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Sat Oct 7 02:43:58 1995
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Ohne Konterrevolution - Keine Revolution
Im folgenden dokumentieren wir ein Flugblatt, daß uns heute
auf den Schreibtisch flatterte.
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Ohne Konterrevolution
keine Revolution
Zu den bundesweiten Durchsuchungen am 13.6.95
Am 13. Juni 1995 überfielen maskierte Sondereinsatzkommandos ca. 50
Personen in 10 verschiedenen Städten der BRD in ihren Wohnungen. Zum Teil
mit der Waffe auf den Kopf gerichtet, wurden die Leute um 6.oo Uhr morgens
gewaltsam aus ihren Betten gezwungen und zur erkennungsdienstlichen
Behandlung in die örtlichen Polizeipräsidien verschleppt. Währenddessen
wurden ihre Wohnungen, Arbeitsstätten und Läden unter Aufsicht der
Bundesanwaltschaft (BAW) durchsucht und im Laufe des Vormittags Massen von
Papieren, Broschüren, Computern, Disketten, Fotomaterial und anderes
beschlagnahmt. Der angegebene Grund für diese Überfälle sind zahlreiche
Ermittlungsverfahren nach º129/129a (Mitgliedschaft oder Unterstützung in
einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung), die 1992/93 von der
BAW eingeleitet wurden. Laut der Durchsuchungsbeschlüsse wird einem Teil
der Frauen und Männer vorgeworfen, Mitglieder der "Antiimperialistischen
Zellen (AIZ)" zu sein, die sich seit 1992 zu mehreren Brand- und
Sprengstoffanschlägen bekannt hat. Einem anderen Teil wird vorgeworfen,
Mitgleider der Gruppe "Das K.O.M.I.T.E.E." zu sein, die für Anschläge auf
Teile faschistischer Abschiebemaschinerie verantwortlich gemacht wird.
Gegen andere wird wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung
bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt, weil sie
Mitverantwortliche der "linksextremistischen/linksterroristischen
Untergrunddruckschrift "radikal" sein sollen. Hier wird nicht mehr wie
bisher wegen "Werbung" kriminalisiert, sondern eine ganze
Zeitungsredaktion als "kriminelle Vereinigung" deklariert und
kriminalisiert.
4 Männer aus 4 Städten wurden in diesem Zusammenhang dem
Ermittlungsrichter vorgeführt und sitzen seitdem im Knast.
Die AIZ ist laut Verfassungsschutz eine Abspaltung der RAF, würde aus ca.
50 Mitgliedern in mehreren Städten bestehen und sich "der Orts- und
Milieukenntnisse ihrer Anhänger" bedienen. Wie simpel diese Konstruktion
gestrickt ist und wie die BAW mithilfe von Rasterfahndung und anderen
Methoden ermittelt, läßt sich am Beispiel der Ermittlungen in Hamburg
deutlich machen:
Hier werden 4 Frauen und Männer mit einem Ermittlungsverfahren wegen der
"radikal" bedroht. Die Durchsuchungen und Festnahmen werden teils mit
persönlichen Kontakten zu Beschuldigten, im wesentlichen aber nicht weiter
begründet. Die Vorwürfe lauten auf "Mitgliedschaft/Unterstützung einer
kriminellen Vereinigung". Drei weitere Personen werden beschuldigt, den
AIZ anzugehören, die sich u.a. zu dem Brandschlag am 21.11.1992 auf das
Rechtshaus an der Universität in Hamburg bekannt hat. Weitere drei Personen
stehen im Verdacht Unterstützung geleistet zu haben.
Der Staatsschutz behauptet, daß durch die Auswahl des Anschlagsobjektes
ausreichend begründet sei, daß die "Täter" selbst an der juristischen
Fakultät eingeschrieben sein müssen. Eine Überprügung der Studentinnen
und Studenten führte dann zu mehreren Personen, die der Polizei als
"gewaltbegreite Mitglieder des Umfeldes der RAF oder anderer
linksextremistischer Vereinigungen" bekannt seien. Zwei Personen wurden
aus diesem Kreis herausgefiltert und eine dritte Person hinzugefügt, die
mit einer der zwei Personen eine gemeinsame Wohnung bewohnt hatte und
ebenfalls "bekannt" war und angeblich sogar rege Kontakte mit dem RAF-
Umfeld unterhielt, womit nichts anderes als der Briefkontakt zu ehemaligen
Gefangenen gemeint ist.
