Rassismus vs. Kapitalismus
Innerhalb der antirassistischen wie auch der antifaschistischen Linken
steht der Begriff Leistungsrassismus derzeit hoch im Kurs, wenn es
um die Beschreibung der aktuellen Veränderungen im Zug der
Einwanderungsdebatte geht. Wir kritisieren diesen sowie die damit verbundene
Einschätzung und wollen eine gemeinsame Diskussion über Bedingungen,
Gesellschaftsanalyse und Perspektiven linksradikaler Politik führen.
Leistungsrassismus?
Die Hauptvorlage für eine linke Diskussion über Antirassismus, die
aktuelle Situation und deren Einschätzung / Bewertung und daraus zu
folgernden Konsequenzen hat das Antirassismus-Büro Bremen (ARAB) in ihrem
Thesenpapier Antirassismus 2000 geliefert.
Weder ist die Bundesregierung über Nacht antifaschistisch, noch
migrationsfreundlich geworden. Vielmehr wird der alte völkische
Nationalismus abgelöst durch einen modernen Leistungsrassismus. Nicht mehr
nur Herkunft, Nationalität und Hautfarbe gelten als Zuwanderungskriterium,
sondern Leistungsfähigkeit, Ausbildung, Lohnhöhe und
Nützlichkeit. Wirtschaftliche Kriterien stehen vor nationalistischen
Überlegungen. (ARAB)
Die Modernisierung der deutschen Innen- und Außenpolitik durch die neue
Bundesregierung wird mit ehemals per se linken Slogans betrieben. So will zum
Beispiel der grüne Außenminister kein neues Auschwitz - auch nicht
im Kosovo. Ganz nebenbei erlebt der antifaschistische Kampf gegen Hitler seine
Renaissance, nur das dieser heutzutage Milosovic heißt und in
Serbien sein Unwesen trieb. Und auch die antirassistische Losung open
borders wird von der rot-grünen Bundesregierung aufgegriffen und
Deutschland zum (wenn auch nicht klassischem) Einwanderungsland erklärt.
MigrantInnen, die sich für Deutschland nützlich machen,
sind ab jetzt höchst offiziell willkommen.
Mit diesen peppigen Parolen kauft die Bundesregierung derzeit den dumpfen
NationalistInnen den Schneid ab und profiliert sich als fortschrittlich und
modern. Sie hat die besseren Argumente, um Deutschland politisch,
militärisch und wirtschaftlich fit für das dritte Jahrtausend zu
machen. Und darauf kommt es ja an. Doch wie das ARAB schon richtig erkannt hat,
bedeutet die scheinbare Wandlung des alten, völkischen Rassismus hin zu
einem Verfassungspatriotismus nicht die Aufhebung von Rassismus. Schon allein
die Fakten sprechen dagegen: sei es die Abschottung der europäischen
Außengrenzen gegen unerwünschte Migration, die restriktive
Ausländergesetzgebung oder die alltägliche Abschiebepraxis. Sie
verdeutlichen weiterhin eine rassistische Abgrenzungs- und
Ausschlußpolitik.
Dies wird aber ergänzt durch die Einteilung von MigrantInnen nach ihrer
Nützlichkeit. Dabei werden die Grenzen für bestimmte MigrantInnen
geöffnet, gleichzeitig aber gegen den weitaus größeren Teil
abgeschottet. Gewünscht sind nur Personen, deren besondere
Fähigkeiten und Know-how gebraucht werden, um den wirtschaftlichen
Anschluß nicht zu verpassen. Anstatt des Ariernachweises kann heute also
auch der Leistungsnachweis erbracht werden.
Der dazu neu eingeführte Begriff des Leistungsrassismus (analog
Verwertungs- oder Nützlichkeitsrassismus), der heutzutage in fast jedem
linken Papier zu Rassismus auftaucht, ist jedoch analytisch ungenau und
politisch untauglich. Schon alleine deshalb, weil er eine völlige
Aufweichung des Rassismusbegriffes darstellt. Denn beim Rassismus werden
Menschen anhand ihrer Herkunft oder ihrer Kultur eingeteilt und bewertet. Die
Einteilung nach nützlich und unnütz bezieht
sich aber genau nicht auf diese rassistischen Differenzierungen. Hier gilt
einzig und allein das Prinzip der Verwertbarkeit. Und dieses sollte
dementsprechend auch als kapitalistisches Prinzip bezeichnet werden. Der
Rassismus greift und wirkt hier an anderer Stelle. Wenn sich nämlich
EinwanderInnen durch Leistung erst Rechte erwerben können, die den
Deutschen schon qua Geburt zustehen. Rassistisch ist dabei nicht,
daß sie sich Rechte durch Leistung erwerben können, sondern
daß ihnen diese nicht schon von vornherein zugestanden werden.
