Onda und Poonal berichten live vom Mexikanischen Sozialforum:
"Otro mundo es posible - eine andere Welt ist möglich!"

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Inhalt

Am Domnnerstag begann das Sozialforum
Brotkrümel aus den USA
Sozialforum mit IWF-Beteiligung
Konsens gegen den Konsens

Von Porto Alegre nach Monterrey: Wenn sich vom 18. bis 22. März Delegierte von Regierungen, Wirtschaft, internationalen Finanzinstitutionen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) zur UNO-Entwicklungskonferenz treffen, sind auch Globalisierungskritiker und -kritikerinnen vor Ort. Rund 50 Menschenrechts-, Bauern- und Fraueninitiativen, Gewerkschaften sowie linke Organisationen haben ihren Protest im mexikanischen Monterrey angekündigt.

"Eine andere Welt ist möglich", erklärten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Weltsozialforums (WSF) Anfang Februar in Brasiliens Porto Alegre. "Otro mundo es posible", heisst es nun auch für die "Tage gegen Neoliberalismus", die vom 11. bis 22. März in der nordmexikanischen Metropole stattfinden. Gegen die geplante Freihandelszone FTAA, die den amerikanischen Kontinent von Alaska bis Feuerland einbeziehen soll, mobilisieren die Veranstalter zu Demonstrationen. Gegen den Plan-Puebla-Panama, mit dem die zentralamerikanischen Staaten zu einer großen Billiglohnregion zusammengefasst werden sollen, rufen sie zu Kundgebungen in der Millionenstadt auf. Und wie in der konservativen Hochburg nicht anders zu erwarten ist, rüsten sich Sicherheitskräfte für Auseinandersetzungen mit den Protestierenden.

Noch bevor auf der offiziellen UNO-Entwicklungskonferenz der bereits formulierte "Konsens von Monterrey" verabschiedet wird, versammeln sich die Kritiker und Kritikerinnen der Globalisierung vom 14. bis 16. März zum "Mexikanischen Sozialforum". Von dort aus will man den Anliegen von NGOs und anderen Gruppen der Zivilgesellschaft Nachdruck verleihen, die bislang im geplanten Abschlussdokument der Vereinten Nationen keinen Eingang gefunden haben. So fordert man eine Demokratisierung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank. Von den Regierungschefs erwartet das Sozialforum, dass der jeweilige Haushaltsetat für entwicklungspolitische Zusammenarbeit auf 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts erhöht wird - eine Summe, die bereits auf der Konferenz von Rio 1992 international festgelegt, aber bis heute nie umgesetzt wurde. Auf zahlreichen Seminaren soll zudem weiter erarbeitet werden, was bereits auf dem WSF in Porto Alegre auf der Tagesordnung stand: Eine Bewegung "gegen Neoliberalismus und Krieg."

