Wir wollten Kontinuitätslinien, aber auch Brüche
aufzeigen." (Nummer 149, Seite 14)
Daraufhin folgte eine umfangreiche Beschreibung der "Zeit der
Hexenverfolgung". In der nächsten Nummer beschäftigt sich die
GdV-Redaktion mit der Aufklärung, Geschlechterpolarisation und der
"Entdeckung der Liebe". Unter anderem versucht die Combo, den
Zusammenhang zwischen "dem kriegerischen Mann und dem Helden der
Arbeit" zu verdeutlichen.
Den vorläufigen Abschluß der Serie bildet eine 15seitige
Ausführung zum Thema Erziehung und Sexualität, um Pädagogik,
zivilisationstheoretische Ansätze eines Soziologen namens Elias, über
den "Sexualitätsbefreier" Freud und den französischen
Philosophen Michel Foucault zur Frage der "Wahrheitsproduktion von
Sexualität".
Autonome Organisierung - raus aus dem eigenen Saft
Natürlich waren wir, über den eigenen Tellerand
hinausblickend, immer interessiert an Versuchen autonomer Zusammenhänge,
verbindlichere Strukturen aufzubauen. Im Oktober 1991 veröffentlichten wir
in der Nummer 144 ein "Diskussionspapier zur Autonomen
Organisierung" der Göttinger Antifa (M). Für die Antifa (M)
ein erster Schritt hin zu einer bundesweiten Organisierung, die mittlerweile
unter dem Namen Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO)
bekannt ist. Nicht zufällig ist ausgerechnet die Antifa (M) trotz legaler
Struktur, in derselben unangenehmen Situation wie die radikal: Wie uns
will die Bundesanwaltschaft auch die Antifa (M) zur kriminellen Vereinigung
erklären. Verbindliche Organisierungsansätze radikaler linker
Männer und Frauen, die sich zudem nicht von der Notwendigkeit militanter
Politik distanzieren, sind den Staatsbütteln schon immer ein Dorn im Auge
gewesen.
"Unser Ziel ist die Organisierung einer offensiven autonomen Politik,
die aus vergangenen Formen und Inhalten des autonomen Widerstandes entwickelt
wird und an bestehenden Strukturen anknüpft", schreiben die
Göttinger GenossInnen. Unter dem "Vorzeichen Antifaschismus"
sollen Antifa-Gruppen im gesamten Bundesgebiet organisiert werden. Die Antifa
(M) legt sogar schon "Modellvorschläge" vor, nach denen sich
in Städten Antifas in offenen und internen Plenen treffen sollen und dann
weitergehend regional bis hin zu Delegiertentreffen auf bundesweiter Ebene.
Inhaltliche Voraussetzung sollten "Imperialismusdiskussionen,
Klärung des Verhältnisses zu den Befreiungsbewegungen im Trikont,
unser Verhältnis zum BRD-Staat, Patriarchatsdiskussion, unser
Verhältnis zum bewaffneten Kampf und zu den Gefangenen" sein.
Ein Ansatz, der uns logischerweise interessierte. Eine radi-Gruppe
kümmerten sich mehr um solche Vorschläge, Widersprüche und
Alternativen. So erschien in derselben Nummer auch ein Papier "Nur die
Phantasielosen flüchten in die Realität. Für einen neuen Ansatz
in der Organisisierungsdebatte". Wie auch die Antifa (M) beziehen sich
die AutorInnen auf Erfahrungen der autonomen Bewegung und deren Stillstand.
"Wir sind kein gesellschaftlicher Faktor mehr, öffentlich sprachlos
bis introvertiert". Allerdings schlagen sie eine
"politisch-militärische" Organisierung vor: "Die vielen Versuche, mit Kampagnen, Infoläden, Zeitungen usw.
zu einer Verknüpfung der vorhandenen Struktur zu kommen, waren und sind
zwar unverzichtbar, das Problem konnten sie jedoch nicht lösen. ...Deshalb
glauben wir, daß in der nächsten Zeit sehr vieles davon
abhängen wird, ob sich Organisierungskerne als politische Avantgarde
konstituieren (nicht sich zu solchen erklären!), also ob einzelne
vormachen, wie es gehen könnte und darüber hinaus in der Lage sind,
neue Leute aufzufangen....D.h. nur über militante Aktionen wird es
möglich sein, strategische Diskussionen anzuleiern, ebenso wie einzelne
Themen zu besetzen. Das steht auch im Gegensatz zur derzeitigen Verwendung von
klandestinen Aktionen in der BRD, die entweder einen Schlußpunkt in der
Dynamik bilden (wenn sich die Massen nicht mehr mobilisieren lassen), oder aber
nur noch moralisch losgelöst von jeder Dynamik stattfinden... Die
Organisation stellen wir uns als eine politisch-militärische vor."
Konkret sollen klandestin arbeitende Kleingruppen miteinander vernetzt
werden. Neue Menschen sollen gewonnen werden, indem "jede/r Militante
in ihren/seinen bisherigen politischen Strukturen weitermacht und die Leutedanach abklopft, ob mit ihnen eine gemeinsame politische Praxis möglich
wäre."
Vielen schien das wohl doch eher nach altem Wein aus neuen Schläuchen
anzumuten, jedenfalls blieben auf diesen zweiten Vorschlag die Reaktionen aus,
auf das Papier der Antifa (M) allerdings kamen zahlreiche Antworten, die wir in
den folgenden Nummern veröffentlichten. So wird in einem Papier
kritisiert, daß "für die Antifa (M) der Imperialismus
wieder an erster Stelle der geforderten Klärungsprozesse steht und dann
erst das Patriarchat". Das zeige, wie wenig sich doch geändert
habe. In mehreren Erwiderungen wird kritisiert, die Gruppe beziehe sich
unkritisch auf die KPD der zwanziger Jahre: "Nur unter Ausklammerung
der Differenzen, die sich jenseits der hohen Parolen abspielen, ist heutzutage
die Organisierung von mehr Menschen möglich. Nur so können wie damals
Stalinisten, von den Nazis übergelaufene Nationalbolschewisten, Arbeiter,
die ihre Kinder schlagen, Arbeitslose u.a. organisiert werden - und kaum
Frauen, Juden und Jüdinnen nur auf der untersten Ebene (aus dem ZK wurden
sie rausgeworfen), kaum Schwule und Lesben, da eben Patriarchat, Antisemitismus
und Heterosexualität zu keiner Zeit Thema für die Partei
waren."
Auch in der Nummer 147 finden sich vier Kritikpapiere auf den Vorschlag der
Antifa (M). Nun faßten sich zwei von der radi ("Hinz und
Kunz") ein Herz und organisierten ein Gespräch mit der Antifa (M)
und deren KritikerInnen. "Wir haben den Organisierungsvorschlag der Antifa (M) und einen
Großteil der Reaktionen in den letzten drei Ausgaben der radi
dokumentiert. Wir waren dabei zwar maulfaul aber nicht zufrieden, weil uns
das Ganze trotz der zahlreichen Statements nicht gerade als Diskussion vorkam.
Das lag einerseits am Nichtverhalten der Antifa (M), andererseits am
ausschließlichen und teils arroganten Ton der Kritik, was wiederum die
Verweigerungshaltung erklärte", resumieren Hinz und Kunz.
"So entstand während der letzten radi die Idee, es nicht bei
der unbefriedigenden Dokumentation von Papieren zu belassen."
Diskutiert wird über die verschiedensten Kritikpunkte: über die
Notwendigkeit, jenseits der autonomen Szene Menschen zu mobilisieren, über
das taktische Verhältnis der Antifa (M) zu bürgerlichen Medien,
über Tripple Oppression und den Bezug auf die Geschichte der KPD, die
"Antifaschistische Aktion" und Antiimperialismus.
In der Diskussion und auch danach ließen sich die
Widersprüche zwischen den verschiedenen Fraktionen nicht auflösen.
Hinz und Kunz waren nicht zufrieden, zumal "wir nur eine begrenzte
Zahl von Seiten für dieses Gspräch haben, und ich mir es eh schon
horrormäßig vorstelle, die ganze Sache auf dieses Maß zu
kürzen" - ein ständiges Problem in unserer Arbeit. Und
doch waren die radi-Beiträge zu der Debatte um den
Organisierungsvorschlag der Antifa (M) vor allem für jene wichtig, die
nicht in den Hochburgen der linken Szene leben und sich nicht als
"Insider" im nächsten Infoladen über den gerade
aktuellen Stand informieren können.
Sexarbeiterinnen in der BRD
So überschrieben "Frauen aus der radikal" ihre
dreiteilige Serie über Prostitution. "Wir wollen durch diesen
Artikel dazu beitragen, einseitige, diskriminierende Bilder von Prostituierten
innerhalb der Linken abzubauen und die Frauen in ihrem Kampf
unterstützen." Die radi-Frauen haben mit diesen Artikeln
die gängigen Bilder (auch von Linken) von Huren in Frage gestellt.
"Wir sind uns sicher, daß sich viele LeserInnen nicht
vorstellen können, wie Frauen ohne Armut und Zwangsverhältnisse, also
durch eine 'freie' Entscheidung (soweit sie Frauen in der BRD
möglich ist) dazu kommen, die Prostitution zu wählen." Sie
stellen das Dienstleistungsverhältnis von Prostituierten in den
Zusammenhang mit "normalen" ehelichen oder auch szenespezifischen
Beziehungen. "Die Dienstleistungen, die den Huren von ihren Freiern
bezahlt werden, leisten die meisten Frauen in dieser Gesellschaft unbezahlt,
aber deswegen noch lange nicht aus echter Zuneigung oder dem Bedürfnis
nach Sexualität mit einem Mann." Die Opferrolle, in die
Prostituierte auch von Linken gedrängt würden, hänge damit
zusammen, daß eine Frau, die Sex verkauft, eine ziemliche Bedrohung
für Männer in ihrer Rolle als Tonangeber des Sex sei. Einen ganz
grundlegenden Unterschied machen sie aber bei den Drogenprostituierten aus, die
würden "ohne Zwang, so viel Knete für den nächsten
Schuß besorgen zu müssen", den Job nicht machen.
Die radi-Frauen stellen sich hinter Forderungen der
Prostituiertenprojekte und begreifen deren Kämpfe als Arbeitskämpfe
wie in jedem kapitalistischen Betrieb. "Dennoch betrachten wir
Prostitution an sich nicht zwangsläufig als eine Erscheinungsform des
Patriarchats, sondern sehen eher, daß Sexarbeit, wie sie hier und heute
üblich ist, stark vom Patriarchat geprägt ist. Deshalb bedeutet Kampf
dem Patriarchat für uns nicht automatisch auch Kampf der
Prostitution."
In einem Abschweif in die Utopie schreiben sie: "Davon, ob es in
einer befreiten Gesellschaft für alle befriedigende Möglichkeiten
für das Ausleben ihrer Sexualität gibt (solange andere nicht durch
das Ausleben verletzt und herabgesetzt werden) und davon, ob es überhaupt
Männer und Frauen gibt, die bereit sind, diese Dienstleistungen zum Kauf
anzubieten, wird es abhängen, ob es weiterhin Prostitution geben wird und
ob wir das gut finden." Und fordern, daß auch Frauen ein
vielfältiges Angebot an Dienstleistungen zur Verfügung stehen
soll. "Jede Frau müßte die Möglichkeit haben, ohne
große Strapazen auf sich nehmen zu müssen, Sex nach ihren
Vorstellungen kaufen zu können."