Konzepte der Arbeitsmigration gibt es in Deutschland schon seit Jahrhunderten.
Als Beispiele seien nur die Ausbeutung der Kolonialisierten, die
GastarbeiterInnen in den sechziger Jahren oder die SaisonarbeiterInnen genannt.
Es handelt sich also nicht um ein völlig neues Phänomen. Dem
kapitalistischen Verwertungsprinzip entsprechend werden alle Menschen, die sich
nicht verwerten können oder wollen, ausgegrenzt. Dies gilt potentiell
sowohl für nicht mehr brauchbare Menschen innerhalb eines
Nationalstaates als auch für Außenstehende. Das bedeutet aber nicht,
daß vorhandene Ideologien (wie Rassismus) im Kapitalismus zu dessen
Gunsten aufgehoben werden. Das kapitalistische System braucht vielmehr
Differenzierungen wie z.B. Geschlecht und Nation, um das Konkurrenzprinzip
aufrechtzuerhalten. Nicht zuletzt deshalb gibt es auch weiterhin rassistische
Einteilungen und die damit verbundene Abwertung. Für MigrantInnen sind
sowohl das kapitalistische System - mit dem ihm immanenten Verwertungsprinzip
und dem damit verbundenen Lohnarbeitszwang - als auch der manifeste Rassismus
Hindernisse für ein freies Leben. Und gerade die Verknüpfung von
beidem macht ein solches für sie unmöglich.
Germany to Einwanderungsland?
In Folge der infolge der Einwanderungsdebatte und des zivilgesellschaftlichen
Antifaschismus veränderten gesellschaftlichen Situation wird also weder
der alte völkische Nationalismus abgelöst, wie
beispielhaft das ARAB formuliert, noch steht die Auflösung der Nationen
bevor. Die Sortierung der Menschheit nach Nationen wird durch die Öffnung
der Arbeits- und Absatzmärkte nicht in Frage gestellt. Die Nationalstaaten
sind auch weiterhin Grundlage für die kapitalistische Ordnung. Der
(National-)Staat hat für das Funktionieren der kapitalistischen
Produktionsweise innerhalb seines Staatsgebietes zu sorgen. Dazu muß
neben dem freien Waren- und Kapitaltransfer auch die freie Verfügbarkeit
von Arbeitskräften sichergestellt werden. Ein nationaler Arbeitsmarkt kann
den dynamischen Entwicklungen der Wirtschaft nicht mehr folgen. Insbesondere
Industrie und Handel drängen schon länger auf eine Öffnung
Europas für den globalen Arbeitsmarkt und die Lockerung der
Zuwanderungsbeschränkungen für ArbeitnehmerInnen. Insofern basiert
das neue Einwanderungsgesetz tatsächlich zuerst auf wirtschaftlichen
Forderungen und Überlegungen (ARAB), jedoch nicht ohne den Verweis auf
nationale Interessen. Ziel ist es, den Standort Deutschland im internationalen
Vergleich zu stärken.
Dennoch kann der Staat nicht beliebig im Interesse der Wirtschaftsunternehmen
agieren, sondern muß auf die spezifischen politischen und
gesellschaftlichen Verhältnisse eingehen, um die soziale Ordnung
aufrechtzuerhalten. Er erfüllt in diesem Sinn eine Mittlerfunktion. Er
wird durch das geplante Einwanderungsgesetz die Zuwanderung nach
wirtschaftlichen Erfordernissen ermöglichen. Gleichzeitig muß er
jedoch der Bevölkerung diese Notwendigkeit und die Einsicht, daß
sich aus den Fähigkeiten von bestimmten EinwanderInnen Kapital für
Staat und Volk schlagen läßt, vermitteln.