Für eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums


Am Donnerstag begann in Monterrey das mexikanische Sozialforum

Von Wolf-Dieter Vogel

(Monterrey, 12. März 2002, poonal).- "Wir sind hier, weil wir genau darauf achten wollen, was die Staatschefs tun werden, wenn sie naechste Woche hier anreisen," erklärt Paul Tennasee vom Weltverband der Arbeit auf der Eroeffnungsveranstaltung des Sozialforums von Monterrey. Rund 500 Menschen sitzen hier, im nur maessig gefuellten Auditorio Coca Cola des Parque Fundidora, dort, wo vor 15 Jahren noch ein Stahlwerk für das Auskommen zahlreicher Menschen in der nordmexikanischen Stadt sicherte.Heute weissen nur noch alte, verrostete Metalltürme und Stahlruinen darauf hin, dass hier einmal Schwerstarbeit geleistet wurde. Nachdem die "Acero Fundidora SA" 1987 verkauft wurde und danach die Tore schließen musste, wurde auf dem Gelände verschiedenste Einrichtungen untergebracht: ein Vergnügungspark, Sportplätze, eine Rennpiste und eben das Auditorio Coca Cola. "Wir sind hier," ruft Tennasee von der Bühne des Gebäudes herunter, "damit die Regierungen der Welt wissen: Sie koennen wegrennen, sie koennen sich verstecken, wo immer sie auch hingehen, wir werden auch da sein".Noch sind sie noch gar nicht da, die Staats- und Regierungschefs, die Vertreter von Wirtschaft, Internationalem Waehrungsfonds und Weltbank, die Delegierten der großen Nichtregierungsorganisationen. Aber in der Tat haben sie sich einen aussergewoehnlichen Ort ausgesucht. Auch sie werden sich in der kommenden Woche im Parque Fundidora treffen, auf der anderen Seite des Geländes, im so genannten Cintermex, dem "Internationalen Handelszentrum" der drittgrößten Stadt Mexikos. Hier in Monterrey, gute hundert Kilometer von der US-amerikanischen Grenze, werden sie die UNO-Konferenz zur "Fianzierung der Entwicklung" abhalten. Für viele Mexikaner und Mexikanerinnen gilt die 4-Millionen-Metropole als Hochburg des Konservativismus. Hier regiert die PAN, die Partei der Nationalen Aktion, der auch Staatschef Vicente Fox angehört.Nicht unbedingt das beste Gelände für die Globalisierungskritiker und -kritikerinnen, die in den nächsten Tage anreisen wollen. Schon am Donnerstag, dem 14. März, kamen etwa 1400 Aktivisten und Aktivistinnen, um am Gegenforum für eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums teilzunehmen.Spätestens am Wochenende werden zahlreiche weitere Menschen kommen, um gegen den Gipfel der Vereinten Nationen zu demonstrieren. Ab Montag stehen dann, parallel zum Beginn der Entwicklungskonferenz, Demonstrationen und andere Aktionen an: Für die komplette Streichung der Auslandsschulden der Länder des Südens, gegen die geplante Freihandelszone FTAA, die den gesamtamerikanischen Raum von Alaska bis Feuerland verbinden soll, gegen den Plan Puebla Panama, durch den die Staaten Zentralamerikas zu einer Riesenzone für die Weltmarktproduktion ungewandelt werden.Im Zentrum der Aktivitäten steht natürlich, wie auch beim anstehenden offiziellen Uno-Gipfel, die Zukunft der verarmten Staaten des Südens. Doch während bisher gegen die großen Treffen der politischen und wirtschaftlichen Eliten der Protest im Vordergrund stand, legt man beim Sozialforum in Monterrey Wert darauf, konstruktiv, sozusagen unterstuetzend zu agieren. Zahlreiche NGO nehmen gleich an beiden Konferenzen teil. Die Ergebnisse des Sozialforums sollen als Impulse in die Uno-Entwicklungskonferenz eingebracht werden. Vor allem deshalb, so erklärt Laura Frade, eine der Organisatorinnen, habe man erstmals das Gegenforum nicht parallel, sondern vor die offizielle Konferenz gelegt. Wir müssen uns darüber bewusst werden," so betont sie, "dass wir immer die Avantgarde waren. Immer waren wir die Vordenker der Regierungen und Institutionen."Also steht auf dem Programm des Sozialforums vor allem jener Punkt, der auch auf der UNO-Enwicklungskonferenz in der kommenden Woche diskutiert werden soll: Der "Konsens von Monterrey" - eine Vereinbarung, die bereits in den letzten Monaten vorformuliert wurde. Umstrittene Passagen wurden allerdings gestrichen, bevor das Papier nun nächste Woche verabschiedet werden soll. Verbindliche Verpflichtungen der Industrieländer sucht man vergebens, ebenso Kritisches zu den Folgen wirtschaftlicher Liberalisierung. Auch die Einführung einer Tobin-Steuer, ener Steuer auf Finanztransaktionen, wie sie von globalisierungskritischen