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BAW-Durchsuchungen / erste zusammenfassung


  • Subject: BAW-Durchsuchungen / erste zusammenfassung
  • From: ID-SCHLESWIGHOLSTEIN@BIONIC.zer.de (ID-Schleswig-Holstein)
  • Date: 15 Jun 1995 22:15:00 +0000

  • 
    
    
    Bundesweite Durchsuchungsaktion der Bundesanwaltschaft
    
    Zusammenstellung von Berichten und Gedächtnisprotokollen
    
    
    Im Laufe des 13.06.1995 fanden in mehreren Städten der BRD  
    Durchsuchungen von mehr als 80 Privatwohnungen und linken  
    Zentren statt. Laut DPA begründeten die Sicherheitsbehörden  
    die Aktion mit der Fahndung nach Mitgliedern der  
    "Antiimperialistischen Zellen", des K.O.M.I.T.E.E. sowie der  
    "RADIKAL".
    
    
    
    Neumünster
    
    In Neumünster wurde der Infoladen Omega, sowie die anderen  
    Räumlichkeiten in dem Gebäude, welche von verschiedenen  
    anderen Gruppen genutzt wurden durchsucht. Bei dieser  
    Durchsuchung wurden alle Materialien, Archive, Computer und  
    Zubehör beschlagnahmt. Die Liste der geklauten Gegenstände  
    umfaßt mehr als 30 Seiten. Bemerkenswert dabei ist, daß  
    unter der laufenden Nr. 12  aufgeführt wird, der angebliche  
    Fund einer "Adressenliste in Sichtfolie für RADIKAL- 
    Empfänger im Ausland  -  33 Seiten".
    Insbesondere betroffen von dieser Aktion ist der  
    Informationsdienst Schleswig-Holstein, der in dem Gebäude  
    sein Büro hat. Das komplette Büro, wurde beschlagnahmt.  
    (Computeranlagen, Papier- und Elektronisches Archiv,  
    Scanner, Software, Privatutensilien von Mitarbeitern usw.)  
    Bei der Durchsuchung durften nur Vorstandsmitglieder des  
    Infoladens Omega anwesend sein. Diese teilten den Bullen  
    mit, daß die Räumlichkeiten, die neben dem Infoladen liegen,  
    mit diesem nichts zu tun haben, was die Bullen allerdings  
    einen Scheiß-Dreck kümmerte. Alle Türen des Gebäudes wurden  
    aufgebrochen, auch die Räumlichkeiten des Notrufes für  
    vergewaltigte Frauen und Mädchen e.V. Erst auf Intervention  
    eines Anwaltes, den die Frauen hinzuzogen, konnte erreicht  
    werden, daß die Bullen die Computer und anderes Material  
    nicht aus dem Notruf klauten. Bemerkenswert ist hierbei  
    allerdings die Aussage des Beamten, der die Computer  
    untersuchte, bevor sie abgeschleppt wurden, daß sie den  
    Computer des Notrufes nur stehen lassen, weil auf diesem das  
    Programm PGP nicht vorhanden ist. Wäre dieses Programm auf  
    dem Computer existent, würde kein Anwalt die Beamten daran  
    hindern, den Computer mitzunehmen. Dieser Äußerung messen  
    wir deshalb Bedeutung bei, da in der letzten Zeit in  
    verstärktem Maße versucht wird, die Verschlüsserung PGP  
    Höchstrichterlich zu verbieten.
    
    ********************************************************
    
    Berlin ( Stand 15.6.)
    
    Zeitgleich um 6 Uhr morgens stürmte die Staatsgewalt (LKA,  
    BKA) zwei Häuser und drei Wohnungen.
    