Im Zuge dieser Entwicklung wird sich der völkische Blut- und
Boden-Rassismus in Zukunft etwas schwächer artikulieren müssen. Denn
was bringen Greencards, wenn ausländische Arbeitskräfte wegen des
hiesigen alltäglichen Rassismus Deutschland ihre Arbeitskraft verweigern?
Da gerade die ExpertInnen sich ihren Arbeitsplatz in verschiedenen
kapitalistischen Zentren aussuchen können, wird der völkische
Rassismus zum entscheidenden Standortnachteil. Den gesetzlichen Änderungen
muß ein Einstellungswandel der Bevölkerung folgen. Der Staat hat
also ein durchaus ernstgemeintes Interesse an der Abschwächung des
völkischen Rassismus. In diesem Sinn entfaltet der zivilgesellschaftliche
Antifaschismus seine Wirkung. Es geht neben der Aufrechterhaltung des
staatlichen Gewaltmonopols auch entscheidend um die Erhaltung der staatlichen
Definitionsmacht: wer deutsch ist, wer der deutschen Gemeinschaft nützt
und wer bleiben darf, entscheidet immer noch der Staat und nicht Volk oder
Nazi. Trotz allem wird der völkische Rassismus jedoch nicht völlig
verstummen und gerade in gesellschaftlichen Spannungssituationen schneller als
befürchtet wieder auftauchen. Aktuellstes Beispiel ist die Debatte um eine
deutsche Identität mit völkischem Bezug als
Wahlkampfthema. Die kulturnationalistische Variante darf sich hingegen
weiterhin größter Beliebtheit erfreuen, wie die aktuellen Debatten
um die deutsche Leitkultur, die Integrationspflicht
oder die vermeintlich alternative Variante, das multikulturelle Konzept,
zeigen. Hier kann sich die Liebe zu Deutschland ungehemmt artikulieren.
Voraussetzung ist in Zeiten des staatlichen Antifaschismus jedoch die Tugend
zur Toleranz . Die gehorsamen Deutschen sollen ihre patriotischen Empfindungen
insofern zügeln, als das sie diese auch assimilierten MigrantInnen
zubilligen. Gemeinsam sollen sie stolz auf Deutschland und seine Wirtschaft
sein, im Gegensatz zu den Ewiggestrigen, die auf Ausgrenzung ohne Wenn und Aber
bestehen.
Die Wirtschaftsunternehmen werden ihrerseits ebenfalls nicht auf rassistische
Trennungen verzichten wollen. Sie haben lediglich ein ambivalentes und
instrumentelles Verhältnis dazu. Sie entscheiden nach Nutzen, Mehrwert,
Profit anstatt nach biologischer Rasse. Kulturalistische
Zuschreibungen werden eher im positiven Sinne, nämlich dem
Bedienen kultureller und subkultureller Codes, die auf bestimmte Zielgruppen
zugeschnitten sind, vorgenommen. Global agierende Unternehmen segmentieren
für sich ihre Zielgruppen nicht selten anhand kultureller
Besonderheiten. Als Beispiel seien die Angebote für die
türkische Zielgruppe genannt. So entstehen jede Menge eigene
Kaufhäuser, Restaurantketten, Internetportale etc., die sich die
kulturelle Differenz positiv zu Nutze machen und spezielle Angebote für
die Zielgruppe offerieren. Bei der Bewertung der Arbeitskraft werden
rassistische Trennungen teilweise reproduziert, teilweise stehen sie aber auch
den Interessen der Unternehmen entgegen. Menschen in illegalen
Beschäftigungsverhältnissen wird kein besonderes
antirassistisches Engagement entgegenschlagen, da sie gerade durch ihre
Rechtlosigkeit und ihren unsicheren Status ein Maximum an Profit versprechen.
Bei niedrigster Lohnzahlung haben sie die wenigsten Rechte. Sie können
sich weder organisieren, noch können sie ihren Lohn vor einem
Arbeitsgericht einklagen. Und wenn sie diese Rolle nicht akzeptieren,
können sie sich sicher sein, daß zig andere es an ihrer Stelle tun
werden.
