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Unsere Bildung mit dem Rücken zur Wand
Eine Bestandsaufnahme der Globalisierung im Dienstleistungsbereich

DIE VIELEN GESICHTER DER GLOBALISIERUNG

« Globalisierung » ist heute in aller Munde und löst höchst unterschiedliche Reaktionen aus. Einerseits werden mit diesem Modewort geradezu euphorische Erwartungen verbunden, was weltweiten Wohlstand und Fortschritt angeht. Andererseits löst es aber auch Angst aus, insbesondere vor Arbeitslosigkeit und Sozialabbau, vor Umweltzerstörung und einer Welteinheitskultur. Dieser Artikel möchte einen kurzen Einblick in das weite Feld der Globalisierung geben und kann das Thema in der gegebenen Kürze natürlich nicht umfassend darstellen. Der Begriff Globalisierung hat verschiedene Definitionen erfahren, unter anderem folgende:

Globalisierung meint die Verdichtung und Beschleunigung grenzüberschreitender Interaktionen, die faktisch oder der Möglichkeit nach alle Individuen, Institutionen und Staaten zu einem komplexen Gefüge wechselseitiger, häufig aber unausgeglichener Abhängigkeiten miteinander vernetzen. 1

Globalisierung ist ein mehrstufiger historischer Prozess der Herausbildung und Entwicklung zur kapitalistischen oder totalen Marktwirtschaft, der Geld, Natur und Arbeitskraft in Waren verwandelt und unter das Regime der Kapitalakkumulation zwingt. 2

Die Globalisierung ist ein komplexer Prozess, der unaufhaltsam in alle Lebensbereiche vordringt. Sie hat wirtschaftliche, politische, ökologische und sozio-kulturelle Merkmale. 3

kein platz mehr!So wie die Globalisierung momentan abläuft steht sie für...

...einige Gewinner, aber mehr Verlierer: Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer.

...die sog. Abwärtsspirale, z.B. Sozialabbau, niedrigere Umweltstandards und sinkende Steuern auf Kapital und Unternehmen

...schleichende Aushöhlung demokratischer Strukturen

...Raubbau an der Natur und Umweltzerstörung

...Kulturimperialismus

Diese Folgen der Globalisierung sind momentan leider vorherrschend, da die notwendige Steuerung der verschiedenen Globalisierungsprozesse nicht stattfindet. Derart destruktive Auswirkungen bilden einen Nährboden, aber natürlich keine Rechtfertigung für Hass und Gewalt in aller Welt.

Globalisierungskritiker bzw. -gegner werden meist in Zusammenhang mit öffentlichen Ausschreitungen gebracht. Zu Unrecht! Zwar gibt es einige, die meinen, ihre Kritik unter Anwendung von Gewalt anbringen zu müssen; bedauernswerter Weise ziehen in erster Linie solche Gruppen die Aufmerksamkeit der Medien auf sich. Doch muss die konstruktive Kritik in den Vordergrund gerückt werden, die inzwischen von vielen Seiten in unsere Gesellschaft und in die anderer Länder eingebracht wird. Bei all dem Negativen, das uns die Globalisierung zur Zeit beschert, dürfen die Chancen nicht übersehen werden, die sie beinhaltet, wenn sie gestaltet wird:

Woher kommt Globalisierung denn eigentlich? Haben wir es mit einer unbremsbaren Naturgewalt zu tun, oder ist sie vielmehr das Produkt einer bestimmten Ideologie 4 und politischer Entscheidungen? Letzteres trifft zu, wobei natürlich auch unsere Regierung(en) in unserem Namen beteiligt sind (Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation WTO, siehe S. 9). Weitere Ursachen sind wirtschaftliche Prozesse (siehe unten), sowie technischer Fortschritt (Informations- und Kommunikationstechnologie, Transportmittel). Globalisierungsprozesse finden auf verschiedenen Ebenen statt und beeinflussen sich gegenseitig:

GLOBALISIERUNG DER WIRTSCHAFT BEDEUTET... 5

...fortschreitende Industrialisierung: Die wirtschaftlich erfolgreichen Volkswirtschaften (Süd-) Ostasiens wie Taiwan und Südkorea haben ihren Anteil an der industriellen Produktion und damit am globalen Bruttosozialprodukt wesentlich steigern können.

Welthandel...Wachstum des Welthandels: Exportstarke Industrieländer erobern weltweit immer mehr Waren- und Dienstleistungsmärkte. Um Freihandel zu ermöglichen, wurden viele Handelsschranken (z.B. Zölle) beseitigt. Es gibt jedoch nach wie vor Protektionismus (Schutz der heimischen Märkte), z.B. in Form von Subventionen für die eigene Wirtschaft, die vor allem die Industrieländer für sich beanspruchen.

Somit wird Unternehmen ermöglicht, an sich nicht mehr konkurrenzfähige Produkte zu Dumpingpreisen in weniger entwickelte Länder zu exportieren, was die Wirtschaft dort schädigt. Die Agrarpolitik der EU ist hierfür das beste Beispiel. Entwicklungsländern dagegen werden kaum derartige Schutzmechanismen zugestanden.

