nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Sat Oct  7 02:43:58 1995
 


[Prev][Next][Index]

Durchsuchungen wg. AIZ/radikal in koeln


  • Subject: Durchsuchungen wg. AIZ/radikal in koeln
  • From: STADTREVUE.KOELN@LINK-LEV.dinoco.de (StadtRevue Koeln)
  • Date: 14 Jun 1995 14:15:00 +0000

  • 
    
    
    ***************************************************************
    StadtRevue Verlag  GmbH            Telefon: (0 22 1) 95 15 41-0
    Kölns Stadtillustrierte           Telefax: (0 22 1) 95 15 41-11
    Maastrichter Straße 49
    50672 Köln          e-mail: Stadtrevue.koeln@link-lev.cl.sub.de
    
    Erklärung zu den Durchsuchungen von mehreren Wohnungen in Köln
    am 13. 06. 95, im Rahmen der bundesweiten Durchsuchungen wg.
     AIZ und der Zeitschrift »radikal«.
    ***************************************************************
    
    
    ==============================================
    Presseerklärung
    ==============================================
    
    Im Rahmen einer bundesweiten Aktion gegen das linksradikale
    Spektrum wurde in den Morgenstunden des gestrigen Tages
    (13.6.1995) mehrere Wohnungen in Köln von Beamten und
    Beamtinnen des Bundes- und Landeskriminalamtes sowie der Kripo
    Köln durchsucht. Betroffen waren in Köln ein Haus in der
    Ludolf-Camphausen-Straße, ein weiteres Haus in der
    Lessingstraße und eine Wohnung in der Leyendecker Straße. Den
    diffus formulierten Durchsuchungsbefehlen zufolge, richtete
    sich das Augenmerk hauptsächlich auf die Zeitschrift »radikal«,
    sowie in einem speziellen Fall auf die Konstruktion »legale«
    und »illegale« RAF: Auf diesem Hintergrund wurde die Wohnung
    der ehemaligen RAF-Gefangenen Ingrid Barabaß mit der Begründung
    durchsucht, sie fungiere als »Nahtstellenperson« zwischen
    »Kommandoebene« und Inhaftierten der RAF. Der in den Medien
    immer wieder genannte Grund für die bundesweite
    Durchsuchungsaktion, Mitglieder bzw. UnterstützerInnen der
    »Antiimperialistischen Zelle« und des »K.O.M.I.T.E.E.« dingfest
    zu machen, taucht in den Kölner Durchsuchungsbefehlen nicht
    auf.
    In der Ludolf-Camphausen-Straße 36 drangen Kräfte des Spezial-
    Einsatz-Kommandos gegen 6 Uhr morgens ins Treppenhaus des
    Gebäudes ein. Aufgrund der Tatsache, daß die Beamtem weder
    durch ihr Verhalten noch durch verbale Äußerungen auf den
    ersten Blick als Exekutivorgane zu identifizieren waren, und
    die BewohnInnen des Hauses aus dem Schlaf gerissen, sich mit
    einem vermeintlichen faschistischen Überfall konfrontiert
    sahen, wurde der Polizeinotruf aktiviert. Erst nach dem Einsatz
    von Blendgranaten und der Fesselung der betroffenen Personen
    wurde klar, daß es sich um einen SEK-Einsatz handelte und nicht
    um einen Überfall Rechtsradikaler. Zwei Personen wurden
    umgehend zur erkennungsdienstlichen Behandlung und zur
    Vernehmung zum Polizeipräsidium Waidmarkt gebracht und blieben
    dort bis zum frühen Abend in Haft.
    Das SEK verschaffte sich auf martialische Art und Weise -
    Aufbrechen der Türen, Blendgranaten und Waffen im Anschlag -
    Zutritt zu drei Wohnungen, kurz darauf wurde die Federführung
    an die Beamten der Kriminalpolizei, des BKA's und des LKA's
    übergeben.
    Für eine der Wohnungen richtete sich der Durchsuchungsbefehl
    gegen die ehemalige Gefangene der RAF Ingrid Barabaß, der - wie
    bereits erwähnt - zur Last gelegt wird (Zitat
    Durchsuchungsbeschluß) »sich als in der "Legalität" lebende
    