    Durchsuchungen fanden in einem Hausprojekt in der  
    Manteufelstr. und zwei Wohnungen statt. Hintergrund dieser  
    Durchsuchung war   129a und die Ergreifung von zur Fahndung  
    ausgeschriebener Menschen im Zusammenhang auf den  
    Abschiebeknast in Grünau/Berlin.
    Überall war massives Bullenaufgebot, quasi eine wüste  
    Materialschlacht. In den beiden Wohnungen wurde  
    Spurensicherung gemacht.
    In der einen Wohnung wurden Computer, Disketten, Briefe  
    etc.; in der anderen Briefe, Adressbuch und Kalender sowie  
    Fotos beschlagnahmt. In dieser letzten Wohnung war niemand  
    zu Hause und die Bullen konnten in aller Ruhe ihr Geschäft  
    verrichten.
    In dem Hausprojekt war der Durchsuchungsbefehl ursprünglich  
    nur für die Wohnung im 2. Stock ausgestellt.  
    Geschickterweise war eine Staatsanwältin aus Karlsruhe  
    gleich bei der Durchsuchung anwesend (Frau Dr. Fischer) die  
    vor Ort die Durchsuchung des gesamten Hauses anordnete.  
    Durch den Keller und den Dachboden des Hauses schickten die  
    Bullen bevor sie sich selber trauten erst einen  
    Sprengstoffhund. Spurensicherung wurde im 2. Stock und im  
    Gemeinschaftsraum gemacht. Die Ausbeute war mager, kleine  
    Notizzettel, Post und ein alter Feuerlöscher (TÜV 85).  
    Frustriert zog das LKA mit ihrem polnischen Reisebus wieder  
    ab.
    Die Begründung für die Durchsuchungsbeschlüsse war, daß in  
    den Wohnungen Menschen wohnen, die eine persönliche Nähe zu  
    den Gesuchten haben sollen.
    
    
    In einem weiteren Haus in der Wrangelstr. bezog sich die  
    Durchsuchung auf einen Mann der dort wohnt, wegen 129/129a  
    in Bezug auf die RADIKAL.
    Offensichtlich hatten sich die Bullen verlaufen und statt  
    einer Wohnung nebenbei noch zwei andere Wohnungen  
    durchsucht. Zusätzlich durchsuchten sie auch eine Werkstatt,  
    die sich im Haus befindet. Beschlagnahmt wurden Laptop und  
    Schreibmaschine und diverser Kleinkram.
    Der Mann nach dem sie fahndeten wurde in der Wohnung seiner  
    Eltern festgenommen. Die Wohnung der Eltern wurde auch  
    durchsucht. Werner wurde sofort nach Karlsruhe verschleppt,  
    wo er schon um 11 Uhr ankam.
    Werner ist akut an Hepatitis erkrankt und wir schätzen ein,  
    daß er sich in der JVA Heimsheim, wo er in Untersuchungshaft  
    sitzt, auf keinen Fall erholen kann.
    
    
    
    
    Aktion "Wasserschlag" der Bundesanwaltschaft am 13.6.95
    Stellungnahme von Betroffenen in Berlin
    
    
    Am 13.6.95 wurden auf Veranlassung der Bundesanwaltschaft  
    (BAW) zahlreiche Wohnungen in Berlin und sieben anderen  
    Bundesländern durchsucht. Beteiligt waren  
    Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt. Für diese  
    mehrstündige Aktion "Wasserschlag" hat die  
    Bundesanwaltschaft verschiedene Gründe an den Haaren  
    herbeigezogen.
    In einigen Fällen wurde behauptet, es werde nach  
    untergetauchten Personen gesucht, die wegen des  
    gescheiterten Anschlages auf den in Bau befindlichen  
    Abschiebe-Knast in Grünau verfolgt werden.
    Anderswo hieß es, es werde nach Personen gesucht, die die  
    Zeitschrift Radikal herstellen.
    Wiederanderswo ging es angeblich um die  
    "Antiimperialistischen Zellen (AIZ)"
    Zusammengeschnürt wurde dieses krude Bündel mit den    129,  
    129a (Bildung/Unterstützung einer kriminellen bzw.  
    terroristischen Vereinigung).
    Heraus kam, wie nicht anders zu erwarten, ein Großaufgebot  
    von Bereitschaftspolizei, LKA, BKA, SEK..., das mit viel  
    Getöse auszog und als Erfolg vermelden konnte:
    Morgens um 6 Uhr Leute aus den Betten gerissen und  
    stundenlang festgehalten. Türen demoliert, Zimmer  
    durchwühlt. Persönliche Briefe, alte Schreibmaschinen, olles  
    Werkzeug, politische Broschüren und Zeitschriften  
    "beschlagnahmt". Menschen beim Pinkeln zugeschaut.  
    Versehentlich Alarmanlagen ausgelöst. Und schließlich, was  
    nicht mehr so lustig ist: Personen festgenommen. All der  
    Wirbel, der jetzt vermutlich seitens der BAW um einen  
    "erfolgreichen Schlag gegen den Linksterrorismus" gemacht  
    werden wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich  
    dabei um nichts weiter handelt als um eine mise, chaotische  
    Aktion, mit der Menschen eingeschüchtert und drangsaliert  
    werden sollen.
    
    Wir fordern die Bundesanwaltschaft auf, sich nach Karlsruhe  
    zurückzuziehen und dort wegen erwiesener Überflüssigkeit  
    selbst aufzulösen!
    
