AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

25. November 2008

 

AZADÎ und YEK-KOM:
15 Jahre Kurdenverfolgung sind genug –
PKK-Verbot muss aufgehoben werden!

Gleichgültig, ob schwarz-gelb, rot-grün oder rot-schwarz, auf eines war Verlass: Keine Bundesregierung hat in den vergangenen 15 Jahren auch nur ansatzweise Überlegungen angestellt, das Betätigungsverbot der PKK zu lockern, geschweige denn, es aufzuheben. Das trifft inzwischen sowohl auf die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag zu als auch auf die Spitzen der Parteien.
Erinnert sei an eine Zeit, in der es für heute etablierte grüne Parlamentarier/innen und frühere Aktivist(inn)en selbstverständlich war, sich für eine freie politische Betätigung von Kurdinnen und Kurden in Deutschland und eindeutig gegen das Verbot einzusetzen. Heute sind die Kurdinnen und Kurden – von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt – immer noch konfrontiert mit den Folgen des vom damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) am 26. November 1993 erlassenen Verbots. Obwohl die seinerzeit genannten Verbotsgründe nicht zuletzt aufgrund der tiefgreifenden Veränderungen der kurdischen Bewegung längst obsolet geworden sind, haben sich alle Bundesregierungen die Fortsetzung der Repression auf die Fahnen geschrieben. Für sie war die Auflösung früherer Strukturen, aus denen grundlegend neue Organisationen mit neuer Zielsetzung hervorgegangen sind, einfach die Fortführung des Alten. Als Rechtfertigung für eine Beibehaltung der Verbotspolitik gilt deshalb die Gleichung PKK = KADEK = KONGRA-GEL usw. Die im Zuge des sog. Anti-Terror-Kampfes, unter dem der türkisch-kurdische Konflikt gesehen wird, beschlossenen Gesetzesverschärfungen und die Tatsache, dass PKK und KONGRA-GEL auf der EUTerrorliste geführt werden, erleichtern die Arbeit des Verfolgungsapparates erheblich.
Vor diesem Hintergrund werden nach wie vor kurdische Vereine und Privatwohnungen durchsucht, Vereinsvorsitzende und -mitglieder festgenommen, erkennungsdienstlich behandelt und Ermittlungen gegen sie eingeleitet. Oder: es werden Demoteilnehmer/innen wegen des Rufens von Parolen oder Zeigens von Plakaten mit dem Konterfei von Abdullah Öcalan strafverfolgt.
Ebenso wird das Sammeln von Spenden oder das Spenden selbst geahndet mit der Begründung, es diene – ähnlich der Mitgliedschaft in einem kurdischen Verein – der Finanzierung der kurdischen Guerilla bzw. der Aufrechterhaltung der Organisationsstrukturen. Wurde dies bislang in der Regel als Verstoß gegen das Vereinsgesetz verfolgt, versuchen Staatsanwaltschaften vermehrt, Aktivist(inn)en wegen Unterstützung einer „kriminellen“ Vereinigung (§ 129 Strafgesetzbuch) anzuklagen. Das verschafft ihnen die Grundlage für umfassende Abhör- und Observationsmaßnahmen.
Auch mit dem im Juni dieses Jahres verfügten Verbot des kurdischen Fernsehsenders ROJ TV durch Bundesinnenminister Schäuble ist Deutschland den wiederholten Forderungen der Türkei nach Schließung kurdischer Medien entgegengekommen. Eine politisch motivierte Maßnahme, gegen die Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht wurde, das in Kürze darüber entscheiden wird.
Auch kurdische Politiker/innen bleiben im Fokus der Anklagebehörden und werden wegen mutmaßlicher Funktionärstätigkeit nach § 129 StGB zu in der Regel mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Dass viele von ihnen wegen ihres politischen Engagements für die Rechte des kurdischen Volkes schon lange Haftstrafen in der Türkei verbüßt haben und danach ihre Heimat wegen politischer Verfolgung verlassen mussten, spielt für deutsche Behörden keine Rolle. Im Gegenteil: Sie alle verlieren ihren erlangten Asylstatus und müssen nach der Haftentlassung darum kämpfen, nicht in die Türkei abgeschoben zu werden.
In den vergangenen 15 Jahren sind allein über 100 Kurdinnen und Kurden wegen ihrer politischen Betätigung (§ 129/a StGB) in deutscher Haft gewesen.
AZADÎ und YEK-KOM haben aus Anlass des Jahrestages eine Broschüre mit dem Titel „15 Jahre PKKVerbot – Eine Verfolgungsbilanz“ herausgegeben. Mit der – unvollständigen – Chronologie der Repression wollen wir einen Eindruck vermitteln von den Auswirkungen einer Verbotspolitik, in der auf dem Rücken der Kurden innen- und außenpolitische Interessen der Bundesrepublik verfolgt werden.
Diese Politik trägt nicht zuletzt dazu bei, den Krieg des türkischen Staates gegen die kurdische Bewegung und Bevölkerung zu verlängern. Diese verhängnisvolle Politik muss beendet werden.
Die Öffentlichkeit ist aufgerufen, die Kurdinnen und Kurden bei ihrem Kampf für das freie Wort und eine von Repression befreite politische und kulturelle Betätigung zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Aufhebung des PKK-Verbots die erste Voraussetzung.

Es ist höchste Zeit.

 


 
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