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Stellungnahme der Schwarz-roten Hilfe Münster zu den Hausdurchsuchunge


  • Subject: Stellungnahme der Schwarz-roten Hilfe Münster zu den Hausdurchsuchunge
  • From: ID-SCHLESWIGHOLSTEIN@BIONIC.zer.de (ID-Schleswig-Holstein)
  • Date: 17 Jun 1995 12:13:00 +0000

  • 
    
    
    Schwarz-Rote Hilfe Münster c/ Umweltzentrum, Scharnhornstr.  
    57, 48151 Münster; Tel 0251-521112;Fax: 531559
    
                                                        16.06.95
    
    >Erste Stellungnahme zu den Durchsuchungen und Verhaftungen   
     wegen §§ 129 und 129a StGB am 13.6.95 in Münster und         
     anderswo
    
    Der "Warnschuß", wie Innenminister Kanther die großangelegte  
    Aktion der Bundesanwaltschaft, des Bundeskriminalamtes und  
    anderer beteiligter Polizeikräfte genannt hat, hat wohl  
    erstmal gesessen.
    Der Staat benutzt wieder einmal die Aktionen kleinerer  
    Gruppen, um auf dem Hintergrund der Bedrohung durch den  
    Terrorismus, insgesamt gegen die Linke vorgehen zu können.
    Menschen, die von dieser Aktion betroffen sind , sollen  
    eingeschüchtert werden, Bekannte, Freundinnen und Freunde  
    werden in Angst versetzt. Politisch aktive Menschen sollen  
    verunsichert werden und so zur Aufgabe ihres Tuns für  
    bessere Lebensbedingungen für die Menschen hier und weltweit  
    bewegt werden.
    Für Kanther heißt das "präventiv gegen die Linke" vorgehen.
    Für uns heißt das: Mensch braucht garnicht sogenannte  
    kriminelle Handlungen begangen zu haben und ist dennoch und  
    auch gemeint.
    Die §§129 und 129a (Mitgliedschaft in, Unterstützung einer  
    und Werben für eine kriminelle bzw. terroristische  
    Vereinigung) werden schon seit Jahrzehnten für die  
    Kriminalisierung linker Gruppen, Zusammenhänge, Zeitungen,  
    Buch- und Infoläden benutzt. Diese bieten den Herrschenden  
    den direkten Zugriff auf Menschen, ohne daß der Einzelnen  
    eine konkrete Handlung vorgeworfen werden muß. Eine  
    bestimmte "Gesinnung" und Kontakte zu Menschen "gleicher  
    Gesinnung" reichen aus, daß Menschen in das Räderwerk der  
    Staatsgewalt kommen. In Münster und sicher auch bei den  
    anderen Durchsuchungen im Bundesgebiet hat sich dies  
    bestätigt, da die Staatsorgane auch für private Sachen  
    Nichtbeschuldigter (Tagebücher, Kalender etc.) Interesse  
    gezeigt und zum Teil beschlagnahmt haben.
    Daß die meisten 129a-Verfahren der letzten Jahre eingestellt  
    wurden, verdeutlicht ebenfalls die Funktion solcher  
    Verfahren:
    Einschüchtern, ausforschen und stellvertretend Einzelne in  
    Angst und Schrecken zu versetzen.
    Einen wesentlichen Anteil hat dabei natürlich die Übberfall- 
    Taktik bei solchen Durchungen.
    
    Unser Freund Rainer ist seit dem 13.6.95 in den Händen der  
    Staatsgewalt. Seit dem 14.6.95 befindet er sich im  
    Untersuchungsgefängnis Karlsruhe in strengster  
    Isolationshaft. Für ihn gelten, wie auch für die am gleichen  
    Tag festgenommenen Männer aus Rendsburg, Lübeck und Berlin,  
    Sonderhaftbedingungen, das sogenannte 24-Punkte-Programm.
    Sie sind vollkommen isoliert von anderen Gefangenen, werden  
    "Tag und Nacht unauffällig" beobachtet, sind Tag und Nacht  
    Neonlicht ausgesetzt, ihre Verteidigerpost wird gelesen,  
    private Kleidung ist ihnen verboten, Leibesvisitationen, die  
    auch schon von Wissenschaftlern und "Knastexperten" als  
    sogenannte "weiße Folter" bezeichnet werden.
    Den vier Gefangenen "...wird vorgeworfen, einer [...]  
    Organisation anzugehören, die für die Herausgabe und  
    Vertreibung der linksextremistischen/linksterroristischen  
    Untergrundzeitung 'radikal' verantwortlich ist bzw. diese zu  
    unterstützen" (Generalbundesanwalt, 13.6.95).
    Die "radikal" ist dem Staat seit Jahren ein Dorn im Auge:  
    Anfang der Achtziger Jahre wurden schon einmal zwei Menschen  
    wegen Herausgabe und Unterstützung verurteilt.
    Ein HerausgeberInnen-Kollektiv wird zur "krimminellen  
    Vereinigung", das Abdrucken und die Kommentierung einer  
    politischen Erklärung von RAF, AIZ oder anderen bewaffnet  
    und militant kämpfenden Gruppen wird zur "Unterstützung  
    einer terroristischen Vereinigung".
    Wer jetzt das Wort "presse-Zensur" im Kopf hat, sollte  
    darüber nachdenken ...
    
    Freunde und Bekannte von Rainer sind dabei, für sich klar zu  
    kriegen, was (vor drei Tagen) eigentlich passiert ist. Und  
    für uns geht es jetzt darum, die Gefangenen direkt zu  
    unterstützen und nicht ohnmächtig anzusehen, was mit uns und  
    anderen Linken gemacht wird.
    Wir werden versuchen massiv öffentlichen Druck aufzubauen,  
    um der Repression der Herrschenden und der Medienhetze etwas  
    entgegenzusetzen. Stellungnahmen, z.B. Presseerklärungen,  
    Solidaritätsbekundungen oder Kundgebungen, aus allen links-  
    bzw. alternativ orientierten Gruppen und Organisationen,  
    wären eine eine große Unterstützung.
    
    Solidarität ist eine Waffe!!!
    
    --
    
    
    

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