    Berlin, 13.6.95
    
    
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    Bremen
    
    Am Morgen und Vormittag des 13.6.95 wurden in Bremen vier  
    Privatwohnungen, der Infoladen und der Frauenbuchladen von  
    BGH und BAW durchsucht.
    Drei Personen werden der Mitgliedschaft in einer  
    terroristischen/kriminellen Vereinigung verdächtigt, unter  
    anderem Sprengstoffanschlag auf das FDP-Büro in Bremen am  
    26.9.94.
    Bei einer Person ist die Begründung unklar.
    Es gab keine Verhaftungen, nur ED-Mißhandlung.
    Die Bullen haben insgesamt drei VW-Busse mit Material  
    beschlagnahmt.
    
    
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    Hamburg
    
    In Hamburg sind mindestens 15 Wohnungen durchsucht worden.  
    Hierbei sind 8 Menschen vorläufig festgenommen worden. Die  
    Durchsuchungen und Festnahmen wurden bei 4 Menschen mit  
    Mitgliedschaft in der AIZ gegründet, bei 2 als  
    Mitverantwortliche der Radikal und bei 2 mit Unterstützung  
    der Radikal. Nach ED-Mißhandlungen, sind alle im Laufe des  
    Tages wieder freigelassen worden.
    Beschlagnahmt wurden in allen Wohnungen Computeranlagen,  
    Briefe, Fotos, Cassetten, Videos, Dokumentensammlungen, etc.
    
    
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    Köln
    
    In Köln wurden fünf Privatwohnungen, das Antifa-Café und der  
    Infoladen durchsucht. Die Durchsuchungen werden in  
    Zusammenhang gestellt mit einer namentlich genannten Person,  
    der Mitverantwortlichkeit an der Herausgabe der 'Radikal'  
    vorgeworfen wird. Auf dieser Basis wurde das persönliche  
    Umfeld des Beschuldigten observiert, durchleuchtet,  
    durchsucht und der Repression ausgesetzt.
    Für eine der Wohnungen richtete sich der Durchsuchungsbefehl  
    gegen eine ehemalige Gefangenen aus der RAF, der zur Last  
    gelegt wird, "sich als in der Legalität lebende sogenannte  
    Nahtstellenperson zu Mitgliedern der Kommandoebene für die  
    terroristische Vereinigung RAF mitgliedschaftlich betätigt  
    zu haben" (Zitat Durchsuchungsbeschluß). Sie wurde zur ED- 
    Behandlung ins Polizeipräsidium gebracht..
    Auch die Räume anderer MitbewohnerInnen wurden mit der  
    Begründung der gemeinschaftlichen Nutzung durchsucht, wobei  
    eine unabhängige zeugin anwesen war. Beschlagnahmt wurden  
    Computeranlagen, eine Schreibmaschine und einzelne private  
    Aufzeichnungen.
    Auch im Fall deer dritten betroffenen Wohnung in der Ludolf- 
    Camphausen-Str. stürmten maskierte und mit Maschinenpistolen  
    bewaffnete SEK-Trupen mit Einsatz von Blendschockgranaten  
    die Räumlichkeiten. Die Bewohner wurden gefesselt und mußten  
    z.T. eine Stunde nackt bäuchlings auf Fußboden oder Bett  
    zubringen. Desweiteren wurde ein Sprengstoff-Spürhund  
    eingesetzt. Die Durchsuchung nahm mehr als 10 Stunden in  
    Anspruch. Bei den Wohnungsinhabern wurden z.T. persönliche  
    Gegenstände, PCs, eine Schreibmaschine und diverse  
    Broschüren beschlagnahmt. Eine Person wurde ED-behandelt.
    Das Antifa-Café wurde mit der Begründung durchsucht, daß dem  
    Beschuldigte verfahrensrelevante schriftliche Nachrichten  
    übermittelt und der Raum zur Verbreitung der "Radikal"  
    benutzt würden. Die DUrchsuchung beschränkte sich aber nicht  
    auf das Antifa-Cafe, sondern wurde, basierend auf der  
    schwammigen Formulierung "...und angrenzende Nebenräume"  
    auch auf die im Keller befindlichen Räume des Infoladens  
    ausgedehnt. Dort brachen Einsatzkräfte eine unversperrte Tür  
    auf, rissen Teile des Fußbodens heraus und beschlagnahmten  
    schließlich Zeitschriften, Broschüren, Videobänder,  
    Adressenkarteien, das Verzeichnis der Leihbücherei, Ordner  
    mit Schriftverkehr, sowie den kompletten "Technik-Park" (  
    Kopierer, Fax, Anrufbeantworter, Schreibmaschine). Aus dem  
    Archiv wurden sämtliche Ausgaben der "RAdikal" seit Ende der  
    siebziger Jahre  und der gesamte Bestand neuerer Nummern  
    mitgenommen. Nach einer ersten Bestandsaufnahme zeigte sich,  
    daß sich der behördliche Zugriff vor allem auf  
    Diskussionspapiere zum thema Widerstand, RAF-Diskussion und  
    interne (Infoladen)Strukturen konzentrierte.
    Ebenfalls durchsucht wurde der im Erdgeschoß angesiedelte  
    Frauenraum. Auch hier wurden Ordner mit Adressen und  
    Schriftverkehr asserviert.
    Bei einer weiteren Wohnungsdurchsuchung wurden persönliche  
    Gegenstände beschlagnahmt, der Computer wurde  
    stehengelassen.
    Ebenfalls durchsucht wurde das Haus, in dem der Beschuldigte  
    gemeldet ist. Vermummt, behelmt und mit Maschinenpistolen  
    bewaffnet, trat das SEK die Haustür ein und stürmte die  
    Wohnungen. Nachdem Fotos und Videoaufnahmen von den Räumen  
    gemacht worden waren, durchsuchte Kripo, LKA und BKA die  
    Wohnung des Beschuldigten. Beschlagnahmt wurden sämtliche  
    Computer und Zubehör (Hard-, Software, Peripheriegeräte)  
    aller in der Wohnung lebenden Personen, sowie Privatpost,  
    Video- und Audiocassetten.
    