Zwar entsprachen diese Positionen nicht gerade dem Mainstream innerhalb der
linksradikalen und feministischen Szene, leider aber blieben die Reaktionen von
außen knapp. Eine Frau, die selbst "drei Jahre anschaffen war
und`s ziemlich übel fand", kritisierte die Darstellung, nach
der Frauen bei der Prostitution die Tonangebenden seien. "Sexarbeit
ist wie viele andere Jobs auch, eine Arbeit FÜR Männer und nicht
gegen sie." Bei den Frauen innerhalb der Struktur stießen die
Artikel auf großen Widerspruch. Beispielweise wurde den Frauen
vorgeworfen, ihre Sichtweise wäre absolut idealistisch. In der Nummer 149,
nachdem die Serie zu Ende war, reagierten andere Frauen aus der radi
("Matta, Carla Hari, Sari Hara und der Rest") mit einem eigenen
Artikel. Die schon erwähnte
"Gleichberechtigung", nach der Frauen sich ohne
große Strapazen Sex kaufen können sollen, sei an der heutigen Form
der Konsumgesellschaft orientiert. "Wir haben zwar keine konkreten
Vorstellungen von den sexuellen Möglichkeiten in einer befreiten
Gesellschaft und finden es auch nicht wichtig, sich darüber Gedanken zu
machen. Wir finden es einen grundsätzlich falschen Ansatz, darüber
nachzudenken, wie Sexualität vom Rest des Menschen getrennt werden und
weiterhin als Ware und Dienstleistung gehandelt werden kann."
Auch andere Positionen waren umstritten: "Die gesellschaftlichen
Werte, Normen, Zwänge sitzen tief. Es ist die Frage, wie wir all dies
beseitigen und ob wir jemals zu einem gesellschaftlichen Zustand kommen werden,
in dem z.B. oben genannte Normen für Sexualität überwunden und
alle Frauen und Männer frei davon sexuell aktiv werden
können", schrieben "einige Frauen aus der
radikal". Eine völlig falsche Vorstellung von
Sexualität, reagierten die anderen: "Diesen Ur-, End- oder
Glückszustand von einer Sexualität unabhängig von
gesellschaftlichen Normen und Werten gibt es nicht. Er erinnert uns an einen
vom Christentum geprägten Glauben an das Paradies oder an einen
'natürlichen Sex". Diskussionen in diese Richtung
griffen später die Macher des "Gegen das Vergessen" wieder
auf.
So spannend die Artikel zu den Sexarbeiterinnen und die darauffolgenden
Diskussionen waren, endeten sie für uns mit der traurigen Einleitung des
3.Teils: "Wir verkünden unseren Ausstieg aus dem Projekt
radikal." Im Zuge des "Konflikts" waren die
Autorinnen eine der beiden Gruppen, die nach der Nummer 147 im Sommer 1993
ausgestiegen sind. "Trotzdem hängen wir den Computer nicht an
den Nagel. Die Arbeit als Frauenredaktionsgruppe hat uns Spaß gemacht,
und wir haben uns vorgenommen, weiterhin zusammenzubleiben, inhaltlich zu
arbeiten und Beiträge zu veröffentlichen."
Das Ende eines Mythos - no lovesong
Im Juli 1991 veröffentlicht "eine Gruppe aus dem
Traditionszusammenhang der Revolutionären Zellen" ein Papier, in
dem sie eine Aktion der RAF sowie einige militante Angriffe von sich RZ
nennenden Zusammenhängen kritisiert. "This is not a
love-song". "Tatsächlich kommt uns einiges von dem, was
militante Gruppen in den letzten Monaten gemacht haben, als traurige Karikatur
dessen vor, wofür mehrere Generationen Militanter seit Anfang der
siebziger in diesem Land gekämpft haben", heißt es dort.
Gemeint waren der Beschuß der Bonner US-Botschaft durch ein Kommando der
RAF, der Versuch Revolutionärer Zellen, die Goldelse von der
Siegessäule in Berlin zu sprengen und die Brandstiftung einer RZ im
Berliner Reichstag. "Insbesondere meinen wir das tödliche
Briefbombenattentat auf den Berliner Baustadt Hanno Klein". Zwar
schrieb die Gruppe, "die militante und bewaffnete
Widerstandserfahrung sei ein gewichtiges Faustpfand für zukünftige
Kämpfe", und doch stellt das Papier zeitlich den Beginn einer
Phase dar, in der RZ-Gruppen ihre eigene Politik radikal hinterfragen. Wir
haben es als radi nur sehr unbefriedigend geschafft, aktiv in dieser
Diskussion mitzumischen, obwohl wir uns gerade auf die Organisierungsformen und
die Praxis der RZ sehr stark bezogen hatten. Und doch, ganz ohne uns fand die
Debatte auch nicht statt.
Die radi veröffentlichte das erwähnte Papier im Oktober 1991,
ergänzt durch eine sechsseitige Antwort "einiger Frauen aus der
radikal". Sie kritisieren den arroganten Ton der RZ und
beschäftigen sich mit dem Militarismus-Vorwurf, den die Zelle anderen
militanten Gruppen macht. Während die RZ "politischen Mord als
Mittel revolutionärer Politik ablehnt, weil der Stand der sozialen
Kämpfe in diesem Land weit davon entfernt ist, daß die Liquidierung
des politischen Gegners zu einer Macht- und Überlebensfrage geworden
wäre", sehen die radi-Frauen das anders: Sie
räumten ein, "daß die Verantwortlichen für die
Haftbedingungen der Gefangenen damit rechnen müssen sollten, zur
Rechenschaft gezogen zu werden."
So richtig ging die Diskussion um die RZ los, als eine Gruppe das Papier
"Gerd Albartus ist tot" veröffentlicht hatte (abgedruckt in
der radi 145 vom Februar 1992). War es in dieser Erklärung noch der
selbstkritische Umgang mit der eigenen Geschichte (Antisemitismus in der
Linken, Verhältnis zu nationalen Befreiungsbewegungen...), so schob eine
andere Revolutionäre Zelle im Januar 1992 andere Kaliber nach. Sie geben
in dem Papier "Das Ende unserer Politik" die Selbstauflösung
ihrer Gruppe bekannt.
Zwar erfordere die Entwicklung Deutschlands nach der Wiedervereinigung
"im Grunde eine ganz andere Stufe der Organisierung militanten und
bewaffneten Widerstands. Aber wir können das nur noch als leeren Anspruch
formulieren. In Wahrheit sind wir von der Geschichte überrollt worden...
Wir meinen, daß mit der Fortschreibung des RZ-Mythos nichts gewonnen ist,
sondern daß es im Gegenteil darauf ankommt, eine historische Etappe
abzuschließen, verkrustete Strukturen und Kampfmittel aufzugeben, um
überhaupt wieder eine Chance zu bekommen, als politische Subjekte in den
gegenwärtigen gesellschaftlichen Prozeß eingreifen zu
können."
Ein heftiger Schlag, der an uns (zumindest den hier Schreibenden), wenn auch
mehr unbewußt als kollektiv diskutiert, nicht spurlos vorbeiziehen
sollte. Die internen Debatten unter uns radi-Gruppen fielen genau in
diese Phase, in der innerhalb der radikalen Linken (wenn auch spärlich)
diese Diskussion über die Auflösung einer RZ stattfand. Ein Jahr
später, in der Nummer 147 vom März 1993, veröffentlichen wir in
der radi ein Interview, das Gruppen von uns schriftlich mit einer
Revolutionären Zelle geführt hatten. "Aber weder die Großmachtbestrebungen der BRD, noch die
Ausrichtung nach Osten oder die sogenannte neue Weltordnung stellen etwas
völlig Neues dar. Wer von dieser Geschichte überrollt wurde, hatte
entweder die Augen fest verschlossen oder gebraucht diese Geschichte jetzt
vielleicht nur als Vorwand, um der Mühe mit revolutionärer Politik
ein Ende zu machen. Es ist auch keine Organisierung des Widerstandes auf einer
ganz anderen- 'höheren' - Ebene erforderlich, sondern überhaupt
erst mal eine tragfähige Organisierung", reagiert die
interviewte Gruppe auf die Selbstauflösungserklärung einer RZ. In
weiten Teilen beschäftigt sich das Gespräch zwischen uns und der
RZ-Gruppe, die sich nicht dem traditionellen RZ-Spektrum zuzählt, mit den
Perspektiven, Erfolgen und Niederlagen der Linken in Sachen
Flüchtlingspolitik. Jene Gruppe, die ihre Selbstauflösung
verkündete, hatte von einem Scheitern ihrer Kampagne gegen
imperialistische Flüchtlingspoltik gesprochen.
Sehr deutlich wird, daß sich die Fragen der Revolutionären Zelle mit
denen deckten, die sich auch uns - nein, einigen radi-Gruppen - damals
stellten. So fragten wir: "Randale auf den Straßen und
Plünderungsaktionen, der Gebrauch von Mollies, militante Angriffe auf
Bullen, vieles, was lange Zeit hierzulande hauptsächlich von der Linken
praktiziert wurde, wird mittlerweile von den Rechten als Mittel im politischen
Kampf benutzt und ist dadurch nicht mehr eindeutig zuzuordnen...Die Autorinnen
und Autoren des Papiers 'Das Ende unserer Politik' vertraten die Ansicht,
daß sich der Gebrauch von Feuer und Flamme heutzutage verbiete...Wir
würden das eher so sehen, daß wir uns ganz genau und phantasievoll
überlegen müssen, wie das Ziel jeweils zu erreichen ist.Wenn
es zum Beispiel um die ZAST (Zentrale Abschiebestelle) geht, bzw. um Akten und
Computerdaten, ist es vielleicht eindeutiger, die Disketten
rauszuholen." Dem zustimmend ergänzte die RZ, "wann
welche Aktionen gerechtfertigt sind, um dem Ziel revolutionärer Gegenmacht
näher zu kommen, muß genau bestimmt werden. Die aktuelle
gesellschaftliche Situation muß einbezogen werden, d.h. auch die
Tatsache, daß Rechte und Faschisten sich ähnlicher Mittel bedienen
wie wir. Dadurch werden die Mittel an sich, wie z.B. Brandanschläge, nicht
falsch."
In derselben radi-Ausgabe erschien auch eine Kritik an der RZ, die ihre
Auflösung bekanntgegeben hatte, formuliert von einer Gruppe namens
"Molche". Leider fehlte eine öffentliche Auseinandersetzung
zum Thema Revolutionäre Zellen in den folgenden Nummern. Geplant war
eigentlich eine Sondernummer, die sich nur mit Fragen nach der Perspektive
militanter und bewaffneter Politik nach verschiedenen Veröffentlichungen
von RAF und RZ beschäftigen sollte. Sie fiel aber leider unserem internen
Konflikt zum Opfer.
Antirassismus - militanter
Antifaschismus
Lange bevor die autonome Szene den staatlichen und institutionalisierten
Rassismus zum Thema machte, griffen die RZ mit ihrer Kampagne ab 1986
staatliche Institutionen der Abschiebe- und Lagerhaltungspraxis an. Die
radi dokumentierte diese bei ihrem zwischenzeitlichen Auftauchen im
Jahre 1987 (Nr.133) ausführlich und versuchte in den folgenden Nummern
wenigstens ein Stück weit, diesen ebenfalls zu thematisieren.
In der Nr.136 erschien ein längerer Bericht über eine Verwüstung
eines Flüchtlingslagers in Heilbronn durch die dortigen InsassInnen. Im
Antirepressionsblock der Nr.138 wurde versucht die ganz normale rassistische
Praxis von Justiz und Bullen an einigen wenigen Beispielen aufzuzeigen, wie zB.
Razzien. Damals waren die noch eine ungewohnte und neue Qualität der
offensiven Ausgrenzung - heute sind sie mittlerweile gängige
Normalität - es verwundert niemanden mehr, wenn Sicherheitsdienste durch
die Straßen patrouillieren, wenn ganze Sonderkommissionen gegründet
werden, um HütchenspielerInnen aufzumischen oder Baustellen auszuheben.
Einige Zeit später im März `91 folgte ein Bericht zu einer
Kirchenbesetzung von Roma in Tübingen. In der Einleitung dazu formulierten
einige von uns folgende Fragestellungen: "Die RZ-Kampagne zur Blockierung der Flüchtlingspolitik der
Herrschenden scheint zwar den stillen Beifall vieler GenossInnen zu finden,
aber an offensiven, praktischen Initiativen fehlt es. Wir fragen uns, wie eine
radikale Linke ihrer Verantwortung gerecht werden will, an der Seite der
Unterdrückten zu stehen, wenn sie den Versuchen, dem rassistischen Konzept
aus Massendeportationen einerseits, Vertreibung in Lager andererseits, eine
Praxis entgegenzusetzen, so teilnahmslos gegenübersteht. Sicher das - Wie blockieren? Wie aufhalten? - ist eine entscheidende Frage -
die wir aber nur im Wechselspiel Diskussion und
Praxis lösen werden."
