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Berichte von Aktionen vom 28.3.00



 
Wien: Bericht vom Tatblatt
Diplomatie: Schärfere EU Sanktionen möglich
Kein Vertrauen in die Regierung. Prag verschiebt verhandlungen mit Wien

Dienstag, 28. März 
  
  

Die dienstägliche "Begrüßung des MinisterInnenrats" entfiel, nachdem nur rund zehn DemonstrantInnen gekommen waren. Der
nächste MinisterInnenrat, und damit auch die nächste "Begrüßung", findet ausnahmsweise erst am Mittwoch, dem 5. April, statt.
Ein genauer Termin wird noch bekannt gegeben.(Tatblatt)


Schärfere Sanktionen? 
Die Presse, am 28/03/2000
Die EU-14 könnten laut "Demokratischer Offensive" die Sanktionen verschärfen, falls es zu einer "Verhärtung der österreichischen Position" kommt 

WIEN/LISSABON (apa, red.). Die 14 EU-Länder würden ihre Sanktionen gegen Österreich verschärfen, falls sich die österreichische Position "verhärte" und weitere anti-europäische Äußerungen von freiheitlichen Regierungsmitgliedern kämen. Dies erklärte Isolde Charim, Sprecherin der "Demokratischen Offensive" bei einer Pressekonferenz gestern, Montag.
Die Initiative gegen die schwarz-blaue Regierung hatte während des EU-Gipfels in Lissabon europäische Regierungsvertreter getroffen, um dem "anderen Österreich" eine Stimme zu leihen. Dabei habe der portugiesische Außenminister Jaime Gama von der Möglichkeit schärferer Sanktionen gesprochen, sagte Charim. Die Vertreter der "Offensive" seien unter anderem von Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem britischen Außenminister Robin Cook und dem außenpolitischen Sprecher des französischen Präsidenten Jacques Chirac, Jean-Marc de la Sabliére, "besonders herzlich" empfangen worden, berichtete Charim. Im Gespräch mit den Regierungsvertretern habe sich gezeigt, daß die EU-14 von einer "Normalisierung" der Beziehungen weit entfernt seien. Sie hätten zugesichert, daß die Maßnahmen aber nicht die Bevölkerung treffen sollten.
Nach dem Abendessen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag sollte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel von Vertretern der "Demokratischen Offensive" mit ihrer Anwesenheit konfrontiert und in der Hotellobby "empfangen" werden. Schüssel reagierte aber nicht auf die Rufe - "es gibt keine Normalisierung, solange die FPÖ in der Regierung ist" - und ließ nur Medienvertreter zu dem darauffolgenden Gespräch zu.

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"Kein Vertrauen" in Regierung: Prag verschiebt Dialog mit Wien 
Die Presse, am 28/03/2000
Die "rechtshistorischen" Gespräche zwischen Prag und Wien über die Benes-Dekrete finden bis auf weiteres nicht statt. 

WIEN (i. m.). Die "rechtshistorischen Gespräche" zwischen der Tschechischen Republik und Österreich sind auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Prag, so einer der vorgesehenen österreichischen Verhandler, Botschafter Christian Prosl, habe wissen lassen, es habe kein Vertrauen zur derzeitigen österreichischen Regierung. In Wien, sagte Prosl, habe man diese Erklärung mit Bedauern zur Kenntnis genommen.
Der Dialog sollte sich insbesondere mit den Benes-Dekreten befassen. Dieser vom tschechoslowakischen Präsidenten Eduard Benes am Ende des Zweiten Weltkrieges erlassene Gesetzeskörper diente als Basis für die Vertreibung der deutschen und ungarischen Bevölkerung der Tschechoslowakei, der kollektiv Beteiligung an den Verbrechen der Nationalsozialisten vorgeworfen wurde. Obwohl die Benes-Dekrete heute keine praktische Bedeutung mehr haben, sind sie sowohl in Tschechien als auch in der Slowakei noch in Kraft. In beiden Staaten weigern sich sowohl das politische Establishment (mit Ausnahme des tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel, der die Diskussion kurz nach der Wende überhaupt est in Gang gebracht hat) als auch die Gesellschaften inklusive der meisten Historiker, die Dekrete aufzuheben und die Schuld am Unrecht der Vertreibung vorbehaltlos einzugestehen.

Signale des Unwillens

Nach der deutsch-tschechischen Versöhnungserklärung 1996, die einen dicken Strich unter das gesamte Unrecht der Vergangenheit gezogen hatte, wollte auch Österreich die Vergangenheit in einem Dialog mit Tschechien aufarbeiten - eine Versöhnungserklärung war, so erklärte das Wiener Außenministerium ausdrücklich, nicht geplant. Der Dialog, den Prag etwas vage als "rechtshistorisch" bezeichnete, sollte bereits im Jänner beginnen, wurde dann aber immer wieder verschoben. Seit der Regierungsbildung in Wien kamen sowohl aus Prag als auch aus Preßburg wiederholt Signale des Unwillens. Tschechiens Außenminister Jan Kavan erklärte zum Beispiel Mitte Februar, an eine Eigentumsrückgabe sei nicht gedacht: "Ich kann Ihnen versichern, daß die tschechische Regierung solche Restitutionen nicht einmal in Erwägung ziehen wird. Darauf haben Sie mein Wort."
Gleichzeitig wies Prag auf den österreichisch-tschechischen Vermögensvertrag hin, in dem Wien auf weitere Restitutionsforderungen verzichtet habe. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft konterte: Der Vertrag habe sich lediglich auf österreichischen Besitz aus der Zeit vor 1938 bezogen, nicht auf den Besitz Sudetendeutscher. 

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