    In der Ludolf-Camphausen-Str 36 drangen Kräfte des SEK gegen  
    6 Uhr morgens ins Treppenhaus des Gebäudes ein. Da die  
    Beamten weder durch ihr Verhalten noch durch verbale  
    Äußerungen auf den ersten Blick als Exekutivorgane zu  
    identifizieren waren und die BewohnerInnen des Hauses aus  
    dem Schlaf rissen, sahen diese sich mit einem vermeintlichen  
    faschistischen Überfall konfrontiert. Aus den obersten  
    Stockwerken konnten durch das Treppenhaus nur Taschenlampen  
    und vermummte Personen in Kampfanzügen wahrgenommen werden.  
    Ein Bewohner rief spontan die Polizei und bat um Hilfe.  
    Vereinzelt wurde Widerstand geleistet. Erst nach dem Einsatz  
    von Blendschockgranaten und der Fesselung der betroffenen  
    Personen wurde klar, daß es sich um einen SEK-Einsatz  
    handelte und nicht um einen Überfall Rechtsradikaler. Zwei  
    Personen wurden umgehend zur ED-Behandlung und zur  
    Vernehmung zum Polizeipräsidenten Waidmark gebracht und  
    blieben dort bis zum frühen Abend in Gewahrsam. Begründung:  
    Widerstand gegen die Staatsgewalt und Vergehen gegen das  
    Betäubungsmittelgesetz, weil bei der anschließenden  
    Durchsuchung ihrer Wohnräume geringfügige Mengen an Cannabis- 
    Produkten gefunden wurden.
    
    
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    Lübeck
    
    In Lübeck wurde das Arbeitslosenzentrum, die Alternative  
    inclusive der Bauwagen sowie 2 Privatwohnungen durchsucht.  
    Bei diesem Überfall wurden drei Menschen verhaftet. Zwei der  
    Verhafteten wurden nach ED-Mißhandlung wieder entlassen.  
    Andreas E. wurde unmittelbar nach seiner Verhaftung zur BAW  
    nach Karlsruhe verschleppt. Der Haftgrund und Befehl wurde  
    ihm vorenthalten.
    
    Bei der Durchsuchung auf der Alternativen, wurden 3 Bauwagen  
    auf's genaueste untersucht. Die Bauwagen wurden von den  
    Spurensicherungstrupp erst des LKA und als den BKA Bullen  
    das ganze zu schlampig aussah von diesen noch einmal: erst  
    von innen vermessen, dann von außen vermessen um möglichst  
    auch die kleinsten Hohlräume in den Bauwagen aufzuspüren.  
    Die Bauwagen wurden fotografiert, auf Video aufgenommen und  
    per Zeichnungen dokumentiert.
    
    
    Gedächtnisprotokoll vom 13.6.95 von der Durchsuchung bei  
    Andreas E.
    