Ein Jahr später stellten sich ganz andere Konstellationen. Während
viele autonome Gruppen, ausgelöst durch die Pogrome und vielen
Brandanschläge, sich verstärkt dem Schutz von Flüchtlingsheimen
widmeten - so auch stärker mit ihnen zusammenarbeiteten, was wieder neue
Fragestellungen an eigene blinde Flecken und eigene rassistische Verstrickungen
zur Folge hatte - gab eine RZ ihre Auflösung bekannt und konstatierte das
Scheitern ihrer Kampagne.
Die gesellschaftliche Umbruchsituation nach `89 wird in der radi nur
sehr schleichend wahr- und zur Kenntnis genommen. Von einem Interview mit
Leuten aus Leipzig in der Nr.141 (im November 90) abgesehen, dauerte es noch
bis zur Nr.143, bis die ersten etwas genauere Überlegungen dazu
anstellen.
In einem Artikel "Go Trabi Go" sind ansatzweise Beschreibungen
über staatliche rassistische Strukturen zu DDR-Zeiten zu finden und eine
Problematisierung der aktuellen Unmutsäußerungen gegen die
Abwicklungen durch die Treuhand, daß vielerorts ihr rassistischer Kern
einfach weggeleugnet wird. Zum ersten Mal ausführlicher wird von der
Notwendigkeit geredet, militant den immer lauter werdenden deutschen Mob zur
Raison zu rufen.
Im Oktober 1991 erscheinen in der Nummer 144 zwei Texte im Antifa-Block. Es
sind die "Doitschstunde" von der L.U.P.U.S.-Gruppe (Rhein-Main),
die im Februar desselben Jahres erstveröffentlicht wurde, und als Antwort
einer radi-Gruppe die "Schneutzstunde".
Die "Doitschstunde" analysiert die Bedeutungslosigkeit und die
offensichtliche Abwesenheit der autonomen, linksradikalen Bewegung im
Vereinigungsprozeß. "Es ist nicht die Niederlage, die uns so
ohnmächtig macht, sondern die Bedeutungslosigkeit, die uns mit den
deutsch-deutschen Ereignissen vor Augen geführt wurde." Darauf
aufbauend kritisieren die AutorInnen das undifferenzierte Heraufbeschwören
eines "4.Reiches" durch antifaschistische Kreise nach dem Fall
der Mauer und führen zahllose Belege für die veränderten
ideologischen Werte an, die mit einer faschistischen Neuauflage nichts zu tun
haben. "Wenn wir im folgenden die Veränderungen innerhalb des
kapitalistischen Systems nach 1948 zu beschreiben versuchen, dann auf dem
Hintergrund unserer Einschätzung, daß diese Veränderungen und
eben nicht die Kontinuitäten des deutschen Faschismus bestimmend für
die Stabilität des Nachkriegsdeutschlands sind. Diese Einschätzung
schließt die These mit ein, daß sich unsere Schwierigkeiten,
militanten Widerstand zu verbreitern, weniger aus den Kontinuitäten als
aus den erfolgten Veränderungen erklären lassen."
Unter der Überschrift "Autonomer Antifaschismus - ein (Zwei)kampf
gegen die 'Vorboten des 4.Reiches'?" sehen sie
zusammengefaßt folgende Entwicklung linksradikalen Widerstandes: "Eine Auseinandersetzung, die auf dem Höhepunkt fast alle
gesellschaftlichen Bereiche erfaßte, an der kaum jemand vorbeikam,
verengte sich mit den Jahren zusehends auf eine Auseinandersetzung zwischen
Autonomen und Faschos - nicht mitten in den Verhältissen, mehr im Schatten
der Verhältnisse."
L.U.P.U.S. stellt einerseits fest, daß wir in der Lage sein müssen,
andere und uns selbst zu verteidigen, wenn Angriffe von faschistischen Gruppen
erfolgen - zugleich aber fragen sie: "warum müssen wir, wie so
oft, Neonazis hinterherrennen, warum diese Auseinandersetzung geradezu
suchen?"
Die "Schneutzstunde" gibt genau auf diese Frage und die gesamte
Behandlung des militanten Antifaschismus im L.U.P.U.S.-Papier eine
Antwort:"Wir haben uns gefreut über die Kritik am
Faschismusbegriff, und überhaupt finden wir das meiste, was die
analytische Seite des Papiers betrifft, richtig. Wir haben mit den Zähnen
geknirscht bei den Abschnitten des Papiers, wo es um praktische Antifapolitik,
insbesondere militanten Antifaschismus geht. Wir sind mit den
diesbezüglichen Aussagen überhaupt nicht einverstanden und wollen das
nicht unkritisiert stehen lassen."
Der militante Antifaschismus würde zu wenig bei L.U.P.U.S. behandelt, was
äußerst defensiv wäre. Ihre Ausgangsthese ist dabei, daß
eher zuwenig den Faschisten nachgerannt werden würde und daß sich
auch aus der geschichtlichen Erfahrung ableiten lasse, daß gegen
Faschismus und faschistoide Tendenzen "eine offensive Politik der
Demoralisierung und wenn möglich politischen Isolierung"
betrieben werden müsse - Selbstschutz und Verteidigungskampf sei zu
wenig.
Die SchneutzerInnen vertreten weiterhin die Auffassung, daß
"die Idee, vom 'reinen' inhaltlichen korrekt
bestimmten Kampf gegen das Kapital oder gegen die wesentlichen Pfeiler der
Macht ein Fehler im linken Denken sei, der Tradition hat." Das
Auftreten für offensive Militanz würde zu oft in die
"Hirnlosen-Ecke" gestellt werden.
Die AutorInnen plädieren des weiteren für eine verstärkte
Unterstützung seitens der Metropolen ("den ruhigeren
Gegenden") - "in diesem Sinne sollte man das ganze Land mit
einer verstärkten Reisetätigkeit überziehen", denn
"gesellschaftliche Stimmungen wie z.B. Rassismus können eine
militante Ausdrucksform haben. Je nachdem, wie ungehindert sich dieser
Rassismus gewalttätig austoben kann, wirkt das wieder zurück in die
Gesellschaft, erweitert die Toleranzgrenze, der Terror wird alltäglich.
Oder andersherum, wenn wir die militante Spitze des Rassismus abbrechen, sind
die deutschen SpießerInnen auch wieder kleinlauter."
Schließlich betonen sie noch, daß die Ereignisse nach der Wende
"einfach eine Nummer zu groß" für die radikale Linke
gewesen seien und daß es daher Selbstbetrug sei, daran zu bemessen, wie
groß unser Einfluß sein kann. In der Verantwortung dem
rassistischen Klima was entgegenzusetzen, sei die Möglichkeit gegeben,
sich vom Zaungastdasein wieder einzubringen.
Mitte 1992 erscheint das Buch "Geschichte, Rassismus und das
Boot" mit mehreren aktuellen Texten der L.U.P.U.S.-Gruppe (aber auch z.
B. einer MigrantInnen-Gruppe).
Erfreulicherweise will L.U.P.U.S. die Debatte nicht im Sande verlaufen lassen,
sondern widmet zwei Texte unter anderem einer Erwiderung auf die
"Schneutzstunde". Weniger erfreulich der formelle Umgang von
L.U.P.U.S.: "Wir halten die Bezugnahme auf den radikal-Text aus mehreren
Gründen für wichtig, trotz der - auch durch Kriminalisierung der
radikal bedingten - beschränkten Verbreitung und erschwerten
Zugänglichkeit." Eigentlich sollte nach so einer Erkenntnis die
logische Konsequenz sein, den Text mit abzudrucken, auch weil sich zwei weitere
Texte ihrerseits darauf beziehen - aber leider hielt L.U.P.U.S. nicht so viel
davon und faßte den Text lediglich nach eigenen Gutdünken zusammen
und lieferte einige Zitate daraus.
Im Text "Doitschprüfung" erneuern sie ihre Kritik am
Verhältnis zwischen weißen Autonomen und Flüchtlichen, die sie
erst als Subjekte wahrnehmen würden, wenn diese angegriffen werden. Sie
problematisieren: "Doch wenn Brandanschläge auf Flüchtlingslager und die
Überfälle auf MigrantInnen wieder in die Dunkelziffern
abgedrängt sind, die Scheinwerfer abgebaut sind und damit wieder
Normalität signalisiert wird, wird sich für uns die Frage stellen,
was sich wirklich im Verhältnis zu Flüchtlingen und MigrantInnen
verändert hat. Oder, ob nicht gerade in dieser Art von autonomer Politik
Kampagnenopfer vorprogrammiert sind (...) Das Entscheidende für
uns ist das Erleben, daß Deutsche ihr eigenes Verhältnis zur
rassistischen Gewalt nicht mehr durch Indifferenz und Gleichgültigkeit
bekunden, sondern durch offene Sympathie und lustvolle Befriedigung. (...)
Die neue rassistische Lebensqualität ist eine Antwort auf eine soziale
Wirklichkeit, in der wir kaum noch vorkommen, auf die wir schon lange keine
militanten Antworten mehr haben."
L.U.P.U.S. thematisiert im folgenden den Verlust der Straße, in der sich
keine linke Praxis & Kultur mehr abspielen würde, wie sie in den 70ern
und 80ern noch bestimmend waren - welche eben nicht durch RassistInnen erobert
wurde, sondern durch Urbanisierungskonzepte, Yuppieisierung. Selbst wenn es
gelänge die Faschisten von der Straße zu verdrängen, wer
würde dann den Raum besetzen.
"Volks-Fronten" läßt sich nicht so leicht
zusammenfassen, deswegen sparen wir es uns, empfehlen wollen wir ihn aber
dennoch.
In der Nummer 146 findet sich dann wieder eine Entgegnung von MitautorInnen der
"Schneutzstunde". In
"Aufschwung-Rückwärtsrolle" finden sich nicht unbedingt
neue Argumente "Was kommt dabei heraus, wenn wir einige Aussagen von
Lupus in ihrem neusten Werk kritisieren, die unsere Schneutzstunde kritisieren,
die wiederrum Lupus Doitschstunde kritisiert? Eine öffentliche Diskussion
hat für uns ihren Wert in den Anstößen, die von ihr ausgehen.
Wenn zwei (kontrovers) diskutieren, so sollte das möglichst kein
'GelehrtInnenstreit' werden, für den sich niemand
interessiert, oder den keine/r mehr versteht", sondern es geht den
AutorInnen erneut darum: "Es scheint, als würde uns wieder die
Rolle zufallen, den zum Teil sehr guten Fragestellungen und
Untersuchungsansätzen von Lupus praxisbezogene hinzuzufügen und
einzufordern. Zu stark ist unsere Ahnung, Befürchtung, daß
GenossInnen sich aus diesen Fragestellungen und Fragezeichen Berge der Ohnmacht
auf ihren Schreib- und Küchentischen errichten, sich die alltäglichen
Horrormeldungen von rassistischen Übergriffen aus den Zeitungen daneben
legen und abwarten."
Knast und Strafe
Im Zusammenhang mit Knästen und Knastkämpfen ist und war uns
vor allem die Aufhebung des zentrierten Blickes der Szene auf die politischen
Gefangenen ein verschärftes Anliegen. Bis zur Nummer 142 beschränkten
wir uns hauptsächlich auf die umfassende Dokumentation von Kämpfen
und Revolten der sozialen Gefangenen, die wir als "politisch
eigenständige" Ansätze wahrgenommen wissen wollten. Dazu
zählt aber auch die Aneignung eines Begriffes von Repression, der weitaus
mehr umfaßt, als die beständigen Versuche staatlicher Behörden,
die Linke in die Defensive zu drängen und über repressive Attacken
auf sich selbst zurückwerfen.
