Bundesverwaltungsgericht hebt Verbot der Zeitung »ÖzgÜr Politika« auf
Der 6. Senat des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hat am 18. Oktober 2005 das von Bundesinnenminister Otto Schily am 30. August 2005 erlassene Verbot der prokurdischen, in der E. Xani Presse- und Verlags GmbH erschienenen Tageszeitung „Özgür Politika“, aufgehoben
(Az.: BVerwG 6 VR 5.05/6 A 4.05).
Es bestehe kein öffentliches Interesse daran, das Erscheinen der Zeitung weiter zu untersagen. Die Bundesrichter folgten damit dem von den Anwälten des Verlages eingereichten Eilantrag gegen die ministerielle Verbotsverfügung.
Auf Veranlassung des Bundesinnenministers wurden am 5. September 2005 in einer groß angelegten Polizeiaktion die Räume der in Neu-Isenburg ansässigen E. Xani Verlags GmbH, der Zeitung „Özgür Politika“, der Nachrichtenagentur Mezopotamia Haber Ajansi (MHA) bzw. der Welat-Verlags GmbH durchsucht, aufgelöst und verboten. Ferner durchsuchte die Polizei den Mezopotamien-Verlag in Köln und den MÎR-Musikverlag in Düsseldorf sowie zahlreiche Wohnungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Institutionen. Hierbei beschlagnahmte die Polizei massenhaft Arbeitsmaterialien, Bücher, Kassetten, Zeitschriften und die Vermögen der betroffenen kurdischen Verlage. Laut Verfügung sollten keine „Ersatzorganisationen“ gebildet oder „bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen“ fortgeführt werden dürfen. Untersagt wurde ferner die weitere Verwendung von Kennzeichen, „insbesondere für das Logo der Zeitung „Özgür Politika“.
Begründet wurden die Verbotsmaßnahmen damit, dass diese kurdischen Einrichtungen „nachweislich in die Organisationsstruktur der PKK (heute KONGRA GEL) eingebunden“ gewesen sein sollten; insbesondere sei die Zeitung „Özgür Politika“ als „Sprachrohr der PKK“ einzustufen, weil sie „Nachrichten und Propaganda“ verbreitet und „die Anhängerschaft mobilisiert“ habe.
Diese Einschätzung des Bundesinnenministers haben die Richter des Bundesverwaltungsgerichts offenbar nicht geteilt und insbesondere die angeordnete „sofortige Vollziehung“ der Verbotsverfügung für nicht rechtens erachtet.
AZADÎ begrüßt diese Entscheidung. Es zeigt sich nun, dass die Vermutung richtig war, Schily habe mit dem organisierten Angriff auf kurdische Einrichtungen kurz vor dem bevorstehenden Wahltermin noch einmal als innenpolitischer hardliner in Erscheinung treten wollen. Als einer, der ohne Skrupel bereit ist, für derlei egoistische Machtinteressen das hohe Gut der Presse- und Informationsfreiheit zu opfern und gleichzeitig den wochenlang zuvor betriebenen antikurdischen Kampagnen türkischer Zeitungen und Forderungen nach Verboten in Deutschland nachzukommen.
AZADÎ fordert