    Ich kam um ca 6.15 Uhr in die Wagenburg, alles voll mit  
    Bullen.
    Auf die Frage nach dem Einsatzleiter wurde mir gesagt, daß  
    ich schon erwartet werde, Andreas hatte mich als Zeugen  
    angegeben. Ich war dann fast die ganze Zeit bei der  
    Durchsuchung dabei. Der Bauwagen wurde von 2 Leuten des LKA  
    Kiel, einem Computerspezialisten aus Süddeutschland und 2  
    Bullen aus Lübeck auseinandergenommen. Insgesamt wurden 108  
    Gegenstände geklaut: Das gesamte Papiearchiv, persönliche  
    Notizen, Adressen, Stadtpläne, Reiseführer, Kontoauszüge,  
    Broschüren, und die komplette Computeranlage mit Perepherie.  
    Desweiteren Kraftfahrzeugbriefe, alter Reisepaß,  
    Papierblöcke.
    Anwesend bei der Durchsuchung war auch ein Vertreter der  
    Bundesanwaltschaft.
    Nachdem die Durchsuchung beendet war, wurde von den Bullen  
    ein neues Türschoß in den Bauwagen montiert.
    
    
    Die Durchsuchung der Räumlichkeiten des Arbeitslosen  
    Zentrums (ALZ) in der Schwartaueralle, bei der neben dem  
    Infoladen auch die Räumlichkeiten des ALZ sowie Gruppenräume  
    durchsucht wurden lief äußerst subtil ab.
    Der Vorstand des ALZ wurde ins Bullenhochhaus verschleppt  
    und dort als ZeugInnen zwangsvorgeführt. Bei dieser der  
    "Aushorchung" wurde mit allen Tricks gearbeitet. Die  
    ZeugInnen wurden unter Druck gesetzt. Ihnen wurde  
    mitgeteilt, daß sie in Beugehaft genommen werden wenn sie  
    keine Aussagen machen oder aber gleich nach Karlsruhe  
    verbracht würden und dies könnte für sie äußerst  
    lebensbedrohlich sein. Insbesondere interessierten sich die  
    Bullen für die Strukturen des Infoladens sowie des  
    Arbeitslosen Zentrums.
    
    Ein Mensch aus dem Vorstand des ALZ, hatte eine  
    Vertrauensperson mit zu der erzwungenen Vernehmung genommen.  
    Die Vertrauensperson wurde während des Verhörs von dem  
    Staatsanwalt gefragt, ob das was der Zeuge hier äußert, auch  
    den Tatsachen entspricht. Als die Vertrauensperson die  
    Aussagen bestätigte, wurde sie selber in einen anderen Raum  
    gebracht und dort einem Staatsanwalt der schon auf sie  
    wartete zwangsvorgeführt. Begründung: Da sie die Aussagen  
    des vorgeführten Zeugen bestätigen könne, müsse sie ja  
    selber etwas wissen.
    Was hier im ersten Moment noch die Lachmuskeln zucken läßt,  
    verdeutlicht aber nur einmal mehr, wie richtig die alte  
    Weisheit von "Anna und Arthur" ist.
    
    
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    Münster
    
    In Münster wurden um 6h morgens insgesamt 14 Menschen,  
    darunter 3 Kinder, in fünf Wohnungen/Häusern gewaltsam aus  
    ihrem Schlaf gerissen. Die Polizei brach im Auftrag der  
    Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Wohnungstüren auf,  
    stürmte mit großem Aufgebot die Wohnungen und besetzte  
    diese.
    Alle 5 Durchsuchungen wurden fast gleichlautend mit  
    Ermittlungen wegen der   129/129a gegen vier Männer in  
    Münster begründet.
    
    Rainer P. wurde mit gezogener, aber nicht auf ihn  
    gerichteter Waffe aufgefordert, sich anzuziehen. Ihm wurde  
    ein bereits vor mehreren Wochen ausgestellter Haftbefehl der  
    BAW vorgelesen, der ihn der Mitgliedschaft in einer  
    kriminellen und die Unterstützung einer terroristischen  
    Vereinigung bezichtigt. Sodann wurde er in Handschellen aus  
    der Wohnung geführt und zur ED-Mißhandlung ins PP Münster  
    gebracht. Später wurde er mit dem Auto nach Karlsruhe  
    gefahren und dort dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Am  
    Mittwoch, dem 14.6.95 wurde der Haftbefehl bestätigt und  
    Rainer ins Untersuchungsgefängnis überführt. Er befindet  
    sich in strengster Isolationshaft, die alle  
    Sonderhaftbedingungen umfaßt. (das sogenannte 24-Punkte- 
    Programm)
    Das heißt unter anderem: absolute Kontaktsperre,  
    Anwaltbesuch erst nach gestelltem und genehmigtem Antrag,  
    keine eigene Kleidung, Geräuschentzug, Dauerbelichtung, etc.  
    Weder Briefpapier noch Briefmarken noch Bücher dürfen ihm im  
    Moment in den Knast geschickt werden. Grüße sollten auf  
    jedenfall geschickt werden, auch wenn wir im Moment noch  
    nicht wissen, wann sie ihn erreichen.
    