Gruppen wie beispielsweise "attac" gefordert wird, konnten die NGO nicht im "Konsens von Monterrey" festschreiben. Und noch immer hoffen zahlreiche Organisationen auf eine Demokratisierung der internationalen Institutionen IWF, Weltbank und WTO, der Welthandelsorganisation. Ein Schritt in diese Richtung ist jedoch nicht in Sicht.Auch Paul Tenassee, der selbst als Repräsentant seiner Organisation in der Uno sitzt, hält wenig vom "Konsens von Monterrey". Damit werde nie das beim Milleniumsgipfel in New York formulierte Ziel erreicht, die weltweite Armut bis zum Jahr 2015 zu halbieren. "Um ganz ehrlich zu sein, ich erwarte keine großen Ergebnisse von der UN-Konferenz," sagt er. Die Europäer hätten sich schon in den Vorverhandlungen dem Hegemonialanspruch der USA total unterworfen. "Wir werden hier einige Willenserklärungen hören, z.B. kommt Herr Bush, und er kann nicht mit leeren Händen kommen. Es ist schon ausgehandelt, dass er rund 7 Mrd Dollar bereitstellen wird für die 10 Länder, die ein Wirtschaftswachstum vorweisen können und kreditwürdig sind." Dafür erwarte Bush aber good governance. "Will heissen: keine Korruption, Rechtsstaatlichkeit und alliiert im Kampf gegen Terrorismus und Drogenhandel," erläutert Tennasee. Wer nicht in diese Kategorie falle, könne ohnhin jede Hilfe abschreiben.Ein weiteres, bislang anvisiertes Ziel haben die Industrieländer offenbar inzwischen selbst abgeschrieben: Dass 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts als so genannte Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt werden. "Seit 30 Jahren gibt es dieses Ziel," kritisiert Alfonso Sanchez Mugica vom Centro Latinoamericano de la Globalidad. Tatsächlich sei man weit von dieser Zahl entfernt, und die Entwicklung gehe sogar in die andere Richtung: in den Neunzigern seien die Transferleistungen noch gesunken. Derzeit sei man weltweit auf einem Niveau von 0, 22 Prozent angekommen. Und über eine Erhöhung überhaupt zu diskutieren, sei sehr, sehr schwierig, so Sanchez Mugica. "Um tatsächlich zu den vorgesehenen 0,7 Prozent zu kommen, muss jetzt mehr Transparenz geschaffen werden." Die NGOs müssten in die Entscheidung einbezogen werden.Schon vorab ließ die Washington wissen, dass man sich auf eine solche Erhöhung der Zahlungen nicht einlassen werde. Und auch die Staaten der Europäischen Union machten in diesen Tagen auf ihrem Gipfel in Barcelona deutlich: Auf mehr als die Hälfte werde man sich nicht verbindlich einlassen. Insbesondere Deutschland blockierte die Angleichung dieser Zahlungen mit Blick auf das derzeitige Haushaltsloch.Bei drückenden 38 Grad im Schatten diskutieren die Vertreter und Vertreterinnen von rund 700 Organisationen im Parque Fundidora. Verteilt auf mehrere weiße Zelte, die ein wenig Schatten spenden, bereitet man sich auf die kommenden Tage vor, nur wenige Meter entfernt vom Cintermex, wo sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Uno-Konferenz treffen werden.Doch bis dahin wird sich die Stadt zunehmend im Belagerungszustand befinden. Ganze Straßenzüge werden ab Sonntag Nacht abgesperrt, um die Tagung vor Globalisierungskritikern und -kritikerinnen zu schützen. Das örtliche Fernsehen veröffentlicht regelmäßig Fotos vermeintlich aus Italien anreisender Chaoten. Und nicht zufällig zeigt man regelmäßig TV-Mitschnitte halbnackter und nackter Demonstranten, die in Genua oder Seattle aufgenommen wurden. Denn nichts fürchtet man im streng katholischen Monterrey mehr als einen Zerfall der Moral. Dennoch: Der Gouverneur des Bundesstaates Nuevo Leon, Fernando Canales, steht der Sache bislang gelassen gegenüber. "Ich respektiere das Recht auf freie Meinungsäußerung," sagt der Gouverneur. Ihn berühre die Entschlossenheit, die Hartnäckigkeit in konstruktiver Absicht, die die Aktivisten aufbrächten. "So verändert man Dinge, ja, ich stimme mit diesen Leuten überein," gibt sich Canales geradezu euphorisch. Ob jemand Gewalt anwenden werde? Nein, nein, damit rechne er nicht, und das sage er in vollem Ernst. "Hier kennt man ihn, und er stimme voll mit der Kritik überein. Und auch mit den Antworten, die die Welt bewegten."Ob die mexikanische Polizei ebenso großen Wert auf die Freie Meinungsäußerung legen wird wie der Pan-Politiker Canales, werden wohl die nächsten Tage zeigen. Bislang jedenfalls stehen rund 3000 Polizeibeamte bereit, um die Stadt vor Krawall und Unmoral zu bewahren.

