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Berichte von Aktionen vom 23.3.00



 
Wien: Bericht vom Tatblatt
Portugisische Botschaft in Wien besetzt
Bericht vom Standart
Salzburg: Demoaufruf
Diplomatie: EU Gipfel überschattet vom Streit mit Wien

Donnerstag, 23. März
 
 

Eine Gruppe von Lesben- und Schwulen-AktivistInnen besetzte am Vormittag für zwei Stunden die portugiesische Botschaft in Wien, um anlässlich des derzeit in Lissabon stattfindenden EU-Gipfels auf die massiven Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen in Österreich hinzuweisen.und einmal mehr die Aufhebung des Paragrafen 209 StGB sowie die Freilassung der nach diesem Gesetz inhaftierten Personen zu fordern. Dieser Paragraf beinhaltet ein Mindestalter für homosexuelle Beziehungen unter Männern von 18 Jahren, das somit vier Jahre über jenem für Heterosexuelle und Lesben liegt. Weiters wurde gefordert, dass die Bestimmungen des Opferfürsorgegesetzes auf die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten Personen ausgeweitet werden oder eine eigene gleichwertige gesetzliche Regelung geschaffen wird.

Kreuz und quer durch die Innenstadt führte diesmal die abendliche Donnerstagsdemo. Unter anderem führte die Route an der portugiesischen Botschaft am Opernring vorbei, um die Solidarität mit den BesetzerInnen vom Vormittag auszudrücken und sich deren Forderungen anzuschließen.
Eine weitere Station war die ehemalige Börse am Schottenring, in der gerade die Schlusskundgebung des Ringes Freiheitlicher WIrtschaftstreibender für die Wirtschaftskammerwahl stattfand. Mit einer lautstarken Umrundung des Gebäudes wurde versucht, die Veranstaltung zu stören. Da der Demozug etwas länger als gedacht war, wurde nicht wirklich eine Umrundung daraus, sondern eine Spirale, bei der die erste Demoreihe bald beim Mittelteil der Demo anstand, und nicht mehr weiterkam. Die ehemalige Börse wurde dadurch etwas länger als geplant von der Außenwelt abgeschnitten, irgendwie ging es dann aber doch weiter.
Beim Landesgericht wurde wieder einmal die Freilassung der nach der 2.-März-Demo Festgenommenen gefordert und ihnen mit viel Lärm quer durch alle Mauern die Solidarität versichert. Dabei kam es - nachdem sich die Polizei bis dahin weitgehend zurückhaltend verhalten hatte, ziemlich überraschend - zu einem Angriff auf die Demonstration. Während die Demonstration langsam und laut am Eingang Wickenburggasse vorbeizog, wurde plötzlich von Sicherheitswachebeamten versucht, einen Demonstranten aus der Demo zu greifen. Da die Demo sofort stoppte, und in Richtung des Ortes dieses Vorfalls zusammenrückte, zogen sich die BeamtInnen rasch wieder aus der Demo zurück. Nachdem sich die Auffassung durchgesetzt hatte, dass keine Person festgenommen worden war, setzte sich die Demo wieder in Bewegung. Bis jetzt kann eine Festnahme aber noch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Abschließend zogen die DemonstrantInnen anlässlich der studentInnenischen Aktions- bzw. Widerstandswoche zur Universität. Ein Teil ging ins immer noch besetzte Audimax. Der Rest löste sich - kurz nach 22 Uhr - auf.

Über die TeilnehmerInnenzahlen gibt es wie immer recht unterschiedliche Angaben. Laut ORF schätzten sowohl Polizei als auch Aktionskomitee 5.000 bis 6.000 TeilnehmerInnen. Die TATblatt-Schätzung beläuft sich auf 8.000-9.000 Leute, und liegt damit erstmals über jener des Aktionskomitees. Ein Vergleich der Polizeiangaben von dieser und der letzten Donnerstagsdemo lässt allerdings den Schluss zu, dass diesmal deutlich mehr Menschen unterwegs gewesen sein dürften als zuletzt, was eher für unsere Schätzung spricht. (Tatblatt)

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Eine Gruppe von Lesben- und SchwulenaktivistInnen hat heute vormittag, 23. März 2000, die portugiesische Botschaft in der Wiener Innenstadt besetzt, um gegen die massiven Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen in Österreich aufmerksam zu machen. Im folgenden die Stellungnahme der Gruppe (auch im Internet zu finden: www.hosiwien.at).

