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28. Juni 2005
Freiheit für Taylan SARIGÜL!
Kurde nach Verurteilung wegen politischer Betätigung in Abschiebehaft
genommen
Der 28-jährige Taylan SARIGÜL wurde unmittelbar, nachdem ihn das
Oberlandesgericht (OLG) Koblenz am 16. Juni 2005 wegen „Mitgliedschaft
in einer kriminellen Vereinigung“ (§129 StGB) zu einer Freiheitsstrafe
von 2 Jahren auf Bewährung verurteilt hatte, aus der JVA in Koblenz in die„Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige“ nach Ingelheim verbracht.
Am 23. Juni wurde er zwecks Ausstellung von Ausreisedokumenten
zwangsweise dem türkischen Konsulat vorgeführt. Er hat sich jedoch
geweigert, die Papiere zu unterschreiben. Seit dem 17. Juni 2005
befindet sich Taylan Sarigül im Hungerstreik.
Am 12. November des vergangenen Jahres hat der Generalbundesanwalt den
Kurden in Rüsselsheim festnehmen lassen, weil er als Angehöriger des „Funktionärskörpers der PKK“ zwischen September 2003 und November 2004 die
PKK-Gebiete in Darmstadt bzw. Mainz geleitet haben soll. Darüber hinaus
wurde ihm vorgeworfen, für das sog. „Heimatbüro Europa“ verantwortlich
gewesen zu sein. Diesen Vorwurf musste die Bundesanwaltschaft (BAW)
allerdings im Laufe des Verfahrens wegen fehlender Beweise fallen
lassen. Weil die BAW befürchtete, der Kurde könnte nach
Urteilsverkündung auf freien Fuß kommen und ihrer Meinung nach
untertauchen, betrieb sie über die Ausländerbehörde die Einleitung
seiner Abschiebung.
Derzeit läuft das Asylfolgeverfahren. Zugleich ist vor dem
Verwaltungsgericht Karlsruhe ein Eilverfahren dahingehend anhängig, dass
das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe als Ausländerbehörde den
Verteidiger von Taylan Sarigül einen Arbeitstag vor einer beabsichtigten
Abschiebung informieren soll, um vor Gericht gehen zu können. Das RP
wiederum hat beantragt, diesen Antrag abzulehnen. So steht zu
befürchten, dass Rechtsanwalt Berthold Fresenius (Frankfurt/M.) zu spät von der Abschiebung
seines Mandanten Kenntnis erhält, ohne gerichtlichen Rechtsschutz in
Anspruch nehmen zu können.
AZADÎ verurteilt dieses unverantwortliche Vorgehen der Behörden und
fordert die Freilassung von Taylan Sarigül. Gerade wegen dessen
exilpolitischer Betätigung ist der Kurde bei einer Abschiebung in die
Türkei äußerst gefährdet. Es muss befürchtet werden, dass ihm dort eine
erneute Festnahme und Folter drohen. Aufgrund der engen Zusammenarbeit
und des Strafnachrichtenaustauschs zwischen der BRD und der Türkei sind
die dortigen Behörden sehr wohl über die Verurteilung des Kurden
informiert.
Die Auffassung, Abschiebungen von politischen Aktivist(inn)en in die
Türkei seien vor dem Hintergrund eingeleiteter Reformen unbedenklich,
hat mit der realen Situation herzlich wenig zu tun. Organisationen wie
Amnesty International, der türkische Menschenrechtsverein IHD, die
Türkische Menschenrechtsstiftung oder auch das Berliner
Behandlungszentrum für Folteropfer weisen ausdrücklich darauf hin, dass
es in allen Regionen der Türkei nach wie vor Folter gebe und
insbesondere in den letzten Monaten ein extremer Anstieg von
Rechtsverletzungen zu verzeichnen sei. Es scheint offensichtlich, dass
der türkische Staat an seiner Vernichtungs- und Verfolgungsstrategie
gegenüber der kurdischen Bevölkerung festzuhalten gedenkt. So haben
türkische Sicherheitskräfte erst vor wenigen Tagen in der Stadt Van bei
der Auflösung einer Protestkundgebung den 19-jährigen Fahrettin Inan
getötet und Dutzende Menschen verletzt.
Solange nicht wirklich ein Fortschritt in den grundlegenden
Menschenrechtsfragen erkennbar wird, dürfen Abschiebungen in die Türkei
nicht zugelassen werden
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