Brotkrümel aus den USA

Das Sozialforum in Monterrey verurteilt die Entscheidung der EU-Staaten, die Entwicklungshilfe nur geringfügig zu erhöhen

Von Wolf-Dieter Vogel

(Monterrey, 15. März 2002, poonal).- Das Urteil von Social Watch fällt eindeutig aus: "Trotz der regelmäßigen Beteuerung, die Entwicklungshilfe zu erhöhen, fällt sie zunehmend geringer aus." Zudem seien es die entwickelten Staaten selbst, die mit ihrer restriktiven Handelspolitik die Länder des Südens in Armut hielten, erklärte Patricia Garce, die Sprecherin der weltweiten Organisation, am Freitag (15. 3.) auf dem Mexikanischen Sozialforum in Monterrey.

"Die G7-Staaten verschließen sich gegenüber Schlüsselprodukten der armen Staaten, und die Finanzinstitutionen fordern ökonomische Maßnahmen gegen Krisen, die sie selbst gegen die Rezensionen im eigenen Land nicht anwenden", resümierte Garce das Ergebnis einer Studie, die Social Watch jetzt vor Beginn der Uno-Konferenz zur "Finanzierung der Entwicklung" veröffentlicht hat.

Die Nichtregierungsorganisation (NGO) wurde eigens 1995 gegründet, um im Auftrag der Vereinten Nationen die Kopenhagener UNO-Abmachungen über die weltweite soziale Entwicklung zu überwachen. Ob die rund 50 Staatschefs, 300 Minister sowie die Delegierten der Wirtschaft, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und er Welthandelsorganisation (WTO) besondere Rücksicht auf die Forschungsergebnisse von Social Watch nehmen, wenn sie sich vom 18. bis 22. März treffen, sei dahingestellt. Vom bereits im Januar formulierten "Konsens von Monterrey" jedenfalls will man auf der UNO-Konferenz nicht mehr abrücken, obwohl dieses Papier von zahlreichen NGO als vollkommen unzureichend kritisiert wird.

Auf dieses Vorgehen hätten sich alle eingelassen, "damit George W. Bush auch wirklich kommt", meint Roberto Bissio vom "Instituto del Tercer Mundo" mit Blick auf die Weigerung der US-Regierung, im vergangenen Sommer an der Antirassismus-Konferenz der Vereinten Nationen teilzunehmen. Und tatsächlich hat der US-Präsident seine Zusage erst gegeben, nachdem das "Konsens-Schreiben" abgeschlossen war.

Dass Bush nun angekündigt habe, fünf Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, sei ein absolutes Minimum, um das von den reichen Staaten formulierte Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2005 die Armut um die Hälfte zu verringern. Die Uno hätte erklärt, so Bissio, dass die jährliche Entwicklungshilfe insgesamt von 50 auf 100 Milliarden Dollar erhöht werden müsse, um etwa eine Grundausbildung für alle Menschen zu garantieren.