Anders hingegen sieht die Lage bei Fachkräften, SpezialistInnen und
FacharbeiterInnen aus. Ihre besonderen Kenntnisse, ihre Ausbildung und ihre
speziellen Fertigkeiten sind Eigenschaften, die den Unternehmen und der
gesamten Volkswirtschaft zugute kommen. Von daher besteht an ihnen ein ganz
anderes Interesse, und es muß ihnen ein angenehmes Arbeits- und
Lebensumfeld geboten werden, damit sie auch weiterhin ihre Arbeitskraft
anbieten. Dazu gehört auch, daß sie sich relativ gefahrlos in ihrem
sozialen Umfeld bewegen können und nicht ständig Angst vor
rassistischen Überfällen haben müssen. Insofern sind die
Anzeigen und Aufrufe der Unternehmen gegen rassistische Diskriminierung und
für Toleranz ernstgemeinte und doch knallhart kalkulierte Kampagnen.
Es mag auf den ersten Blick so scheinen, als würden sich wirtschaftliche
und antirassistische Forderungen treffen - z.B. wenn die Wirtschaft die
Abschottung Deutschlands gegen Einwanderung und die Arbeitspolitik gegen
Nichtdeutsche kritisiert. Dennoch liegt im wirtschaftlichen Interesse nicht die
freie Bewegung von Menschen, sondern deren Kontrolle und Verfügbarkeit.
Freie Bewegung kann dem entgegenstehen. Wenn Menschen real die Alternative
hätten, in die entwickelten und prosperierenden kapitalistischen Zentren
zu gehen, würden nur wenige in kapitalschwachen Regionen mit geringem
Lebensstandard bleiben und sich gegen geringste Löhne ausbeuten lassen.
Gemäß kapitalistischer Logik sollen Menschen dort verfügbar
sein, wo sie gebraucht werden, und nicht dort, wo es ihnen am besten
gefällt.
Das Einwanderungsgesetz soll genau diese angestrebte flexible Steuerung der
Arbeitsmigration ermöglichen. Es stellt die Entwicklung eines Entwurfes
zur zukünftigen Regelung von Zuwanderung dar. Der Aufenthalt in
Deutschland ist konsequent an die ökonomische Verwertbarkeit gebunden. Das
Einwanderungsgesetz ist ein Instrument zur Steuerung und Auswahl von als
nützlich definierter Migration. Während es bislang
außer Frage stand, daß die Zugehörigkeit zum deutschen
Volk ausschließlich über eine blutsmäßige
Abstammung möglich sei, wird nun ernsthaft erwogen, auch
nützliche AusländerInnen, die sich integrieren und an die
deutschen Normen anpassen wollen, zu Deutschen zu erklären. Ein
Einwanderungsgesetz wollen alle. Es geht nur noch um Formulierungen. Was sich
jedoch an allen Vorschlägen und Forderungen, einschließlich des
aktuellen Schily-Entwurfes zeigt, dämpft jede antirassistische Hoffnung,
die sich mit dem symbolischem Bekenntnis, ein Einwanderungsland zu sein,
verbunden haben könnten. Für einige wenige wird die Möglichkeit
zur Einwanderung geschaffen. Diese bestimmt sich ausschließlich nach
Kriterien, die am Wohlergehen und Interesse des deutschen Staates orientiert
sind, und in keinster Weise an selbstbestimmter Migration. Die Abschottung
gegenüber allen Anderen wird nicht nur aufrechterhalten, sondern
intensiviert: das Asylrecht wird verschärft , die Residenzpflicht für
ausreisepflichtige Asylbewerber wird ausgeweitet und zwingend festgeschrieben
bis hin zur Einrichtung von Sammellagern für Abzuschiebende und die bisher
Gedulteten werden illegalisiert. Die Ausländer- und Asylgesetzgebung wird
neu geordnet zuungunsten von MigrantInnen und Flüchtlingen im Sinne der
Verwertungslogik. Insofern ist das Einwanderungsgesetz auch ein Schritt auf dem
Weg zur perspektivischen Abschaffung des Asylrechts.
Die Greencard-Verordnung erfüllt in diesem Zusammenhang eine
ergänzende Funktion. Mittels derartigen flexibel handhabbaren, zeitlich
befristeten und branchenspezifischen Arbeitserlaubnissen wird die Lücke
zwischen dem aktuellem und kurzfristigem Bedarf an Arbeitskräften und der
Einwanderung, die politisch nur sehr eingeschränkt und in geringer Zahl
gewünscht ist, geschlossen. Der Status der nichtdeutschen
Arbeitskräfte ist rechtlich und sozial nicht abgesichert - sie sollen in
Deutschland gar nicht erst heimisch werden. Sie sind nur erwünscht,
solange es keine Deutschen gibt, die ihre Stelle ausfüllen können.
