24. Juni 2008
Bundesinnenministerium verbietet Produktion kurdischer TV-Sendungen in
Deutschland
Die Durchsuchungen der Studioräume der Firma VIKO in Wuppertal am 7. Mai
waren wie befürchtet nur das Vorgeplänkel für die Absicht des
Bundesinnenministeriums, die Ausstrahlung von Sendungen des kurdischen
TV-Senders ROJ TV zu verbieten. Dies ist nun eingetreten.
Laut Verfügung vom 13. Juni, gerichtet an die Verantwortlichen der in
Dänemark ansässigen Firmen Mesopotamia Broadcast A/S METV und ROJ TV
sowie VIKO in Wuppertal, lässt der Innenminister letztere als
„Teilorganisation von ROJ TV“ auflösen. Mesopotamia Broadcast A/S darf
sich danach „im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes nicht mehr durch den
Fernsehsender ROJ TV A/S betätigen“. Es wird behauptet, die Tätigkeit
des Fernsehsenders laufe Strafgesetzen zuwider und richte sich „gegen
den Gedanken der Völkerverständigung“. Zudem wird behauptet, der
TV-Sender betätige sich für die in Deutschland seit 1993 verbotene PKK
„(heute KONGRA-GEL)“ und sei somit deren „Sprachrohr, um ihre
Anhängerschaft in Europa mit Nachrichten zu versorgen.“ Zudem diene die
Tätigkeit zur „Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der
Organisation“. VIKO wiederum sei „Teilorganisation“ von ROJ TV.
Das Verbot wird mit der unverfrorenen und durch nichts bewiesenen
Behauptung gerechtfertigt, der kurdische Sender beeinträchtige und
gefährde „das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern und
verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche
Sicherheit und Ordnung und sonstige erhebliche Interessen der
Bundesrepublik Deutschland.“ Weiter wird polemisiert, dass die aufgrund
der Sendungen „Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer
Belange“ hervorgerufen werde und Vereinigungen „innerhalb und außerhalb
des Bundesgebietes“ unterstützt, die „Anschläge gegen Personen und
Sachen veranlassen, befürworten und androhen.“
Verboten wird die Bildung von Ersatzorganisationen der
TV-Produktionsfirma VIKO, vorhandenes Vermögen zugunsten des Bundes
beschlagnahmt und eingezogen.
Mit diesem Verbot erweist sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble als
der verlängerte Arm und willfährige Vollstrecker der türkischen
Regierung, der schon seit Jahren die kurdischen Medien ein Dorn im Auge
sind. Hat sich bislang die dänische Regierung geweigert, dem türkischen
Druck auf Entzug der Lizenz von ROJ TV nachzugeben, demonstriert
Deutschland wieder einmal, dass es im kurdisch-türkischen Konflikt auf
der Seite der Unterdrücker steht. Ausgerechnet diese Bundesregierung
glaubt, dem kurdischen Sender vorwerfen zu können, seine Tätigkeit
richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Wie das
Friedensforschungsinstituts SIPRI Anfang Juni in seinem Jahrbuch
feststellte, nimmt Deutschland den sechsten Platz der weltweiten
Militärausgaben (23,7 Milliarden Euro) ein und die Türkei gehört neben
Griechenland und Südafrika zu den wichtigsten Abnehmern deutscher
Waffen. Die Bundesregierung befindet sich wie der NATO-Partner Türkei
auf Kriegskurs gegen die Kurden – die einen mit Waffen, die anderen mit
dem Polizei- und Strafrecht.
Wehren wir uns gemeinsam gegen diese Vernichtungs- und
Zerschlagungsstrategie.