Allen wird entweder ihre Zugehörigkeit oder "enge Kontakte" zu dem 1994
aufgelösten Komitee gegen den imperialistischen Krieg vorgeworfen.
Erklärungen der "antiimperialistischen widerstandszelle nadia shedah", die
den AIZ zugeordnet wird, würden die gleichen Themenkreise wie dieses
Komitee gegen den imperialistischen Krieg behandeln und angeblich gleiche
Formulierungen benutzen.
Das Komitee gegen den imperialistischen Krieg hatte sich als öffentliches
Aktionsbündnis während des 2. Golf-Krieges in Hamburg gegründet und sich
in den folgenden Jahren auch zu anderen imperialistischen Interventionen,
wie z.B. in Kurdistan, Somalia, dem ehemaligen Jugoslawien, usw. mit
Demostrationen, Veranstaltungen und Flugblättern verhalten.
Diese Konstruktion läßt sich endlos fortsetzen und ist dazu gedacht, immer
weitere Personen mit Ermittlungsverfahren zu bedrohen. Zugleich sollen
alle eingeschüchtert und abgeschreckt werden von denen radikale Kritik und
Widerstand gegen die agressiven menschenverachtenden Pläne der BRD ausgeht
oder ausgehen kann. Die Konstruktion um gleiche Inhalte oder Themenkreise,
womit wohl keine anderen als die in der Presse genannten Brennpunkte
"Antiimperialismus, Antifaschismus, Antirassismus und Antikolonismus"
gemeint sind, scheint eine Neuauflage der alten Konstruktion um
"Anschlagsrelevante Themen" zu sein, mit der in den 80iger Jahren der
radikale Widerstand vom Staatsschutz terrorisiert wurde. Es ist aber auch
nicht besonders erstaunlich, daß gerade in diesem Zusammenhang diese vier
Bereiche imperialistisch-patriarchaler Herrschaftspolitik genannt werden,
denn hierzu sammelt und organisiert sich radikaler Widerstand.
Fie diejenigen hier, die sich auf die Geschichte des
antiimperialistischen, antifaschistischen und antipatriarchalen Kampfes
beziehen, ist es nicht überraschend, daß der Staatsschutz Zusammenhänge
und Personen angreift, von denen er vermutet, daß von ihnen organisierter
revolutionärer Widerstand ausgeht. Dazu gehört auch, daß dieser Staat eine
Kriminalisierungskampagne gegen die PDS anführt um sie zu spalten und die
Teile auszugrenzen, sie sich in der Tradition der kommunistischen Partei
begreifen.
Denn politisch, militärisch und ökonomisch ist das imperialistische
Patriarchat mit seiner stärksten Macht, den USA nur noch auf Krieg
ausgerichtet und terrorisiert, foltert und mordet auf der ganzen Welt. Die
USA wollen jetzt mit der Ermordung von Mumia Abu-Jamal nach 40 Jahren
trotz massenhafter internationaler Proteste wieder einen politischen
Gefangenen hinrichten, um allen ihren unversöhnlichen Feinden ihre Macht
und Skrupellosigkeit zu demonstrieren.
(1952 wurden die kommunistischen Wissenschaftler und Wissenschaftlerin J.
und E. Rosenberg auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet, weil sie für
die UDSSR Aufklärungsarbeit geleistet haben.)
Der BRD Imperialismus handelt gleichermaßen in der Tendenz des Krieges und
demnach als aggressiver Frontstaat des Weltimperialismus und um seine
eigene Macht zu vergrößern. Um ihre Position in der Weltökonomie
auszubauen, strebt die BRD nach einem Kerneuropa mit Großwirtschaftsraum,
eigenen Rohstoffen und strategischen Einflußgebieten vor allem in Südost-
und Osteuropa. Diese Tatsache erfordert die Ausschaltung jeden
Widerstands.
So versuchen die Propagandisten und Pseudoideologen von rechts bis zur
reformistischen Linken die Geschichte des revolutionären,
antiimperialistischen und antifaschistischen Kampfes sowie die Kämpfe von
Frauen und die antipatriarchalen Kämpfe schon immer zu fälschen.
