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Sat Oct 7 02:43:58 1995
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Stellungnahme der Schwarz-roten Hilfe Münster zu den Hausdurchsuchunge
Schwarz-Rote Hilfe Münster c/ Umweltzentrum, Scharnhornstr.
57, 48151 Münster; Tel 0251-521112;Fax: 531559
16.06.95
>Erste Stellungnahme zu den Durchsuchungen und Verhaftungen
wegen §§ 129 und 129a StGB am 13.6.95 in Münster und
anderswo
Der "Warnschuß", wie Innenminister Kanther die großangelegte
Aktion der Bundesanwaltschaft, des Bundeskriminalamtes und
anderer beteiligter Polizeikräfte genannt hat, hat wohl
erstmal gesessen.
Der Staat benutzt wieder einmal die Aktionen kleinerer
Gruppen, um auf dem Hintergrund der Bedrohung durch den
Terrorismus, insgesamt gegen die Linke vorgehen zu können.
Menschen, die von dieser Aktion betroffen sind , sollen
eingeschüchtert werden, Bekannte, Freundinnen und Freunde
werden in Angst versetzt. Politisch aktive Menschen sollen
verunsichert werden und so zur Aufgabe ihres Tuns für
bessere Lebensbedingungen für die Menschen hier und weltweit
bewegt werden.
Für Kanther heißt das "präventiv gegen die Linke" vorgehen.
Für uns heißt das: Mensch braucht garnicht sogenannte
kriminelle Handlungen begangen zu haben und ist dennoch und
auch gemeint.
Die §§129 und 129a (Mitgliedschaft in, Unterstützung einer
und Werben für eine kriminelle bzw. terroristische
Vereinigung) werden schon seit Jahrzehnten für die
Kriminalisierung linker Gruppen, Zusammenhänge, Zeitungen,
Buch- und Infoläden benutzt. Diese bieten den Herrschenden
den direkten Zugriff auf Menschen, ohne daß der Einzelnen
eine konkrete Handlung vorgeworfen werden muß. Eine
bestimmte "Gesinnung" und Kontakte zu Menschen "gleicher
Gesinnung" reichen aus, daß Menschen in das Räderwerk der
Staatsgewalt kommen. In Münster und sicher auch bei den
anderen Durchsuchungen im Bundesgebiet hat sich dies
bestätigt, da die Staatsorgane auch für private Sachen
Nichtbeschuldigter (Tagebücher, Kalender etc.) Interesse
gezeigt und zum Teil beschlagnahmt haben.
Daß die meisten 129a-Verfahren der letzten Jahre eingestellt
wurden, verdeutlicht ebenfalls die Funktion solcher
Verfahren:
Einschüchtern, ausforschen und stellvertretend Einzelne in
Angst und Schrecken zu versetzen.
Einen wesentlichen Anteil hat dabei natürlich die Übberfall-
Taktik bei solchen Durchungen.
Unser Freund Rainer ist seit dem 13.6.95 in den Händen der
Staatsgewalt. Seit dem 14.6.95 befindet er sich im
Untersuchungsgefängnis Karlsruhe in strengster
Isolationshaft. Für ihn gelten, wie auch für die am gleichen
Tag festgenommenen Männer aus Rendsburg, Lübeck und Berlin,
Sonderhaftbedingungen, das sogenannte 24-Punkte-Programm.
Sie sind vollkommen isoliert von anderen Gefangenen, werden
"Tag und Nacht unauffällig" beobachtet, sind Tag und Nacht
Neonlicht ausgesetzt, ihre Verteidigerpost wird gelesen,
private Kleidung ist ihnen verboten, Leibesvisitationen, die
auch schon von Wissenschaftlern und "Knastexperten" als
sogenannte "weiße Folter" bezeichnet werden.
Den vier Gefangenen "...wird vorgeworfen, einer [...]
Organisation anzugehören, die für die Herausgabe und
Vertreibung der linksextremistischen/linksterroristischen
Untergrundzeitung 'radikal' verantwortlich ist bzw. diese zu
unterstützen" (Generalbundesanwalt, 13.6.95).
Die "radikal" ist dem Staat seit Jahren ein Dorn im Auge:
Anfang der Achtziger Jahre wurden schon einmal zwei Menschen
wegen Herausgabe und Unterstützung verurteilt.
Ein HerausgeberInnen-Kollektiv wird zur "krimminellen
Vereinigung", das Abdrucken und die Kommentierung einer
politischen Erklärung von RAF, AIZ oder anderen bewaffnet
und militant kämpfenden Gruppen wird zur "Unterstützung
einer terroristischen Vereinigung".
Wer jetzt das Wort "presse-Zensur" im Kopf hat, sollte
darüber nachdenken ...
Freunde und Bekannte von Rainer sind dabei, für sich klar zu
kriegen, was (vor drei Tagen) eigentlich passiert ist. Und
für uns geht es jetzt darum, die Gefangenen direkt zu
unterstützen und nicht ohnmächtig anzusehen, was mit uns und
anderen Linken gemacht wird.
Wir werden versuchen massiv öffentlichen Druck aufzubauen,
um der Repression der Herrschenden und der Medienhetze etwas
entgegenzusetzen. Stellungnahmen, z.B. Presseerklärungen,
Solidaritätsbekundungen oder Kundgebungen, aus allen links-
bzw. alternativ orientierten Gruppen und Organisationen,
wären eine eine große Unterstützung.
Solidarität ist eine Waffe!!!
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