Unter anderem deshalb wenden wir uns auch gegen eine Überbewertung des
13.6. oder anderer Verfahren wie beispielsweise gegen die Göttinger Antifa
(M). Natürlich können diese Angriffe nicht einfach hingenommen
werden, weil sie den Wirkungskreis linksradikaler Organisierungsansätze
(so bescheiden oder irrelevant sie auch in ihrer gesellschaftlichen Wirkung
sein mögen) weiter beschneiden sollen. Allerdings drehen sie sich in bezug
auf Repression alle im eigenen Saft.
In der Nr.138 wurde dem Hungerstreik im Knast ein ganzes Heft gewidmet und
darin der Blick speziell auf die Kämpfe der sozialen Gefangenen gerichtet
- in der Nummer 140 wird der 90er Knastkampf in der JVA Moabit in einem Bericht
zusammengefaßt. Es folgen Berichte über die sogenannten
Amnestie-Aufstände `91, verbunden mit einem Kritikpapier von Knackis aus
der JVA Buchsal an der Forderung nach Amnestie.
Nach dem überwiegenden Berichtcharakter findet sich in der Nummer 145
schließlich ein Artikel "Die wilden fliegen...":
"Es ist ruhig geworden um die Knäste, aber nicht in den
Knästen... Wir (das sind nur Männer) haben in älteren Texten
gestöbert, die sich mit dem Thema befassen, und (mittlerweile schon einige
Jahre alte) Diskussionspapiere gefunden, wo Leute frustriert feststellen,
daß sich dazu inhaltlich und praktisch seit Jahren nichts groß
geändert hat, und bei vielen Papieren nur das Datum ausgetauscht werden
müßte, um direkt als topaktueller Diskussionsbeitrag akzeptiert zu
werden... Wir wollen Unklarheiten und Widersprüche der 'Szene' zu
Knast und staatlicher Gewalt aufzeigen, die Diskussion wieder anleiern, genauer
als das bisher gelaufen ist, und versuchen zu erklären, warum wir uns ein
Leben ohne Gefängnis durchaus vorstellen können. Die Überlegung,
wie wir uns einen Umgang mit 'Scheißverhalten'
vorstellen, also Verhaltensformen und Handlungen, die einem gleichberechtigten
Zusammenleben entgegenstehen, einzelne unterdrücken usw. (also eigentlich
'unsoziales Verhalten'), ohne die Leute, die da
Scheiße machen, zu isolieren und wegzusperren, ist gleichzeitig ein
wichtiges Rumprobieren an einer Utopie von einer befreiten Gesellschaft. Wenn
wir keine langfristigen Konzepte auf Tasche haben zur Verhinderung
von Herrschaft wird die nächste Revolution ein relativer Flopp
wie manche andere auch."
Nach einer Beleuchtung und Bewertung der Zusammensetzung der Gefangenen
wird versucht, sich dem anzunähern, wie sich eine linke Repression
auswirkt und inwieweit sie sich von der herrschenden Auffassung von Bestrafung
unterscheidet. Unter der Überschrift "Selbstorganisierung anstatt
regelnde Obrigkeit" findet sich dann folgende These: "Was wir
uns im Groben vorstellen anstatt der Strafe von oben, von einer
übergeordneten, anonymen Instanz: Vergeltung durch die Geschädigten
und ihr Umfeld, Ächtung innerhalb der Gemeinschaft,
Auseinandersetzung, Wiedergutmachung wo möglich. Keine Ausgrenzung und
Isolierung von Männern und Frauen, die Scheiße bauen, sondern
Konfrontation innerhalb der sozialen Umgebung. Das heißt nicht, daß
z.b. eine Frau, die von einem Mann angegriffen, vergewaltigt o.ä. worden
ist, weiterhin mit seiner ständigen Anwesenheit konfrontiert sein
muß. sondern daß, nach evtl. Vergeltungsmaßnahmen, es einen
Platz für ihn geben muß, wo er die Möglichkeit hat, zusammen
mit anderen Männern der Gemeinschaft sich über sein Verhalten
auseinanderzusetzen und weiterhin der Kontrolle durch andere unterworfen ist,
dadurch aber auch die Möglichkeit hat, sich zu ändern, etwas gut zu
machen."
Leider gab es auch auf solche spannenden Ansätze keine Reaktionen.
Grundsätzliche Fragen zu stellen scheint eine Angelegenheit für
philosophische StudentInnen und ProfessorInnen zu sein, aber nicht für
welche, die sich linksradikal schimpfen. Dabei sollte es doch gerade
möglich sein, auch mal wieder Tabu-Zonen zu überschreiten und
grundsätzlicher zu fragen, wo wir eigentlich hin wollen.
Gerade bei der Frage nach Zensur und Bestrafung halten wir eine solche
Diskussion für sehr wichtig. Dies betrifft beispielsweise so heikle Fragen
wie den Umgang mit MißbraucherInnen, Vergewaltigern und Faschisten.
Insofern fanden wir zum Beispiel den Ansatz der Göttinger Antifa (M),
einen verbindlichen und nachvollziehbaren Umgang zu schaffen, wie mit einem
Vergewaltigungsvorwurf innerhalb der Organisation umgegangen werden soll, sehr
spannend. Aber auch die Frage nach der Forderung von einem Verbot
faschistischer Presse, während die radi bei erwiesenermaßen
verfassungsfeindlicher Tendenz am liebsten legal erscheinen würde, wirft
Fragen auf.
In der Nummer 147 wird in einer Art GdV der Gefängnisse die Erinnerung auf
das Entstehen des Knastes gelegt. Es beschreibt, daß in der Logik, die
hinter dieser Art des Strafens steht, der Grundgedanke der Erziehung steckt.
Unter Zuhilfenahme von Michel Foucaults Werk "Überwachen und
Strafen" wird ausgeführt: "Er meint also, daß die eigentliche Aufgabe des
Gefängnisses sein Scheitern ist. Es darf und soll gar nicht so
funktionieren, wie es in der Öffentlichkeit stets propagiert wird: Es soll
Krimininelle produzieren, auf die sich der Haß aller
'anständigen' Menschen richten läßt. Das Gefängnis
produziert also eine an den gesellschaftlichen Rand gedrängte, aber
kontrollierte Gruppe von Leuten. Es ist zudem gelungen, diese Gruppe in der
Gesellschaft sozusagen als 'pathologische Subjekte', als krankhafte
Menschen darzustellen... Die bürgerliche Gesellschaft hat demnach mit der
Erfindung der Strafhaft, der Schaffung einer negativen Haltung im Volk bezgl.
illegaler Handlungen und einer ständig zunehmenden und (aus vorgenanntem
Grund) mehr und mehr akzeptierten allgemeinen polizeilichen Überwachung
ein Instrumentarium zur Verfügung, das sie zur Produktion von Gefangenen
hervorragend einsetzen kann."
Wem dies zu krass formuliert wurde, dem wird anhand des BTM-Gesetzes noch ein
Beispiel vorgesetzt, oder mit den Abschiebehaftvorschriften, die eine ganze
Gruppe von Menschen zu Kriminellen gemacht hat.
Der Praxisteil
Anläßlich der RAF-Aktion gegen Herrhausen erschien in der
Welt ein Artikel mit folgendem Wortlaut: "In der linksradikalen
Zeitschrift 'Radikal' wird in der Ausgabe 140 vom Juni 1990 der Bau einer
Bombe, wie sie beim Herrhausen-Mord verwendet wurde, exakt beschrieben. Auf
Seite 26 des Blatts findet sich eine Stückliste für die Schaltung
einer Lichtschranke mit präziser Bezeichnung der erforderlichen
Bauteile."
Im Intro der Nr.142 antworten wir darauf in einer spontanen Ahnung der
Ereignisse vom 13.6.: "Auf den Scherz ließe sich höhnisch
lachen. Es hat mal wieder lange gedauert bis auch der Welt gesteckt
wurde, daß die radi die RAF ist.Jetzt können wir`s ja
offen zugeben: Da kam nämlich wirklich jemand von dem Kommando vorbei, das
Herrhausen umgenietet hat. Wir tranken einen gemütlichen Tee und
informierten uns gegenseitig über den Stand unserer jeweiligen RAF-Ebene.
Demnächst wird auch Edzard Reuter dran glauben müssen, und ihm wird
eine noch viel perfidere Technik zum Verhängnis werden. Wenn die Zeit reif
ist, informieren wir euch natürlich umgehend über das neue
Modell. Scherz mal beiseite, dieser kurze Artikel ist eine dreiste
Unverschämtheit. Die Welt schreibt seit Jahren solchen Mist
über die radi. Es ist zwar bekannt, daß sie das inoffizielle
Amtsblatt von Bullen und Regierenden darstellt, aber daß sich die
Redakteure nicht mal die Mühe geben, die gesteckten Verlautbarungen
nachzurecherchieren, verblüfft uns immer noch. Liegt wahrscheinlich daran, daß dieser Lüge nur in unserer
lächerlichen Auflage widersprochen werden kann, und so einen Giganten wie
den Springer-Konzern schert das natürlich einen Dreck. Hauptsache, bei den
LeserInnen dieses Scheißblattes ist ein Bild geprägt worden, wenn`s
mal heißt 'radikal-Redakteure' verhaftet,
'RAF-Mitgliedschaft wird geprüft' oder so ähnlich. Wenn sie mal jemand von uns einbuchten sollten, wird`s schon ein bischen
knifflig das zu vermitteln, besonders wenn sie mit Solidarität
(hoffentlich) rechnen müssen und ein deftiges Urteil bei rauskommen soll.
Eine Zeitung ist halt eine Zeitung, und eine Bombe unterscheidet sich ein
bißchen davon."
Soweit so gut, daß die bürgerliche Presse unseren Praxisteil
herbeizitiert um uns erfolgreich diffamieren zu können, geschenkt...
Aber auch von durchaus wohlmeinenden KritikerInnen wird auf diesen Teil der
Zeitung eine ganze Masse an Halbwissen projiziert. Wie ein roter Faden zieht
sich das durch die Zeit der illegalen radikal.
Um mal ein aktuelles, aber auch nettes Beispiel herauszusuchen: Angela
Marquardt, stellvertretende Bundesvorsitzende der PDS, sagte kürzlich in
einem Interview mit der Solizeitung radikaleZeiten über
ihre Wahrnehmung der radikal: "Manchmal lese ich sie auch, um
mich zu amüsieren. Wenn da so Artikel, wie über Bomben bauen
erscheinen oder ähnliches... Und manche Dinge, na wie gesagt, das mit den
Bomben bauen, für mich ist das eher witzig, sowas nehme ich dann nicht so
richtig ernst. Aber wenn man ernstzunehmenden Anspruch hat, dann weiß ich
nicht, ob das dann sein muß."
Mal abgesehen davon, daß es durchaus verständlich ist, wenn sich
eine stellvertretende PDS-Bundesvorsitzende zu diesem Thema reserviert und
distanziert ausdrückt, weil ihr sonst die gesamte GegnerInnenschaft der
PDS auf die Pelle rücken könnte ("da sehen wir es mal
wieder, die PDS unterstützt die bombenlegende radikal, d.h. die PDS
selbst ist der rote Wolf im Schafspelz, etc.pp.") finden wir es
spannend, herauszufinden, was die Genossin Marquardt dazu veranlaßt,
ausgerechnet "Bomben" herbeizuzitieren.
Wir haben in unseren Heften gekramt, und siehe da, oh Wunder, wir wurden
fündig - in den ersten illegalen Nummern, 128 und 129, wurden
tatsächlich Bombenanleitungen veröffentlicht. In den zehn folgenden
Jahren wurden ausschließlich Anleitungen zu Brandsätzen und
verschiedenste Varianten von Zeitzündern sowie eine Unzahl verschiedenster
anderer Dinge im Bereich der Praxis beackert.
Wir sagen das nicht, um uns auf diesem Gebiet zu verharmlosen - "aber
die radi druckt doch nur Anleitungen zu Brandsätzen ab, das ist
doch nicht so schlimm" - , sondern um deutlich zu machen, daß
gerade zu diesem Block Mythen und Ungenauigkeiten gesponnen wurden und werden.