Beispielhaft an der denunziatorischen Kampagne gegen die Kämpfer, die vor
50 Jahren das Konzentrationslager Buchenwald befreiten. Sie beabsichtigen,
so die Spur zu verwischen, die uns die vielen tausend Frauen und Männer
durch die Jahrzehnte mit ihrer Entschlossenheit, alles zu geben für eine
Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung, gezogen haben. (Im
Konzentrationslager Buchenwald befreiten sich vor dem Eintreffen der
Westalliierten die Häftlinge bewaffnet und aus eigener Kraft. Die erste
Anordnung der Westalliierten war, die antifaschistischen Kämpfer zu
entwaffnen. Heute wird die Befreiung aus eigener Kraft geleugnet, die
ehemaligen Häftlinge von antifaschistischen Kämpfern zu geschichtslosen
Opfern des Faschismus degradiert.) Hier soll nur ein Teil der Geschichte
umgeschrieben oder ganz ausgelöscht werden.
So verfolgt, terrorisiert und kriminalisiert die Bundesregierung nach
innen und außen den kurdischen Befreiungskampf um ihrem türksichen
Juniorpartner den Rücken freizuhalten. Eine solche Befreiungsbewegung hat
Ausstrahlung und mobilisiert auch andere linke Kräfte, den revolutionären
Widerstand in der BRD weiterzuentwickeln. Während in Kurdistan die
türkische Regierung unter Ausschluß der internationalen Presse, mit
militärischer und geheimdienstlicher Unterstützung hauptsächlich der USA und
BRD ungestört Völkermord begeht, versucht die BRD auch im eigenen Land
diese größte und aktivste Bewegung zu bekämpfen. Nach bekanntem und
bewährtem Schema wird in diesem Fall eine ganze nationale
Befreiungsbewegung mit dem º129a kriminalisiert, deren Vereine verboten,
das Eigentum beschlagnahmt und ihre Aktivistinnen und Aktivisten in den
Knast gesperrt. Heute ist der größte Teil der politischen Gefangenen in
der BRD kurdischer Nationalität. Es ist wichtig, die Razzien gegen
deutsche Genossinnen und Genossen in diesem internationalistischen
Zusammenhang zu sehen, um nicht bei einer metropolen und szeneorientierten
Wahrnehmung stehenzubleiben. Ein Beispiel für die ausgezeichnete
Zusammenarbeit der türkischen und deutschen Geheimdienste sei hier erwähnt.
Am 8. Mai werden in Berlin und Rüsselsheim zeitgleich Angehörige einer
kurdischen Familie von Sondereinsatzkommandos überfallen, verprügelt und
zum Teil mit dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der PKK (Arbeiterpartei
Kurdistans) festgenommen. Gleichzeitig werden in Kurdistan Angehörige
dieser Familie in ihrem Dorf von türkischem Militär überfallen und
verhaftet. Solche Terror-Aktionen finden relativ unbemerkt von der
Öffentlichkeit und - in ihrem Ausmaß - auch von der Linken fast täglich
statt.
So versucht die BRD mit geschickter Kriegspropaganda die Bevölkerung auf
einen militärischen Einsatz in Jugoslawien psychologisch vorzubereiten.
Endlich sollen die Früchte einer Politik geerntet werden, die seit Ende
des 2. Weltkrieges mit der Infiltration durch den Geheimdienst, politische
Destabilisierung der antifaschistischen jugoslawischen Regierung,
Unterstützung der faschistischen "Ustascha" im Exil und der kroatischen
Nationalisten, sowie der Anerkennung Kroatiens als souveränen Staat und
die Umgehung des UN-Waffenembargos gepflanzt waren. Durch eine
Zerschlagung Jugoslawiens und dem Versprechen zu einer EG-Einbindung von
Slowenien und Kroatien will sich die stärkste Macht Europas, die BRD, wie
schon bereits 1914 und 1941 versucht, den Weg zu den rohstoffreichen
Gebieten am Schwarzen Meer und Persichen Golf freimachen.
Auch auf die ideologischen Grundlagen für diesen Eroberungsfeldzug läßt
sich hier ausreichend zurückgreifen. Denn während sich bis heute die alten
Eliten des Nationalsozialismus in ihren Machtpositionen halten konnten,
während faschistische Ideen wieder öffentlich geäußer werden können,
während neofaschistische Mörderbanden auf der Straße Migrantinnen und
Migranten jagen, sie zu Tode prügeln oder deren Häuser anstecken, werden
Antifaschistinnen und Antifaschisten von der Polizei terrorisiert,
verprügelt und vom Staatsschutz mit º129a Verfahren, wie gegen die "Antifa-
M" aus Göttingen versucht wurde bedroht.
