ein kurzer abriss der jüngsten entwicklungen im Bereich der Wasserversorgung - beispiele aus anderen ländern und eine beschreibung der aktuellen lage bei UNS hier in REGENSBURG
Wasser gibt es reichlich auf unserem « blauen » Planeten, zumindest auf den ersten Blick. Sauberes Trinkwasser ist jedoch schon knapper und dazu äußerst ungleich verteilt, so dass es in einigen Regionen der Welt schon jetzt zu einem raren Gut geworden ist. Ohne Wasser gibt es kein Leben - trotzdem (oder gerade deswegen?) geht es in den laufenden GATS-Verhandlungen unter anderem um das Vermarktungspotential von Trinkwasser. Mit EU-Handelskommissar Pascal Lamy als Verhandlungsführer der EU stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass in Zukunft die kommerzielle Vermarktung von Wasser durch europäische Wassermonopole zu einer folgenreichen Normalität in Entwicklungsländern wird.
Bereits heute haben weltweit 1,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, bis zum Jahr 2025 werden Schätzungen zufolge ? der Weltbevölkerung an den Folgen von Wasserknappheit leiden.
Die globale Wasserversorgung ist deshalb eine große Herausforderung - auch für multinationale Unternehmen wie die französischen Konzerne Vivendi und Ondeo (Fusion von Suez und Lyonnaise des Eaux), die schon heute einen Welt(wasser-)marktanteil von 53% haben. Mit dem GATS-Abkommen wird das unersetzbare Le-bensmittel Wasser einer gewöhnlichen Handelsware gleichgesetzt, ungeachtet der gesellschaftspolitischen, gesundheitlichen, sozialen und ökologischen und Folgen, die mit einer Liberalisierung dieses Sektors verbunden sein können. Mit EU-Handelskommissar Pascal Lamy als Verhandlungsführer können die 7 größten Wasserversorger (alle aus Europa) auf einen für sie zufrieden stellenden Ausgang der Feilscherei um globalen Marktzugang rechnen. 39
SZ: « Die Wasserversorgung ist für jedes Land besonders sensibel. Haben sie Vorschläge gemacht, den Wassermarkt zu öffnen? Hat es Anfragen aus anderen Ländern gegeben? »
PL: « Wir haben keine Anfragen. Aber ich mache Angebote. Weil ich ein Interesse daran habe, dass die Wasserversorgung geöffnet wird. In Europa gibt es gute Unternehmen. Wir sind besser als die Amerikaner, die Japaner oder die Australier. (...) »
So unterschiedlich der Zustand der Versorgungsstrukturen in den einzelnen Ländern ist, so unterschiedlich werden auch die Konsequenzen einer Privatisierung öffentlicher Wasserversorgung sein. Entwicklungen in Regionen mit privatisierter Wasserversorgung lassen Rückschlüsse auf mögliche Konsequenzen der Liberalisierung ziehen.
Die Weltbank knüpft die Vergabe von Krediten und Hilfsprogrammen an die Bedingung, die Wasserwirtschaft zu privatisieren. Proteste der Zivilbevölkerung aufgrund der Verzehnfachung der Preise werden vom Militär unterbunden. Die Regierung verhängt den Ausnahmezustand, Gewerkschafts- und GemeindesprecherInnen werden verhaftet, es gibt Tote und Verletzte. Die Privatisierung wird rückgängig gemacht.
Im Elendsviertel Alexandria wird neben der Stromversorgung und der Abwasserentsorgung auch die Wasserversorgung privatisiert. Die Bewohner können die gestiegenen Kosten nicht mehr bezahlen, die Leitungen werden gesperrt. Das schmutzige Flusswasser wird zur alternativen Trinkwasserversorgung, was im Jahr zuvor eine Cholera-Epidemie zur Folge hatte. (SZ, 30.8.2002)
Auch im europäischen Vergleich sprechen Zahlen und Fakten nicht gerade für eine Übernahme staatlicher Wasserversorger durch private Konzerne.
Ein Beispiel zur Entwicklung der Wasserversorgung unter privaten Anbietern liefert Großbritannien:
Unter der Thatcher-Regierung wurden 1989 die ca. 3500 staatlichen Wasserwerke von 10 großen und 17 kleineren privaten Konzernen übernommen. Interessant sind die Hintergründe, wie es in England zu dieser umfangreichen Privatisierung gekommen ist:
Damals wurde den öffentlich-rechtlichen Wasserversorgern eine Kreditaufnahme zur Sanierung ihrer Anlagen verboten. Sie waren auf das Finanzamt angewiesen, welches die Betreiber scharfen Einschränkungen unterwarf. Durch permanente Geldnot verkam die Wasserversorgung mehr und mehr.
Die Privatisierung erschien als vermeintlicher Segen, um die dringendsten Maßnahmen der Sanierung finanzieren zu können. Tatsächlich verbesserte sich die Wasserqualität!
Dies lag zum einen daran, dass den privaten Unternehmen mehr unter die Arme gegriffen wurde als den staatlichen Wasserwerken vor 1989: Jenen wurden aus Steuermitteln Kredite in Höhe von mehr als 8 Mrd. EUR erlassen, zusätzlich versorgte man sie mit Subventionen in Höhe von rund 2,6 Mrd. EUR. Trotz dieser « günstigen » Finanzlage stiegen die Wasserpreise um jährlich 5 Prozent an, was bei einkommensschwachen Haushalten schnell zur Verschuldungsfalle wurde. Mit den Wasserpreisen stiegen Gewinne, Dividenden und Vorstandsgehälter - der Umsatzgewinn wurde also nicht in Form von konstanten und humanen Wasserpreisen sichtbar, sondern lagerte sich als Gehaltserhöhung in der Chefetage und durch Dividenden auf den Konten der Teilhaber ab.