"Bombe" als Oberbegriff klingt offensichtlich größer
und gefährlicher. Der Reflex zu einer Distanzierung wird stärker
angeregt. Gerade in heutigen Zeiten islamistischen Bombenterrors in Algerien
oder Israel, fehlerhaft transportierten Bomben in London, sowie der
Eskalationsstrategie der ETA gegen Zivilisten in Spanien wird mit dem Stichwort
der "Bombe" ziellose und verantwortungslose Gewalt
herbeiassoziiert.
Wir werden darauf weiter unten noch zurückkommen. Fest steht jedenfalls,
daß z.B. Angela Marquardt diesen Teil der radikal-Ausgaben nicht
gelesen hat, sonst würde sie nicht von "Bomben" reden,
sondern müßte differenzieren und von Zeitzündern,
Funkenstrecken oder Brandsätzen sprechen. Zusätzlich müßte
sie einräumen, daß die letzte derartige Anleitung im Februar `92
veröffentlicht wurde.
Wir finden es toll, daß sie schon so lange die radikal liest. Und
daß ihr heute noch als eine der ersten Sachen "Bomben"
einfallen - die Brandsätze waren - finden wir noch faszinierender.
Das verweist darauf, wie der Repressionsdruck die Wahrnehmung der Zeitung in
eine bestimmte Richtung drängt - erzeugt durch eine künstliche
Diskussion, die von Paragraphen erzeugt und beständig neu reproduziert
wird und in der die wenigsten, die sich dazu äußern, überhaupt
eine Ahnung haben, wovon sie reden.
Wenn die BAW von uns als dem "Untergrundblatt" redet, das den
Status einer Zeitung nicht verdient hat, weil es eben Anleitungen und
Erklärungen militanter und bewaffneter linksradikaler Gruppen abdruckt,
müssen wir hier von den restlichen Medien reden, die sich an jedem
mittelmäßigen Kiosk befinden.
Beispielsweise die zahllosen Waffenmagazine, mit deren Erläuterungen sich
Gasknarren mühelos in scharfe Knarren umbauen lassen. Oder die
kriegsverherrlichende Literatur über die "genialen"
Leistungen der deutschen Bomberverbände, der tapferen Infanterie im
Rußlandfeldzug. Ist es eigentlich schon jemandem aufgefallen, daß
dieses Genre an Völkermordliteratur immer frecher in den Kaufhäusern
ausgestellt wird - gab es nicht auch mal eine Zeit, wo solche Sachen eher
verschämt in der Ecke standen? Die Renaissance dieses Genres hinaus aus
der Schmuddelecke geht Hand in Hand mit der Ausweitung der Kompetenzen der
deutschen Bundeswehr - deren Status als mordender Haufen auf Abruf ja nun auch
nicht mehr so benannt werden darf. Oder wie ist es bestellt um die sexistische
Werbung, um den sich immer weiter ausfächernden Pornomarkt, der Frauen im
Mediendesign als Lustobjekt verkauft. Es ist eine Gewaltstruktur der Medien,
wenn aus wenigen Fällen falscher
"Mißbrauchsbeschuldigungen" eine Kampagne inszeniert wird,
hinter der die tatsächlichen Relationen des Mißbrauchs völlig
verschwinden.
Oder wieso wird die durchaus zielgerichtete Gewalt der Pflegeversicherung, die
sich in zunehmender Stigmatisierung von Behinderten durch bürokratisch
festgelegte Pflegezeiten ausdrückt, von den Medien nicht als solche
erwähnt?
Der Medienmainstream verteidigt und rechtfertigt jeden Tag die bestehenden
strukturellen Gewaltverhältnisse - plädiert für die
"vernünftige" Weltmachtrolle Deutschlands, für einen
"abgesicherten" Standort Deutschlands mit Billigstlöhnen und
abgeschotteten Grenzen.
Angesichts des weiterhin gültigen Brecht-Ausspruchs, "Was ist
schon ein Banküberfall gegen die Gründung einer Bank", ist
eine Gewaltdebatte, die sich an den Verbesserungen von Brandsatzanleitungen
festmacht, eine Farce ohnegleichen.
Die Erwähnung von Anleitungen, um sich zu distanzieren, hat eine Funktion
innerhalb linker Debatten: Wer in der politischen Analyse nur Wert darauf legt,
daß eine parlamentarische Opposition, und/oder eine legale
außerparlamentarische Bewegung in diesem Lande etwas ändern, wird
diesen Praxisteil der Zeitung natürlich als
"wortradikal" abtun und als überflüssigen
Bestandteil einer "linksradikalen" Zeitung
begreifen.
Die radikal wird auch in Zukunft keine Aufspaltung zwischen Theorie und
Praxis betreiben: "wir haben uns gedacht, militanz ist nicht allein
eine theoretische sache, sondern etwas sehr praktisches. die theorie kannst du
untereinander besprechen und veröffentlichen in bestimmten zeitungen. aber
die praxis muß auch den besten freundInnen gegenüber geheim bleiben.
sie ist oft die isolierte entwicklung einer gruppe, es gibt kaum kommunikation
und austausch, und das ist für uns ein grund für den mythos
'anschläge' und warum vielen menschen dieser schritt so schwer
fällt. militante aktionen sind kein privileg besonders hochwertiger
perfektionisten, und sie erfordern auch nicht die fähigkeiten einer
spezialistIn. alle können es, denn alle können lernen und mit ihrem
bedürfnis nach militanz umgehen." (Interview, 1989)
Eine in der Vergangenheit häufig geäußerte Kritik an der
radi lautet, sie tauge hauptsächlich dazu, im Archiv eingeordnet zu
werden. Die Praxisauseinandersetzungen sind in der Tat zeitlos, also auch
äußerst gewinnbringend zu archivieren.
Wir halten nichts davon, wenn gerade in Fragen der Praxis alle wieder am Punkte
Null anfangen, und alle das "Wie und Womit" selbst
herausfinden. Es reicht , daß die bereits vorhandenen Anleitungen
umfassend ausprobiert und verstanden werden müssen. Das ist Arbeit genug
und erfordert schon große Sorgfalt und Behutsamkeit. Wenn es bereits
erprobte und sichere Vorgehensweisen gibt, müssen diese vermittelt werden,
damit nicht die nächsten wieder weitaus gefährlichere Methoden
anwenden.
Erfahrungen des militanten Widerstandes müssen weitervermittelt werden,
auch wenn es manchmal durchaus sinnvoll sein kann, sich aus linksradikaler
Sicht mit Aktionen etwas zurückzuhalten.
Die radi hält damit ein Wissen fest, das vielleicht erst in
fünf oder zehn Jahren wieder wichtig werden wird. Wir setzen damit im
Bereich Praxis den Anspruch um, daß jede linksradikale Bewegung in der
Lage sein muß, ihre Erfahrungen transparent zu machen.
Nun mal zum Verlauf der Ausgaben:
"wir haben einen prozeß im kopf, in dem viele
aktionsformen gleichberechtigt entwickelt werden. wesentlich ist, daß du
darüber auch öffentlich diskutieren mußt. dies öffentliche
in der radi - allein das schon - ist ein schritt gegen die vereinzelung
und den mythos 'militante aktion'. über die radi kann der austausch revolutionärer praxis
laufen, weil sie die repression nicht berücksichtigen muß und
relativ weit verbreitet ist. wir wollen nicht über scheren in den
köpfen diskutieren, sondern dort weitermachen, wo es keine scheren gibt;
also wir stellen nicht die notwendigkeit von militanz in frage, sondern wollen
damit weiterkommen. dann ist es konstruktiv, wenn genossInnen aus eigener erfahrung sagen: das
klappt so nicht, anders geht es besser. gerade das wechselspiel wollen wir
erreichen." (interview 1989)
In der Nr.140 (Juni 90) ließ eine Gruppe von uns heftig Dampf ab, weil
genau das im Interview angesprochene Wechselspiel zwischen Zeitung und
Aktionsgruppen nicht stattfand: "In der letzten radi hatten wir eine ausführliche
Anleitung für einen Brandsatz veröffentlicht. Wir haben bewußt
ein relativ einfaches und gebräuchliches Modell gewählt, damit dieses
Mittel des Widerstandes für viele verständlich und machbar ist und
sich so die Distanz dazu verringert. Daß es nicht gleich in Massen
produziert und angewendet wird, war schon klar. Sowas läuft höchstens
nach einer längeren Auseinandersetzung undAustausch von
Erfahrungen. Wir sind restlos enttäuscht von den zu null tendierenden Reaktionen von
GenossInnen auf diese Anleitung. Wir wissen, daß es Erfahrungen damit
gibt. Findet ihr jede Einzelheit gebongt? Gibt es für kein Detail einen
konstruktiven Vorschlag zur Verbesserung? Ist die Idee, sich mit möglichst
vielen an einem Modell auszutauschen und weiterzukommen abwegige Spinnerei aus
einem kranken Hirn? Die Papierfluten zu Inhalt und Theorie des militanten Widerstandes stehen
jedenfalls in keinem Verhältnis zur Auseinandersetzung mit diesem Teil der
Praxis. Wir schließen daraus: - ihr findet, das Thema ist in den Zirkeln gut aufgehoben, und es soll aus
für uns unerfindlichen Gründen auch dort bleiben. Alle anderen
müssen die miesen Erfahrungen dann halt wiederholen, und wenn`s Verletzte
gibt, Pech gehabt. - ihr findet, wir profilieren uns mit solchen Themen, d.h. wir schieben ein
angeblich revolutionäres Bewußtsein vor, um uns wichtig zu machen.
Wie würdet ihr`s denn anders machen, hää? - ihr seid faul wie die Stinkböcke und Stinkziegen, ihr selbst lest
ganz gern solche Infos, tut aber einen feuchten Dreck dafür, anderen eure
Erfahrungen zu vermitteln."
Daran anschließend wird ausdrücklich eine Anleitung für
"Eingeweihte" veröffentlicht, die einen
Zeitzünder beschreibt.
Zur nächsten Ausgabe kamen dann einige Reaktionen, Kritiken und eine
Verbesserung. Diese wurde mit dem ausdrücklichen Hinweis
"Nicht von uns getestet" veröffentlicht. In
der Nummer 142 vom März `91 finden sich dann folgende Sätze in dem
Artikel "Freischwimmerin": "Nach Erscheinen der Zeitung
haben sich ein paar Leute von uns hingesetzt, die bis dahin keinerlei Erfahrung
mit der Materie hatten, und sich an der Schaltung versucht. Wir sind
kläglich gescheitert. Wir haben ein paar offensichtliche Fehler in der
Anleitung selbst herausgefunden... Wir haben die Panne diskutiert und beschlossen, künftig nichts mehr an
Anleitungen reinzunehmen, was wir nicht selbst vorher getestet haben.
Versprochen! Außerdem ist uns aufgefallen, daß auch in den letzten
Ausgaben viele Sachen zu ungenau und verwirrend dargestellt wurden und auch
unsere Kommentare dazu nicht frei sind von Fehlern und
Mißverständnissen..." [Vollständig dokumentiert wird
dieser Artikel auf den folgenden Seiten, Anm.]
Es folgen neben einer Erklärung, warum die radi nach wie vor
Anleitungen veröffentlicht, grundlegende Worte bezüglich der
Vorbereitung und den Bedingungen für die Durchführung von
klandestinen Aktionen. Es werden grundlegende Tips zum Einkaufen von Bauteilen
gegeben, sämtliche Bauteile werden erläutert, die Anleitungen der
Nr.140 und Nr.141 verbessert. Daran anschließend stellen die
Automarderinnen auf weiteren acht Seiten eine Testreihe zum Knacken von Autos
vor.
