Viele Dinge kommen meistens erst im Nachhinein ans Tageslicht. Oft weil sie zunächt vertuscht werden, oft weil sie niemand beachtet. Wen wundert es, daß gerade Aktivisten aus Ländern geziehlt angegriffen wurden, deren Regierungen besonders eng mit italienischen Behörden zusammengearbeitet haben? Was ist eigentlich mit den 18 immer noch verschwundenen Aktivisten?
Der Text enthält einige Links zu Zeitungsartikeln, die "unglaubliches" schildern.
Im Vorfeld zu Genua wurde geprahlt, wie toll die deutsche Polizei und der deutsche BGS mit den italienischen Behörden zusammenarbeitet. Bereits zu Göteborg wurden viele Informationen vom BGS an die schwedische Polizei weitergegeben. Ergebnis: Viele Aktivisten und kritische Journalisten wurden erst gar nicht ins Land gelassen. Andere wurden geziehlt angegriffen und verhaftet. (Dabei könnte der Eindruck einer illegalen "Amtshilfe" aufkommen. Motto: "Kümmert Euch mal um unserer Oppsition!") Einige wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Anklagen und Prozesse wirken so, als wenn der schwedische Staat sich nicht einmal die Mühe machen würde, die Dinge rechtsstaatlich aussehen zu lassen.
Dazu gab es einen Artikel bei telepolis:
http://www.heise.de/tp/deutsch/html/result.xhtml?url=/tp/deutsch/inhalt/co/9262/1.html&words=G%F6teborg
Vor Genua gab es ein Treffen der EU-Innenminister, auf dem das Vorgehen in Genua besprochen wurde. Dabei wurden neben Daten- und Polizeiaustausch auch Dinge besprochen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Besonders tat sich hier Otto Schily hervor - neben Jack Straw dem wohl schärfsten Gegner von Grund- und Menschenrechten. (Vor einigen Tagen gab es wegen der rassistischen Politik Schilys ein Angebot der CDU/CSU an ihn die Partei zu wechslen). Soviel zum Versuch der bürgerlichen Presse alles auf das "böse Italien" zu schieben.
Wen wundert es also, wenn gerade deutsche Aktivisten in Italien auch "Tage nach Genua" geziehlt verhaftet wurden? Über die absurden Begründungen wurde ja reichlich veröffentlicht. So sind jetzt immer noch 10 Menschen aus Deutschland im Knast.
Text: http://www.de.indymedia.org/2001/07/5193.html
Auch die VolxTheater-Karawane wurde scheinbar auf "Wunsch" der österreichischen Regierung in Genua verhaftet. Dabei gab es von der österreichischen Staatspolizei "Daten" die "belegen", daß die Mitglieder der Gruppe höchst gefährlich seien. Ein Mitglied sei sogar in den frühen Achtzigern ein aktives Mitglied der militanten Hausbesetzerbewegung gewesen. Einziges Problem: Er war zu dieer Zeit gerade mal 10 Jahre alt. Ein Text zum Thema: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/9315/1.html unglaubliches dazu auch hier: http://DerStandard.at/Textversion/20010816/43.htm - "Brisante Carabinieri-Dokumente"
Als vor einigen Tagen an einem Fluß eine ermordete italienischen Aktivistin auftauchte (http://de.indymedia.org/2001/08/6210.html) bekamen Gerüchte, daß Carlo vieleicht nicht der einzige Tote ist, neue Nahrung. Wurde doch in Genua auch an anderer Stelle scharf gechossen. Als bekannt wurde, daß die Aktivistin nach Genua noch an einer anderen Demo teilgenommen hatte, also nicht in Genua ermrdet wurde. beruhigte sich alles wieder. Warum eigentlich? Es sind immerhin noch 18 Menschen seit Genua verschwunden.
Hierzu gab es in der Schweizer Wochenzeitung einen Artikel, der auch im Freitag erschien:
Keiner mag es glauben. Und doch: Hat sich in Genua das Undenkbare zugetragen? 18 junge Menschen seien spurlos verschwunden, sagt der Arzt Vittorio Agnoletto, seit italienische Militärs, Polizisten, Geheimdienstler und nicht identifizierte Schlägertrupps den Protest gegen den Gipfel der G 8 in einer Orgie staatlicher Gewalt erstickten. Agnoletto ist keine neutrale Quelle. Er leitet das Genoa Social Forum, das den Protest organisierte. Aber die Verschwundenen sind namentlich bekannt. Anwälte haben die Spitäler des Landes abgesucht, ergebnislos. Die seien wohl ans Meer gefahren, frotzelt Außenminister Renato Ruggiero, den man bislang für einen zivilisierten Mann gehalten hatte. Nein, sagt die Opposition, die Verschwundenen seien nicht am, sondern wohl im Meer, von den Ordnungshütern ertränkt. Agnoletto vermutet, die 18 würden derzeit in Armeespitälern zusammengeflickt, um die schlimmsten Spuren der Misshandlungen zu tilgen. Wahrscheinlich werden sie wieder auftauchen.
In Rom heißt Berlusconi jetzt « Pinochet ». Amnesty International hat eine lange Liste von Menschenrechtsverletzungen zusammengetragen. Reporter ohne Grenzen berichtet von mehr als einem Dutzend vorsätzlich zusammengeschlagener Journalisten. Täglich tauchen neue Videos auf. Das staatliche Fernsehen RAI dokumentiert, kommentarlos, wie Polizisten am Strand Badende jagten, darunter Kinder.
Die Polizeitaktik war - anders als bei den Protesten in Nizza oder Québec - auf die Anzettelung einer Bürgerkriegslage angelegt. Statt nur die rote Zone um die Staatschefs zu schützen, provozierten Trupps überall in der Stadt Scharmützel. Nachdem ein Carabiniere den Demonstranten Carlo Giuliani erschossen hatte, wurde jede Tat der Polizei ein politischer Akt. Der nächtliche Überfall auf das Genoa Social Forum, die Vorgänge in Bolzaneto, die Massenverhaftungen geschahen nach den Todesschüssen. Aus Rom eingeflogene Schläger gaben an, « von oben gedeckt » zu sein: « Uns gibt es eigentlich gar nicht », sagten sie. Der Premier und seine Minister, darunter etliche Neofaschisten, haben die Schlacht um Genua inszeniert - Italien war, zumindest für einige Tage, kein Rechtsstaat mehr. Würde an Berlusconis Regime der Maßstab europäischer Werte gelegt, wie an das Österreich von Jörg Haider, müsste Italien sogleich isoliert werden. Doch in London, Berlin, Paris ist kaum mehr als ein betretenes Räuspern zu hören.
--> weiter: http://www.freitag.de/2001/33/01330503.php
Homepage: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/9294/1.html