Der Entwurf
eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur
Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und
Ausländern (Zuwanderungsgesetz)
Die Kritik an dem umfangreichen Entwurf hat deutlich gemacht, dass das Gesetz
Deutschland nicht für Zuwanderer öffnet, sondern bisherige
Bestimmungen des Ausländergesetzes und gegen Flüchtlinge und
Asylsuchende gerichtete Maßnahmen weiter verschärft. Unter anderen
wurden folgende Regelungen des Gesetzentwurfs kritisiert:
Die Einführung eines Zweiklassenrechts bei der Einwanderung und
Integration. Nur die von der Wirtschaft gesuchten Hochqualifizierten sollen ein
relativ sicheres Niederlassungsrecht erhalten. Ihre Kinder dürfen bis zum
18. Lebensjahr nachziehen. Nicht so bei Flüchtlingen oder auch
Ausländern, die schon länger in Deutschland leben. Ihre Kinder sollen
nur noch bis zum 12. Lebensjahr nachkommen dürfen.
Ergänzend zu den wie bisher gestalteten Möglichkeiten der Erteilung
einer Arbeitsgenehmigung werden die Voraussetzungen geschaffen, im
Bedarfsfall eine begrenzte Zahl besonders geeigneter Zuwanderer über ein
Auswahlverfahren aufzunehmen. Es handelt sich dabei um ein zusätzliches
optionales Steuerungsinstrument, das voraussichtlich zunächst nur einer
sehr begrenzten Anzahl von Zuwanderern offen stehen wird.
Mindestbedingungen sind die Sicherung des Lebensunterhalts und eine
Berufsausbildung. Zusätzliche Kriterien sind: Alter, Qualifikation,
Sprachkenntnisse, Beziehungen zu Deutschland sowie das Herkunftsland. Das
Auswahlverfahren wird durch das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge als zentrale Behörde durchgeführt. Voraussetzung
ist, dass zunächst Bundesamt und Bundesanstalt für Arbeit nach
Beteiligung des neuen Sachverständigenrates für Zuwanderung und
Integration eine Höchstzahl für die Zuwanderung im Auswahlverfahren
festgesetzt haben.
Die Voraussetzungen für die rechtlich gesicherten
Niederlassungsvoraussetzungen werden so hoch gehängt, dass der dauerhafte
Aufenthalt für große Gruppe von sozial schwachen Ausländern,
die teilweise schon seit Jahren in Deutschland leben, fast unmöglich wird.
Ein großer Teil der derzeit mit befristeter Aufenthaltserlaubnis in
Deutschland lebenden 1,7 Millionen Menschen wird deshalb keinen Anspruch auf
die sichere Niederlassungserlaubnis haben.
Der von vornherein zeitlich befristete Aufenthalt, gebunden an einen
Arbeitsplatz bzw. Arbeitskräftebedarf, erinnert an das Rotationsprinzip,
wie es am Anfang der Gastarbeiter-Anwerbung üblich war. Es ist
mit großer Rechtsunsicherheit für die ausländischen Arbeiter
verbunden.
Bisher geduldete Ausländer - wie Bürgerkriegsflüchtlinge, die
nicht zurückkehren können, oder Asylsuchende, deren Antrag auf Asyl
abgelehnt wurde, die aber nicht abgeschoben werden konnten - werden schlechter
gestellt. Die bisherige Duldung, die schon unbefriedigend war, soll gestrichen
werden. Aber für einen Großteil der bisher geduldeten Ausländer
sieht der neue Gesetzentwurf keinen Ersatz vor. Eine Minderheit soll eine
Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung erhalten.
Der Rest fällt ins rechtliche Nichts und reiht sich bei den
Hunderttausenden von Menschen ohne Papiere ein. Bisher Geduldete dürfen in
Zukunft nicht mehr arbeiten und sollen stattdessen in Ausreisezentren
eingewiesen werden.
Der Entwurf sieht vor, den Aufenthalt von ausreisepflichtigen Personen
räumlich zu beschränken. Vorgesehen ist auch die Möglichkeit,
die betroffenen Personen zu verpflichten, in einer Ausreiseeinrichtung zu
wohnen, wie es bereits in einigen Bundesländern praktiziert wird. Ziel ist
es, die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise zu fördern und die
Beschaffung von Heimreisedokumenten zu beschleunigen.
