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70 / 20 Jahre Rote Hilfe
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Solidarität ist eine Waffe !
Der Feind steht Links. Treffender und kürzer läßt sich die Staatsdoktrin der Bundesrepublik nicht zusammenfassen. Die BRD sieht
sich als Nachfolgestaat des deutschen Reiches. Wie diese Broschüre zeigt, heißt diese Nachfolge seit den bismarckschen
Sozialistengesetzen auch die Verfolgung und Unterdrückung linker Opposition. Sei sie nun revolutionär oder radikaldemokratisch, sei
sie sozialistisch, kommunistisch oder anarchistisch.
Die BRD hat jedenfalls die
repressive Politik gegen die Linke, wie sie in der Weimarer Zeit praktiziert und während des Faschismus zum traurigen Höhepunkt
gebracht wurde, fortgesetzt. 1956 wurde die KPD in Deutschland nach 1923 und 1933 innerhalb von kaum mehr als 30 Jahren zum
dritten Mal verboten. Die Fortführung dieser Politik, der Ausbau der politischen Polizei und politischen Justiz von den sechziger Jahren
bis heute, wurde in dieser Broschüre aufgezeigt
Es gibt heute in der Linken wohl kaum politisch arbeitende Menschen, Gruppen oder Organisationen, die sich im Laufe der Zeit
nicht durch staatliche Repression in ihrer politischen Tätigkeit verfolgt oder behindert sahen.
Die Rote Hilfe e.V. war seit ihrer Gründung immer wieder damit konfrontiert, wie gegen Einzelne, Gruppen oder Organisationen
vorgegangen wurde. Feststellbar ist dabei, daß es nicht eine Form der Repression, nicht die Repression gibt. Repression wird auf die
mit unterschiedlichem Konzept arbeitenden Gruppen und Organsiationen auch differenziert angewendet. Ob nun von Terroristen,
Chaoten, gewaltbereiten Jugendlichen oder von Altstalinisten die Rede ist, gefordert wird das entschlossene
Handeln aller Demokraten und mit aller Härte des Gesetzes vorzugehen. Staatliche Repression ist dabei nicht mit Kriminalisierung
gleichzusetzen oder zu verwechseln. Es gibt Formen der staatlichen Repression, die im Vorfeld der Kriminalisierung verlaufen.
Repression beginnt beispielsweise mit der politischen Diffamierung durch vom Verfassungschutz lancierte Dossiers, die begierig
von der bürgerlichen Presse aufgesaugt und wieder abgedruckt werden. Abhören, observieren oder bespitzeln sind Kampfbedingungen
mit denen sich die Linke täglich konfrontiert sieht.
Verstoß gegen das Versammlungesetz, Verunglimpfung des Staates, Unterstützung oder Bildung von terroristischen
Vereinigungen sind nur eine kleine Auswahl von Konstrukten, die sich der Repressionsapparat geschaffen hat, um gegen Linke
vorzugehen.
Massive Aufgebote von Sondereinheiten auf Demonstrationen, denen nicht selten Übergriffe folgen, Hausdurchsuchungen, Verbot
oder Beschlagnahme von Publikationen gehören ebenso zum Repressionsrepertoire wie Versammlungs- und Demonstrationsverbote,
die Auflösung von Kulturvereinen und das Verbot von Organisationen und Parteien.
Fortgeführt wird die Repression durch die Staatschutzjustiz, die eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten in politischen
Prozessen und mündet in den Haftbedingungen der politischen Gefangenen.
Egal, welche Formen von Repression gegen Personen, Gruppen, Organisationen oder Strömungen in der Linken angewendet
werden, verfolgen sie doch eine gemeinsame Strategie.
Angriffe gegen Einzelne dienen dazu, sie stellvertretend für viele anzugreifen und sollen sie davon abhalten, sich weiterhin zu
organisieren und politisch zu kämpfen. Durch öffentliche Diffamierung von Gruppen oder Organisationen sollen diese zunächst
diskreditiert und schließlich politisch isoliert werden, damit sie nicht mehr in Diskussionen und Auseinandersetzungen eingreifen
können. Die offene Repression dient dazu, Gruppen und Organisationen politisch handlungsunfähig zu machen. Gleichzeitig wird
versucht, Kämpfe und Inhalte durch die Kriminalisierung zu entpolitisieren und die Solidarisierung zu verhindern. Schließlich sollen
durch Repression mißliebige politische Gruppen und Organisationen zerschlagen werden.
Vor diesem Hintergrund arbeitet die Rote Hilfe. Die Rote Hilfe setzt gegen das staatliche Konzept der Isolation die Solidarität der
Linken. Die Rote Hilfe versteht sich als linke Schutz- und Solidaritätsorganisation, die von dem Gedanken ausgeht, daß es für die Linke
im Kampf gegen staatliche Repression notwendig ist, gemeinsam, über alle Partei- und Organisationsgrenzen, über ideologische
Differenzen hinweg, sich zu solidarisieren und zu organisieren.
Mit dieser Aufgabe verstehen wir uns weder als karitative Einrichtung noch als Rechtschutzversicherung. Die Rote Hilfe ergreift
Partei für die durch Repression bekämpfte Linke. Dabei wird kein Unterschied gemacht, welche Politik von welcher Gruppe verfolgt
wird oder welche Mittel gegen diese angewandt werden. Die Rote Hilfe sieht ihre Aufgabe und ihren Platz in der Linken darin, den
Zielen staatlicher Repression das Wasser abzugraben, indem wir durch organisierte Solidartität aller dafür sorgen, daß Einzelpersonen,
Gruppen und Organisationen ihren Kampf auch weiterhin führen können.