Die AktivistInnen sind unter folgender Handy-Nummer erreichbar: 0664-57 67 466.
 

ERKLÄRUNG

ANLÄSSLICH DER FRIEDLICHEN BESETZUNG DER PORTUGIESISCHEN BOTSCHAT IN WIEN AM 23. MÄRZ 2000 DURCH LESBEN- UND SCHWULENAKTIVIST/INNEN

Eine Gruppe von unbewaffneten Lesben- und SchwulenaktivistInnen hat heute vormittag die portugiesische Botschaft in Wien friedlich besetzt, um anläßlich des EU-Gipfels in Lissabon auf die massiven Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen in Österreich aufmerksam zu machen und der erst vor einer Woche (16. März 2000) vom Europa-Parlament verabschiedeten Aufforderung an Österreich, § 209 StGB aufzuheben und alle wegen dieser Bestimmung inhaftierten Personen unverzüglich freizulassen, Nachdruck zu verleihen.

Durch die Aufrechterhaltung des diskriminierenden Mindestalters für homosexuelle Beziehungen unter Männern (es liegt bei 18 Jahren, während es für Heterosexuelle und Lesben bei 14 Jahren liegt) verstößt Österreich gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Ein derartiges unterschiedliches Mindestalter wurde von der Europäischen Menschenrechtskommission 1997 aufgrund einer britischen Beschwerde als Konventionsverletzung eingestuft. 1998 hat auch der UNO-Ausschuß für Menschenrechte Österreich zur Streichung des § 209 StGB aufgefordert. Österreich hat nicht nur die Entscheidungen dieser beiden internationalen Menschenrechtsorgane ignoriert, sondern auch entsprechende Aufforderungen des Europäischen Parlaments. Insgesamt fünfmal hat das EP ausdrücklich und namentlich an Österreich appelliert, diese menschenrechtswidrige Bestimmung abzuschaffen, zweimal hat das EP Österreich aufgefordert, alle nach § 209 StGB inhaftierten Personen unverzüglich zu begnadigen und freizulassen (eine detaillierte Chronologie findet sich im Anhang).

Hier liegt also eine schwerwiegende und anhaltende Menschenrechtsverletzung vor. Für diesen Fall sieht Artikel 7 EU-Vertrag die Suspendierung von bestimmten Rechten des betreffenden Mitgliedsstaates vor.

In der Präambel zum ÖVP-FPÖ-Koalitionsabkommen bekennt sich die neue Regierung zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs. Das muß auch für die homosexuellen Opfer des NS-Regimes gelten. Noch 1995 haben ÖVP und FPÖ jedoch eine Wiedergutmachungsregelung für die wegen ihrer sexuellen Orientierung Verfolgten im Opferfürsorgegesetz verhindert. Wir fürchten daher, daß ohne Druck vom Ausland dieses Bekenntnis für die lesbischen und schwulen Opfer des Nationalsozialismus folgenlos bleiben wird.

Die friedlichen BesetzerInnen fordern daher:

Eine öffentliche Zusicherung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel,

1. alle nach § 209 inhaftierten Personen innerhalb eines Monats aus den Gefängnissen zu entlassen, alle gerichtsanhängigen Verfahren nach § 209 unverzüglich einzustellen und § 209 bis Ende April 2000 im Parlament aufzuheben, und

2. noch vor der Sommerpause die Bestimmungen des Opferfürsorgegesetzes auf die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten Personen auszuweiten oder eine eigene gleichwertige gesetzliche Regelung zu schaffen.

Die BotschaftsbesetzerInnen werden die Botschaftsräume erst dann freiwillig verlassen, wenn Bundeskanzler Schüssel eine entsprechende öffentliche Erklärung abgegeben hat.