Nichtstaatliche oder geschlechtsspezifische Verfolgung wird auch nach dem neuen
Gesetzentwurf nicht als Asylgrund anerkannt. Ausweisungen und Abschiebungen
sollen gegenüber dem jetzigen Zustand beschleunigt und verschärft
werden. So soll zum Beispiel ein Flüchtling, der aufgrund der politischen
Lage nicht in sein Heimatland abgeschoben werden kann, selbst nachweisen
müssen, warum er nicht in ein Nachbarland oder einen anderen Staat
abgeschoben werden kann.
Das eigenständige Aufenthaltsrecht für ausländische Ehegatten,
das die rot-grüne Regierung erst vor kurzem unter bestimmten
Voraussetzungen eingeführt hat, wird wieder in Frage gestellt.
Nachfluchtgründe, wie zum Beispiel die politische Betätigung eines
Flüchtlings, der gegen die Unterdrückung in seinem Heimatland in der
Bundesrepublik protestiert, sollen nicht mehr als Asylgrund anerkannt werden.
Das läuft auf ein politisches Betätigungsverbot von Flüchtlingen
hinaus. Bei Zuwiderhandlung droht den Betreffenden Abschiebung selbst bei
höchster Gefahr für Leib und Leben.
Das Asylbewerberleistungsgesetz, das Leistungen für Asylbewerber seit
Jahren um 30 Prozent unter den normalen Sozialhilfesatz senkt, soll unbefristet
gelten und überwiegend nur noch in Sachleistungen gewährt werden. Es
wurde im Zusammenhang mit dem Asylkompromiss von 1993 eingeführt, galt
zunächst nur für ein Jahr, dann für drei Jahre
Nach wie vor sollen Kinder und Jugendliche, die in Deutschland geboren und
aufgewachsen sind, ausgewiesen werden können, wenn sie straffällig
werden. Der Schutz unbegleiteter Flüchtlingskinder wird nach wie vor nicht
gewährleistet.
Das Gesetz sieht keine Härtefallregelung vor, zum Beispiel für
Menschen und Familien, die bereits jahrelang in Deutschland leben und arbeiten,
aber trotzdem kein Aufenthaltsrecht erhalten. Satt dessen sollen
Kirchengemeinden oder Wohlfahrtsorganisationen dem Staat die Flüchtlinge,
deren Schutz sie fordern, abkaufen können. Diese dürfen bleiben, wenn
die Kirchen die vollen Kosten für ihren Unterhalt übernehmen. Von den
Kirchen wurde dies umgehend zurückgewiesen.
Das Flughafenverfahren (ein verkürztes Asylverfahren) und die
Abschiebehaft, die seit Jahren unter starker Kritik stehen und zahlreiche
Selbstmorde verursacht haben, sollen uneingeschränkt aufrecht erhalten
bleiben.
Zur Sicherung der Identitätsfeststellung sollen bei der Visabeantragung
von Angehörigen einzelner
Problemstaaten1 Lichtbilder und
Fingerabdrücke gefertigt werden können. Darüber hinaus soll
künftig strafrechtlich verfolgt und ausgewiesen werden können, wer
falsche Angaben über seine Identität oder Staatsangehörigkeit
macht.
Bei fehlenden Deutschkenntnissen und einem Aufenthalt von weniger als sechs
Jahren besteht eine Teilnahmepflicht an einem Integrationskurs. Die
Nichtteilnahme soll bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis
berücksichtigt werden. Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie
Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der
Lebensverhältnisse im Bundesgebiet sind auch Voraussetzung für die
Gewährung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts
(Niederlassungserlaubnis).
Über jedem Ausländer in Deutschland schwebt die Einschränkung
nach Paragraf 5 Absatz 1 Nummer 3 des neuen Aufenthaltsgesetzes, die besagt:
Jede Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt voraus, dass der Aufenthalt
des
Ausländers... Interessen der Bundesrepublik Deutschland nicht
beeinträchtigt oder gefährdet.
Fußnote
1 alle kursiv gesetzten Zitate sind den Informationen der
Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz entnommen
|