Ein weiterer Grund für die eintretende Qualitätsverbesserung war die Verschärfung einiger Vorschriften zur Wasserqualität seitens der EU in den 90ern; so mussten auch die britischen Wasserversorger diesen Anforderungen nachkommen. Dabei kam häufig Widerstand von Seiten der privaten Konzerne. Die Qualitätsverbesserung wäre ohne Privatisierung offensichtlich reibungsloser verlaufen!
Um den Unmut der Bevölkerung über die gestiegenen Preise wieder zu lindern, mussten die privaten Konzerne in den nachfolgenden Jahren mittels eines immensen bürokratischen Aufwands kontrolliert werden, um die Wasserversorgung zuverlässig und preiswert zu gestalten.
Wäre es da nicht vernünftiger gewesen, das Geld gleich den öffentlich-rechtlich staatlichen Versorgern zukommen zu lassen anstatt noch weitere kostenintensive Behörden zu schaffen?
In Deutschland sorgen 6700 Wasserversorgungsunternehmen für sauberes Trinkwasser, allein in Bayern sind es 2553 Wasserwerke. Für die Wasserversorgung hier in Regensburg ist die Regensburger Energie- und Wasserversorgung AG & Co. (REWAG) zuständig, wie jeder weiß, der schon mal seine Wasserrechnung bezahlt hat.
Ein Blick auf die Homepage (www.rewag.de) liefert einen ersten Eindruck über Bilanzen, Beteiligungschaos, Einzugsgebiet und Teilprivatisierung. Die REWAG ist eine Aktiengesellschaft;
Hauptteilhaber ist die Stadt Regensburg, etwa ? der Aktien gehört dem Energieriesen E.on. Trotzdem: Die GATS-Verhandlungen sind noch nicht Thema Nº 1 - nicht einmal unter der Rubrik « Unsere Zukunft » werden mögliche Folgen der zum Januar 2005 geplanten Vertragsabschlüsse erwähnt.
Für den Fall dass im Moment keinen Engländer neben dir steht, haben wir vorsichtshalber mal einen Experten nach seiner Meinung gefragt. Wer eignet sich dafür wohl besser als der Pressesprecher der REWAG? 40
In den Verwaltungsgebäuden der REWAG sind die laufenden GATS-Verhandlungen zur Liberalisierung des Wassermarktes noch kein aktuelles Thema. Knapp 1 ¾ Jahre vor den geplanten GATS - Vertragsunterzeichnungen macht man sich hier, wo die Mitarbeiter doch wohl am ehesten von Rationalisierungen und Veränderungen der Arbeitsbedingungen betroffen sein könnten, noch wenig Gedanken. Die Taktik der Verhandlungsführer, bisherige Absprachen, Angebote und Anfragen möglichst vertraulich und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen, scheint aufzugehen. Eine Privatisierung der städtischen Versorgungsanlagen, welche die kommerzielle Vermarktung der lebensnotwendigen Flüssigkeit mit dem Ziel der Profitmaximierung in den Vordergrund stellt, steht für Herrn Bergbauer aus gesundheitlichen, sozialen wie auch aus umwelttechnischen Gründen nicht zur Debatte. Im Unterschied zur Stromversorgung zähle bei der Wasserversorgung vor allem eines: Qualität. Und um die gewährleisten zu können, müssten mehrere Hände am gleichen Strang ziehen, ein einziger privater Anbieter könne das nicht. Die Aufteilung des Umlands in drei Wasserschutzgebiete, in Verbindung mit strengen Auflagen für Landwirte (z.B. bzgl. der Düngung landwirtschaftlich genutzter Flächen) und regelmäßige Bodenproben tragen entscheidend zur Bereitstellung von langfristig sauberem, qualitativ hochwertigem Leitungswasser bei.
« Das Regensburger Leitungswasser gehört wohl zu den Besten der Welt », urteilt Bergbauer. Zahlreiche Gründe liefert er mit einer ausführlichen Beschreibung der Wassergewinnung, der Kontrollen und des weiteren - kurzen - Weges des Wassers bis zum Kunden. Eine Auflistung der gemessenen Werte ist überzeugend:
DieZusammensetzung des Regensburger Leitungswassers erfüllt die gesetzlichen Qualitätsstandards schon fast streberhaft, Extremwerte sind nicht zu finden. Die Ablösung der städtischen Anbieter durch einen Großkonzern, wie z.B. RWE (Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke; nach der Fusion mit dem britischen Thames Water der drittgrößte Wasserkonzern weltweit) würde zwar an den staatlichen Rahmenbedingungen nicht viel ändern, trotzdem befürchtet der Pressesprecher durch den marktwirtschaftlichen Wettbewerb Qualitätsminderungen - « abwärts, auf die staatlich festgelegten Mindestwerte ». 41
Und ob das im Interesse der Regensbürger liegt, ist wohl äußerst fraglich...
Momentan scheint unser Leitungswasser nicht nur von sehr guter Qualität zu sein, es ist auch noch preiswert. In einem bundesweiten Vergleich der Trinkwasserpreise landete Regensburg immerhin auf Platz drei von 84 deutschen Großstädten! Warum also noch länger schwere Wasserflaschen in die Wohnung schleppen, die oft tausende von Kilometern aus Frankreich oder Italien auf klimabelastende Weise in unsere Supermärkte gekarrt werden???
Veränderung beginnt im Kleinen! Na dann Prost...
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