Diese Seiten veranschaulichen sehr gut die Weiterentwicklung innerhalb der
radikal, was die Einsicht angeht, gegenüber abgedruckten
Anleitungen die volle hundertprozentige Verantwortung zu übernehmen. Damit
sollte in Zukunft ausgeschlossen sein, solche Kritiken zu erhalten, wie in der
Nummer 132. Damals hatte eine Gruppe "Hau weg die Scheiße
Sektion West" kritisiert: "Es mangelt aber an anderem. Es mangelt vor allem am technischen
Wissen und an Gründlichkeit bei der Umsetzung. Das ist auch an der Nr.131
auf Seite 62 und 63 zu merken (Anleitung zum Abfackeln von Baufahrzeugen,
d.S.). Solche Anleitungen sind gerade für Unerfahrene auf diesem Gebiet
eine Anleitung zum Selbstmord. Auf zwei Seiten werden mindestens sieben
verschiedene Methoden vorgestellt, von denen wir den Eindruck haben, daß
sie von den Verfasserinnen nicht alle ausprobiert worden sind. Stimmt
das?"
Ob die VerfasserInnen es selbst ausprobiert hatten, wußten wir damals
nicht, da uns das Papier zugeschickt wurde. Was aber stimmte, war, daß
sich damals nicht alle in der Redaktion mit diesem Bereich der Zeitung
auseinandersetzten. "Es beschäftigen sich immer nur einzelne mit Erklärungen
und Anleitungen, während andere diesen Block zwar wichtig fanden, aber
teilweise nicht mal den Inhalt kannten." (ebenfalls Nr.132)
Dies war auch schlichtweg unmöglich, denn eine einzige Gruppe, die eine
ganze Zeitung produziert, kann nicht gleichberechtigt alle Bereiche diskutieren
und einzelne "ExpertInnen" können keine Diskussion innerhalb
einer Gruppe ersetzen.
In dem Maße, in dem sich mehr und mehr Gruppen an der radikal
beteiligten, konnte auch mehr und mehr Sorgfalt in den Bereich der Praxis
gesteckt werden. Eine Anleitung zu testen, gegebenenfalls zu überarbeiten
und dann auch noch für alle verständlich und nachvollziehbar zu
erklären, ist keine Arbeit wie einen Artikel zu diskutieren (damit soll
nicht gesagt werden, daß das Entwickeln von guten und weiterbringenden
Diskussionen nicht auch anstrengend und zeitraubend ist). Aber es ist eine
Aufgabe, die eine Gruppe vollständigst ausfüllt und damit auch deine
sonstige Arbeit in der radikal für diesen Zeitraum lahmlegt. Du
mußt die Orte finden, wo du testen und basteln kannst, schließlich
gehst du ja nicht einfach mal bei dir in den Keller. Oder du mußt, wie
für den Auto-Artikel, einen Test-Bruch nach dem anderen durchführen.
Erst als wir die strukturelle Möglichkeit dazu hatten, aufgrund der immer
wieder sporadisch aufgetauchten Kritiken eine grundsätzliche Änderung
im Umgang mit Anleitungen zu garantieren, vollzogen wir sie. Womit
eindrucksvoll bewiesen wäre, daß das Sein das Bewußtsein
bestimmt. Selbst wenn mal wieder eine Zeit kommen sollte, wo wir
kräftemäßig nicht dazu in der Lage wären, eine Anleitung
selbst zu testen, würden wir hinter dieses Kriterium nicht mehr
zurückfallen.
An der Grundsituation, wie sie in der Nr.132 beschrieben worden ist, hat sich
grundsätzlich nichts verändert, auch in jener Phase waren die
Anleitungen immer eine Angelegenheit bestimmter einzelner Gruppen und andere
verließen sich auf deren sorgsame Arbeit.
So wie wir durchaus unterschiedliche politische Auffassungen innerhalb der
radikal haben, so bestehen auch unterschiedliche Gewichtungen bei der
Frage der Wichtigkeit einer Praxisweitervermittlung. D.h. es wurde nie eine
Anleitung durch die Struktur gejagt mit der Aufforderung, "das
letzte Mal hat Gruppe XY die Anleitung getestet, wer will es denn dieses Mal
machen?", sondern die Gruppen interessierten sich von sich aus
genau für diese Arbeit.
In der nächsten Ausgabe sollte dann die Praxis greifbarer werden und den
Ruch der Klandestinität wieder verlieren. Die Nummer 143 erschien mit
einer Nähanleitung für eine modische Einklautasche, die mittels
eingenähtem Maschendraht die Kaufhauspiepgeräte übertölpeln
kann. Leider hat trotzdem keine Modezeitschrift unser Nähmuster
übernommen - linksradikales Modedesign scheint nicht dem Mainstream zu
entsprechen. Auf der Rückseite findet sich eine Reklame für eine
umfassende Bauanleitung von zwei Sendermodellen zur Abstrahlung einer eigenen
Frequenz oder zur Überstrahlung von starken offiziellen Sendern.
Das "autonome Stadtfernsehen/Stadtradio" aus Österreich
hatte uns eine Broschüre zugeschickt - und wir vertrieben diese dann
einige hundert mal an Interessierte gegen 30 DM Unkostenbeitrag. Ganz am Rande:
Das war ein enormes Zuschußgeschäft, das nicht mal unsere immensen
Kopierkosten abdeckte. Zugleich bedeuten solche Zusatzarbeiten und
Serviceleistungen immer, unser nicht gerade narrensicheres und
unbürokratisches System für Postbearbeitung zusätzlich auf die
Probe zu stellen.
Sind diejenigen, die die Post bearbeiten und Briefe beantworten, auch
dieselben, die zugesagt hatten, die Broschüren zu verschicken, und sind
diese wiederum dieselben, die die normalen Nachbestellungen erledigen?
Weiter kann die Problemstellung nicht erläutert werden, aber sie soll
verdeutlichen, daß eine Unmasse Probleme auf dich zukommen, wenn du
nicht in einem beheizbaren Büro sitzt, wo auf der linken Seite die alten
radikal-Ausgaben liegen, auf der rechten ein Stapel Sendebroschüren
und vor dir auf dem Tisch die Post von zwei Tagen, die du nun bei einem Kaffee
abarbeitest - möglichst noch den Telefonhörer seitlich ans Ohr
gequetscht um gleichzeitig mit deinen GenossInnen abzuquatschen, wer denn
nächste Woche Bürodienst macht.
(Das sind so die kleinen Träumereien, die einige von uns immer wieder
heimsuchten, wenn welche sich empört beschwerten, daß sie noch keine
Antwort auf ihren letzten Brief bekommen hatten, daß sie noch keine alte
bestellte Ausgabe bekommen hätten usw.)
Nach Volxstromtips und einer zugeschickten Anleitung zur Fahnenverunglimpfung
(anläßlich des neu entstandenen Feiertages 3.10.) folgt in der
Nr.145 vom Februar `92 der Abdruck einer getesteten Funkenstrecke zum
Zünden von Brandsätzen.
Diese hatte die Gruppe "Molche" anläßlich des
Golfkrieges am 23.4.91 eingesetzt, um einen Ventilschacht einer NATO-Pipeline
in die Luft zu jagen.
Über Tips zum Einklauen geht es weiter zum Artikel
"Computer-Sik" in der Nr.147 (März 1993): "Wir haben in unserer Reihe 'Bastelanleitungen' diesmal einen
ungewöhlichen Beitrag aufgenommen. Er hat insofern nichts mit
Zündern, Funkenstrecken, Klautaschen und all dem zu tun, als daß
sich aus ihm keine Handlungsanweisungen ableiten lassen, die sich direkt in
eine revolutionäre oder zumindestens das herrschende System angreifende
Tat umsetzen lassen. Vielmehr hat dieser Beitrag einen präventiven Charakter, um unser
subversives Tun weniger angreifbar zu machen. Gerade deswegen denken wir,
daß er unsere verehrte LeserInnenschaft interessieren dürfte. Wir
gehen davon aus, daß durch den technologischen Wandel, der bestimmt nicht
spurlos an euch vorübergezogen ist, sich mittlerweile viele von euch mehr
mit Computern rumschlagen wollen oder müssen als Funkenstrecken
zusammenzulöten und zum Einsatz zu bringen."
In der Nr.148 vom November `93 findet sich auf Seite 57 eine Querspalte, die
darüber informiert, daß die Faschisten in ihren Zeitungen den
Compi-Sik-Artikel nachgedruckt haben: "Aus dieser Erfahrung jetzt den Schluß zu ziehen, Infos
über militantes oder konspiratives Verhalten nicht mehr zu
veröffentlichen, halten wir für falsch. Letztendlich kommt es darauf
an, wer diese Informationen umsetzt, und vor allem: Mit welchen
Inhalten.... Dennoch: Nach dem Erstarken rechter Militanz in den letzten Jahren ist neben
der Frage, welche Inhalte durch Militanz transportiert werden (sollen), auch
Wert auf die Frage der (militanten) Mittel zu legen. In dem Interview mit der
rz (letzte Ausgabe) ist dazu einiges gesagt worden."
In der nächsten Ausgabe ist die Fragestellung des Wie-und-Was-Abdrucken
bereits als Thema ins Intro aufgestiegen, was ausdrückt, daß es
breiter in der radikal herumschwappt und nicht nur eine einzelne Gruppe
beschäftigt: "Einige von uns haben sich intensiver mit dem Thema
'Briefbomben' beschäftigt und es ist auch ein längerer Artikel
fertig, wie sie erkannt und entschärft werden können. Aber wir
veröffentlichen ihn vorerst nicht, weil wir befürchten, daß
evtl. eher die Faschos davon profitieren, denn sie könnten bei der
Herstellung der Briefbomben versuchen, die Erkennungsmerkmale zu ändern
oder zu vermeiden. Außerdem kann mensch nicht erklären, wie die
Teile entschärft werden können. Daß solche Anleitungen von Faschisten interessiert aufgenommen werden,
wurde uns besonders nach dem 'Compi-Sik'-Artikel deutlich, der in
mehreren Faschozeitungen nachgedruckt wurde und uns in dieser Hinsicht einige
Bedenken und Kritik eingebracht hat. Diese haben wir in der radi 138 (ja
ja, so kann es gehen, und schon sind wir wieder im Jahre `89 gelandet,
außen auf der Nummer war's auch schon 1993, aber wir schreiben derzeit
das Jahr `94 im goldenen März, und es ist immer noch die Nummer 149)
reichlich lässig und lapidar abgehandelt, ohne der Problematik im
geringsten gerecht zu werden. Wir diskutieren jetzt darüber und stellen
uns ganz allgemein die Frage, wie wir zukünftig mit sog.
'Praxisteilen' umgehen sollen. Seit einiger Zeit schon werden
Brandanschläge, Vermummung, Konspirativität etc. eher mit Faschos in
Zusammenhang gebracht und von diesen praktiziert. Wir wissen im Moment noch nicht, wie wir damit umgehen sollen, wollen aber
auch nicht ganz darauf verzichten, Tips und Tricks zur Praxis abzudrucken.
Welchen Ausweg wir finden, wird sich erst noch zeigen. Jedenfalls gibt es
diesmal wieder keine 'Praxis."
In der Nummer 150 findet sich dann doch der Beitrag zum Erkennen und
Öffnen von Briefbomben sowie praktische Tips und Überlegungen zu
einem Leben in der Illegalität. Anlaß war ein zugeschicktes
Interview mit einem, der im Fall Kaindl gesucht wurde.
In der Einleitung finden sich auch die bedeutsamen Sätze, die die BAW so
gerne in ihren Haftbefehlen anläßlich des 13.6. zitiert hat: "Illegal zu leben ist nichts Exotisches. In die Illegalität geht
man, wenn man muß. (Frau auch!) Dieses Muß betrifft in der
momentanen Situation zum größten Teil ausländische Frauen und
Männer, die aus ihren Herkunftsländern fliehen vor Krieg, politischer
Verfolgung, Diskriminierung als Frau oder Angehörige bzw. Angehöriger
einer bestimmten Nationalität, Hautfarbe, Religion, oder weil ihr
materielles Leben nicht mehr gewährleistet ist. Allein in der BRD leben
viele Tausende illegal. Für Deutsche erübrigen sich aufgrund des herausragenden
Lebensstandards solche Überlegungen zur Flucht. Für uns wird das
Thema erst aktuell, wenn wir verschärfter Repression ausgesetzt
sind."