Für Alejandro Villamar, einer der Organisatoren des Sozialforums in Monterrey, sind die Ankündigungen des US-amerikanischen Präsidenten ebenso "Brotkrümel" wie die Entscheidung der Staaten der Europäischen Union, die durchschnittliche Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2006 von rund 0,22 auf 0,39 Prozent zu steigern. Selbst Weltbank-Chef James Wolfensohn hat sich jüngst für eine Verdoppelung der Zahlungen ausgesprochen. Vor 30 Jahren hatte die internationale Staatengemeinschaft das Ziel formuliert, dass die Entwicklungshilfe 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts der jeweiligen Länder umfassen sollte. Doch auch im "Konsens von Monterrey" wird diese Vorgabe nicht verbindlich formuliert. Dort ist von "substantiellen Erhöhungen" und "konkreten Anstrengungen" die Rede, um das Ziel zu erreichen.

Aber nicht nur deswegen lehnen die rund 700 am Sozialforum beteiligten Organisationen den "Konsens von Monterrey" ab. Das Papier weißt nach Meinung der NGO eine zu große Mitschuld an der Armut den betroffenen Ländern selbst zu. Außerdem spielt dort in Sachen Entwicklungsfinanzierung die Privatwirtschaft eine bedeutende Rolle. Der Konsens "no sirve para nada" - "taugt überhaupt nichts", so das einmütige Urteil der rund 700 am Sozialforum beteiligten Organisationen.

Ganz so einheitlich, wie man sich von Seiten des Organisationskommitees gibt, geht es allerdings unter den Globalisierungskritikern und -kritikerinnen vor Ort nicht zu. Sämtliche Organisationen aus Monterrey selbst haben sich aus dem Forum zurückgezogen. Der Grund: das hohe Eintrittsgeld von zehn Dollar pro Person. Schließlich werde das Treffen von der mexikanischen Regierung, von den Vereinten Nationen und einigen Staaten des Nordens unterstützt. Von den rund 3000 erwarteten Teilnehmern und Teilnehmerinnen sind höchstens die Hälfte tatsächlich im Parque Fundidora von Monterrey eingetroffen. Viele Globalisierungskritiker und -kritikerinnen werden erst am Wochenende erwartet, da Demonstrationen und andere Aktionen zeitgleich zum UNO-Gipfel selbst stattfinden werden.

Sozialforum mit IWF-Beteiligung

Vor dem UNO-Entwicklungsgipfel: Nichtregierungsorganisationen kritisieren den geplanten "Konsens von Monterrey"

