Und wieder
marschieren 12.000 Demonstranten durch Wien
Es begann mit einem Konzert des "ang´fressenen
Orchesters" auf dem Ballhausplatz
Wien - Das von Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel herbeigesehnte Ende der Proteste gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung
scheint noch weit enfernt: Am Donnerstag Abend versammelten sich wieder
- laut Polizeiangaben - zunächst rund 8000 Demonstranten auf dem Wiener
Ballhausplatz. Ab 18:00 Uhr spielte das sogenannte "ang´fressene
Orchester" auf, gegen 19:30 setzte sich der Zug Richtung Gürtel in
Bewegung.
Kurz nach 20.00 Uhr
waren es bereits 12.000 Teilnehmer, die dem Regen trotzten und über
den Ring in den 10. Bezirk zogen. Die Routenplanung sah vor, wieder zurückzumarschieren
zum Ballhausplatz.
Die Kundgebung verlief
friedlich, auf Transparenten und Spruchbändern wurde die schwarz-blaue
Regierung kritisiert, Sprechchöre skandierten "Widerstand". (bed)24.2.2000
23:18 MEZ
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24/02 +++ Der erste demodonnerstag koennte durchaus auf der erfolgsseite
verbucht werden: zwische 20.000 und 25.000 menschen (polizei: 12.000) beiteiligten
sich heute wieder am ausgedaehnten spaziergang vom ballhausplatz ueber
rennweg, suedbachhof, laxenburgerstrasse, gudrunstrasse, matzleinsdorfer
platz, reinprechtsdorferstrasse und margaretenstrasse wieder zum ausgangspunkt.
Herr schuessel sollte sich also endlich mal an die realitaet anpassen...
+++ Schuessel 2: das angebot eines gespraeches wurde vom sprecher der *demokratischen
offensive* kuehl mit dem hinweis, dass gespraeche nach dem ruecktritt dieser
regierung durchaus moeglich seien, quittiert. Yes! +++ Weitere berichte
um die taetigkeiten der stapo: (1) Parkende autos, in denen sich politische
plakate (ganze 2 stk!) befinden, werden von polizeibeamten aufgebrochen,
durchsucht und die personalien der besitzer aufgenommen. (2) Post von engagierten
personen wird vor zustellung geoeffnet und durchgesehen, anschliessend
mit uhu-stick(!) wieder professionell verklebt und dann schliesslich an
die empfaengeradresse ueberstellt. +++ (3) Nicht wundern, wenn beim telefonieren
in einer dritten leitung das tippen einer tastatur zu vernehmen ist, mobiltelefone
mit bisher unbekannten telefonnummern laeuten aber niemand angerufen hat:
irgendwie beruhigend, dass die mitarbeiter der nachrichtendienste nicht
unbedingt die technisch begabtesten sind, unberuhigend auf der anderen
seite, dass die derart ueberwachte gesellschaft eine immer breitere wird.
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EU-Botschafter Woschnagg:
Keine Anzeichen für Aufweichung der Sanktionen
EU-Kulturkommissarin Reding: Kann gegen Ausladung
nichts unternehmen
Brüssel - Der österreichische
Botschafter bei der EU, Gregor Woschnagg, sieht keine Anzeichen für
eine mögliche Aufweichung der bilateralen Sanktionen der 14 anderen
EU-Staaten gegen Österreich. Dies ergebe sich aus seinen Gesprächen
mit deren Vertretern bei der EU, sagte Woschnagg am Donnerstag bei einem
Pressegespräch in Brüssel. Seine eigenen Kontakte zu seinen Kollegen
im Ausschuss der Ständigen Vertreter bei der EU und zur EU-Kommission
laufen jedenfalls korrekt weiter, betonte er.
In den 14 Hauptstädten
der EU-Mitgliedsländer gebe es allerdings Probleme, denn dort seien
die österreichischen Botschafter durch die Sanktionen von der Kommunikation
abgeschnitten, erläuterte Woschnagg. Obwohl die Maßnahmen der
14 anderen EU-Staaten nur die bilateralen Kontakte mit Österreich
betreffen, sei dies auch für EU-Agenden "nicht ideal", da dafür
die Kontakte mit den Hauptstädten sehr wichtig seien.
Mangelnde Abstimmung mit
Berlin für Erweiterung
Als Beispiel nannte
der Botschafter die EU-Erweiterung, wo Österreich sich mit Deutschland
bei Übergangsfristen für Dienstleistungs-Freiheit und Personen-Freizügigkeit
abstimmen sollte. "Normalerweise gäbe es da Konsultationen zwischen
Wien und Berlin. Das machen wir jetzt nicht", räumte er ein.