Außerdem verlangen die BesetzerInnen, mit dem derzeitigen EU-Ratspräsidenten, dem portugiesischen Premierminister António Guterres in dieser Angelegenheit zu telefonieren, um ihn persönlich über die Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen in Österreich zu informieren und ihn aufzufordern, sich aus diesem Grund im Europäischen Rat, der zur Zeit in Lissabon tagt, für die Einleitung eines Verfahrens gegen Österreich nach Artikel 7 EU-Vertrag einzusetzen.

Die 14 EU-Partner Österreichs haben erklärt, die Menschenrechtslage in Österreich beobachten zu wollen und im Falle deren Verletzung aktiv zu werden. Durch die Beibehaltung und fortwährende Anwendung des § 209 StGB liegt bereits eine schwerwiegende und anhaltende Menschenrechtsverletzung vor, die die 14 Staaten nicht ignorieren können, nur weil diese Homosexuelle betrifft. Die BesetzerInnen verlangen daher, daß die EU-Staaten entsprechenden Druck auf Österreich ausüben, damit diese massive Menschenrechtsverletzung durch Österreich raschest beendet wird. Allein um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen müssen die 14 Staaten gegen diese massive Menschenrechtsverletzung vorgehen.

DIE FAKTEN

1. Juni 1995: Eine Novellierung des Opferfürsorgegesetzes zur Erweiterung des Begünstigten-kreises auf wegen ihrer sexuellen Orientierung Verfolgte scheitert im Nationalrat an ÖVP und FPÖ. Am selben Tag beschließt das Parlament die Gründung des "Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus". Wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgte Personen werden darin zwar berücksichtigt, allerdings begründet der Fonds kein Recht auf Entschädigung, sondern kann bloß bedürftigen Opfern eine einmalige Summe gewähren.

27. November 1996: ÖVP und FPÖ stimmen einen Gesetzesvorlage zur Streichung des § 209 StGB, des diskriminierenden Mindestalters für schwule Männer, nieder.

8. April 1997: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen Bericht und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union für das Jahr 1995 (Dokument A4-0112/97), dem ersten Jahr der Mitgliedschaft Österreichs in der EU. In Ziffer 140 der Entschließung fordert das EP Österreich auf, das unterschiedliche Mindestalter für schwule Beziehungen aufzuheben.

1. Juli 1997: In der Beschwerde # 25186/94 - Euan Sutherland gegen das Vereinigte Königreich - stellt die Europäische Menschenrechtskommission in Straßburg fest, daß keinerlei objektive und vernünftige Rechtfertigung für die Beibehaltung eines höheren Mindestalters für homosexuelle als für heterosexuelle Handlungen bestünde (Randnummer 66 der Entscheidung), und schließt, daß im vorliegenden Fall eine Verletzung des Artikles 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Verbindung mit Artikel 14 der Konvention vorliege (Randnummer 67). - Gegner einer Reform der ähnlichen österreichischen Bestimmung im § 209 bringen das formale Argument vor, diese Entscheidung betreffe das österreichische Gesetz nicht, da es sich um eine britische Beschwerde handelte, und daß sie vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht bestätigt worden sei (die britische Regierung akzeptierte die Entscheidung der Kommission und hat sie daher nicht vor den Gerichtshof gebracht).

17. Februar 1998: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen Bericht und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union für das Jahr 1996 (Dokument A4-0034/98). In Ziffer 69 der Entschließung fordert das EP Österreich abermals auf, das unterschiedliche Mindestalter für schwule Beziehungen aufzuheben.

17. Juli 1998: In voller Kenntnis der Entscheidung der Europäischen Menschenrechtskommis-sion und der zwei EP-Entschließungen vom 8. April 1997 und 17. Februar 1998 stimmen ÖVP und FPÖ im Nationalrat eine weitere Gesetzesvorlage zur Aufhebung des § 209 nieder.