...mehr Direktinvestitionen: Ausländische Direktinvestitionen sind inzwischen ein eigenständiger Faktor der internationalen Arbeitsteilung. Immer mehr Unternehmen nutzen Kostenvorteile, aber auch niedrigere Arbeits- und Umweltstandards im Ausland, d.h. heißt sie werden international tätig, indem sie z.B. Produktionsstätten verlagern.

...reine Spekulation: Durch die Liberalisierung der Finanzmärkte rast spekulatives Kapital förmlich um die Welt: 80 % dieser Gelder wechseln alle acht Tage den Besitzer - völlig unkontrolliert von staatlichen Behörden. Kapital wird schon lange nicht mehr hauptsächlich zur Finanzierung sinnvoller Realinvestitionen angehäuft. Vielmehr kann ausufernde Spekulation in wenigen Tagen Wirtschaftskrisen auslösen, so wie in der Asienkrise 1997.

...mehr kriminelle Geschäfte: Frauen-, Drogen- und Waffenhandel haben zugenommen.

Die Entwicklungs- und Transformationsländer 6 insgesamt ziehen aus der wirtschaftlichen Verflechtung Vorteile, die aber sehr ungleich unter ihnen verteilt sind:

Die meisten Länder Afrikas sind beispielsweise fast vollständig von der weltwirtschaftlichen Integration ausgeschlossen. UND: Selbst wenn ein Land insgesamt von der Globalisierung profitiert, können einzelne Regionen oder Sektoren dieses Landes unter ihr leiden!

Afrika
Quelle: « Eine Welt 2003 » Taschenkalender, Harms Verlag S. 192.

GEWINNER und VERLIERER der Globalisierung der Wirtschaft

Gewinner sind Eigner von Sach- und Finanzvermögen, möglicherweise auch gut ausgebildete Arbeitskräfte. Der Zugang zu Wissen und ausreichende Kapitalakkumulation sind Voraussetzungen, um an möglichen Wohlstandseffekten der Globalisierung teilhaben zu können.

Das wird ihnen wieder auf die Beine helfen!! Verlierer sind weniger leistungsfähige Menschen, Bevölkerungsgruppen und ganze Regionen. Ungelernte Arbeitskräfte beispielsweise müssen wohl mit einer Verschlechterung ihrer Position rechnen, obwohl sie ohnehin schon mehr als andere von Armut bedroht sind.

=> Die Einkommensschere geht auf:
Die Reichen werden reicher,
die Armen ärmer.

Das Nord-Süd-Gefälle nimmt zu, aber auch die Kluft zwischen Arm und Reich innerhalb der Länder im Norden wie im Süden wird größer.

POLITIK

Was die politische Ebene angeht, vermindert die Globalisierung den Handlungsspielraum der Nationalstaaten: Transnationale Konzerne (TNCs) agieren weltweit und gewinnen an Einfluss auf die Politik. Mit ihrer Macht, Arbeitsplätze zu schaffen bzw. zu vernichten, spielen sie die Staaten gegeneinander aus. Unter Konkurrenzdruck opfern die Regierungen dem Standortwettbewerb Sozial- und Umweltstandards, genauso wie die Bildungs- und Steuerpolitik (Steuersenkungswettbewerb). Die Politik der Regierungen orientiert sich zunehmend an den Interessen der Konzerne. Der European Round Table for Industrialists (ERT) beispielsweise hat weitreichenden Einfluss auf die Europa-Politik, während Exxon Mobile (hierzulande ESSO) intensivst Lobbying bei der US-Regierung betreibt, um Umweltabkommen zu verhindern.

Im Zuge der Globalisierung kommt es zur Entbettung: 7

Die Wirtschaft hebt sich aus politischer Kontrolle, kulturellen Rahmennormen und gesellschaftlicher Verwurzelung heraus. Folge: Diktatur des Marktes

Steuerung der Marktwirtschaft

Politische Steuerung im Sinne der Marktwirtschaft (1) und Konzepte wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (2) wirken immer weniger auf die Wirtschaft ein. Stattdessen setzen sich der Neoliberalismus (3) (siehe S. 7) und Verbände durch, indem sie sich u.a. auf den « Standort Deutschland » (4) berufen. Globalisierung bewirkt einen Abbau von Demokratie, die bisher an Nationalstaaten gebunden ist; der Gestaltungsspielraum demokratisch gewählter Volksvertreter nimmt aber ab:

Handlungskompetenzen werden an supranationale Institutionen abgegeben, die häufig nicht oder nur schwach demokratisch legitimiert sind. 8 (Siehe « Weltbank », « Welthandelsorganisation (WTO) », « Internationaler Währungsfond (IMF) », S. 9. Eine kleine Anmerkung vorweg: Dem afrikanischen Staat Malawi wurde vom IMF nahegelegt, einen Teil seiner Maisvorräte an Kenia zu verkaufen, um Auslandsschulden zu bezahlen. Dies nahm sich die Regierung zu Herzen und verkaufte alles. Die inzwischen ausgebrochene Hungersnot ist kaum zu bewältigen.)