Von Wolf-Dieter Vogel

(Monterrey, 16. Maerz 2002, npl) - Die Liste der Erwartungen ist lang: Nachhaltige Entwicklungshilfe, Demokratisierung des Internationalen Waehrungsfonds (IWF) und der Weltbank sowie eine groessere Beteiligung an den Entscheidungen der UNO forderten die Teilnehmer des Internationalen Sozialforums, das am Samstag im nordmexikanischen Monterrey zu Ende ging. "Der Kongress war ein voller Erfolg," erklaerte Organisatorin Laura Fraude. 700 Repraesentanten aus etwa 100 Staaten hatten nach Angaben der Sprecherin teilgenommen. Bevor sich ab Montag rund 50 Regierungschefs, 300 Minister sowie Vertreter aus Wirtschaft, internationalen Finanzinstitutionen sowie Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Monterrey zur UNO-Entwicklungskonferenz treffen, wollten die Globalisierungskritiker eigene Akzente setzen. Zudem sei man gekommen, sagte Paul Tennasee vom Weltverband der Arbeit, "weil wir genau darauf achten wollen, was die Staatschefs tun, wenn sie naechste Woche anreisen." Drei Tage lang hatten sich die insgesamt 1500 Teilnehmer im "Parque Fundidora" bei drueckender Hitze in der Vier-Millionen-Metropole getroffen, um in mehr als 100 Veranstaltungen ueber die Probleme der Entwicklungspolitik zu diskutieren. Im Zentrum der Kritik des "Sozialforums fuer die Finanzierung einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung" stand der "Konsens von Monterrey". Zahlreiche NGO kritisieren das bereits im Januar formulierte Papier als vollkommen unzureichend. Zu unverbindlich seien die Erklaerungen der Industriestaaten, kuenftig mehr Transferleistungen zur Verfuegung zu stellen. Zudem sei beispielsweise die Forderung nach Demokratisierung von IWF und Weltbank ueberhaupt nicht in die Agenda aufgenommen worden. Der Entwurf soll in der kommenden Woche auf der UNO-Konferenz ohne weitere Debatte verabschiedet werden. Mit diesem "Konsens" koenne nie das auf dem Milleniumsgipfel in New York formulierte Ziel erreicht werden, die weltweite Armut bis zum Jahr 2015 zu halbieren, kritisiert Tennasee, der seine Organisation auch bei den Vereinigten Staaten repraesentiert. Als "Brotkruemel" bezeichnete Forum-Organisator Alejandro Villamar das Angebot des US-amerikanischen Praesidenten George W. Bush, fuenf Milliarden Dollar fuer die armen Staaten zur Verfuegung zu stellen. Auch die Entscheidung der EU-Staaten, die Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2006 auf durchschnittlich 0,39 Prozent des jeweiligen Bruttosozialprodukts zu erhoehen, stiess bei Villamar auf Unmut. Schliesslich habe sich die internationale Staatengemeinschaft seit 30 Jahren zum Ziel gesetzt, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts freizugeben. Die jetzt angekuendigte Erhoehung der EU um etwa 0,1 Prozent sei lediglich "ein Zugestaendnis in letzter Minute angesichts der Tatsache, dass man keine konkrete Vorschlaege zur Ueberwindung der weltweiten Armut zu bieten habe", ergaenzte Alberto Arroyo vom mexikanischen Netzwerk gegen den Freien Handel (Remalc). Auch Weltbank-Chef James Wolfensohn hatte sich juengst fuer eine Verdoppelung der Zahlungen ausgesprochen. Kritik ernteten die Industriestaaten auch in Sachen Handelspolitik. "Die G7-Staaten verschließen sich gegenüber Schlüsselprodukten der armen Staaten," sagte Patricia Garce von der NGO Social Watch mit Blick auf die restriktive Handelspolitik der reichen Laender. "Und die Finanzinstitutionen fordern ökonomische Maßnahmen gegen Krisen, die sie im eigenen Land gegen ihre Rezensionen nicht anwenden", resümierte die Sprecherin das Ergebnis einer Studie, das die weltweite Organisation Social Watch zum Beginn der Uno-Konferenz veröffentlicht hat. Die NGO wurde 1995 gegruendet, um im Auftrag der Vereinten Nationen die Einhaltung der Kopenhagener UNO-Abmachungen zur weltweiten sozialen Entwicklung zu ueberwachen. Auch die "andere Seite" war auf dem Sozialforum geladen. So diskutierten die IWF-und Weltbankvertreter Prakash Longani und Amar Bhattacharya auf mehreren Podien mit den Vertretern sozialer Bewegungen. Es gebe viele Probleme zu loesen, sagte Bhattacharya, "aber deshalb sind wir mit euch hier". Die Weltbank stehe "entschlossen zu diesem Dialog". Ueber die bedeutende Rolle der globalisierungskritischen Bewegung in der Entwicklungspolitik liess auch Forum-Sprecherin Frade keinen Zweifel: "Seien wir uns darueber bewusst, dass wir immer die Avantgarde der Regierungen und Institutionen waren."

Konsens gegen den Konsens

Sozialforum spricht sich gegen den "Konsens von Monterrey aus. Ab Montag beginnen die Aktionen auf der Straße

Von Wolf-Dieter Vogel

(Monterrey, 17. März 2002, poonal).- "Wir sehen uns auf der Straße. Es gibt keine Vorschläge ohne Protest." Mit diesen Worten ging am Samstag das "Mexikanische Sozialforum" in Monterrey zu Ende. Drei Tage lang diskutierten rund 700 Vertreter und Vertreterinnen von sozialen Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen (NGO), Frauengruppen und anderen linken Organisationen über die Zukunft der internationalen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Die Ergebnisse dieser Konferenz werden nun ueber Delegierte der NGO in die UNO-Konferenz zur "Finanzierung der Entwicklung" hineingetragen, die ab Montag (18. 3.) in der nordmexikanischen Metropole beginnt. Für diesen und die folgenden Tage haben zahlreiche Organisationen Demonstrationen und andere Aktionen gegen den UNO-Entwicklungsgipfel angekündigt.