    Zurück zu den Durchsuchungen:
    In einem Fall wurde der - allein anwesende - Beschuldigte  
    kurz vor Ende der Durchsuchung aus der Wohnung geführt, so  
    daß die Polizei zeitweilig alleine in den Räumen war. Die  
    anderen drei Beschuldigten waren bis zum Ende der in ihren  
    jeweiligen Wohnungen stattfindenden Durchsuchungsaktionen  
    anwesend. Fast alle anderen von der Durchsuchung  
    Betroffenen, gegen die bisher aber nicht ermittelt wird,  
    wurden in den Wohnungen festgehalten. Einige Personen hätten  
    später zur Arbeit gehen können, was sie jedoch nicht  
    wollten.
    Auf Drängen der Mutter bzw. des Vaters durften die Kinder  
    nach einiger Zeit von Bezugspersonen abgeholt werden. Bis  
    dahin waren sie (die Kinder) u.a. direkten Schikanen  
    ausgesetzt, wie z.B. dem Verbot bei geschlossener Tür auf  
    dem Klo zu sitzen. Einer Person, die von der Polizei  
    informiert wurde, daß sie ein Kind abholen darf, wurde  
    direkt nach dem Telefonat das Telefon gesperrt, was  
    hinterher auch von einem Beamten bestätigt wurde.
    Durchsucht wurden grundsätzlich alle Räume in den Wohnungen  
    bzw. Häusern, soweit vorhanden auch Keller, Dachböden und  
    Gärten. Autos und Motorräder wurden beschlagnahmt.
    Es gab kein einheitliches Bild bei den Durchsuchungen,  
    sondern sie waren bestimmt durch die Willkür der anwesenden  
    StaatsanwältInnen und der eingesetzten PolizeibeamtInnen.
    In der Regel versuchten diese den BewohnerInnen, gegen die  
    kein Verfahren läuft, zu vermitteln, daß sie ja nicht von  
    der Aktion "betroffen" seien. Dennoch galt ihr Interesse  
    (fast) allen Gegenständen in den Wohnungen. In einigen  
    Fällen ließen sie private Briefe, Fotos, Bücher etc. relativ  
    unbeachtet, während woanders ganz konsequent jegliche  
    private Handschriften, Tagebücher, Kontoauszüge etc.,  
    gelesen wurden.
    Alle Räume wurden fotografiert und auf Video festgehalten.  
    In allen Gärten wurde ein Metallsuchgerät eingesetzt, in  
    einem anderen Fall wurde hinter dem Haus gegraben, sogar ein  
    kleiner Zierteich wurde von einem Polizeibeamten der  
    Tauchereinheit durchsucht. Ein Polizeihund wurde durch die  
    Räume und Gärten geführt.
    Von allen BewohnerInnen wurden Gegenstände beschlagnahmt,  
    beispielsweise:
    Computer und Schreibmaschinen, massenweise Disketten,  
    Kalender mit Adress- und Telefonverzeichnissen, Zettel mit  
    Telefonnummern (u.a. die "Disney-Glub"-Fanadresse einer  
    Schülerin), Tagebücher, Stadtpläne, vereinzelt Fotos, Briefe  
    und Musikcassetten. Aus den Autos verschwanden  
    Benzinrechnungen, Musikkassetten, Straßen und Stadtpläne und  
    Notizen.
    Drei der Beschuldigten wurden zum Polizeipräsidium gebracht,  
    wo sie erkennungsdienstlich behandelt wurden. Es wurde der  
    Versuch gemacht, sie nach der ED-Mißhandlung zu verhören  
    bzw. auszuhorchen. Ihnen wurde zudem nahegelegt, Gebrauch  
    von der Kronzeugenregelung zu machen. Das heißt: Wenn sie  
    bereit sind gegen Rainer P. auszusagen, wird ihnen in  
    Aussicht gestellt, daß ihre eigenen Verfahren möglicherweise  
    zu keiner weiteren Strafverfolgung führt.
    Die Durchsuchungen wurden zwischen 12h und 16.30h beendet.  
    Die vorübergehend Festgenommenen wurden zwischen 15h und 18h  
    wieder freigelassen, wobei die Polizei in einem Fall sogar  
    einen Rückfahrservice zur Verfügung stellte.
    
