11. Oktober 2006
Die immer gleiche Inszenierung
Halil Dalkilic zu Freiheitsstrafe verurteilt
Wenig überraschend endete auch dieser Prozess gegen einen Kurden: Das Oberlandesgericht (OLG) Celle verurteilte heute den Journalisten Halil Dalkilic zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren. Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, von Anfang des Jahres 2000 bis zu seiner Verhaftung im Oktober 2005 als „Rädelsführer der PKK/des KONGRA-GEL“ für den Bereich „Finanzen und Wirtschaft“ der Organisation in Europa verantwortlich gewesen zu sein. Damit habe er sich als „führender Funktionär der PKK“ an einer „kriminellen Vereinigung“ (§ 129 Strafgesetzbuch) beteiligt. Diese Ansicht der Bundesanwaltschaft, die für Halil Dalkilic eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten gefordert hatte, sind die Richter des Celler OLG weitestgehend gefolgt.
Ob die Verteidigung gegen dieses Urteil in Revision geht, bleibt abzuwarten.
Seit Jahren laufen die Verfahren gegen kurdische Politiker wie stetig wiederholte Aufführungen des immer gleichen Theaterstücks mit den immer gleichen Regisseuren und dem allen bekannten Ausgang des Trauerspiels.
Die Intendanten dieser Bühnen sind an einer Änderung ihres Spielplans nicht interessiert. Man hat sich eingerichtet in diesem Theater. Die Rollen bleiben fest verteilt, die Gehälter krisensicher und die staatliche Unterstützung ist auf lange Frist gesichert.
Auch dieser Prozess war geprägt von der Ignoranz gegenüber den Erklärungen des Angeklagten zu seiner Person, seinem Lebenslauf und der Motivation seines politischen Handelns vor dem Hintergrund eines bis heute anhaltenden und ungelösten türkisch-kurdischen Konfliktes. Bereits während seines Studiums in der Türkei ist gegen Halil Dalkilic erstmals 1993 Anklage gegen ihn wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft erhoben worden. Später war er mehrmals in Haft aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit u.a. als verantwortlicher Redakteur. In seiner Erklärung vom 13. Juli 2006 hatte Dalkilic der Anklage vorgeworfen, die fundamentalen Veränderungen in der kurdischen Freiheitsbewegung nicht wahrnehmen und gründlich analysieren zu wollen. Man sei in den 1990-er Jahren stehen geblieben und ziehe einzelne, Jahre zurückliegende Vorkommnisse als Beleg dafür heran, dass sich weder die Kurden noch deren Bewegung gewandelt hätten.
Er jedenfalls wolle seinen Beitrag dazu leisten, „dass die in Europa und insbesondere in Deutschland lebenden Kurden Lösungen für ihre Probleme finden und zu einer integrierten Gesellschaftsgruppe werden.“
Die in Deutschland unvermindert praktizierte Verbots- und Kriminalisierungspolitik gegen Kurd(inn)en und ihre Organisationen muss beendet werden. Intelligente, auf Vernunft und Realität basierende Lösungswege aus der Konfliktsituation sind gefragt; das Strafrecht ist hierfür kein Mittel.
Deshalb fordert AZADÎ die Aufhebung des seit 13 Jahren bestehenden PKK-Verbots, das eine unerträgliche Beeinträchtigung der Rechtsstaatlichkeit darstellt und eine Ausnahmejustiz für eine ganze Bevölkerungsgruppe zur Folge hat.