Das "Sozialforum für die Finanzierung einer nachhaltigen und gerechten Entwicklung" grenzte sich klar ab vom so genannten Konsens von Monterrey, den Regierungschefs, Wirtschaftsvertreter sowie Delegierte des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Welthandelsorganisation (WTO) und von Nichtregierungsorganisationen auf dem UNO-Entwicklungsgipfel verabschieden werden. Zahlreiche Berichte auf dem Forum hätten bestätigt, dass ein grundsätzlicher Wandel der Wirtschaftspolitik nötig sei, heißt es in der Abschlusserklärung des Forums, einem alternativen "Konsens von Monterrey". "Eine Ökonomie, in der Menschenrechte und Umweltschutz das Sagen haben, ist dringend nötig." Die Wirtschaft müsse der Gesellschaft dienen das menschliche Potenzial stärken. Weil dies nicht im Konsens von Monterrey so formuliert sei, betrachteten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Sozialforums nicht als Teil dieses Konsenses.

Erneut forderten die Globalisierungskritiker und -kritikerinnen eine Streichung der Auslandschulden. Zudem müssten IWF, Weltbank sowie WTO demokratisiert werden. Alle Staaten müssten gleichberechtigt in Abstimmungsprozessen beteiligt werden, ebenso müssten die Organisationen der Zivilgesellschaft einbezogen werden. Die drei Institutionen sollten sich künftig vor der UN-Menschenrechtskommission verantworten müssen. Für kleinere Aufregung auf dem Sozialforum sorgte die Beteiligung zweier Vertreter von IWF und Weltbank. Ein Aktivist aus El Salvador erklärte die beiden angesichts ihrer Vorschläge zur Veränderung der weltweiten Situation zu "Spezialisten im Bereich des Science Fiction". "Science Fiction oder nicht," reagierte IWF-Sprecher Loungani Prakash, "klar ist, dass sich die Ökonomie der Wirklichkeit entsprechen muss". Auch Laura Frade vom Organsiationskommitee hatte vorher schon die Grenzen der Diskussion abgesteckt. Man habe nicht das Interesse, das herrschende oekonomische Modell zu bekaempfen, sondern "bei den multilateralen Institutionen demokratische Mechanismen zu etablieren", informierte sie schon vorab. Entsprechend energisch legte die Mexikanerin auf der Eroeffnungsveranstaltung nahe: "Seien wir uns darueber bewusst, dass wir immer die Avantgarde der Regierungen und Institutionen waren." Ja, man sei sich in vielen Punkten einig, bestaetigte IWF-Vertreter Prakash vom Podium herab. Viele Probleme gebe es zu loesen, erklärte sein von der Weltbank abgestellter Kollege Amar Bhattacharya, "aber deshalb sind wir mit euch hier in diesem Zelt. Wir haben während unserer 30jaehrigen Existenz gelernt, zuzuhören." Die Weltbank, versicherte Bhattacharya, stehe "entschlossen zu diesem Dialog".

Im Anschluss an das Forum beginnen nun Aktionen und Versammlungen gegen den UNO-Entwicklungsgipfel. So mobilisieren zahlreiche Gruppen auf den 18. März zu einer Demonstration gegen die Privatisierung der Strom- und Erdölindustrie. Die Demonstration steht gleichzeitig im Zusammenhang mit der mexikanischen Kampagne gegen die geplante gesmatamerikanische Freihandelszone FTAA, bzw ALCA (Acuerdo de Libre Comercio de las Américas).

Am 19. März werden vor dem alten Theater Maria Theresa Montoyo Treffen und Debatten über "die Globalisierung des Widerstands" stattfinden. Für den 21. März ist eine zentrale Demonstration vorgesehen.


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