    
    ********************************************************
    
    Oldenburg
    
    In Oldenburg ist eine Wohnung durchsucht worden. Begründung  
    für diese Durchsuchung ist Werbung für eine kriminelle  
    Vereinigung im Zusammenhang mit Mitverantwortlichkeit an  
    Herstellung der Radikal.
    
    
    ********************************************************
    
    Rendsburg
    
    In Rendsburg wurde eine Privatwohnung von vermummten  
    Einsatzkräften gestürmt. Der Genosse, dem diese ganze Aktion  
    galt, wurde verhaftet und zur BAW nach Karlsruhe  
    verschleppt. Begründung: Unterstützung einer kriminellen  
    Vereinigung. Aus der Wohnung wurden Computer und sonstige  
    Materialien abgeschleppt.
    
    Im folgenden der Bericht von BewohnerInnen der angegriffenen  
    Wohnung:
    
    Zeit ca. 5.5o - 6.1o Uhr
    
    Zimmer A
    2 Männer vor'm Bett, Bettdecke wird weggezogen. Einer der  
    Männer ist nicht maskiert, einer maskiert und bewaffnet,  
    brüllt rum: "Auf den Bauch legen und die Hände auf den  
    Rücken." Dann irgendwann: "Polizei.....  
    Hausdurchsuchung...."
    Die maskierten und sowie die unmaskierten waren alle in  
    Zivilkleidung.
    Aus diesem Grund war im ersten Moment nicht einmal zu  
    erkennen, ob es sich tatsächlich um Polizei handelte.
    X sprang aus dem Bett und stellte sich vor ihren Hund. X  
    fragte nach Dienstausweis und ihr wurde einer gezeigt. X  
    wollte wissen, bei wem die Hausdurchsuchung sei und warum,  
    wollte Durchsuchungsbefehl sehen. X durfte nicht aus dem  
    Zimmer. Ihr wurde nichts gesagt, nur, daß sie auf den  
    Staatsanwalt warten soll. (der erkläre dann alles)
    
    Zimmer B
    Lärm, (Polizei, Polizei), ins Zimmer gestürmt und Bettdecke  
    weggezogen. 1 maskierter Mann und eine maskierte Frau mit  
    Knüppel. Der Mann hat das Zimmer sehr schnell verlassen, die  
    Frau blieb die ganze Zeit. Y hat sich um ihre Tochter  
    gekümmert, welche mit ihr im Bett lag und hat sie beruhigt.  
    Auf die Frage, was das hier solle, antwortete die maskierte  
    Frau: "Das wissen Sie doch ganz genau." Y: "Nein, weiß ich  
    gar nicht, sagen sie es mir." Frau: "Haftbefehle wegen   129  
    a gegen XY. .....die übrigen hier sind vorläufig  
    festgenommen." Aufgrund dieser Begründung durfte Y nicht aus  
    dem Zimmer. 3-4 Männer tauchten kurz im Zimmer auf und  
    gingen wieder. Als Y aus dem Bett sprang, um die Bettdecke  
    für ihre Tochter zu holen, wurde sie von der Frau darauf  
    aufmerksam gemacht, daß sie alles durchsuchen will, was Y  
    anfaßt. Daraufhin Durchsuchung der Jeans, Unterhose und  
    Socken, die Y anzog.
    Mann kam (Einsatzleiter) und sagte zu Y, daß sie alle Zimmer  
    durchsuchen werden. Als Y Sachen für ihre Tochter holen  
    wollte, durfte sie das Zimmer mit ihr verlassen.
    
    übrige Zimmer
    während der ganzen Zeit wurde im Badezimmer rumgewühlt und  
    Chaos hinterlassen. Überall fotografiert, auch in den  
    Zimmern.
    Anzahl der Personen:
    7 Männer, 2 Frauen (1 davon maskiert) und 3-4 maskierte  
    Männer, es waren allerdings mehr, da das Zimmer von RALF M.  
    nicht genau beobachtet werden konnte.
    
    
    6.1o - 6.15 Uhr
    
    Y mit ihrer Tochter wurden in das Zimmer von X gebracht.  
    Durften alle das Zimmer nicht verlassen.
    
