20. Juli 2011
Zwei kurdische Aktivisten am Flughafen DÜsseldorf festgenommen
BAW beschuldigt sie nach § 129b StGB
Am 17. Juli wurde der kurdische Aktivist Ridvan Ö. auf dem Düsseldorfer Flughafen und tags darauf Mehmet A. in Freiburg festgenommen. Beide befinden sich nach Eröffnung des Haftbefehls in Untersuchungshaft.
Die Bundesanwaltschaft beschuldigt sie der Mitgliedschaft in einer „ausländischen terroristischen Vereinigung PKK“ (§§ 129a/129b StGB). Ridvan Ö. soll die Jugendorganisation „Komalen Ciwan“ geleitet haben und Mehmet A. als „hochrangiger Jugendkader in Deutschland und Frankreich“ tätig gewesen sein. Die Anwendung des § 129b StGB auf Kurdinnen und Kurden ist ein Novum.
Im Oktober 2010 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) – als Folge politischer Festlegungen – entschieden, dass auch gegen Angehörige der kurdischen Bewegung – wie zuvor schon gegen mutmaßliche Mitglieder der türkischen DHKP-C oder der tamilischen LTTE - künftig entsprechend ermittelt werden kann.
Ermächtigungen hierzu muss jeweils das Bundesjustizministerium erteilen.
Während der türkische Staat nach dem erfolgreichen Abschneiden des linken prokurdischen Unabhängigen Blocks aus Linken und der kurdischen Friedens- und Demokratiepartei BDP bei den Parlamentswahlen am 12. Juni sechs gewählten Abgeordneten das Mandat entzogen hat und legale Strukturen der kurdischen Bewegung angegriffen wurden, sind aufgrund heftiger militärischer Operationen des Militärs allein in den vergangenen drei Monaten über vierzig kurdische FreiheitskämpferInnen trotz Waffenstillstands umgebracht worden. Ministerpräsident Tayyip Erdogan hatte bereits vor den Wahlen erklärt, dass für ihn die kurdische Frage erledigt sei. Stattdessen setzt er auf Krieg.
Internationale Delegationen, die sich zur Wahlbeobachtung in den kurdischen Gebieten aufgehalten hatten, berichteten kontinuierlich von gravierenden Verstößen gegen türkisches und internationales Recht. So wurde in Sirnak eine Handgranate in eine Menschenmenge geworfen, in der sich auch der Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg (DIE LINKE) befand.
Statt diese gefährliche Eskalation gegen die kurdische Bevölkerung, deren Institutionen und Einrichtungen zu verurteilen, unterstützen Bundesregierung und mithin die deutschen Strafverfolgungsbehörden das Vorgehen des türkischen Staates. Während Außenminister Westerwelle jüngst in Brüssel vollmundig das Verhalten der syrischen Regierung gegen Demonstrierende und Oppositionelle verurteilte und es für inakzeptabel erklärte, bleibt er bei den Angriffen gegen die Kurden stumm. Während die Bundesregierung die libyschen "Rebellen" und deren Übergangsregierung in Bengasi mit 7,5 Millionen Euro für ihren Aufstand belohnt, wird das militärische Vorgehen der türkischen Armee gegen die um Freiheit, Demokratie und Autonomie kämpfenden Kurdinnen und Kurden unterstützt, auch mit deutschen Waffen.
Diese Haltung findet sich in der Begründung der Bundesanwaltschaft (BAW) wieder, die ihre Position den politischen Vorgaben der deutschen und türkischen Regierung anpasst, um Kurdinnen und Kurden als Mitglieder in einer „ausländischen terroristischen Vereinigung“ strafverfolgen zu können.
So behauptet sie, dass die PKK „einen staatenähnlichen Verbund der kurdischen Siedlungsgebiete in der Türkei, Syrien, Iran und Irak“ anstrebe.
Das Bundesjustizministerium hat inzwischen eine zur Strafverfolgung nach § 129 b StGB erforderliche Einzelermächtigung erteilt und das erste Verfahren, in diesem Fall gegen den kurdischen Politiker Vakuf M., wird Ende August vor dem OLG Frankfurt/M. stattfinden.
AZADÎ verurteilt scharf die Politik der Bundesregierung, die für ihre ureigensten ökonomischen Interessen und übergeordneten NATO-Strategien zu den Verbrechen des türkischen Staates nicht nur schweigt, sondern deren Vorgehen unterstützt.