Redebeitrag gegen Peter Glotz´ Lesung aus "Die Vertreibung" veröffentlicht: ??/??/??

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Ein Redebeitrag der nicht gehalten werden konnte. Anlass war der Protest gegen eine Veranstaltung mit Peter Glotz, der sein Buch „Die Vertreibung“ im Rahmen der “Erfurter Herbstlese” vorstellte.

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

wir alle sind heute abend hier, weil Peter Glotz aus seinem neu erschienenen Buch „Die Vertreibung“ lesen will. Das ist aber auch schon alles an Gemeinsamkeiten. Während der überwiegende Teil der heute hier Anwesenden hören will, was alle schon längst über die Vertreibung wissen, sind wir hier, weil wir uns nicht einreihen wollen in die Schar derjenigen, welche die Geschichte verdrehen und verbiegen wollen. Aus Tätern werden Opfer, aus Kriegsverbrechen wird Normalität und der Vernichtungsfeldzug der deutschen Wehrmacht wird zum „Blumeneinmarsch der deutschen Armee“ in die Tschechoslowakische Republik wie es das Bundesvorstandsmitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft Horst Rudolf Übelacker bezeichnete. Nicht erst die begeisterte Werbung des Erfurter BdV-Büros für die heutige Veranstaltung machte uns auf die Lesung aufmerksam. Denn gerade bei den Machenschaften des Thüringer Landesverbandes des BdV ist Wachsamkeit absolut vonnöten. Noch im vergangenen Jahr wurden die auschwitzrelativierenden Aussagen des ehemaligen Vorsitzenden Paul Lattussek selbst dem Thüringer Landtag zu viel, so das vorübergehend die Fördergelder für den BdV eingefroren wurden.

Natürlich sind ein paar Ewiggestrige nicht der Aufregung wert, wäre da nicht die aktuell zunehmende gesellschaftliche und politische Relevanz der Vertreibung der Deutschen durch die Siegermächte.

Erregten die Vertriebenenverbände in der Vergangenheit aufgrund ihrer aggressiven Forderungen vor allem negatives Aufsehen, so avancierten sie in den letzten 20 Jahren zu scheinbar positiven Stichwortgebern im gesellschaftlichen Diskurs. Wurde in der Vergangenheit eher zurückhaltend argumentiert, wird der Wahnsinn in jüngster Vergangenheit immer offentsichtlicher. Wie auch Peter Glotz ist die BdV-Vorsitzende Erika Steinbach Mitglied im Initiativkreis für ein „Zentrum gegen Vertreibung“welches ironischerweise im Werbeflyer für den heutigen Abend als „Zentrum für Vertreibung“ bezeichnet wurde. Eben diese Erika Steinbach suchte die geschichtliche Nähe zum deutschen Massenmord an den europäischen Juden indem sie forderte, dass Zentrum in räumlicher Nähe zum entstehenden Holocaust-Mahnmal zu bauen und dazu erklärte: „Im Grunde genommen ergänzen sich die Themen Juden und Vertriebene miteinander. Dieser entmenschte Rassenwahn hier wie dort, der soll auch Thema in unserem Zentrum sein.“ Leider ist dieses auf-den-Kopf-stellen historischer Realitäten keine Ausnahme mehr. Dem gegenüber bleibt jedoch festzuhalten: Die Umsiedlung der Deutschen erfolgte in Konsequenz auf den Nationalsozialismus und die Massenvernichtung der europäischen Juden. Entgegen der Politik der Nazis wurde sie in dem bis heute gültigen Potsdamer Abkommen völkerrechtlich verbindlich festgelegt. Auch die Bezeichnung „Rassenwahn“ ist bezüglich der Umsiedlung von Deutschen unangemessen, denn diese erfolgte nicht aus rassistischen, sondern antifaschistischen Gründen und sollte das künftige Konfliktpotenzial in Osteuropa verringern. Schließlich hatten die deutschen Minderheiten, damals als „Volksdeutsche“ bezeichnet, in Osteuropa während des Nationalsozialismus soziale und politische Konflikte geschürt. Solange die Nazis ihre Außenpolitik noch nicht auf kriegerischem Wege verfolgten stellten die Deutschen in den Ostgebieten den wichtigsten Brückenkopf dar. Sie waren damit konstitutiv für die Vorbereitung und Umsetzung der deutschen Eroberungs- und Vernichtungspolitik.

In jüngster Zeit sorgten mehrere Debatten in Deutschland dafür, die Sichtweise auf das Vergangene grundlegend zu ändern. Die Paulskirchenrede eines Martin Walser, die Bombenkriegs- und die Vertreibungsdebatte reihten sich ein in einen neuen Opfermythos, welcher zunehmend um sich greift. Die Deutschen werden als Opfer der Nazis gesehen und nicht mehr als die willigen Vollstrecker der nationalsozialistischen Ideologie. Dieser neuen Variante des Geschichtsrevisionismus gilt es, sich entgegenzustellen. Auch die heutige Buchlesung fördert nicht die kritische Auseinandersetzung mit Geschichte. Vielmehr trägt sie, bewusst oder unbewusst, zur Konstituierung eines Bildes bei, welches die nationalsozialistischen Verbrechen relativiert.

Den Vordenkern des „Zentrum gegen Vertreibung“ sei entgegnet, dass die ca. 82 Mio. Euro welche das Zentrum kosten wird, besser in einem Fond zur Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen und Opfern des Nationalsozialismus aufgehoben wären.
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