Auf EU-Ebene sei es bisher
noch nicht zu einer Verspätung von Entscheidungen gekommen, weil Österreich
im Vorfeld mangelhaft informiert gewesen sei. Die Maßnahmen der 14
gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung seien aber noch "sehr frisch",
erinnerte Woschnagg. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hatte
erklärt, wenn Österreich in die Vorarbeiten auf europäischer
Ebene nicht voll eingebunden sei, müsse es zu einer "Verlangsamung
des Prozesses" kommen.
Woschnagg schrieb drei
Beschwerdebriefe
Bisher hat Woschnagg drei
Beschwerdebriefe geschrieben, und zwar einen an EU-Kulturkommissarin Viviane
Reding wegen der Absage Brüssels an österreichische Diplomaten
für die Teilnahme an der Kulturstadts-Eröffnungsfeier, einen
gegen einen Boykottaufruf der Wallonie gegen Schikurse in Österreich
und einen Protest gegen die Behandlung eines österreichischen Mitarbeiters
in der EU-Kommission.
Bei dem Verhalten gegenüber
dem Beamten, der auf den Artikel fünf und sechs im EU-Vertrag (der
die Suspendierung der Rechte eines Mitgliedsstaates bei Verletzung der
Grundwerte regelt) hingewiesen worden sei, habe es sich um einen "Einzelfall"
gehandelt. Darauf habe er die Antwort erhalten, dies sei nicht als Beleidigung
gemeint gewesen, sagte Woschnagg.
EU-Kulturkommissarin Reding:
Kann gegen Ausladung nichts unternehmen
EU-Kulturkommissarin
Viviane Reding hat auf die Beschwerde des EU-Botschafters Woschnagg gegen
die Ausladung österreichischer Diplomaten von der offiziellen Eröffnungsfeier
für die "Kulturstadt Brüssel" bereits geantwortet. Bei der "Kulturstadt
Brüssel" handle es sich nicht um ein EU-Programm, sondern lediglich
um ein auch mit EU-Mitteln gefördertes Projekt, das aber von der Gemeinde
autonom durchgeführt werde. Deswegen könne sie gegen eine Ausladung
österreichischer Diplomaten von der Eröffnungsfeier nichts unternehmen,
so die Kommissarin nach Angaben ihres Sprechers.
Insbesondere die Eröffnungsfeier
am Freitag im Europaparlament in Brüssel, von der die Österreicher
wieder ausgeladen worden waren, werde nicht mit EU-Mitteln gefördert
und nicht von der EU-Kommission organisiert, so der Sprecher von Reding.
Erst ab dem Jahr 2005 werden die "Europäischen Kulturhauptstädte"
als EU-Programm geführt.
Woschnagg: "Haarspalterei"
Woschnagg bezeichnete
diese Begründung als "Haarspalterei". Er werde aber eine Teilnahme
nicht erzwingen, ebenso wie kein anderer Österreicher, sagte er: "Wir
sind schon stolz: Wenn wir ausgeladen sind, gehen wir nicht hin". Dies
gelte auch für die anderen "Ausgeladenen". Die Österreicher würden
sicher nicht als "gate crasher" durch die Tore brechen, so der Botschafter.
Er werde am Freitag an einer Besprechung zur Regierungskonferenz teilnehmen,
und habe daher sowieso keine Zeit für die Eröffnungsfeier.
Vom Verhalten der Belgier
zeigte sich Woschnagg "enttäuscht", denn die österreichische
Regierung solle nach Fakten bewertet werden. Für das besondere Engagement
Belgiens vermute er auch "nationale Beweggründe". In Belgien finden
im Oktober Kommunalwahlen statt, bei denen mit Sorge das Abschneiden des
rechtsextremen Vlaams Blok beobachtet werden wird.
Aus Kreisen in der Kommission
hieß es unterdessen, dass Kommissarin Reding die Ausladung der Österreicher
von dem Eröffnungsempfang durch das Organisationskomitee der Kulturstadt
Brüssel nicht verstehe. Die Kommission werde sich aber hüten,
sich in einem bilateralen Streit zwischen zwei Mitgliedsländern in
ein Boot ziehen zu lassen und achte daher streng auf ihre Neutralität.
(APA) 24.2.2000 13:40 MEZ(Standart)
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