17. September 1998: Das Europäische Parlament verabschiedet eine Entschließung zur Gleichberechtigung von Homosexuellen und Lesben in der Europäischen Union (Dokument B4-0824 und 0852/98). "In der Erwägung, daß EU-Mitgliedsstaaten wie Österreich aus Gründen der Glaubwürdigkeit gegenüber den Beitrittsstaaten, wenn sie von ihnen die Achtung der Menschenrechte fordern, ihre eigenen diskriminierenden Bestimmungen gegenüber Lesben und Schwulen aufheben müssen, insbesondere Bestimmungen über das Mündigkeitsalter" (Erwägung C) und "im Bedauern darüber, daß es das österreichische Parlament am 17. Juli 1998 abgelehnt hat, die Aufhebung des Paragraphen 209, der ein höheres Mündigkeitsalter für homosexuelle Männer vorsieht, zu beschließen, und damit bewußt sowohl den Beschluß im Fall Sutherland als auch die vom Europäischen Parlament in seinen vorstehend erwähnten Entschließungen vom 8. April 1997 und 17. Februar 1998 nachdrücklich an Österreich gerichteten Anforderungen ignoriert hat" (Erwägung G), fordert das Europäische Parlament in dieser Entschließung "die österreichische Regierung und das österreichische Parlament auf, Paragraph 209 des Strafgesetzbuchs unverzüglich aufzuheben und alle Personen, die aufgrund dieses Artikels Gefängnisstrafen verbüßen, unverzüglich zu begnadigen und freizulassen" (Ziffer 1).

5. November 1998: Nach seiner Befassung mit dem dritten von Österreich gemäß Artikel 40 des  Internationalen Pakts über politische und bürgerliche Rechte vorgelegten periodischen Bericht stellt der UNO-Ausschuß für Menschenrechte in seinen abschließenden Bemerkungen fest, daß die bestehende Gesetzesbestimmung über das sexuelle Mindestalter in Hinblick auf männliche Homosexuelle eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung darstelle. Der Ausschuß verlangt die Änderung des Gesetzes zum Zwecke der Beseitigung solcher diskriminierender Bestimmungen (Randnummer 13).

17. Dezember 1998: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen Bericht und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union für das Jahr 1997 (Dokument A4-0468/98). In Ziffer 53 der Entschließung wiederholt das EP die Forderung an Österreich, § 209 aufzuheben.

16. März 2000: Das Europäische Parlament verabschiedet seinen Bericht und seine Entschließung über die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union für die Jahre 1998-99 (Dokument A5-0050/2000). In Ziffer 60 der Entschließung fordert das EP Österreich einmal mehr auf, § 209 aufzuheben und alle nach dieser Bestimmung inhaftierten Personen freizulassen. (Illegalisiert.at)
 

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Botschaftsbesetzung


     Liebe FreundInnen!

     Wir "schulden" Euch noch Informationen über den Ausgang der
Botschaftsaktion letzten Donnerstag. Wegen der
     großen Hektik letzter Woche kommen wir erst jetzt dazu. Sorry.

     Liebe Grüße
     Kurt Krickler

     Die Besetzung der Portugiesischen Botschaft in Wien durch zwei
Lesben und zwei Schwule endete donnerstag
     mittag nach zwei Stunden, nachdem ein Gespräch mit dem
portugiesischen Botschafter für 15 Uhr 30 vereinbart
     worden war. Dieses Gespräch fand dann auch statt, dauerte 40
Minuten, und der Botschafter sagte zu, die
     Anliegen der BesetzerInnen an die portugiesische Regierung
weiterzuleiten.

     (Anmerkung: Es ging den BesetzerInnen natürlich in erster Linie um
die Medienaufmerksamkeit. Dank der
     Zusammenarbeit mit der portugiesischen Lesben- und
Schwulenorganisation Opus Gay haben die portugiesischen
     Medien sofort nach der Besetzung über die Aktion berichtet.)

     Infos auch im Internet: www.hosiwien.at

(widerst@nd)

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24.3.2000 07:35 MEZ"Donnerstag-Demo" gegen Regierung mit 5.000 TeilnehmerInnen

Ursprünglich hatte sich eine relativ kleine Gruppe auf den Weg in die Innenstadt gemacht 

Wien - Donnerstag Abend demonstrierten in Wien wieder Tausende Menschen gegen die schwarz-blaue Regierung. Organisator war das "Aktionskomitee gegen Schwarzblau", nach seiner Schätzung nahmen 5.000 bis 6.0000 Manifestanten an dem Protest teil. Die Polizei bestätigte diese Angabe. Ausschreitungen waren bis 21 Uhr nicht bekannt.

