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Sat Mar  2 04:07:36 1996
 

Heiter bis Wolkig Diskussion

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Re: Terrorgruppe ,Kassierer



## Nachricht am 30.09.95 archiviert
## Ursprung : /cl/antifa/diskussion

A.GRUENZEL@LINK-F.RHEIN-MAIN.DE schrieb am 26.09.1995:

>in der mail von sven finckenzellner ist desoeffteren die rede
>davon, dass   leute angeblich verusuchen, persoenliche probleme
>dazu benutzen, um zum   boykott gegen sexistische gruppen
>aufzurufen.

  Die hier im Brett versandte Darstellung der "Terrorgruppe" (nie
vorher gehört) erinnert mich einfach nur an Pubertätsmusik wie
etwa die ebenfalls hochgradig sexistische und
gewaltverherrlichende "Musik" der Ärzte. Bei solchen Sachen habe
ich nicht nur keine Probleme damit, nicht hinzuhören, es ergibt
sich einfach nicht, weil den Sachen die Intelligenz fehlt.

  Etwas differenzierter betrachte ich die HbW-Diskussion, die
sich für mich als Außenstehenden aber nur mit einem
"Wenn-Dann"-Statement beurteilen läßt. Habe ich den Kern der
Problematik richtig erfaßt, so verlangt(e?) die Szene von HbW
eine Auseinandersetzung mit der Thematik, was diese nicht
akzeptierten. Hierzu, und nur hierzu läßt sich eine eindeutige
Meinung haben, wenn die Informationen so liegen, wie sie liegen,
nämlich nicht auf dem Tisch.

  Entscheidend erscheint mir, daß es nicht um den Fall als
solchen geht, den ich nicht zu werten in der Lage bin,
entscheidend ist vielmehr die grundsätzliche Diskussion. Nicht
nur im Fall HbW ist diese grundsätzliche Diskussion für die
Angesprochenen aber offensichtlich zu sehr mit einem
Schuldbegriff verbunden, den sie sich nicht an die Backe nähen
lassen wollen. So ist das nunmal mit politischen Zwickmühlen,
Dialog findet nicht statt, weil zunächstmal eifrig Fronten
aufgebaut werden - aber das ist sicher nur wieder mein
sozialarbeiterischer Tick.

>falls du, und ich sags ja nur vorher, etwa meinst, dass frauen
>aufgrund   persoenlicher erfahrung mit sexueller gewalt,
>oeffentlich dazu auffordern   bestimmte gruppen zu boykottieren
>weil dort, verherrlichung,   verniedlichung, ignoranz oder
>nichtauseinandersetyung trotz aufforderung   mit vergewaltigung
>betrieben wird- dann halt lieber die klappe.

  Bzw. wundere dich nicht, wenn's sonst verbale Schläge auf
dieselbe gibt, Zustimmung. Schwarze Listen mit Bands, die
"irgenwie scheiße" sind, sind allerdings genauso dämlich, wie es
die sind, die z.B. auf Ärzte oder Terrorgruppe (so die
Darstellung zutrifft) abfahren.

  Wenn mensch mich auffordert, mich mit Slime in Form von Boykott
auseinanderzusetzen, dann muß mir schon irgendwer erklären, wie
die Vorwürfe lauten, zu denen ich mich evtl. verhalten muß. In
der Liste der von mir gerne mit Hinhören beantworteten Kapellen
steht Slime auf einem der vorderen Plätze, da ich dort eine
intelligente, analytische Auseinandersetzung mit den herrschenden
Verhältnissen (sic!) bemerke und dies honoriere. In vielen Texten
wird den Genreerwartungen an "Punk" entsprochen, um eben in diese
Schublade zu passen; da wird dann auch schonmal frohlockt, mensch
sei "dabei gewesen", wenn irgendwelche Staatskarossen in die Luft
flogen. Das ist irgendwas zwischen traurig und dämlich, bewegt
sich andererseits aber haargenau an den Argumentationsfronten der
gesammelten Linken, insbesondere im gewaltbereiten Spektrum
entlang, ist also einfach treffend.

  Nun bin ich aber kein "Fan", der irgendwelche Personenkults
fährt, ergo weiß ich über Slime, daß sie Musik machen, die mich
anspricht (was ich von HbW nicht sagen könnte) und Texte, für die
zumindest gilt, daß sie es wert sind, sich ernsthaft dazu zu
verhalten. Wenn nun die Personalia, die ich kein Stück kenne
(Slime ist Slime ist Slime - was interessiert es mich in erster
Näherung, wer da welches Instrument bedient), in irgendeiner
Weise fragwürdig sind, dann geht es in Ordnung, dies zu
thematisieren - aber außer in jener Mail von Radio Z ist mir
bisher keine generelle Kritik zu Ohren gekommen. Und in jener
Mail hieß es eben einfach nur, daß Slime Pfuibäh sei. Sorry, das
ist nicht nur zuwenig, das ist einfach nur ärgerlich und führt zu
"Was-soll-das-denn-nun-schon-wieder"-Reaktionen, wie hier im
Brett gesehen.

>Vor allen dingen dann,
>wenn du das auch noch als autonome sittenpolizei   bezeichnest.

  In einem Text, der m.W. auch von Slime stammt, aber da kann
ich mich irren, heißt es (in etwa): "Eure Regeln und Gesetze
sind härter als vom Staat, die Art wie ihr zusammenlebt, hat
jämmerlich versagt." Diese Kritik an der gesamten, insbesondere
gewaltbereiten linken Szene teile ich in jedem Komma, obwohl oder
weil ich mich in den Zusammenhängen bewege, um die es geht. Ich
hoffe nicht, daß solche Verbalattacken als Grund für die
Schwarzlistung herhalten müssen - das wäre einfach nur, ja,
jämmerlich eben.

  Will sagen: Wenn mir ein Mensch mit bunten Haaren etwas sagt,
glaube ich das ohne Argumente genauso wenig, als würde eine
Krawatte mir etwas verzählen. Allein dies gilt in der Szene als
liberale Scheiße. Gemeint ist: Eigener Kopf ist auch in Gruppen,
die gesellschaftliche Alternativen suchen, in den seltensten
Fällen gefragt. Auseinandersetzung mit Sexismus in diesem Sinne
ist eine Sache des Verstands und kein aussichtsreicher
Gegenstand der Ersetzung einer Doktrin durch eine andere.

  Ciao
    S'

--
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