Aktuell hatten wir schließlich einen Beitrag übernommen, der sich
mit dem Erkennen und Umgehen mit Observationen beschäftigt. Zwar gab es
solche Beiträge immer mal wieder, aber wir dachten, eine
regelmäßige Auffrischung kann nichts schaden, gerade nach dem ganzen
13.6.-Tango.
Zum Abschluß wollen wir wieder an den Anfang zurückkehren. In einer
Erwiderung auf die bürgerliche und linke Fixierung auf bombensprengende
Bastelanleitungen hatten wir gesagt, daß die letzte brennbare Anleitung
mittlerweile über vier Jahre zurückliegt. Das hat nichts mit einem
inneren Läuterungsprozeß zu tun, sondern damit, daß subversive
und revolutionäre Praxis ein dermaßen weites Feld ist, und daß
Sprengsätze und Brandsätze eben nur ein (und nicht der) Bestandteil
davon sind. Daß wir in den letzten Jahren nichts mehr aus diesem Bereich
veröffentlicht haben, können wir zu einem großen Teil mit einem
letzten kleinen Auszug aus dem Interview von `89 beantworten. Auch damals
hatten wir von der Nummer 133 bis zu Nummer 138 keine brennbare Anleitung
veröffentlicht, was das fragende ID-Archiv zu der hoffnungsvollen
Ansicht verleitete: "In den letzten Nummern hat man keine Anleitungen mehr gelesen. Hat
diesbezüglich bei euch eine Reflexionsphase stattgefunden?"
Die interviewte Gruppe antwortete darauf: "wenn in den letzten
ausgaben der radi weniger klassische anleitungen drin sind, dann liegt
das nicht nur an uns. es werden weniger erklärungen geschickt, und es
laufen derzeit auch weniger anschläge, als z.B. nach tschernobyl. aber das
ist nicht der einzige grund, denn es gibt immer gruppen, die eine
kontinuierliche militante praxis haben. wir wollen keinesfalls darauf verzichten, und die tat, und alles was damit
zusammenhängt, soll inhaltlicher schwerpunkt der radi bleiben.
allerdings erwarten wir gerade bei diesem punkt die verantwortliche beteiligung
von anderen, weil wir uns nicht alleinverantwortlich für den inhalt der
zeitung sehen. es wurde schon gesagt, daß wegen der organisatorischen
arbeit weniger zeit und kraft für die inhaltliche bestimmung bleibt, als
wir möchten. das wird sich erst langsam ändern. wenn genossInnen
meinen, daß die revolutionäre praxis in den letzten ausgaben zu kurz
kam, dann stimmt das für verschiedene bereiche, aber wir gehen nicht auf
sammelfahrt und wollen - wie gesagt - nicht allein bestimmen und
interpretieren, was sache aller sein muß." (Interview 1989)
An dieser Haltung hat sich innerhalb der radikal auch in den Jahren
93-96 nichts geändert, allenfalls würden wir vielleicht heute den
inhaltlichen Schwerpunkt in Bestandteil umbenennen. Es wurde in dieser Zeit
nichts zugeschickt, was uns veranlaßt hätte, diese Anleitung zu
testen und der Öffentlichkeit vorzustellen. Wir sehen dies auch als
Ausdruck davon, welchen Stellenwert militante Aktionen innerhalb des
Aktionsfeldes der linksradikalen Gruppen heute haben.
Im Intro der Nummer 149 wurde eine konkrete Fragestellung innerhalb der
radikal-Diskussionen angeschnitten, nämlich inwieweit durch die
mittlerweile verbreitete Militanz der Rechten sich der Umgang mit dem Abdrucken
von Anleitungen bei uns ändern muß.
Darüberhinaus können Aktionen, die früher nur mit
"links" entziffert wurden, diese Wirkung nicht mehr so für
sich beanspruchen. Hier sei ein kleines Beispiel dafür eingestreut, was
wir darunter verstehen: In der OLGA der Nummer 146 wurde auf der Bullenseite
ein Zeitungsausschnitt dokumentiert mit der Überschrift:
"Polizeiwache erneut von Vermummten
überfallen", dies spielte sich in Senftenberg ab. In der
Nummer 147 folgte dann ein empörter Leserbrief: "Ihr habt wohl nicht alle Tassen im Schrank, die Meldung von
Senftenberg als positiv hinzustellen... Die Senftenberger und Dresdner werden
vom Stuhl fallen, wenn sie eure Meldung lesen, falls sie die lesen, da gab's
nämlich große Diskussionen hinterher, was ist, wenn die unsere
Häuser und Läden mit 80,100 Leuten überfallen...Wo sollen denn
90 linke Vermummte in so einem Kaff wie Senfte herkommen? Das ist das letzte
Nest, da werdet ihr noch öfters was hören von dort, und zwar von den
Nazis."
Mal abgesehen davon, daß auch damals nicht alle in der radi sich
entschieden hätten, aus "Angriffen von Vermummten" bereits
ein positives linkes Ereignis abzuleiten - wird hoffentlich verständlich,
was wir damit meinen. Vermummung ebenso wie Brandanschläge waren seit
Anfang der 70er bzw. 80er überwiegend per se von der Symbolik positiv
durch Linke besetzt. Heute sind wir stärker damit konfrontiert, daß
sie lediglich eine formale Methodik sind, die noch nichts über
Identität und Verfaßtheit aussagt.
Dies heißt aber im Umkehrschluß nicht, dort wo es angebracht ist,
auf diese Methoden zu verzichten - sondern vor allem, daß die Medien
mittlerweile es noch leichter haben, die gleichen diffamierenden Codes
gegenüber rechts und links zu verwenden.
Es ist also nicht mehr als eine Aufforderung an linksradikale Gruppen, sich
noch genauer zu überlegen, wo und wann sie ihre Brandsätze ablegen.
Wenn das Ziel eindeutig gewählt ist - und deren gibt es in Deutschland
1996 weiterhin genügend -, dann läßt sich auch weiterhin
schwerlich ein rechter Brandanschlag mit einem linken vermengen. Desweiteren
verweisen wir auf den Text der "Freischwimmerin", die ein sehr
gutes Zitat in ihre Einleitung eingebaut hatte, welche Kriterien für
Vermittelbarkeit und Fingerspitzengefühl bei Aktionen vonnöten sind,
damit sie nicht medial gegen uns gewendet werden können.
Dennoch bleibt festzuhalten, daß wir die Diskussionen und
Überlegungen aus der Fragestellung im Intro der Nr.149 nicht alleine als
unser Thema begreifen, sondern sie muß von allen beantwortet werden, die
die radi nutzen und lesen - es ist aber kein einziger Beitrag in der
Vergangenheit dazu eingetroffen.
Da wir gerade bei Medienwirkungen sind, uns fiel in diesem Zusammenhang ein
Absatz in der Geschichtsbetrachtung der Jahre 80-84 auf (veröffentlicht
in der Interim, müßte aber auch hier in dem Buch zu finden
sein [Siehe das Kapitel "Zeitschrift für unkontrollierte
Bewegungen", Anm.]): "Damals ging es noch darum, nach dem
'deutschen Herbst', Militanz wieder als Möglichkeit aufzuzeigen,
während es heute eher darum geht, sich nicht ausschließlich auf
Militanz reduzieren zu lassen."
Pauschal werden hier unterschiedliche Stränge zusammengeworfen, die
unserer Meinung nach getrennt betrachtet werden müssen.
Die Funktionalisierung der medialen Ereignisverarbeitung mittels starker
Militanz(symbolik) hat oft eine Ignorierung durch die Medien durchbrochen.
Heute, bei fehlender Stärke, bekommen wir die fehlende
Medienaufmerksamkeit gerade vorgeführt. Passiert nichts - wird auch nicht
berichtet.
Medien suchen das Spektakuläre, das Ereignis, und bei linken und
linksradikalen Mobilisierungen sowieso das, was eine Distanzierung erzeugen
soll. Wenn es keinen Krawall gibt, wird ein Feuerwerkskörper
hochstilisiert.
Das heißt, um mediale Aufmerksamkeit zu erringen, werden wir nicht auf
bestimmte Methoden verzichten können. Die Frage ist aber: Sollen wir
unsere Politk so sehr danach bestimmen, in die Medien zu kommen? Gehen wir
nicht genau der globalen Medienlogik auf den Leim, wenn wir den Erfolg der
meisten Mobilisierungen daran bemessen, wie stark linksradikale Politik in den
Medien vorkommt?
Wir würden also das Dilemma anders beschreiben: Linksradikaler Politik ist
(nicht erst seit gestern, sondern bereits im Laufe der 80er) der soziale Raum
und das gesellschaftliche Umfeld abhanden gekommen, in der sie sich abspielen,
mobilisieren und ausstrahlen kann. Sie hat sich immer stärker dem medialen
Raum zugewandt (auch durch Erklärungen, die lediglich in den eigenen
Medien auftauchen). Medial vermittelte Politik kann aber nur ein Bestandteil
linksradikaler Praxis sein.
In dem Sinne, wie die militanten Angriffe die Methode wurden, in den medialen
Raum einzubringen, haben die Angriffe an Schärfe verloren. Es wird in den
nächsten Jahren auch darum gehen, die Methoden wieder voneinander zu
trennen. Das eine ist die Eroberung medialen Raums auf eine Art und Weise, die
den Distanzierungsspielraum klein hält - das andere sind die militanten
Angriffe.
O.L.G.A.
Mit der Nummer 142 wird dieser Strang, damals noch unter dem Namen
PIEFKE, begonnen. Stehen die anderen Stränge vornehmlich für eine
politisch-inhaltliche Richtung, die durch mehrere Beiträge in den
verschiedenen Nummern ausgebaut und vertieft werden sollte oder die immer
wieder ein Thema aufgreift und beleuchtet, so steht die O.L.G.A .für einen
anderen Zeitungsansatz - ein anderes, direkteres Verhältnis zu den
LeserInnen.
Nicht zufällig entsteht sie zu genau dem Zeitpunkt, an dem sich immer mehr
Gruppen verschiedene Schwerpunkte in den einzelnen Ausgaben setzen.
Die erste Gruppe, die dieses Projekt gründet, versteht den O.L.G.A.-Ansatz
als direkte Kritik an der internen Entwicklung innerhalb der radikal. So
stellt die O.L.G.A. ausdrücklich die zugeschickten Berichte in den
Mittelpunkt ihres Wirkens. Sie möchte den diversen Beiträgen einen
Platz innerhalb der radikal sichern und durch eine beständige
Auswahl kleinerer Nachrichten quer gestreut durch die linksradikale
Erlebniswelt zum Mitmachen animieren.
Die Behandlung der Post ist in der Geschichte der radikal immer ein
Anlaß für Kontroversen gewesen (siehe z.B. bereits das Intro der
Nummer 131). Während eine Tendenz befürwortete, die Auswahl der
Beiträge solle sich entsprechend stark an den zugeschickten Artikeln
orientieren, hielten andere dem entgegen, "daß sie sich nicht
den ganzen Stress der verdeckten Produktion machen würden, um dann die
Auswahl an der Postsichtung zu orientieren".
Dabei ging es nicht darum, ob die Beiträge in der Zeitung auftauchen (denn
darin waren sich trotz sicherlich unterschiedlicher Gewichtung alle einig),
sondern ob die Redaktionsgruppen ein eigenständiges Verhältnis dazu
entwickeln. Wird sich mit der Post beschäftigt, weil sie zufällig
dem Thema entspricht, das die Gruppe sowieso beackern will, oder nimmst du die
Post zum Ausgangspunkt, und fällst aufgrund der Sichtung die Entscheidung,
dich mit einem Thema zu beschäftigen, daß offensichtlich vielen auf
den Nägeln brennt.
Während ersteres mit der Zeit die Redaktionsgruppen immer mehr entfremden
würde, würde zweiteres den Bezug wachhalten.
Wurde bis zu den Nummern 138/139 die eingegangene Post immer ausreichend
berücksichtigt, weil einfach die Kapazitäten eigenständiger
Redaktionsgruppen, die den Raum anders hätten füllen können, gar
nicht vorhanden waren, so sahen die O.L.G.A.-GründerInnen dies ab 1991
stark gefährdet.