Großes Interesse an politischen Entwicklungen zeigen zivilgesellschaftliche Bewegungen bzw. NGOs (Nichtregierungsorganisationen) wie Amnesty International, Greenpeace und Attac. Sie sind meist grenzüberschreitend vernetzt und arbeiten oft auch mit anderen Interessengruppen zusammen. Den armen Bevölkerungsschichten der Entwicklungsländer gestaltet sich die Bildung durchsetzungsfähiger Interessensvertretungen schwierig.

M. Gandhi:
Wenn Großbritannien die halbe Welt für seinen Lebensstandard benötigt, wie viele Planeten bräuchte dann Indien?

Der NEOLIBERALISMUS: eine Ideologie mit schwerwiegenden Folgen!

Die Anhänger des Neoliberalismus vertrauen auf die unsichtbare Hand des Marktes, die angeblich alles regelt. Wachsende Ungleichheit und Armut werden als notwendiges Übel für die Effizienz und das sog. Wohl aller hingenommen. Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung wurden unter M. Thatcher und R. Reagan zum neuen Kanon politischen Handelns. Der marktradikale Ökonom Friedrich August von Hayek bereitete 1944 mit seinem Buch « The Road to Serfdom » die Grundlagen dieser Ideologie. 9

Die Politik soll nur als Nachtwächterstaat (Polizei, Rechtssystem) in Erscheinung treten, Steuern werden als Raub angesehen und Freihandel ist die Idealvorstellung.

Dem Markt sollen hier die positiven Effekte nicht abgesprochen werden, doch übersehen die Neoliberalen die Ausgangspositionen der Länder. Freihandel kann zu Wohlstandssteigerung in den beteiligten Volkswirtschaften führen. Dazu müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, was in der Realität meist nicht zutrifft. Freihandel ist nur unter Gleichen fair, also nicht zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Sämtliche Länder, die jetzt reich sind, haben ihre Märkte in der Anfangsphase der Industrialisierung geschützt.

UMWELT 10

Der Hauptgrund für das ungebremste Wachstum der Güter- und Personentransporte sind die relativ niedrigen Transportkosten bzw. Energiepreise. Letztere spiegeln nicht die Umweltkosten des Verbrennens fossiler Energieträger wieder. Knappe Ressourcen werden viel schneller verbraucht, als sie in der Natur entstehen, der Schadstoffausstoß ist ungemein hoch und der Treibhauseffekt wird verstärkt.

Folglich haben wir es mit einem zu großen Ausmaß an Globalisierung zu tun.

...aber irgendwo muss er doch geblieben sein, der Geist von Rio!!!Leidtragende sind nicht nur die Verursacher, denn Auswirkungen auf die Umwelt überschreiten ja bekanntlich Landesgrenzen.

Zu Lasten der Umwelt geht auch die Verlagerung schadstoffintensiver Produktionsstätten in Länder mit niedrigen Umweltauflagen, sowie die Entsorgung von Giftmüll in Entwicklungsländern. Die gegenwärtigen Produktions- und Konsummuster der westlichen Welt, die ihren Lebensstil bzw. dessen Attraktivität über Medien, Produkte und Tourismus etc. in die ganze Welt verbreitet, sind mit einem hohen Pro-Kopf-Verbrauch an Energie, mineralischen Rohstoffen und anderen natürlichen Ressourcen verbunden.

Auch die armutsbedingte Umweltzerstörung darf nicht übersehen werden:

Regenwälder werden zum Landgewinn und für Holzexporte abgeholzt und es fehlen Kläranlagen, was eine Verschmutzung der Flüsse, Seen und Meere nach sich zieht.

DIE SOZIO-KULTURELLE DIMENSION DER GLOBALISIERUNG 11

Hierzu nur einige Stichpunkte:

ALDI Die westliche Zivilisation: Zukunftsfähiges Vorbild aller Gesellschaften?


"On the internet, nobody knows you're a Dog"Kommunikation

Mobilität von Menschen


Globalisierung - WER MITMISCHT

Die meisten Akteure der Globalisierung wurden schon genannt: Es sind neben Politikern Nationalstaaten (auch in bestimmten Zusammenschlüssen wie den G8-Treffen), internationale Organisationen (IWF, Weltbank, WTO), Transnationale Konzerne und NGOs. Schließlich gestalten wir alle täglich Globalisierung, z.B. in unserem Konsumverhalten (Produkte aus fairem Handel, ökologischer Landwirtschaft, regionaler Vermarktung etc.). Es ist an uns, die Welt mit all ihren Entwicklungen und Erscheinungsformen zu hinterfragen!

Negative Entwicklungen müssen kritisiert werden, aber noch besser ist es, Visionen und Konzepte vorzulegen, nach denen Globalisierung gestaltet werden kann: soziale Gerechtigkeit und ökologische Wirtschaftsweise (siehe Alternativen, S. 39).

weiter: Was ist die WTO?


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