AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

26. Juli 2018

Angriffe gegen die internationale SolidaritÄt

In den letzten Monaten kommt es vermehrt zu Razzien gegen kurdische Vereine und Einrichtungen der deutschen Linken!

In den letzten Monaten häufen sich polizeiliche Razzien gegen kurdischen Vereins- und Büroräume sowie Einrichtungen der deutschen Linken, die sich vor allem mit der kurdischen Befreiungsbewegung in Rojava solidarisieren. Als Begründung für die Hausdurchsuchungen dient in allen Fällen der Verdacht auf Verstoß gegen Artikel 20 Vereinsgesetz. Der Vorwurf besteht darin, auf Veranstaltungen und Demonstrationen angeblich verbotene Symbole der kurdischen Arbeiterpartei PKK oder ihr zuzurechnenden Organisationen verwendet zu haben. Neben den Büroräumen erfolgtem parallel in den meisten Fällen auch die Durchsuchung von Privatwohnungen. In vielen Fällen kam es bei den Razzien zu massiven und gezielten erheblichen Sachbeschädigungen.

  • Am Vormittag des 23. Mai durchsuchten etwa 50 Poli­zeibeamt*innen die Räume des Alternativen Zentrums Alhambra in Oldenburg. Sie suchten Flaggen, die am 1. Mai in Solidarität mit den kurdischen Freiheits­kämpfen gezeigt wurden. Die Polizei beschlagnahmte eine an die YPG angelehnte, selbst genähte Flagge.
  • Am 13. Juni erfolgte aufgrund ähnlicher Vorwürfe eine Razzia in den Vereinsräumen von NAV-DEM in Berlin. Ebenfalls von dieser Razzia betroffen waren Räumlichkeiten des kurdischen Zentrums für Öffentlichkeitsarbeit CIVAKA AZAD. Sowohl bei NAV-DEM als auch bei CIVAKA AZAD kam es durch den Einsatz der Polizei zu schweren Sachbeschädigungen.
  • Am 19. Juni 2018 fanden im Raum Cuxhaven umfangreiche Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Vereinsgesetz statt. 100 Polizisten durchsuchten 11 Objekte im Umfeld des Arbeitskreises Asyl Cuxhaven. Bei den Razzien wurden in großem Umfang Computer, Laptops und andere Speichermedien beschlagnahmt. Die vorgeworfenen Verstöße gegen das Vereinsgesetz sollen während verschiedener vom AK Asyl Cuxhaven angemeldeter Demonstrationen gegen den völkerrechtswidrigen Einmarsch der türkischen Armee in die kurdische Enklave Afrin in Nordsyrien Anfang des Jahres erfolgt sein.
  • Auf Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld wurden am 3. Juli das örtliche Demokratische Gesellschafts­zentrum der Kurden e.V. sowie die Privatwohnungen mehrerer Vorstandsmitglieder in Bielefeld durchsucht. Beschlagnahmt wurden insgesamt 107 Gegenstände, darunter Transparente, Bücher, Ordner, Flugblätter, Fotos, Zeitschriften, Postkarten, Aufkleber und Buttons. Die Polizeibeamten hatten sich durch das gewaltsame Aufbrechen der Eingangstür Zutritt ver­schafft.

Azadi sieht die seit Jahresbeginn deutlich verstärkte Repression gegen kurdische und deutsche Einrichtungen und Personen, die sich mit den kurdischen Verteidigungskräften in Syrien YPG solidarisch erklären, als direkte Folge von Abmachungen, die zwischen dem damaligen Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu  bei mehreren Treffen im Januar getroffen wurden. Zusätzlich zu den Waffenlieferungen an die Türkei macht sich die deutsche Bundesregierung auch durch die Bekämpfung jeglicher Solidarität mit Afrin und Rojava zur Kriegspartei an der Seite der Türkei.

Neben der generellen Verurteilung der Strafverfolgung aufgrund umstrittener Symbole der kurdischen Befreiungsbewegung sehen wir speziell bei den Hausdurchsuchungen keine Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Da die vorgeworfenen Verstöße gegen das Vereinsgesetz bei Demonstrationen und Veranstaltungen zumeist hinreichend durch die Polizei dokumentiert sind, dienen die Razzien nicht wie angegeben der Beweissicherung, sondern vornehmlich der Einschüchterung und der Ausspähung. Im Besonderen steht auch der polizeiliche Aufwand – zum Teil nahm eine ganze Hundertschaft an den Razzien teil – in keinem Verhältnis zur Schwere der vorgeworfenen Delikte. Die meisten Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Verwenden von Symbolen der kurdischen Befreiungsbewegung werden entweder eingestellt oder enden mit geringen Geldbußen

   

 
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