Nicht zufällig befürworteten die O.L.G.A. am Anfang vor allem jene,
die schon seit langer Zeit die LeserInnenbriefe beantworteten und dabei immer
wieder die Erfahrung machten, daß aus zunächst vorsichtigen
Nachfragen von LeserInnen mit der Zeit rege Briefkontakte entstehen konnten.
Ihr findet hier [nebenstehend] die erste Einleitung (PIEFKE) aus der Nummer
142.
Das Projekt O.L.G.A. war sowohl intern als auch bei den LeserInnen
äußerst umstritten. Zwei Umfragen bei LeserInnen ergaben zwischen
BefürwoerterInnen und GegnerInnen jeweils ein ausgewogenes Remis. Es
reichte von zustimmenden und begeisterten Stimmen wie "Youh eure
O.L.G.A. war wieder absolute OBERSPITZE" bis hin zu dem abgenervten
"Eure O.L.G.A. war wieder nur zum überblättern, klasse
fänd ich es, wenn ihr mehr eigene Sachen abdrucken würdet."
Intern war die Stimmungslage anläßlich der O.L.G.A. entschieden
angespannter - was die Schilderung oder Deutung des O.L.G.A.-Ansatzes auch so
schwer macht. Diese Beschreibung läßt sich nicht davon trennen,
daß mit Gründung der O.L.G.A. eine Debatte losgetreten wurde, die
schließlich mit dem Austritt zweier Zusammenhänge endete.
Dies ist bitte nicht so zu verstehen, daß die O.L.G.A. der Anlaß
zum Austritt war, eher war sie der Aufhänger einer längst
überfälligen Debatte.
Die KritikerInnen wollten aufgrund des gesamten Ablaufes der Produktion der
Nummer 143 eine Diskussion über die inhaltliche Zusammensetzung der
radikal einfordern. Sie verstanden die bunte Mischung innerhalb der
O.L.G.A. als eine Bestärkung diffuser aktionistischer Aktivitäten
innerhalb der autonomen Szene, wo es doch eher darum gehen müsse, nicht
alles nebeneinanderzuklatschen, sondern sich mit eigenen
"radikalen" Überlegungen präsent zu machen.
Des weiteren akzeptierten sie nicht, daß sich eine Gruppe innerhalb der
radikal berufen fühlte, als SachverwalterIn der Post bzw. eines
Themenspektrums, in diffuser Breite aufzutreten. So gab es bei den Ausgaben
144-147 immer wieder Streitigkeiten, wer denn nun zuständig sei für
die antifaschistischen Aktionen.
Die andere Seite sah sich damit in ihrer Arbeit beschnitten. Sie verweigerte
eine gemeinsame inhaltiche Diskussion der gegensätzlichen Auffassungen
über die Bestimmung einer radikal und sah sich aufgrund ihres
strukturellen Zustandes überfordert, diese Diskussion zu jenem Zeitpunkt
zu führen.
Was sich lediglich erreichen ließ, war das Einverständnis, daß
sich die radikal in verschiedenen Teilen ihrer Ausgaben an verschiedene
LeserInnenkreise wende. Alle könnten der O.L.G.A. zuarbeiten, aber die
eine Gruppe wollte die Bestimmung über deren konkrete Zusammensetzung und
ein festes Seitenkontingent. Die geforderte inhaltliche Debatte über den
politischen Rahmen der radikal sollten die miteinander führen, die
daran interessiert waren. Im späteren Verlauf blieb es ungefähr
Remis, was den Streit um die Notwendigkeit einer O.L.G.A. betraf. Letztlich
akzeptierten alle das Bestehen der O.L.G.A., aber die Verhältnisse
untereinander waren längst nicht mehr zu kitten.
Hier soll noch einmal etwas ausführlicher erklärt werden, warum wir
heute weiterhin denken, daß die O.L.G.A. ein Bestandteil jedes weiteren
radi-Konzeptes bleiben sollte, obwohl wir teilweise in der damaligen
Diskussion gegenteiliger Auffassung waren. In der Nummer 149 steht folgende
ganz kurz zusammengefasste Einleitung: "Die O.L.G.A. ist der Block in der radikal, in dem wir die
Briefe, Berichte, Flugblätter, Erklärungen, Aufrufe,
Zeitungsschnipsel etc. von euch LeserInnen über gelaufene oder anstehende
Aktionen aller Art, über Prozesse und andere Schweinereien, sowie alles,
was ihr uns sonst noch zuschickt, verarbeiten. Wir fassen einige Sachen
zusammen, ordnen alles thematisch an und ergänzen das Ganze durch Berichte
aus anderen Zeitschriften oder auch durch eigene Beiträge, und fertig ist
die O.L.G.A..."
Nach unserem Verständnis soll die radi ein Medium verschiedenster
Strömungen des linksradikalen Widerstandes sein. Wir begreifen die
radi nicht als unser alleiniges Medium, denn wir haben genausowenig wie
andere Gruppen die Weisheit gepachtet und haben genau wie alle anderen
eingegrenzte Wahrnehmungsfähigkeiten, manchmal auch Scheuklappen und
Engstirnigkeit. Bestimmten Themen widmen wir zehn Seiten, manche lassen wir
ganz außen vor, und andere sollen unserer Meinung nach nicht
unkommentiert in die radi, weil sie gänzlich unserer Sicht
widersprechen.
Wir reden von medialer Macht, so wie sie jede Redaktion ausübt, und damit
von Realitätskonstruktion, die durch subjektive Auswahlkriterien entsteht.
Wir reden aber auch von Schreibhemmungen, die entstehen könnten, wenn ein
ganzes Heft von vorne bis hinten durchstrukturiert wäre und es von
Schlußfolgerungen und Resümees nur so wimmeln würde. Nicht,
daß wir so ein Heft produzieren wollen würden, das ist nicht unser
Interesse, wir meinen vielmehr, die radi lebt davon, daß sie allen
die Möglichkeit einräumt, sich zu äußern.
Ein Medium, daß für jede Mobilisierung bereits die passenden
Kritiken und Schlußfolgerungen parat hätte, würde diesen Mythos
erzeugen:Die betreffenden Gruppen haben alles klar, also komm ich mit dem, was
ich zu sagen habe, eh nicht durch. Aus so einem Mythos, einer
Überhöhung des Mediums, würde nur Passivität resultieren.
Er würde auch absolut nicht der Realität entsprechen. Weder sind
radikal-Gruppen überall vor Ort, noch läßt sich alles
vom Schreibtisch aus richtig beurteilen.
Ein inhaltlich völlig durchstrukturiertes Medium kann zwar zur
Beantwortung unserer eigenen Fragen durchaus produktive Hilfestellungen geben,
schreibt aber zugleich eine Aufgabenverteilung fest. Die einen machen, und die
Medien kommentieren - das ist für uns und die radikal
grundsätzlich der völlig falsche Dampfer. Eine Erwartungshaltung
an die radi, die uns auf produktive Bewertungen, schlaue Analysen und
Entdeckungsreisen jenseits der autonomen Realität festschreibt, will uns
auf ein rein mediales Verhältnis zur linksradikalen Bewegung festlegen.
Die radi soll als Medium auf zwei Füßen immer weiter
wachsen. Sie soll einerseits helfen, neue Kriterien in den linksradikalen
Diskussionen zu entwickeln sowie Widersprüche in den Debatten klären
oder suchen. Andererseits muß sie zugleich in der Lage sein, ein
realistisches - nicht durch die Brille einer Redaktionsgruppe verzerrtes -
Abbild der linksradikalen Zusammenhänge aufzeigen zu können.
Das mag vielen müßig erscheinen, weil sie andere Interessen haben
oder weil sie Schiß vor Stagnation haben. Aber wir wissen keinen anderen
Weg, mit der Erkenntnis umzugehen, daß sich die radi an
unterschiedliche Wissensstände richtet. Wir halten nichts davon, hinter
jede Mobilisierung noch einen pädagogisch zurechtweisenden Kommentar zu
hängen, wie es hätte besser laufen können. Zumal wir viel zu oft
daneben liegen würden. Ein politisches Häufchen, das sich immer mehr
in strategische, grundsätzliche Debatten oder Analysen verirrt, ohne
bodenständig zu bleiben, d.h. ohne in einer permanenten Rückkopplung
einzubeziehen, was vor Ort, an der Basis, in den einzelnen Regionen passiert,
erstarrt und kann nicht radikal sein.
Deshalb wird es die O.L.G.A. auch weiterhin in einer eigenständigen Form
geben, keine Frage.
Unter anderem die O.L.G.A. erinnert daran, daß wir hier eine Struktur zur
Verfügung stellen - und sich niemand, der das Blatt mehr als einmal liest,
nur zurücklehnen kann, um zu sehen, was die linksradikalen Kräfte
wieder so alles treiben. Die häufig zitierte Passage aus unserem ersten
Flugblatt nach dem bundesanwaltschaftlichen Manöver vom 13.6., "Wer
ist die radikal?" entspricht dieser Vorstellung.
Genau darum geht es, wir alle sind es. Es geht hier um unsere Kommunikation
untereinander. Es geht um die Kommunikation zwischen Jüngeren und
Älteren. Diese wirkt im wesentlichen nicht nur als räumliche
Trennung, sondern als soziale Konstruktion im Kopf. Resignierte und
Hoffnungsvolle - Belesene und Betroffene - der Austausch zwischen den
langfristig Denkenden und den spontan vor Ort agierenden. Damit wollen wir
keine Schablonen aufmachen (es gibt sehr wohl viele, die beides auf Tasche
haben) - aber dennoch sehen wir immer wieder, daß es erhebliche
Kommunikationsschwierigkeiten untereinander gibt. Nicht zuletzt in der radi
selbst.
Und natürlich geht es um die Debatte und die Entwicklung einer
konstruktiven Streitkultur zwischen den unterschiedlichen politischen
Ansätzen, genauso wie zwischen denjenigen, die unterschiedliche Methoden
des Kampfes und der Aktion befürworten. Das alles gilt es wahrzunehmen,
auch im Gefälle der regionalen Bedingungen.
In diesem Sinne ist auch die Darstellung der verschiedenen Stränge, die
wir stellvertretend für die Phase 140-147 herausgegriffen hatten, ein
konkreter Fall für eine O.L.G.A.-Kritik.
Wir erfassen hier in dem Buch aus unserer langen Beschäftigung mit
Organisierungsansätzen und linksradikaler Geschichte nur die
"großen" Themen (mal abgesehen davon, daß wir sie eh
nur referiert haben, anstatt sie mit heutigen Positionen zu ergänzen), die
Wichtigkeit suggerieren.
"Seht her, was wir als radi Wichtiges zu sagen gehabt
haben" - in so einer Tendenz liegt immer auch die Gefahr, sich selbst am
Aufwertungsspiel medialer Beweihräucherung zu beteiligen.
"Der Konflikt"
So, liebe Leute, jetzt müßte hier eine Aufarbeitung unserer
heftigsten Auseinandersetzung aus heutiger Sicht folgen, die innerhalb der
radikal Konsens ist. Solch eine Aufarbeitung gibt es aber nicht, deshalb
haben wir uns für folgenden Weg entschieden. Zunächst einmal
dokumentieren wir Beiträge, die dazu in der radi erschienen sind:
- drei Beiträge verschiedener Gruppen und Zusammenhänge aus der
Nummer 146.
- das Flugi, welches den Austritt einiger Zusammenhänge bekannt gibt und
die Rückkehr der radikal zur pragmatischen Arbeitsweise
ankündigt. In etwa dasselbe Horn bläst auch das
-Intro der Nummer 148, welches den Abschluß der Dokumentation bildet.
Nach dieser Dokumentation folgt dann unter der Überschrift "Zum
Konflikt aus heutiger Sicht" unsere Schlußfolgerung aus dem Ablauf
des Konfliktes - dies ist ausschließlich die Sichtweise dieses
schreibenden Zusammenhangs innerhalb der aktuellen radi-Zusammensetzung
und somit in der Struktur undiskutiert.