Die Möglichkeiten, die mit der Greencard-Zusatzverordnung scheinbar erst
geschaffen werden mußten, gab es mit dem bestehenden Aufenthalts- und
Arbeitserlaubnisrecht schon lange und waren sogar umfassender - sie wurden nur
kaum angewendet. Insofern stellt sie kaum mehr als eine gelungene
Werbeoffensive gegenüber dem Ausland und den anzuwerbenden
Fachkräften auf der einen Seite und gegenüber der eigenen
Bürokratie auf der anderen Seite dar.
Perspektiven für eine antirassistische Linke
Nicht wenige setzen in die aktuelle Diskussion überhöhte Hoffnungen,
sehen einen Bruch in der deutschen Migrationspolitik und sind voller
Optimismus. Exemplarisch das ARAB: In der Tat sind wir voller Tatendrang,
die aktuellen Umbrüche im migrationspolitischen Diskurs heben vielfache
Blockierungen auf und eröffnen neue Perspektiven.
Wir denken, daß es keinen Grund für eine Euphorie darüber gibt,
daß Einwanderung jetzt ermöglicht wird und Deutschland sich
neuerdings mit dem Slogan brüstet, ein Einwanderungsland zu
sein. Die Debatte markiert eine Veränderung, ein zögerliches
Infragestellen der völkischen Konstruktion des deutschen Volkes. Für
einige wenige sind konkrete Verbesserungen zu erwarten, für die Mehrzahl
jedoch geht rechtlich mit dem angestrebten Einwanderungsgesetz eine eindeutige
Verschlechterung ihrer Situation einher. Anders ist die Wirkung im
gesellschaftlichen Diskurs. Die Akzeptanz nützlicher
Ausländer und die Wirkung des zivilgesellschaftlichen Antifaschismus
stellt aus der Sicht von MigrantInnen eine Verbesserung ihrer
gesellschaftlichen Position dar. Was davon langfristig an Umdenken bleibt, ist
noch offen. Momentan gibt es auch gegenteilige Entwicklungen, wie die schon
genannte Diskussion über deutsche Identität.
Wir denken (wie das ARAB), das vor dem Tatendrang die Analyse zu stehen hat.
Und hier haben wir auch Hoffnung, daß durch den aktuellen Diskurs die
Dinge in Bewegung [kommen] (ARAB). Unsere Hoffnung besteht
allerdings darin, daß innerhalb der Antiraszene auch wieder über
Kapitalismus gesprochen wird, das sie sich (wie die Antifabewegung auch) von
dem Ausharren in ihrem Teilbereich löst und der Blick erweitert wird. Das
heißt auch, daß sich die verschiedenen Teilbereichsbewegungen mehr
aufeinander beziehen und eine gemeinsame Politik entwickeln müssen. Dazu
ist eine gemeinsame Strategie- und Perspektivendiskussion unter linksradikalen
Blickwinkel notwendig.
Exemplarisch ist z.B. der von antirassistischen Gruppen verwandte Slogan
Jeder Mensch ist ein Experte. Egal mit welcher Intention dieser in
die Diskussion gebracht wurde, reproduziert er das Denken in den Kategorien
nützlich und unnütz. Was zählt, ist -
ganz im Sinne kapitalistischer Logik - Leistung. Da tröstet es auch nur
wenig, daß jeder Mensch eine ExpertIn ist. Die Kritik sollte sich also
nicht affirmativ auf den ExpertInnenstatus beziehen, sondern genau an diesem
Punkt grundsätzlicher und damit antikapitalistisch werden.
Die Hoffnung, die sich von antirassistischer Seite an die Forderungen aus der
Wirtschaft knüpfen und diese schon als, wenn auch unerwartete,
Bündnispartnerin sehen, sollten sich spätestens nach einer genaueren
Analyse erledigen. Ein instrumenteller Umgang mit solchen
BündnispartnerInnen steht unter der Gefahr, eigene Ziele und die generelle
Gesellschaftskritik aus den Augen zu verlieren.
phase zwei, leipzig
Zuerst veröffentlicht in: Phase 2, 02/2001
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