Nur in einem gemeinsamen Vorgehen wird es möglich sein, der Repression etwas entgegenzusetzen. In diesem Sinne versteht sich
die Rote Hilfe als strömungsübergreifende und parteiunabhängige Bündnisorganisation. Die Erfahrung hat gezeigt, daß eine
Solidaritätsorganisation wie die Rote Hilfe heute nur dann einen wirklichen Bestand haben kann, wenn sie eine übergreifende
Organisation bleibt.
So wird sich die Rote Hilfe auch weiterhin nicht an Diskussionen, Aufrufen oder Kampagnen beteiligen, die über die Thematik der
Repression hinausgehen. Die Rote Hilfe wird auch in Zukunft nicht politische Arbeit der Gruppen als solche unterstützen, sondern
denjenigen unsere Solidarität entgegenbringen und sie nach unseren Kräften unterstützen, die für ihre politische Arbeit und
Überzeugung von Repression betroffen sind. Dies sind Grundsätze, die auch in Zukunft unsere Politik prägen werden.
Die Rote Hilfe ist dabei nicht unpolitisch, sondern leistet auf ihre Weise politische Arbeit im Kampf gegen staatlich Repression.
Dies geschieht in Form von politischen Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit. Wir suchen die Zusammenarbeit mit anderen
Antirepressionsorganisationen, Prozeßgruppen, Soli-Fonds, Ermittlungsausschüssen usw., um gemeinsam gegen staatliche Repression
vorzugehen.
Wir geben Flugblätter und
Informationsbroschüren zu bestimmten Anlässen und Fragestellungen heraus. In der Roten
Hilfe Zeitung wird Repression sowohl theoretisch untersucht wie im konkreten Einzelfall veröffentlicht. Wir berichten, untersuchen
und diskutieren Entwicklungen und Tendenzen des Repressionsapparates, von der Aufrüstung der Polizeien, über die Verschärfung von
Sicherheitsgesetzen, bis hin zu gerichtlichen Entscheidungen.
Doch die Rote Hilfe hat sich nicht nur als Aufgabe gesteckt, politisch und theoretisch zur Repression Stellung zu nehmen. So wie
die Repression Einzelne stellvertretend für alle angreift, unterstützen wir auch die Einzelnen, indem wir fortschrittliche Anwälte
vermitteln oder Prozesse mit vorbereiten und begleiten. So ist wohl die wichtigste Aufgabe der Roten Hilfe die konkrete finanzielle
Unterstützung bei Anklagen und Prozessen. Unsere Mitgliedsbeiträge verwenden wir zum allergrößten Teil für die Übernahme von
Prozeß- und Anwaltskosten.
In den letzten Jahren hat die Rote Hilfe ihre Mitgliedschaft ständig gesteigert und ist mit rund 30 Ortgruppen bzw. Kontaktadressen
bundesweit organisiert. Die Rote Hilfe hat zur Zeit, im Sommer 1996,
ca. 2.300 Mitglieder. Der starke Zulauf, den wir in den letzten Jahren zu verzeichnen hatten und die stark angestiegene Beanspruchung
zeigt deutlich, wie notwendig eine Organisation wie die Rote Hilfe ist.
Dieser Zulauf ist auch darauf zurückzuführen, daß
- wir kontinuierlich gearbeitet
haben
- die Rote Hilfe reale und z.T.
effektive Hilfe leisten konnten
- wir unseren strömungsübergreifenden und parteiunabhängigen Ansatz glaubhaft umsetzen
konnten.
Doch wir sind nicht selbstgefällig und selbstzufrieden. Wir wissen, daß es noch einiges zu verbessern gibt. Wir befinden uns
aufgrund der wechselvollen Geschichte dieser
Organisation z.Zt. in einer Phase des Auf- und Ausbaus. Organisatorisch gibt es noch viel zu tun, was für die Rote Hilfe nicht sehr
leicht und mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist. Denn die wenigsten von uns leisten ausschließlich ihre Arbeit in der Roten Hilfe
oder im Antirepressionsbereich. Viele von uns arbeiten und kämpfen noch in anderen Gruppen oder Organisationen. Außerdem hat die
Solidaritäts- und Antirepressionsarbeit für viele zunächst nebenrangigen Stellenwert und dringt oft erst ins Bewußtsein, wenn staatliche
Angriffe einsetzen.
Mit gestiegener Mitgliederzahl und höherem Bekanntheitsgrad ist auch der Anspruch an die Rote
Hilfe gestiegen. Von uns wird zu Recht mehr politische Einmischung erwartet.
Den an uns gestellten Ansprüchen wollen wir nach unseren Kräften gerecht werden. Insbesondere wird die Rote Hilfe in Zukunft
verstärkt daran arbeiten, sich neben der konkreten Hilfe der besseren Organisierung und den politischen Aufgaben im
Antirepressionsbereich zu stellen. Doch die Rote Hilfe wird sich nur dann effektiv diesen Aufgaben stellen können, wenn ihre Arbeit
auf vielen Schultern ruht. Dazu brauchen wir mehr Mitglieder und mehr Gruppen, die sich aktiv an der Arbeit der Roten Hilfe und
kommenden Kampagnen beteiligen.
Wir fordern Euch auf,
werdet Mitglied in der Roten Hilfe!
Werdet aktiv in der Roten Hilfe!
Schafft
Rote Hilfe!
Solidarität ist eine Waffe!
Der Bundesvorstand der Roten Hilfe
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