Ein anderes Beispiel sei in diesm Zusammenhang noch erwähnt: Die "Saarland-
Brigade". Diese Fallschirmspringer-Einheit ist in mehreren Städten der BRD
stationiert. Sie ist Teil der "Krisenbewältigungstruppen" der Nato und der
Bundeswehr. Sie begreift sich in der Tradition der Wehrmacht und
verteidigt ungehindert die Eroberungs- und Interventionspläne der
Faschisten im 2. Weltkrieg. Diese Einheit hat 1994 in Kurdistan ein
Manöver durchgeführt.
Ein weiteres strategisches Projekt für die Kriegsinteressen der BRD ist
die Atomwirtschaft. Diese darf auch weiterhin trotz unzähliger Proteste,
friedlichen Widerstand zehntausender Menschen und massenhafter militanter
Aktionen in den vergangenen 25 Jahren ihre menschenverachtende Produktion
fortsetzen. Auch in diesem Jahr wurden die starken Proteste von
AtomkraftgegnerInnen gegen den Transport des "Castors" mit Wasserwerfern
und Polizeiknüppeln beantwortet. Auch in diesem Fall versucht der
Staatsschutz mit º129a Ermittlungen seine Strategie der Kriminalisierung
und Abschreckung von radikalem Widerstand auszubauen.
Die aktuellen Ermittlungen, Durchsuchungen und Verhaftungen sind unbedingt
in diesem Zusammenhang zu betrachten, denn ihr Ziel ist, revolutionäre
Positionen zu isolieren und sie aus der linken Diskussion (mit allen
Mitteln) abzuspalten. So beklagt der Verfassungsschutz, daß der "Zulauf zu
autonomen Gruppierungen unvermindert anhält", "Verluste durch Rückzüge ins
Private seit Jahren wieder augefüllt würden" und "im Zentrum autonomer
Aktivitäten Antifaschismus, Antirassismus, Antiimperialismus und
Antikolonialismus stehen" würden.
Der Staatsschutz verfolgt seit Bestehen der BRD Frauen und Männer, die
sich auf die Geschichte revolutionärer Kämpfe beziehen und diese
Erfahrungen weitervermitteln. Damit versucht er, eine stetige strategische
Entwicklung zu verhindern und die Kämpfe geschichtslos und isoliert ihrer
potentiellen Sprengkraft zu berauben.
Nach der öffentlichen Erklärung der RAF 1992 zur sogenannten
Neuorientierung und der Umorientierung eines Teils der politischen
Gefangenen, konnte der Staatsschutz (die BAW und die Bundesregierung)
hoffen, die militante antiimperialistische Bewegung und das Bewußtsein
über Imperialismus, erfolgreich zerschlagen zu können.
Gefangene Genossen und Genossinnen, die an diesem Bewußtsein festhielten,
wurden mit erneuten Prozessen und Urteilen überzogen, um klar zu machen,
daß sie mit ihrer politischen Haltung den Knast nicht mehr lebend verlassen
werden.
Inzwischen ist klar, daß Frauen und Männer weiter kämpfen, revolutionäre
Positionen vertreten und weiterentwickeln. Eine Weiterentwicklung ist
aufgrund der Begrenztheit der bisherigen Konzepte und Strategien notwendig
geworden und diese Frage stellt sich weltweit. So gibt es in mehreren
Ländern Diskussionen darüber, die Analyse um die "Frauenfrage" bzw. das
Patriarchat als zentralen Stützpfeiler des Imperialismus zu erweitern
bzw. umfassend zu entwickeln, die Frauen, Lesben und Feministinnen
aufgrund der Situation durchsetzen und durchkämpfen können.
Hoch die internationale Solidarität !
Freiheit für Mumia Abu Jamal !
Sieg dem Kurdischen Befreiungskampf !
Imperialistische Mächte raus aus Jugoslawien !
Lest und lebt radikal !
Sofortige Einstellung aller Verfahren !
Sofortige Freilassung der Gefangenen !
Anfang Juli 1995
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projekt
idsh