 Versammelt hatte sich eine relativ kleine Gruppe von etwa 150 Personen kurz nach 19 Uhr auf dem Ballhausplatz in der Innenstadt. Beim Marsch durch die Innenstadt schlossen sich immer mehr Menschen aller Altersgruppen an. Mit Trommeln, Sprechchören und Transparenten artikulierten sie ihren Unmut über die ÖVP-FPÖ-Regierung. 

Das Aktionskomitee will diese "Donnerstag-Demonstrationen" durchführen, so lange die Regierung im Amt ist. (APA) (Standart)

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Demonstration gegen schwarz-blau in Salzburg

am Donnerstag, den 23. März 2000 vor der FPÖ-Parteizentrale (Ginzkeyplatz 10, Linie 51, Haltestelle Alpensiedlung) in Salzburg, um 18.00 Uhr. "Es werden sich 'zufällig' zahlreiche GegnerInnen der schwarz-blauen Regierung treffen um lautstark kund zu tun, was sie von einer Politik halten, die bärenstark ist. Bärenstark gegen sozial Schwache, ImmigrantInnen, Frauen, PensionistInnen, Kulturschaffende, SchülerInnen, StudentInnen, Arbeitslose, Obdachlose... bärenstark für Sozialabbau, Intoleranz, Ausgrenzung, Diskriminierung, Militarismus und Nato-Wahn

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EU-Gipfel überschattet vom Streit mit Wien
Überschattet vom Zerwürfnis zwischen Österreich und den restlichen 14 EU-Staaten beginnt in Lissabon der EU-Gipfel zum Thema "Beschäftigung, Wirtschaftsreformen und sozialer Zusammenhalt". Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen die Arbeitslosigkeit, die in der EU immer noch rund zehn Prozent beträgt, mit der Verbreitung der Informationstechnologien und wirtschaftlichen Innovationen bekämpfen.

Der portugiesische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratsvorsitzende Antonio Guterres mahnte: "Dies ist kein Gipfel über Österreich, sondern zur Beschäftigung." Gleichwohl erhält der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel beim Abendessen Gelegenheit, die Europapolitik seiner Koalition mit der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei zu erläutern. Wegen Schüssels Anwesenheit wollen der französische Staatspräsident Jacques Chirac und Premierminister Lionel Jospin das traditionelle Familienfoto der Konferenzteilnehmer boykottieren. Guterres rief sie daraufhin zu einem "Gruppenfoto" auf.

Der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt, der ebenfalls zu den schärfsten Kritikern der österreichischen Rechts-Koalition gehört, kündigte an, er wolle beim Gruppenfoto dabei sein. An seiner Haltung gegenüber der Wiener Regierung ändere dies nichts, sagte Verhofstadt in Lissabon.

In seinem Einladungsbrief an die EU-Regierungschefs schrieb der Gastgeber: "Es ist unser Ziel, die Europäische Union auf der Grundlage von Innovation und Wissen zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Raum der Welt zu machen, um so das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken."

Wachstumsziel drei Prozent

Die portugiesische Ratspräsidentschaft will ein Wachstumsziel von drei Prozent festschreiben. Guterres räumte allerdings ein, dass die Mitgliedstaaten sich nur auf die Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft verpflichten könnten. Die Höhe der Wachstumsrate könne nicht verordnet werden.

Der österreichische Bundespräsident Thomas Klestil appellierte in einem Brief an Guterres, den Streit zwischen Österreich und den 14 anderen EU-Staaten zu versachlichen. Guterres telefonierte nach eigenen Angaben daraufhin mit Klestil und versicherte ihm, dass die "Würde der Vertreter Österreichs in der EU garantiert wird". Die bilateralen Sanktionen hätten nichts mit der Europäischen Union selbst zu tun, sagte Guterres.

Das Zerwürfnis besteht seit dem Antritt der rechtskonservativen Regierung unter Schüssel. Während auf EU-Ebene die Arbeit normal weiterläuft, haben die EU-Staaten die bilateralen Beziehungen zu Wien eingefroren. Ein Familienfoto aller 15 hat es seit Ende Januar nicht mehr gegeben. (Yahoo.online)

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