    
    6.15 - 6.3o Uhr
    
    RALF M. ist ins Bad gegangen, dann wurde er abgeführt. X und  
    Y konnten RALF M. kurz im Flur sehen. "Tschüß, sagt ihr  
    meine Klausuren ab? Ich komme nach Karlsruhe." Vorher hatten  
    X und Y irgendwas von Handschellen gehört.
    Die maskierten Männer und Frau gingen. X und Y mit ihrer  
    Tochter mußten im Zimmer bleiben. Nach mehrmaligen  
    Nachfragen nach dem Durchsuchungsbefehl, wurde er ihnen  
    endlich gezeigt. "Unterstützung terroristischer Vereinigung"  
    wurde dann wieder weggenommen. (war für die ganze Wohnung).  
    X und Y durften nicht telefonieren.
    
    
    6.3o - 7.oo Uhr
    
    X und Y mit ihrer Tochter wurden in die Küche geführt. ("Sie  
    dürfen bei der Durchsuchung da bleiben, wenn sie sich ruhig  
    verhalten.") 7 Männer waren in RALF M.'s Zimmer und  
    durchsuchten alles (von ca. 6.2o - 9.oo Uhr). 1 Frau blieb  
    bei X und Y in der Küche. Auf Frage nach Namen wurde nur der  
    des Oberstaatsanwaltes Molf, Bundesanwaltschaft Karlsruhe  
    genannt. Auf nochmalige Anfrage wg. Telefonieren: "Wäre  
    schöner, wenn nicht", durften dann aber telefonieren.  
    Telefon klingelte. X ging ran. Als X Anwalt anrufen wollte,  
    wollte ein Mann ihr den Hörer wegreißen, anderer: "ist schon  
    okay." Anwalt angerufen, konnte nicht kommen. Gefordert, daß  
    ein Zimmer nach dem anderen durchsucht wird - so wurde dann  
    auch verfahren. Bei der Durchsuchung des Zimmers von RALF M.  
    durften X und Y nicht dabei sein. Begründung: dies sei nicht  
    ihr Zimmer. X und Y konnten von der Küche aus zusehen.
    
    
    7.oo - 7.45 Uhr
    
    Y hat mit Freundin telefoniert, die ihre Tochter und den  
    Hund abholen sollte und Tochter zum Kindergarten bringen  
    sollte. Bei jeder Bewegung die X und Y in der Wohnung  
    machten wurden sie von Frau begleitet. Wenn das Telefon  
    klingelte konnten X und Y rangehen. Ein Mann hat kurz in den  
    Zimmern von X und Y nach Computersachen, Disketten etc.  
    gesucht.
    
    
    7.45 - 9.15 Uhr
    
    Freundin holte die Tochter von Y und den Hund ab.
    Ein Mann und eine Frau durchsuchten das Zimmer von X (X  
    dabei)
    Computertyp und anderer (Einsatzleiter) gingen weg.
    Ein Mann und eine Frau durchsuchten das Zimmer von Y (Y  
    dabei), Frau durchsuchte hauptsächlich das Zimmer, Mann ging  
    früher hinaus mit einem Karteikasten, der sicher gestellt  
    wurde.
    Durchsuchung der Küche (1 Mann und 1 Frau) vor den Zimmern.  
    Dann Durchsuchung des Flurs, der Abseite -  
    Telefoneinheitenbuch mitgenommen  und Kalender von X.  
    Wollten ihr erst keine Niederschrift dafür geben (für  
    Karteikasten ja), weil Flur allegemein zugänglich.  
    Schließlich wurde dies aber doch gemacht.
    Für die Sachen von RALF M. wurde keine Niederschrift  
    dagelassen, mit der Begründung, daß die Sachen nicht X oder  
    Y gehören und das RALF M. in Rendsburg ist und sie im die  
    Niederschrift vorlegen werden.
    Danach wurde Telefonat mit Hausverwaltung geführt, wegen  
    evtl. Boden oder Kellerräume.
    
    Erst auf Nachfrage wurde mitgeteilt, daß der Schaden vom LKA  
    Kiel bezahlt wird.
    Um ca. 9.15 Uhr verließen die Bullen das Haus.
    
    
    Aus dem Zimmer von RALF M. wurden unter anderem mitgenommen:
    komplette PC-Anlage, alle Disketten, Aktenordner, Bücher,  
    Kontoauszüge (Spruch: "...evt. PKK Spenden oder  
    ähnliches..."   "Nee, laß mal."), Collage, Fotokiste, DAN  
    SOMMER-Unterlagen.....
    Aus dem Zimmer von X wurde Karteikasten (Beleg) mitgenommen
    Aus dem Flur wurde Kalender von X mitgenommen (Beleg),  
    Telefoneinheitenbuch, gelbe Seiten, Telefonbuch RD-Kiel-NMS,  
    handschriftliche Telefonabrechnung.
    
    
    
    
    
    
    --
    
    
    

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