Pressemitteilung

Der Arbeitskreis Distomo begrüßt die neue griechische
Initiative zur Erzwingung deutscher Reparations- und Entschädigungszahlungen an Griechenland!

25. August 2016

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras erklärte am Dienstag, den 16.8.2016, während der Gedenkfeier für die Opfer eines Wehrmachts-Massakers in dem nordgriechischen Dorf Kommeno, Athen werde ”auf diplomatischer und falls nötig auf gerichtlicher Ebene” gegen Berlin vorgehen, sollte die Bundesregierung sich weiterhin weigern, in Reparationsverhandlungen einzutreten. Anfang September soll das griechische Parlament über einen kürzlich fertiggestellten Bericht des parlamentarischen Ausschusses für die Entschädigungsforderungen diskutieren, der die deutsche Reparationsschuld auf 269 Milliarden Euro beziffert.

Der Abschlussbericht des Ausschusses listet die bis heute offenen Ansprüche auf Reparationen und Entschädigungen auf. Demnach kann Athen ”Reparationen für materielle Kriegsschäden und beschlagnahmte Waren” beanspruchen, darüber hinaus die Rückzahlung einer Zwangsanleihe, die die deutschen Besatzer Griechenland abpressten, außerdem Entschädigungen für Opfer deutscher Kriegsverbrechen und ihre Angehörigen; nicht zuletzt wird auch ”die Rückführung Hunderter entwendeter archäologischer Artefakte” verlangt.

Behauptungen der Bundesregierung, die Reparationsfrage sei ”erledigt”, treffen nicht zu: Deutschland hat seine Schulden gegenüber Griechenland bis heute nicht bezahlt. Tatsächlich ist die Zahlung einer 1946 verbindlich anerkannten Reparationssumme mit dem Londoner Schuldenabkommen vom Februar 1953 zwar gestundet, aber nicht aufgehoben worden. Seit dem Abschluss des 2+4 Vertrages sind alle Forderungen fällig.

Aus Sicht des Arbeitskreises Distomo ist es zwingend erforderlich, dass Deutschland endlich seine Rechtspflicht anerkennt, die Zehntausende von zivilen Opfer der Besatzungszeit in Griechenland zu entschädigen. Den Überlebenden der Massaker von Wehrmacht und SS sowie den Angehörigen der Ermordeten werden seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland jegliche Leistungen vorenthalten. Rechtskräftige Urteile wie im Fall Distomo werden von der deutschen Regierung missachtet und wurden bis heute nicht erfüllt. Die Klägerinnen und Kläger mussten nach Italien gehen, um dort die Vollstreckung gegen deutsches Vermögen zu betreiben. Auch die Entschädigungsforderungen der jüdischen Gemeinde Thessaloniki wurden bis heute nicht erfüllt.

Der Arbeitskreis Distomo begrüßt alle politischen und rechtlichen Schritte, um Deutschland zur Einhaltung seiner Verpflichtungen zu zwingen. Hierzu gehört nötigenfalls auch die Zwangsversteigerung deutscher Liegenschaften und anderer Vermögenswerte in Griechenland. Unter massivem politischem Druck aus Deutschland hat die griechische Regierung dies bislang unterlassen. Bei allem muss aus Sicht des Arbeitskreises die Entschädigung der individuellen Opfer im Vordergrund stehen und darf nicht politischen Opportunitäten geopfert werden.

Statt die Opfer zu entschädigen, bewirbt die deutsche Regierung etwa den Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds, der offiziell ”der Versöhnung und der historischen Aufarbeitung zwischen Deutschland und Griechenland dienen” soll. Er kostet nicht 269 Milliarden Euro, sondern nur jährlich eine Million - Geld, das nur zum geringsten Teil den Opfern und ihren Nachfahren zugute kommt, aber mit ausgewählten Geschichtsprojekten den Eindruck erwecken soll, es gebe endlich eine umfassende Beschäftigung mit der deutschen Verbrechensgeschichte. Es handelt sich aber lediglich um ein ”trojanisches Pferd” mit dem Ziel, Imagewerbung für ein angeblich geläutertes Deutschland zu betreiben; vor allem soll es den anhaltenden Reparationsforderungen den Wind aus den Segeln nehmen - zu Lasten der NS-Opfer.

Der Arbeitskreis Distomo fordert weiterhin, dass endlich alle NS-Opfer entschädigt werden müssen!

Hamburg, den 25. August 2016