    
                                1
    
    sogen. "Nahtstellenperson" zu Mitgliedern der "Kommandoebene"für die terroristische Vereinigung "Rote Armee Fraktion (RAF)"
    mitgliedschaftlich betätigt zu haben.« Ingrid Barabaß wurde
    kurzzeitig zur erkennungsdienstlichen Behandlung ins
    Polizeipräsidium am Waidmarkt gebracht.
    Auch die Räume anderer Mitbewohnerinnen wurden mit der
    Begründung der gemeinschaftlichen Nutzung durchsucht, wobei
    eine unabhängige Zeugin anwesend war. Beschlagnahmt wurden
    Computeranlagen, eine Schreibmaschine, und einzelne private
    Aufzeichnungen. Die Durchsuchung dauerte bis 17.30 Uhr.
    Auch im Fall der dritten betroffenen Wohnung in der Ludolf-
    Camphausenstraße stürmten maskierte und mit Maschinenpistolen
    bewaffnete SEK-Truppen unter dem Einsatz von Blendgranaten die
    Räumlichkeiten. Die Bewohner wurden gefesselt und mußten z.T.
    nackt eine Stunde bäuchlings auf Fußboden oder Bett zubringen.
    Des weiteren wurde ein Sprengstoff-Spürhund eingesetzt. Die
    Durchsuchung nahm mehr als 10 Stunden in Anspruch und endete
    um16.50 Uhrr. Bei den Wohnungsinhabern wurden z.T. persönliche
    Gegenstände, PC's, eine Schreibmaschine und diverse Broschüren
    beschlagnahmt. Eine Person wurde zur erkennungsdienstlichen
    Behandlung ins Polizeipräsidium Waidmarkt gebracht. Als Grund
    für die Durchsuchung führt der zuständige Richter am
    Bundesgerichtshof Bode den (Zitat Durchsuchungsbeschluß) »sehr
    engen Kontakt des Wohnungsinhabers« zu einem namentlich
    genannten Beschuldigten auf, der sich wiederum »im Verdacht
    steht, sich gemeinsam mit anderen als Mitverantwortlicher der
    linksextremistischen/linksterroristischen
    Untergrunddruckschrift "radikal" wegen Mitgliedschaft in einer
    kriminellen Vereinigung, Werbens für eine terrorisitschen
    Vereinigung und anderer Tatbestände strafbar gemacht zu haben.«
    Mit der selben Begründung verschafften sich die Polizeikräfte
    auch Zutritt zu den Räumen des "Antifa-Café" im Erdgeschoß des
    Hauses, das lt. Richter Bode vom Beschuldigten regelmäßig
    besucht wird. Dort, formuliert der Durchsuchungsbeschluß,
    »besteht der Verdacht, daß dem Beschuldigten
    verfahrensrelevante schriftliche Nachrichten übermittelt und
    die zu durchsuchenden Räumlichkeiten zur Verbreitung von
    "radikal" benutzt werden.«
    Die Durchsuchung beschränkte sich aber nicht auf die Räume des
    Cafés, sondern wurde, basierend auf der schwammigen
    Formulierung »... und angrenzende Nebenräume« auch auf die im
    Keller befindlichen Räume des Info-Ladens ausgedehnt. Dort
    brachen die Einsatzkräfte eine unversperrte Tür auf, rissen
    Teile des Fußbodens heraus und beschlagnahmten schließlich
    Schriftgut, Adressenkarteien, das Verzeichnis der Leihbücherei,
    Ordner mit Schriftverkehr, sowie den kompleten "Technikpark"
    (Kopierer, Fax, Anrufbeantworter und Schreibmaschine).
    Ebenfalls durchsucht wurde der im Erdgeschoß angesiedelte
    Frauenraum. Auch hier wurden Ordner mit Adressen und
    Schriftverkehr aserviert.
    Die Argumentationsgrundlage »Kontakt zu einem Beschuldigten«
    mußte auch für die Durchsuchung einer Wohnung in der
    Leyendecker Straße in Köln-Ehrenfeld herhalten. Die Bewohner
    wurden hier ebenfalls um 6 Uhr morgens aus dem Schlaf gerissen,
    allerdings ohne den Einsatz von SEK-Kräften. Beschlagnahmt
    wurden auch hier Zeitschriften und persönliche Gegenstände, den
    Computer ließ man hier allerdings stehen.
    Zeitgleich drangen schließlich SEK-Beamte in ein Haus in der
    Lessingstraße, der Meldeadresse des Beschuldigten, ein.
    Vermummt, behelmt und mit Maschinenpistolen bewaffnet, trat das
    
    
                                2
    
    Einsatzkommando die Haustür ein und stürmte die Wohnungen.Nachdem Fotos und Videoaufnahmen von den Räumen gemacht worden
    sind, übergab das SEK an die Kräfte der Kölner Kripo, des
    Landes- und Bundeskriminalamtes. Es ist kein "Neutraler Zeuge"
    anwesend, ersatzweise wird diese Funktion durch einen
    Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft (BAW) übernommen.
    Laut Beschluß werden alle Räume der Wohnung durchsucht, da sie
    angeblich auch von allen BewohnerInnen gemeinschaftlich genutzt
    würden. Grund der Duchsuchung ist auch hier die Ermittlung
    gegen eine Person, die als Mitverantwortlicher für die
    "radikal" verdächtigt wird. Beschlagnahmt werden sämtliche
    Computer und Zubehör (Hardware/Software/Peripheriegeräte) aller
    in der Wohnung lebender Personen, sowie Privatpost, Video- und
    Audiocasetten. Zum Ende der Durchsuchung (gegen 14.00 Uhr) wird
    noch ein Sprengstoff-Spürhund durch die Wohnung geführt.
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
                                3
    
    

  • Prev: police attack on autonomist scene
  • Next: Pressemitteilung des ID-SH
  • Index: Mail Index