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indymediaDer Gringo ist weg!
von RedGlobe.de - 18.10.2003 13:36
http://de.indymedia.org/2003/10/63610.shtml

Wenige Stunden nach dem Rücktritt des bisherigen Staatschefs Sanchez de Lozada ernannte das Parlament am Freitag seinen bisherigen Stellvertreter Carlos Mesa zum neuen Präsidenten. Er wurde noch am Abend vereidigt.

Auf den Straßen feierten zigtausend Menschen den Rücktritt des Staatschefs.

Sanchez de Lozada hatte dem Kongress sein Rücktrittsschreiben übermittelt, nachdem die Regierung mit dem Rückzug des Koalitionspartners "Neue Republikanische Kraft" eine weitere Schlappe erlitten hatte. Deren Vorsitzender Manfred Reyes Villa sagte, der Präsident habe keine andere Wahl mehr als zurückzutreten. Bereits am Montag hatte Mesa dem Präsidenten seine Unterstützung aufgekündigt. Der Kongress nahm die Demission am Abend in einer Sondersitzung an, nachdem zuvor das Rücktrittschreiben verlesen worden war.

In dem zweiseitigen Brief erklärte Sanchez de Lozada, er trete nur widerwillig ab. Sein Rücktritt sei erzwungen worden. Die bolivianische Demokratie durchlebe schwere Stunden und stehe unter starkem Druck von Arbeitern, Gewerkschaften und anderen Organisationen. Wie der Rundfunksender Erbol und bolivianische Agenturen melden, befindet sich der Ex-Präsident auf dem Weg ins Exil nach Miami.

Der neue Präsident rief das Land, das seine schwerste Krise seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1981 durchlebt, zur Geschlossenheit auf. ?Ich übernehme das Amt in einer schweren Zeit in der Geschichte Boliviens?, sagte Mesa nach seiner Vereidigung. Mit Blick auf die Demonstrationen der letzten Wochen sagte er weiter: ?Als meine erste Pflicht betrachte ich es, dem zuzuhören, was die tausenden Menschen in den letzten Wochen gesagt haben.? Mesa ist ein ehemaliger Fernsehreporter und gelernter Historiker. Er gehört keiner Partei an. Wie Reuters meldet, kündigte Mesa vorgezogene Neuwahlen an. Die reguläre Amtszeit würde erst im Jahr 2007 ablaufen. Bei der Präsidentschaftswahl Ende 2002 war der Führer der Bewegung zum Sozialismus (MAS), Evo Morales, hinter Sánchez de Lozada auf dem zweiten Platz gelandet.

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Weitere Infos aus Bolivien
RedGlobe-Leser 18.10.2003 13:45

Hier noch die vorhergehende Meldung von RedGlobe.de:

Nach mehr als 70 Toten - Boliviens Präsident ist zurückgetreten!

Volksbewegung feiert den Sieg und versucht, die Flucht zu verhindern

Boliviens bisheriger Präsident "Goni" oder "Gringo" Sánchez de Lozada ist auf der Flucht. Wie die Agentur Bolpress meldet, soll der Ex-Präsident mit einem peruanischen Hubschrauber aus der von Tausenden von Menschen blockierten Hauptstadt ausgeflogen werden. Oppositionsführer Evo Morales hatte zuvor dazu aufgerufen, die Flughäfen des Landes zu blockieren, um einen Prozeß gegen den Verantwortlichen für die Massaker an der protestierenden Bevölkerung zu erzwingen. "Ex-Präsident Sánchez Lozada flieht wie eine Ratte. Aber er muß sich für seine schweren Verbrechen gegen die bolivianischen Gesetze vor Gericht verantworten" forderte Morales, der auch die Koka-Bauern und die Partei "Bewegung zum Sozialismus" (MAS) anführt.

Ursprünglich war für 16 Uhr Ortszeit (22 Uhr MEZ) eine Rede des Noch-Präsidenten vor dem Parlament angekündigt worden. Aufgrund der Tatsache, daß zahlreiche Parlamentarier nicht durch die unzähligen Straßensperren zum Parlamentsgebäude gelangen konnten, wurde der Beginn der Sitzung dann auf 18 Uhr Ortszeit verschoben. Zur Stunde (3 Uhr MEZ) fehlt noch immer die offizielle Erklärung des Rücktritts durch die Regierung, aber alle bolivianischen Medien melden den Rücktritt bereits als Tatsache. "In Kürze" (bereits vor zwei Stunden hieß es: "in fünf Minuten") soll im Parlament der Rücktritt von Sánchez de Lozada verlesen und der bisherige Vizepräsident als neuer Regierungschef vereidigt werden.

"Wir haben eine Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg", erklärte Gewerkschaftsführer Oscar Olivera gegenüber Bolpress. Indymedia Bolivia weist darauf hin, daß der unbefristete Generalstreik und die Streikpostenketten nicht aufgehoben sind, sondern der Kampf "bis zum Schluß" weitergeführt wird. "Das Volk hat bereits begonnen, seine eigene Regierung der nationalen Einheit aufzubauen", heißt es auf der Startseite des alternativen Mediums.

Im Parlament haben sich die Abgeordneten versammelt und warten auf die angekündigte Ansprache des Ex-Präsidenten. Dabei sind sie praktisch Gefangene der aufständischen Massen, wie es Econoticias Bolivia formuliert. Der Informationsdienst erinnert daran, daß diese Abgeordneten bis vor kurzem Teil der Regierung gewesen sind, zwei Drittel des Parlaments vertreten neoliberale Positionen.

Vor den Toren des Parlaments sprach der Präsident des regionalen Gewerkschaftsverbandes COR, de la Cruz, zu den Demonstranten: "Es fehlt nur noch ein Haar des Gringo, um den Neoliberalismus zu besiegen, um den Imperialismus zu besiegen. Das ist der Sieg der Armen, der Arbeiter und der Bauern!"

Nach wie vor bewegt sich auf den Straßen der Hauptstadt La Paz kaum ein Fahrzeug, die Stadt und das Regierungsviertel El Alto sind in der Hand der Aufständischen. Der Rundfunksender erbol, dessen Programm von rund 100 Sendern aus Bolivien und anderen Ländern Lateinamerikas übernommen wird und der auf diesem Weg auch über Internet zu hören ist, berichtet pausenlos von den Schauplätzen der Demonstrationen, Streikposten und Blockaden. Erste Hungerstreikende haben bereits angekündigt, ihre Aktion zu beenden, sobald der Rücktritt von Sánchez de Lozada verlesen sein wird.

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